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Macht’s KI besser?

Wie die NZZaS beweist: nein.

Diese Illustration ist, wie man mit der Lupe der Byline entnehmen kann, mittels KI hergestellt worden. Sie vermischt den angestaubten Groove der 70er-Jahre mit der Art, ein Gesicht zu modellieren, wie es im Anfängerkurs für Zeichner geübt wird. Prozentzeichen in den Augen, das rundet das Bild noch mit einem Schon-wieder-Effekt ab.

Aber wer weiss, vielleicht wäre eine hausgemachte Illu noch viel schlimmer herausgekommen. Aber das ist nur die Ouvertüre für noch viel Schlimmeres.

Mal im Ernst, lieber Beat Balzli, das soll die erste Doppelseite im Heft sein? Ein misslungener Wortscherz als Titel, ein riesengrosses, aber völlig inhaltsleeres Visual, umrahmt von einem ungeheuerlichen Textriemen, der zudem in seiner Aussage so dünn ist, dass man auch eine Kurzmeldung daraus machen könnte?

Seich und Scheich, Schleich und reich, wären das nicht wenigstens bessere Titel gewesen? Oder noch besser: hätte man den Platz nicht entschieden besser verwenden können?

Aber immerhin, auf Seite vier fährt die NZZaS mit einer Berichterstattung fort, die sonst kein Organ leistet: «Was tun die israelischen Siedler, während im Gaza gekämpft wird? Ein Besuch im Westjordanland». Denn häufig wird übersehen, dass in der illegalen Besiedlung und durch die massenweise Ermordung von Palästinensern auch hier Israel nicht wirklich darum bemüht ist, irgendwann einmal die Voraussetzungen für eine Verhandlungslösung zu schaffen.

Hier schwafelt die Direktorin einer NGO, die sich für die Interessen der Siedler einsetzt: «Es gibt ein palästinensisches Heimatland, das von den Vereinten Nationen geschaffen wurde. Es heisst Jordanien.» Und wer meint, religiöser Wahnsinn sei von der Hamas gepachtet, wird von ihr eines Schlechteren belehrt: «Es ist unsere religiöse Pflicht, das Land zu besiedeln, das Gott uns gegeben hat.»

Auf Seite 12 setzt die NZZaS dann ihr Tradition fort, mit einer denunziatorisch-unanständigen Fotografie das Niveau deutlich nach unten zu senken:

Selbst der Chefredaktor der NZZaS sähe ziemlich bescheuert aus, wenn man ihn so fotografierte. Das tat das Blatt schon bei einem AfD-Politiker, ohne sich dafür zu schämen. Da wir damals nur eine nassforsche Antwort der Unternehmenskommunikation bekamen, als ZACKBUM Beat Balzli anfragte, was er denn davon halte, verzichteten wir diesmal.

Obwohl hier nicht nur das Foto, sondern auch der Titel von einer unanständigen Häme ist, die nichts mit seriösem Journalismus zu tun hat.

Völlig von der Rolle ist dann auch der Aufmacher der Kommentar-Seite. Der Fern-Korrespondent Markus Bernath aus Wien meldet sich zur Abwechslung nicht mit einem Aufruf zur Fortsetzung des Gemetzels in der Ukraine zu Wort. Aber er kann sich dennoch ins Absurde steigern: «Das Heilige Römische Reich muss Vorbild der EU werden». In Wien ist sicherlich die Toleranz gegenüber Bedepperten und Belämmerten grösser als anderswo auf der Welt. Wieso aber die NZZaS einen solchen Titel (vom Inhalt ganz zu schweigen) dem fassungslosen Leser vorsetzt, das muss das süsse Geheimnis eines neuen Chefredaktors bleiben, der seinen Laden offensichtlich noch nicht im Griff hat.

Das gilt auch für die Story «Krieg gegen die Frauen. … Sexualisierte Gewalt im Krieg ist uralt, über ihren Einsatz als Kriegstaktik spricht man aber erst seit kurzem». Es ist bis zu einem gewissen Grad erlaubt, eine verschnarchte Uralt-Story verbal im Lead aufzupumpen. Aber hier verlassen Gina Bachmann und Raphaela Roth definitiv den Streubereich der Wirklichkeit. Letztere nicht zum ersten Mal. Über Vergewaltigung als Bestandteil der Kriegsführung wird schon seit vielen Jahren geforscht und publiziert. Auch wenn das die beiden Damen vielleicht nicht mitbekommen haben sollten.

Der ungebremste Niedergang setzt sich auf Seite 23 fort. Hier versemmelt Nicole Althaus mal wieder ein im Prinzip interessantes Thema. Nein, es ist nicht dir Rede von Wechseljahren, sondern von Charisma. Spannende Sache, nur: charismatische Menschen überschritten Grenzen, weiss Althaus. Das ist noch ein – wenn auch langweiliger – Ansatz. Ungenießbar macht das Folgende dann der Nachsatz: «Aber warum sind das oft vor allem Männer?»

«Oft vor allem», deutlicher kann man die Unsicherheit der Autorin, ob sie da auf dem richtigen Weg sei, nicht ausdrücken. Immerhin: das warnt den intelligenten Leser davor, weiter seine Zeit zu verschwenden. Dass man die Seite ohne Erkenntnisverlust überblättern kann, beweisen auch Aline WannerFast wie die Werbung einer Sekte») und Rolf DobelliSeien Sie unzuverlässig») mit ihren Titeln. Danke schön.

«Wirtschaft»? Der reichlich vorhandene «Sponsored Content» ist mit Abstand das Interessanteste … Aber immerhin, die «Kultur» glänzt für ein Mal mit einer Abrechnung mit dem unfähigen Direktor von «Pro Helvetia». Nach dieser Breitseite ist es immerhin fraglich, ob er wirklich bis 2025 im Amt überleben wird.

Das beschwingt, bis man zur letzten Seite gelangt. «Die Summe aller Frauen, Teil 42». Das Grauen nimmt kein Ende.

 

Ist nicht lustig

Die NZZaS macht Gähn-Journalismus.

Neuer Chefredaktor, das verheisst eigentlich immer Neues. Neuer Auftritt, neuer Elan, neue Schwerpunkte. Neuer Auftritt, das ist Beat Balzli immerhin gelungen. Die Frontseite ist nun nicht mehr der Furz eines AD, sondern eine modernem Journalismus entsprechende Seite eins.

Aber sonst?

Büchertipps als Aufmacher, Nicole Althaus darf sich schon wieder ihrem Lieblingsthema, der Menopause, widmen. Ein parteipolitischer Schuss vor den Bug des SP-Kandidaten Beat Jans. Der Wolf. Die Armee. Gähn.

Ein Editorial als ordnungspolitischer Zwischenruf gegen Demokratiemüdigkeit. Schnarch. Kriegsgegurgel, die «prahlenden Russen» gegen die «kriegsmüden Europäer»: Stefan Scholl und Markus Bernath dürfen ihre Steckenpferde zu Schanden reiten. Wieder und wieder. Man reiche das Riechsalz.

Blätter, blätter. «Die Hälfte der Menschheit muss durch die Wechseljahre». Und das, seit es die Menstruation gibt. Aber muss das die andere Hälfte der Menschheit, dazu die Hälfte der Frauen, die es noch vor sich haben, die dritte Hälfte, die es hinter sich hat, wirklich lesen? Man reiche Streichhölzer für die Augenlider.

Bis Seite 22 durfte man hoffen, dass die Seite mit der Gastkolumne der «Scherz, du bist umzingelt»-Komikerin Patti Basler, dem leider immer noch nicht vollständig pensionierten Felix E. Müller und dem Rezyklier-Monster Rolf Dobelli gespült wurde. Aber nein, hier sind diese Schlafwandler.

Dann aber der Aufreger: «Eine gut getarnte Geldvernichtung», so fährt die NZZaS der Verteidigungsministerin Viola Amherd an den Panzer. Ob sie das auch täte, wenn die in der FDP wäre?

Zoé Baches und Jürg Meier machen den Sargdeckel über der Credit Suisse nochmal auf. Tapfer, aber völlig sinnlos. Neu-Kolumnistin Nicole Kopp hat herausgefunden, dass Smartphone, asoziale Medien und der E-Mail-Posteingang von der Arbeit ablenken. Ratschlag: «Hauptsache, die Konzentration kehrt zurück.» Oder das Schlafbedürfnis. Um diese uralte Erkenntnis lauwarm zu servieren, dafür sollte sie eigentlich gecancelt werden. Aber sie ist eine Frau, also wird das nicht geschehen.

Ach, und dann gibt es Ilja Trojanow immer noch. Gut zu wissen, gut für ihn. Schlecht für den Leser.

Apropos: «Die Summe aller Frauen, Teil 41». Zum Einschlafen noch ein Alptraum. Super.

 

Löcher, noch und nöcher

Es ist noch nicht mal Hauptferienzeit …

Aber bei der «NZZamSonntag» löchern die Sommerlöcher. Dafür gibt es schon auf der Front 4 untrüglicher Anzeichen:

Die da wären: Ferien in Trondheim, der Garpunkt, ein Interview mit Björk und eine Frau, die eine Giesskanne in der Hand hat. Löchriger geht’s kaum. Das reisst ein AHV-Titel und ein kritischer Bericht über Selenskyj nicht raus.

Und auf Seite 2 geht’s wenig munter so weiter:

Inder wollen noch mehr Kinder, Pardon, statt die brüllende Armut in weiten Landesteilen zu bekämpfen, wollen sie auf den Mond. Das interessiert nicht mal den Inder sonderlich …

Wenn schon schnarch, dann richtig, ist offenbar die Devise der NZZaS, oder einfach: war aber auch heiss am Samstag, und statt am Züri Fäscht sich zu verlustieren, muss man ein Blatt machen. Das lassen wir den Leser spüren:

 

Die Antwort auf die Frage: und was haben wir zur Ukraine, wird auch immer verzweifelter. Nun greift man sogar auf externe Kräfte, den kanadischen Freelancer Neil Hauer, zurück. Die eigenen Kräfte sind entweder in den Ferien, am Fest oder haben hitzefrei.

Seite 5: Eine im Hintergrund kurz sichtbare Landkarte im «Barbie»-Film sorgt für Aufregung. Echt jetzt?

Dann ein Artikel, der nach lange getragenen Socken an Schweissfüssen riecht:

Der Autor Markus Bernath verhaut sich aus dem fernen Wien gerne mal mit seiner kremlastrologischen Analyse Russlands, stösst wilde Kriegsrufe aus und wiederkäut hier, was nun bereits überall länglich und in der Breite beschrieben wurde. Aber natürlich noch nicht von ihm in der NZZaS. Aber wenn ein Viererkollegium herrscht, ist das sicherlich mehr mit gegenseitigem Bauchtreten als mit dem Inhalt des Blatts befasst.

Daher darf Bernath (grosser Pfeil, kleiner Text) einen Zusammenschrieb der lokalen Korrespondenten über Meloni (schnarch), Höcke (gähn), Kickl (na Servus) und den Griechen Stigmas (geharzt) einleiten. Da mögen dann manche Köpfe aufs Tablet oder auf die Zeitung gefallen sein.

Unterbrochen von einem netten, ausgeschlachteten kritischen Bericht des Schweizer Nachrichtendiensts über den Autokraten Selenskyj geht’s dann auf Seite 10 im Schlaflabor weiter. Seit Corona haben Kinder zunehmend psychische Probleme. Ist aber auch, und Corona ist schon – ausser bei Marc Brupbacher – eher kalter Kaffee.

Dann «Züri-Fäscht» und «Kasino-Poker». Wer hofft, dass damit der erste Bund wenigstens durch sei, wird enttäuscht. Als Zugabe gibt’s noch eine halbe Seite «Der Bund will, dass Schweizer Kühe länger leben». Da werden die Kühe in Irland aber aufhorchen und massenhaft Asylanträge stellen.

Dann wird’s einen Moment lang peinlich, aber das reisst den Leser immerhin aus dem Wachkoma. Denn Patrizia Messmer lobt Gülsha Adilji über den grünen und roten Klee. Frisch zurück aus Uruguay findet Messmer die frühere Joiz-Moderatorin ganz toll. Die macht jetzt eine Rating-Show. Toll. Überhaupt: «Die Frau scheint alles, was sie anpackt, zum Fliegen zu bringen.» Also ein echter Überflieger. Wenn man ihre Fähigkeiten allerdings an ihrer Tagi-Kolumne misst, in der sie sich länglich an ihrem Ex-Freund abarbeitete, besteht eher Gefahr durch Bodenkontakt.

Auf der nächsten Seite sagt ZACKBUM nur zwei Namen: Felix E. Müller und Nicole Althaus. Eben.

Dann, dann kommt der temperaturmässige Höhepunkt, der gleichzeitig der absolute Nullpunkt des Niveaus ist. Ein Blick auf den Titel genügt:

Kein Scheiss, sondern ein zweiseitiges Sammelsurium von Beiträgen, die nach einer kalten Dusche verlangen. Geradezu erfrischend ist dagegen das Jö-Inserat auf dieser Doppelseite, das den Leser wenigstens berührt:

Und wenn man bedenkt, dass dieser treuherzig blickende Dackel auch noch vor Hitze mit dem Ohren schlackert …

Wieso den Leser aus dem Sommerschlaf wecken, dachte sich die «Wirtschaft»:

Früher, ja früher brauchte es noch etwas, um auf die erste Seite der Wirtschaft zu kommen. Heute ist die Ansage: nun gut, wenn die Alternative ein leeres Blatt wäre

Aber dafür kommt die nächste Seite sommerlich flott daher:

Ach, hoppla, da steht ja «Sponsored Content für Edelweiss» drüber.

Dann kommt, man kann’s nicht anders bezeichnen, ein Betroffenheitsporno:

Einen Brüllertitel mit der Oberzeile «Bitte sagen Sie nicht» zu machen, das ist schon nassforsch. Erschwerend kommt hinzu, dass die israelische Freelancerin Josie Glausiusz hier ein Thema in leichter Variante rezykliert, mit dem sie bereits vor fast genau einem Jahr in der englischsprachigen Ausgabe der NZZ gelandet ist:

ZACKBUM korrigiert sich: peinlicher Porno.

Nun muss man sagen, dass sich die NZZaS unerschrocken auch eher, nun ja, heiklen Themen nähert:

Hier hätte es wenigstens ein Zeichen von Selbstironie geben können, indem statt dem weissen Klopapier eine passend zugeschnittene Ausgabe der NZZaS

Wer ist bunt, fotogen, irgendwie schräg, sagt zwar immer das Gleiche, aber macht nix? Genau, Björk, das isländische Gesamtkunstwerk, sozusagen eine Kate Bush ohne deren Stimmvolumen. Da ist Peer Teuwsen gerne bereit, aus dem Sommerschlaf zu erwachen. Noch lieber wäre er natürlich nach Island geflogen, aber leider: «Das Interview wurde schriftlich geführt». Was ja eine Bankrotterklärung ist, angesichts moderner Kommunikationsmittel …

Aber eine gute Nachricht ist: nach all dem Lahmen und Banalen ist der Leser viel zu ermattet, um sich noch über «Die Summe aller Frauen», Teil 719, aufzuregen. Gut, ist auch schon abgehangen, der Scherz, ist Folge 19.

Zusammenfassung: Wenn diese Ausgabe kein stummer Schrei ist «Gujer, übernehmen Sie! Sofort!», dann weiss ZACKBUM auch nicht, was das soll.

 

NZZaS ohne Projer

Schauen wir mal, wie’s ohne ihn geht.

Es geht natürlich immer, das ist die einzige Regel im Journalismus ohne Ausnahme. Allerdings hatte die «NZZamSonntag» die spezielle Ausgangslage, dass es in Russland krachte – und dann ein operettenhaftes Ende nahm. Logisch ist das der Aufmacher:

Gleich fünf Schreibkräfte wirft die NZZaS in die Schlacht, um immer noch die Nachwirkungen des angekündigten Rücktritts Bersets zu ventilieren. Man möchte ihnen zurufen: lasst doch noch ein paar Buchstaben übrig, wenn es dann ernst wird. Berset ist bekanntlich noch ein Weilchen im Amt.

«Bürokratie in der Schweiz» das ist immer ein Selbstläufer, allerdings sollte man ihn sich vielleicht fürs richtige Sommerloch aufsparen. Und dann gibt es noch einen befremdlichen Text von Nicole Althaus. «War «Adults only» bis vor kurzem ein Hinweis auf Filme pornografischen Inhalts zum Schutz der Kinder, so hat sich er Begriff zum verkaufsfördernden Gütesiegel gemausert, das Erwachsene vor Kindern schützt.»

Sie meint damit, dass es schon seit Jahren «Adults only»-Hotels gibt, in denen Erwachsene ungestört von Kindergeschrei Ferien machen können. Das wäre nun noch nicht genug für 8500 Anchläge, also macht sich die Autorin noch tiefschürfende Gedanken, was das denn über unsere Gesellschaft sage. Richtig geraten, nichts Gutes: «Eine der wichtigsten Errungenschaften moderner Gesellschaften ist der intergenerationelle Pakt, der besagt, dass wir uns um das Wohlbefinden der Generation sorgen, die nach uns kommt, und für das der Generation, die für uns dasselbe getan hat.»

Der wird natürlich mit Hotels nur für Erwachsene fundamental in Frage gestellt. Neckisch ist noch die Anmerkung zur Autorin: Sie wohne «neben einem Schulhaus und wird jeden Morgen vom Kinderlärm geweckt. Er ist Beweis eines lebendigen Quartiers.» Muss eines der wenigen Schulhäuser sein, wo auch samstags und sonntags unterrichtet wird.

Aber zurück zu zurechnungsfähigen Werken. Was macht die NZZaS ohne Projer, aber mit Anspruch, denn mit der merkwürdigen Situation in Russland? Schon wieder richtig geraten, sie interviewt den «Politologen Fabian Burkhardt». Der publiziert von Regensburg aus zu Osteuropa, der Ukraine und Russland. Und hatte wohl zufällig am Samstag noch einen Termin frei.

Immerhin hält er sich eher bedeckt: «… grösste Herausforderung für Putin … grösseres Blutvergiessen abgewendet … massiven Autoritätsverlust von Putin … das Risiko ist extrem hoch … gewinnen könnte nun die Ukraine.» So viel zum Thema: morgen scheint die Sonne. Ausser, es ist bewölkt.

Stefan Scholl in Moskau versucht sich dann in einem Porträt Prigoschins. Erfährt man darin etwas über die Motive, das Innenleben, die Denke, die Ziele? Kurz gesagt: nein. Dann darf noch Markus Bernath aus Wien die «Chronik eines aussergewöhnlichen Tages» schreiben. Abgesehen davon, dass sich Bernath schon mehrfach mit martialischen Behauptungen disqualifiziert hat («Die Europäer müssen den Krieg wieder lernen. Freiheit und Sicherheit müssen gegen den Mann im Kreml verteidigt werden – notfalls mit Waffen»): Chronik heisst immer, dass die Zeitung noch Platz hat, aber nicht weiss, wie füllen.

Das gilt wohl auch für die nächste Seite über die Implosion des U-Boots, das unterwegs zur Titanic war. Eine Seite, Newswert: null.

Auf Seite 11 ist dann doch der Wunsch die Mutter der Geschichte. «Jetzt ist Keller-Sutter die unbestrittene Chefin». Davon träumt vielleicht die FDP. Aber eine Bundesrätin, die sich einer PUK stellen muss, die bei dem Verscherbeln der CS zum Schnäppchenpreis eine denkbar schlechte Figur gemacht hat, die mit einem fatalen Satz «this is not a bail-out» möglicherweise dem Steuerzahler ein Milliardenproblem aufgehalst hat – an ihr führe «künftig kein Weg vorbei»? Na, schaun mer mal, wohin ihr Weg führt …

Rebekka Lindauer «vertritt Patti Basler während deren Sabbatical». ZACKBUM hätte nie gedacht, dass wir uns nach Basler zurücksehnen könnten.

Auf der «Meinungsseite» schafft es dann die NZZaS, mit gleich drei Kurzkommentaren unterzugehen. «Der Aufstand zeigt die Verrottung von Putins Regime», behauptet Bernath belegfrei. «Hört auf, über den Zinsanstieg zu jammern», haut Albert Steck der Mehrheit der Leserschaft eins in die Fresse. Und schliesslich behauptet Remo Geisser «Frauen können es besser». Beweis? Eine Frau habe in den USA ein Velorennen gewonnen. Medioker, das alles, sehr medioker.

Fast makaber ist, dass im Wirtschafts-Teil noch eine Reportage von Charlotte Jacquemart erscheint, die noch knapp vor Projer die NZZaS wieder verliess. Dass in South Dakota Trusts ziemlich unbelästigt von Kontrolle, Gesetzgebung oder Steuern wirken können, ist allerdings auch nicht gerade taufrisch.

Tja, und dann hätten wir noch «Die Summe aller Frauen». Vielleicht sollte man es Projer übelnehmen, dass er das nicht verhindert hat. Ansonsten: keine Highlights, einige Hänger, eine sehr, sehr mittelmässige Ausgabe der NZZaS, um es höflich zu formulieren. Offenbar war die Redaktion doch in erster Linie mit sich selbst beschäftigt in dieser Woche. Aber da wird Eric Gujer sicherlich mit strenger Hand durchgreifen.

 

Wir haben’s gewagt

Eigentlich wollte ZACKBUM schon nach diesen Anrissen aufgeben.

Denn was haben eine Pizzaschachtel und Patti Basler gemeinsam? Sie sind beide nicht lustig. So viel Sexismus muss einleitend sein.

Aber vom Humorlosen zu einem wirklich ernsten Thema. Auf der Frontseite reisst die «NZZamSonntag» ein Doppelinterview an:

Das ist nun auch ein Stück perfide Demagogie. Demagogisch daran ist, dass die Aussagen von zwei EU-Botschaftern in der Schweiz zum Plural «EU-Länder» aufgepumpt wird, was beim Leser den Eindruck erwecken soll, dass alle EU-Mitglieder das so sähen. Perfid daran ist, dass dieses Interview die FDP-Wackelpolitik bezüglich Waffenexporten via Drittländer unterstützen soll.

Schauen wir mal genauer hin, wie Ladina Triaca und Simon Marti das Doppelinterview mit der holländischen und dem französischen Botschafter(in) in der Schweiz, denn das sind die «EU-Länder», geführt haben.

Natürlich ist es nicht die Aufgabe des Interviewers, den Interviewten in den Senkel zu stellen. Aber zu viel Unterwürfigkeit ist auch fatal. So sagt die holländische Botschafterin unverfroren auf die Frage, ob die EU Druck auf die Schweiz ausgeübt habe: «Wir gingen davon aus, dass der Bundesrat uns folgen würde. Die grosse Frage war, wie rasch.» Zu dieser klaren Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates hätte man vielleicht etwas sagen können. Aber nur vielleicht …

Dann geht’s zur Sache, also zum neuen Versuch, klare Schweizer Gesetze auszuhebeln, die auch die Wiederausfuhr Schweizer Waffen in Kriegsgebiete glasklar verbieten, was auch alle europäischen Staaten vertraglich zugesichert haben. Aber neu heisst es: «Es geht hier um die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen und Munition, die sich in den Beständen unserer europäischen Partner befinden. Sind diese blockiert, ist das ein Problem für Europa.»

Das schlucken die Interviewer widerstandslos, also legt der französische Botschafter nach:

«Wenn die Schweiz die Lieferung von Waffen und Munition blockiert, heisst das auch, dass sie ein europäisches Land daran hindert, seine eigene Sicherheit zu verteidigen.»

Spätestens hier hätte man von zwei gestandenen NZZaS-Journalisten erwarten dürfen, dass sie Widerspruch gegen diese absurde Behauptung einlegen. Aber nein, tun sie nicht. Also zeigt der Franzose, was diplomatischer Zynismus ist und antwortet auf die Nachfrage, ob der Druck auf die Schweiz anhalten werde: «Aber ich würde nicht von Druck auf die Schweiz sprechen, sondern von einer sehr starken Nachfrage.»

Vielleicht haben die beiden Journis nicht die abgefeimte Ironie verstanden, sie winken auch diese Frechheit durch. Da machen zwei Diplomaten klar, dass sie auf Schweizer Gesetze pfeifen, kokettieren ungeniert damit, dass man dieses Stachelschwein doch schon noch kleinkriegen werde, behaupten in Bezug auf russische Vermögen gar, «die Russen werden zahlen müssen für den Wiederaufbau der Ukraine, aber natürlich stellen sich rechtliche Fragen». Könnte man da nicht erwarten, dass der Interviewer nachhakt, ob damit gemeint sei, rechtsstaatliche Grundsätze samt Eigentumsgarantie in die Tonne zu treten? Könnte man, müsste man. Ist aber nicht.

Was für eine blamable Aufführung der Interviewer. Was für eine blamable Führung durch die oberen Hierarchiestufen, die diese mangelhafte Leistung ins Blatt durchwinkten. Man sollte die beiden Kolonialherren, womit auch die Dame gemeint ist, zu personae non gratae erklären; die beiden Journis am besten gleich mit.

Neben dieser Fehlleistung verblasst beinahe die Kehrtwende der England-Korrespondentin Bettina Schulz. Sie erweckt nämlich den Eindruck, mit dem Denken Lenins sehr vertraut zu sein. Der soll als erster gesagt haben: Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an. So lästerte sie ausführlich über die angeblich ausweglose und kritische Situation ab, in die sich Britannien durch den Brexit begeben habe. Dazu noch dieser neue Premier, Himmels willen. Nun aber: «Drachentöter im Massanzug. Rishi Sunak lässt mit seinem EU-Coup ein ganzes Land aufatmen». Das ist schön für die Briten, nur: was soll man der Wetterfahne Schulz denn noch glauben?

Auf Seite drei dürfen wir dann eine Analyse des Schreibtischgenerals, des Sandkastenstrategen, der militärischen Koryphäe Markus Bernath lesen. Der hatte bekanntlich schon die Niederlage Russlands verkündet. Aber auch ihn geht sein dummes Geschwätz von gestern nichts an, aktuell analysiert er: «Die Russen wollen genau diese Stadt (Bachmut, Red.) erobern, weil sie überall sonst scheitern. Und die Ukrainer verteidigen den Ort bis zuletzt, weil auch sie nicht zu einer Offensive fähig sind.»

Frage eins: Stimmt das? ZACKBUM hat keine Ahnung und weiss sich damit mit Bernath einig. Frage zwei: wird diese Analyse in drei Monaten noch Bestand haben? Nein. Frage drei: wieso wird dann eine Seite darauf verschwendet? Gute Frage.

Der gebeutelte Leser wankt zu Seite 16 und kriegt auch dort eine volle Ladung Gedöns serviert. Zunächst sargt der schreibende Rentner Felix E. Müller «Das Magazin» ein. Immerhin schreibt nicht Aline Wanner, also bleibt ZACKBUM ungeschoren. Ist aber auch nicht nett von Müller, dass er das Magazin der NZZaS für völlig überflüssig erklärt. Oh, hoppla, er meint natürlich das Magazin der Konkurrenz. Sicher reiner Zufall, diese Schelte.

Gegen Schluss wird Müller dann etwas dunkel, was den Sinn seiner Kolumne betrifft. Nachdem er die Überflüssigkeit des Tagi Magi beschworen hat, fährt er fort: «Noch verfehlter ist es, auch Mobbingfälle auf diese Weise veredeln zu wollen. Sie wären genauso schlimm, hätten sie sich so, wie behauptet, beim «Entlebucher Anzeiger» zugetragen.» Mann o Mann, was will uns die schreibende Schnarche denn damit sagen? Das «Magazin» veredelt Mobbingfälle? Sie werden edler durchs Magazin? Wer würde bestreiten, dass sie beim «Entlebucher Anzeiger» genauso schlimm wären, hätten sie sich so zugetragen?

Ist halt schon blöd, wenn man ab und an den Faden verliert und Unverständliches murmelt. Aber eigentlich gäbe es dafür eine Redaktion, die das dem Leser erspart. Leider Konjunktiv. Aber der Leidensweg ist auf dieser Seite noch nicht abgeschritten, der Kelch nicht bis zur Neige geleert. Denn darin schwimmt noch Nicole Althaus. Sie schreibt, nein, lieber Leser, mehr als einmal raten ist nicht erlaubt, sie schreibt über weibliche «Hysterie» und – hübsche Formulierung – «Mensch mit Menstruationshintergrund».

Aber dann regt sie sich über die zunehmende Verwendung eines sensiblen Sprachgebrauchs auf, also statt «Armer» heisst es dann «Mensch mit limitierten finanziellen Ressourcen». Das sei ganz furchtbar und ändere nichts an der Realität. So weit, so gut. Dann bringt sie ein Beispiel einer klaren Reportersprache über Heiratsgebräuche in den Slums von Mumbai. So weit, auch so gut. Aber dann will sie diese klaren Sätze selber in eine «diskrimierungsfreie Sprache» übersetzen, um diesen Unfug zu entlarven. Nur: sie kann’s nicht, also wird’s zum peinlichen Eigentor.

Allerdings ist damit der Golgatha-Weg des Lesers, man muss leider zu solchen Metaphern greifen, noch nicht zu Ende. Peer Teuwsen, da zuckt der sensible Leser schon zusammen, interviewt Josef Hader. Das ginge ja noch, wenn Hader in Form wäre. Aber Teuwsen hat ihn, geschickt, geschickt, der völlig humor- und begabungsfreien Patti Basler an die Seite gestellt.

Wir sind bekanntlich bereit, für unsere Leser eine Leidensfähigkeit an den Tag zu legen, die ihresgleichen sucht. Aber wir lasen diesen Satz hier von Basler: «Aber ich persönlich bin je nach Körperstelle einer anderen Region zugewandt. Der Beckenboden zum Beispiel ist südostasiatisch tief im Om.» Seit wir uns das plastisch vorzustellen versuchten, kriegen wir das Bild nicht mehr aus dem Kopf, da nützt auch keine transzendentale Meditation mehr. Um weitere Beschädigungen zu vermeiden, gaben wir hier die Lektüre auf. So viel Selbstschutz muss sein.

War’s das wenigstens? Fast. Auf Seite 53 interviewt Peer Teuwsen, ja, wir zucken zusammen, Jan Weiler. Jan who? ZACKBUM gesteht: Wir haben noch nie von einem der «meistgelesenen Autoren deutscher Sprache» gehört. Hört sich auf jeden Fall besser als Bestsellerautor an. Das ist ein Mann mit einem bescheuerten Pseudonym auch, das war auch ein Konsalik, das sind auch die Autoren der Jerry-Cotton-Heftchen. Aber hier ist es Weiler. Dabei hat gerade Peter von Matt eine neue Essaysammlung veröffentlicht, vor der man niederknien muss. Dabei gibt es unzählige andere Neuerscheinungen, zum Beispiel das kleine Wunderwerk von Volker Reinhardt über Montaigne. Und, und, und. Aber Teuwsen hat den einschlägig bekannten Weiler dazu eigeladen, in der NZZaS einen «Fortsetzungsroman» zu schreiben.

Gut, wir haben den «Der erste Satz»-Test gemacht: «Als Peter Munk zwei Tage nach seinem einundfünfzigsten Geburtstag auf der Rolltreppe des Globus zwischen der zweiten und der dritten Etage einen Herzinfarkt erlitt, ergriff ihn weder Todesangst noch Verunsicherung, sondern reine Empörung.»

Um das Resultat vorweg zu nehmen: durchgefallen. Knackt in den Gelenken, weil ungelenkes Situieren, überflüssige Ortsangabe, «ergriff ihn» unmotiviert altertümlich, Substantivierung macht die Aussage behäbig, Verbalisieren wäre viel dynamischer gewesen. Und kann jemand, der gerade einen Herzinfarkt erleidet, darüber empört sein? Mediziner würden sagen: nein. Also ist’s auch noch ein unsinniges Setting.

Danach kommt übrigens die Rückblende, wir ahnten es und blendeten uns aus.

Also noch mal so eine Ausgabe der NZZaS, und ZACKBUM verlangt Schmerzensgeld. Und nein, liebe Leser, die Lektüre von SoZ und SoBli kann uns nun wirklich keiner zumuten, nach diesem Schmerzenspfad durch das Sonntagsblatt aus der Falkenstrasse, das endlich mal wieder eine Schreiboffensive starten sollte. Denn eigentlich hätte es doch die Mannschaft dafür.

 

Sonntag, NZZ, na ja

Das Blatt mit einem einzigen Höhepunkt.

Bei der Illustration auf der Frontseite fragt man sich schon, ob das viel weniger blöd als die Journimasche ist, hinter jeden Kleinskandal die Endung –gate zu hängen:

Sicherlich, Eugène Delacroix war nicht uneitel und malte sich gleich links neben der Freiheit, die das Volk anführe:

Aber hat er es verdient, dass sein subversives Werk, das so viel Sprengkraft hatte, dass es viele Jahre lang nicht ausgestellt werden durfte, nun für «Im Namen der Natur» missbraucht wird? Mühsam gestützt durch den Lead: «Einst kämpften wir für die Freiheit, nun folgt die Revolution der Natur.»

Zusammenfassend kann man sagen: nein.

Im «Hintergrund» dilettiert dann Markus Bernath. Der täuschte sich schon mit Prognosen und amtiert gerne als Schreibtischgeneral: «Freiheit und Sicherheit müssen gegen den Mann im Kreml verteidigt werden – notfalls mit Waffen.»

Nun ist er aber auch ein Jahr nach Kriegsbeginn noch nicht in den Schützengraben enteilt, sondern verteilt weiter Benimmnoten. So ruft er der halben Million Menschen zu, die wie ZACKBUM-Autor René Zeyer das «Manifest für den Frieden» unterzeichnet haben:

«Den Wert der Freiheit, den Willen der Ukrainer und der anderen Europäer zur Selbstbehauptung schätzen die Friedensbewegten gering. Was sie dazu aber nicht verstehen wollen …»

Was quatscht der Mann da? Geringschätzung der Freiheit, des Willens zur Selbstbehauptung, die Unterzeichner verstünden dies und das nicht? Unbelegte Rempeleien. Schlimmer noch, was will denn Bernath verstehen? «Die Russlandlüge des Westens ist zusammengebrochen». So, so. «Die Welt ist für den Westen kleiner geworden.» So kann man auch zu verstehen versuchen, dass nur eine (kleine) Handvoll Staaten Sanktionen gegen Russland ausgesprochen hat. «Die Amerikaner entwickeln eine neue Sicherheitspolitik.» Das wüsste man aber, da sie an der alten festhalten. Militärische Überlegenheit durch Riesenrüstungsausgaben. «Die Nachricht vom «Hirntod der Nato» war stark übertrieben.» Ach ja, ein längst vergessener Spruch des französischen Präsidenten Macron. Und das ist alles bei Bernath? Das ist nicht viel.

Aber immer noch mehr als die Kolumne von Nicole Althaus: «Der Tag, an dem ich alt wurde». Wie sehnt man sich hier nach einer Frühpensionierung …

Ansonsten geht’s so dahin, bis zum abschliessenden Höhepunkt:

Die vollständige Version auf diesem Blog …

Januar-Loch

Ach, NZZaS. quo vadis?

Es gibt bekanntlich anderthalb lesbare Zeitungen am Sonntag. Zur halben kommen wir noch, zunächst müssen wir aber an der NZZamSonntag zweifeln:

Was soll uns diese Front sagen, ausser helle Verzweiflung in der Redaktionsstube? Eine «who?» Personalchefin zum Schnarchthema «Geschlechterklischees». Ein Beitrag zu einem Tierklischee. Dann ein Bericht über einen vergessenen Krieg, das ist immerhin aufrecht.

Schliesslich die naheliegende Meinungsumfrage mit naheliegender Resultat zu Bundesrat Berset. Dann, Gottseibeiuns, ein Interview mit Christoph Blocher. Zu Anker? Zu Holder? Zur Einwanderung? Zu Schweizer Werten? Zu fremden Vögten? Nein, nein und nein. Überraschung, zum Umweltschutz. Und dann noch oben rechts unter dem Leerraum eine Null-Story: «Moderne Sklaverei in der Schweiz nimmt zu».

Wahnsinn, muss sich die Schweiz nun nicht nur wegen ihrer überragenden Beteiligung am internationalen Sklavenhandel schämen, sondern auch noch für moderne Sklaverei? Für beides etwa gleichstark. Denn die kühne Zeile «nimmt zu» stützt sich einen gewaltigen Anstieg polizeilich ermittelter Fälle. Sie haben sich in einem Jahr, schluck, mehr als verdoppelt. Wahnsinn.

Allerdings: von 15 auf 40. Das ist der alte Trick. «Starke Zunahme», «Verdoppelung», «klar ansteigende Tendenz»: solche Titel kann man herausmelken, wenn es statt einem Fall zwei gibt. Aber ernst nehmen kann man das nicht wirklich.

Irgendwie passt dazu der Lückenfüller auf Seite zwei: «Überfahrener Kater empört Frankreich». Vielleicht gäbe es noch ein Eichhörnchen-Sterben in den Ardennen oder eine Tauben-Epidemie in Marseille zu vermelden.

Dann kommt wieder die Seite Billig-Journalismus. Gordana Mijuk interviewt den 70-jährigen Moisés Naím zum Thema: «Die grösste Herausforderung unserer Zeit ist es, die alten Männer loszuwerden, die nicht mehr von der Macht lassen wollen.» Lustigerweise ist das Interview mit einem Riesenfoto von Donald Trump illustriert, der nun zweifellos von der Macht lassen musste.

Etwas aufgepumpt wirkt auch der Artikel «Erniedrigt, geschlagen und jahrelang eingesperrt im Haus». Er kratzt einen Fall als Opener zusammen, versucht dann den Aufschwung ins Allgemeine, kann dann aber nicht mehr als einen umstrittenen Fall aus Genf anführen, wo ein reicher Indisch-Schweizer Doppelbürger der Ausbeutung seiner Angestellten beschuldigt wird, was der energisch zurückweist, während die Staatsanwaltschaft seit sechs Jahren ermittelt, ohne Ansage erhoben zu haben.

Mit anderen Worten: wenn es solche moderne Sklaverei in der Schweiz gibt, ist es eine verdammte Sauerei. Aber damit eine Seite füllen, das ist auch eine Ferkelei.

Wiederum eine Schweinerei ist der Kommentar der Kriegsgurgel Markus Bernath. Der Schreibtischgeneral befiehlt: «Die Ukrainer müssen siegen. Man sollte dieses Wort nicht vermeiden, sondern klar aussprechen

Ein klares Wort, aber was bedeutet es eigentlich? «Was am Ende des Krieges ein Sieg sein wird, entscheiden zuerst die Ukrainer. Doch auch die Nato-Länder … müssen wissen, was sie wollen. Sie sollten ihr Ziel kompromisslos formulieren, ohne Angst vor Putins Zorn.» Vielleicht träumt Bernath davon, dass die Nato ihre Ziele so kompromisslos wie die Schande für die grüne Friedenspartei, die geschwätzige deutsche Aussenministerin Baerbock, formuliert, die davon schnattert, dass Europa schliesslich mit Russland «im Krieg» sei.

Und warum sollte Europa, laut Bernath, einen Atomkrieg mit Russland riskieren? Da wagt der Hobbyhistoriker einen schrägen Vergleich: «Denn Putin würde nach der Zerstörung er Ukraine nicht haltmachen, so wenig wie Hitler es nach der Einverleibung des Sudetenlandes 1938 getan hat.» Himmel, hilf, kann dem Mann mal jemand historische Kenntnisse beibringen? It’s a dirty Job, but somebody has to do it.

Bernath ist nun weder in der Geschichte, noch in der Gegenwart sattelfest. So behauptete er auch schon: «Putins Herrschaft ist im Endstadium». Für ihn ist zwischen Wahn und Wirklichkeit manchmal kein Spalt.

Dann dilettiert Rafaela Roth für einmal nicht zum Thema «bewundernswerte Frau» sondern hat sich in die Abgründe des Drogenhandels begeben. Also zu einem Prozess vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Aber sich so etwas lässt sich natürlich rauschhaft aufblasen. Obwohl in der Schweiz vergleichsweise lachhafte 25 bis 35 kg Methamphetamin konsumiert werden (Kokain: 5 Tonnen oder 5000 kg).

Ihre Fachkenntnis stellt Roth auch mit diesen Behauptungen unter Beweis: «Methamphetamin … ist eine Dorge, die besonders schnell süchtig macht. … Einige sagen, es sei schwieriger, von Crystal Meta loszukommen als von Heroin.» Im Gegensatz zu Heroin ist Meth eine vollsynthetische Droge. Zudem ist das Suchtpotenzial von Heroin unvergleichlich niedriger als das von – Nikotin.

Aber für einen doppelseitigen Kriminaltango, wenn man halt nix anderes hat, reicht auch ein Fall, über den die Autorin selbstkritische sagt: «Im globalen Vergleich haben die Drogenbosse aus der Bieler Provinz doch eher Taschenformat.» Richtig, sowohl im globalen wie im europäischen wie im Schweizer Vergleich.

Richtig schräg wird’s dann mal wieder im Kultur-Teil. Offenbar ist im Bereich Kultur einfach nix los. Keine Bücher, keine Werke, keine Erkenntnisse, keine Analysen, einfach tote Hose. Gelegenheit für den Kulturchef, sich einem spannenden kulturellen Thema zu widmen: «Schneetourismus in Tirol». Aber wo geht der Tourismus hin, wenn der Schnee weggeht? Das ist dem Kulturmenschen Peer Teuwsen gleich einen Dreiseiter wert. Fotografiert hat dazu Lois Hechenblaikner. Der knipst seit 1990 Tiroler Tourismus.

Da ist man froh, dass die Fotos zum Artikel immerhin in den Jahren 2009 bis 2018 aufgenommen wurden, was wohl die ewige Gültigkeit der «Winterreise» von Teuwsen unterstreichen soll. Oder doch nur ein Hinweis darauf ist, dass Hechenblaikner gerade sein x-tes Fotobuch über Tiroler Tourismus veröffentlicht.

Ach ja, einen Schuss ,«SonntagsZeitung» hatten wir noch versprochen. Sagen wir mal so:

Mit Verlaub erscheint uns der Titel «So sieht aus» etwas gewagt, wenn der Autor Christoph Ammann heisst.

Allerdings muss man einräumen, dass die Front einiges flotter daherkommt als bei der NZZaS. «Das Gelbe fürs Ei» über Aromat ist nicht schlecht.

Dem Nicht-Sympathieträger Daniel Vasella noch eine reinzuwürgen, das stimuliert sicherlich den Sozialneid des Lesers. Als ob der es nicht schon schwer genug gehabt hätte. Zunächst enthüllte der flotte Finanzblog «Inside Paradeplatz», dass er 72 Millionen als Abgangsentschädigung hätte erhalten sollen. Dafür, dass er die nächsten sechs Jahre nichts tat, also nicht für die Konkurrenz tätig würde.

Dass das IP aufdeckte, ist der SoZ allerdings kein Wort wert, auch journalistischer Neid ist hässlich. Aber nun kann das Blatt nachtreten. Es konnte ein Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2020 einsehen. Das wiederum bezieht sich auf die Steuererklärung Vasellas aus dem Jahr 2013. Also höchstens lauwarmer Kaffee, aber immerhin. Peinlich für Vasella: seine Behauptung, er lebe in Monaco und sei dann nach New York umgezogen, wurde vom Gericht auf 57 Seiten widerlegt.

Also musste Vasella happige Steuern in der Schweiz abladen. Weil es ihm nicht mal gelungen war, seinen Steuersitz Monaco richtig zu belegen. Alles nicht brandneu, aber sicherlich für Schadenfreude und Häme geeignet.

Von der hat auch Arthur Rutishauser auf einmal reichlich: «Während sich in der Ukraine ein ehemaliger Komiker zu einem international bewunderten Präsidenten gewandelt hat, erleben wir in der Schweiz das Gegenteil: ein beliebter Staatsmann, der sich für einen Zeitungsverlag zunehmend zum Clown macht.»

Mindestens halb richtig, und das ist schon viel. Viel ist da sonst nicht, denn ob den Schweizer Leser ein Interview mit dem neuen deutschen Verteidigungsminister Pistorius so interessiert wie die Leser der «Süddeutschen Zeitung»?

Und sonst? Was und? Was sonst?

 

 

Sonntags-Blues

Spass und Tollerei am Wochenende? Denkste.

Wir dachten, zur Abwechslung verpassen wir uns und unseren Lesern ein Wechselbad. Also NZZaS und «SonntagsBlick» als Gegenpole.

Aber oh Schreck, die NZZaS beginnt auch nicht viel besser als der SoBli. Nämlich mit dieser Schlagzeile:

Der unrasierte Herr rechts ist übrigens so ein Tschütteler, der sich wie Michael Jackson selig in den Schritt gefasst hat, was anscheinend die Serben nicht lustig finden. Ob das ein Grund ist, ihn von hinten (da fehlt dann sozusagen das Corpus Delicti) auf die Front zu hieven?

Aber von noch bescheidenerem Niveau ist der Aufmacher links. Dass das – nun ja – der FDP nicht feindlich gegenüberstehende Blatt den schwachen FDP-Aussenminister verteidigen will, verständlich. Aber drei Fachkräfte aus der Redaktion braucht es, um nicht in dröhnendes Gelächter auszubrechen, wenn der Urheber dieses Ersatzversuchs genannt wird: «SP-Aussenpolitiker Fabian Molina bläst vier Tage vor der Bundesratswahl zum Angriff auf die FDP», bangt und zagt die NZZaS.

Molina wage sich mit dem «Plazet der Parteileitung aus der Deckung», diesen Schluss lägen «Recherchen» nahe. Im Kaffeesatz? Oder hat die NZZaS etwa eine Wanze im Sitzungszimmer der Genossen platziert? Aber abgesehen davon, mal unter Erwachsenen: Wenn Molina, der Fan des Schwarzen Blocks und die ewige «ich fordere hier sofort»-Tröte etwas sagt, dann weiss man doch, dass ein Sack Reis in China, der umfällt, mehr Auswirkungen auf die Bundesratswahlen hat.

Ganz oben auf der Front wird’s allerdings schön bunt, tendenziell ausländerfeindlich und schrecklich:

«Brotlose Paradedisziplin Germanistik»? Das wüssten wir aber, da wir diese einzig wahre Wissenschaft studiert haben und in unserem Leben durchaus dem einen oder anderen Brotkanten begegneten. Dass dort die Studenten fehlen, nun ja, dass korrektes Deutsch, die Kenntnis einiger Schriftsteller und eine Ahnung von Stil aussterbende Kompetenzen sind, das merkt man auch ausserhalb der Germanistik. Dazu reicht es, jede beliebige Zeitung aufzuschlagen oder auch nur einen Artikel von Nora Zukker zu lesen.

Wobei auch Bettina Schulz aus London, die Brexit-Untergangssirene, mal wieder Schreckliches aus good ol› England zu vermelden hat. Da fragte doch eine Hofdame ein paar Mal nach, woher eine Teilnehmerin an einem royalen Empfang stamme, damit sie die allenfalls korrekt Mitgliedern der königlichen Familie vorstellen könnte.

Eine dunkelhäutige Trägerin von Dreadlocks (soweit politisch korrekt) gab spitz an, dass sie die Vertreterin einer Londoner Hilfsorganisation sei. Das reicht der Hofdame verständlicherweise nicht, und erst nach mehrfachem Nachfragen rückt die Schwarze damit heraus, dass sie ursprünglich aus Barbados sei. Soweit, so banal. Aber natürlich fühlt sich die Dreadlocks-Trägerin «verletzt» und twittert das auch. Dann kommt, was kommen musste. Geschrei, Entschuldigungen, die Hofdame tritt nach 60 Jahren im Amt zurück. Auch ein Ereignis, mit dem ein umfallender Reissack in China durchaus bedeutungsmässig mithalten kann.

ZACKBUM gesteht, nie hätten wir das erwartet: der SoBli verspricht zumindest auf der Front mehr:

Schneekanone, nette Fotomontage des Rennzwergs gegen den abgehalfterten Super-Ronaldo, eine fiese Attacke gegen die SP-Bundesratskandidatin Eva Herzog, und nur anschliessend riecht es etwas nach alten Socken mit der sich ewig über Rassismus beklagenden SRF-Quotenfrau Angélique Beldner und dem ewigen Anfängerthema «Unterwegs mit einem Blindenhund».

Auf Seite zwei geht’s dann aber niveaumässig in den Keller. Richtig geraten, Chefredaktor Gieri Cavelty ordnet in einem «Editorial» mal wieder die Welt als Wille und Wahn. Auch er muss sich an «30 Jahre EWR-Nein» abarbeiten. Natürlich findet er das auch heute noch ziemlich scheisse. Das muss er auch, denn ohne Blocher-Beschimpfung (natürlich gegen Papa und Tochter, die beide im Gegensatz zu Cavelty sowohl politisch wie unternehmerisch erfolgreich unterwegs sind) geht’s nicht. Sonst würde aus dem fernen Berlin der Blitz herniederfahren und Cavelty würde dem RAV anheim fallen.

Das will er verhindern, indem er sich am Schluss zu einem kühnen Vergleich ermannt: «Der Schweiz bleibt nur noch eine Wahl, die keine ist.» Hä? Nein, nicht grübeln, das ist halt Cavelty. Welche bleibt ihr denn nicht? «Möchte sie mit «fremden Richtern» kooperieren oder mit fremden Henkern?» Hä? Wer damit gemeint ist, kann man aus der Fussnote erahnen: «Unsere Berichterstattung zu China finden Sie auf den Seiten …»

Wir versuchen vergeblich zu verstehen. Die Schweiz hat eine Wahl, die keine ist. Also keine Wahl. Oder doch die Wahl zwischen Richtern oder Henkern. Richter ist die EU, Henker China. Wir hätten da einen Schweizer Kompromissvorschlag: wieso kooperiert die Schweiz nicht wahllos mit richtenden Henkern oder henkenden Richtern?

Anschliessend kommt ein Beitrag zum Thema «so genau wollten wir das gar nicht wissen». Aber wenn man wenig Platz hat, noch weniger Ideen, ihn aber dennoch füllen muss, dann kommt so eine Seite heraus:

Immerhin schön bunt.

Doch vom Blatt der Richter und Henker zurück zum Blatt der Dichter und Denker. Dort weiss Nachwuchs-Journalist Fabian Kretschmer aus Peking wieder etwas ganz genau:

Bange Frage: ob Xi das auch weiss? Noch bangere Frage: wird Xi das freiwillig tun, oder muss Kretschmer ihn dazu zwingen?

Ein ganz anderes Schicksal hat Markus Bernath zu schultern. 18 Jahre lang schrieb er für den Wiener «Standard», seit 2018 sitzt er am Futtertrog der NZZaS. Obwohl bei ihm harte Fränkli im Kässeli klingeln und er leiwand in Wien lebt, hat er’s nicht leicht. Denn er leidet und jammert. Muss man sich mal vorstellen, welche Härten dieser Mann durchstehen muss:

«Ich schlafe mit Schal und in Skiunterwäsche … Wir heizen nur noch zweimal am Tag – morgens eine Stunde zum Frühstück, bis die Kinder fertig für die Schule sind, abends eineinhalb Stunden zum Nachtessen. Eine warme Wohnung ist Luxus geworden.»

ZACKBUM bittet seine Leser inständig, das von der NZZaS sicherlich demnächst eingerichtete Spendenkonto «Schenkt Wärme für Bernath» in weihnachtlicher Stimmung zu berücksichtigen. Aber immerhin, für eine Bestellung bei Amazon hat’s noch knapp gereicht.

«Eine ukrainische Fahne steckte im Päckchen, blau-gelb, eineinhalb Meter breit. … Ich werde sie aus dem Fenster im Wohnzimmer hängen, damit ich weiss, warum ich in dieser Wohnung fröstle.»

Man kann nur hoffen, dass Bernath das Fenster wieder schliesst, nachdem er sein Wissen, wieso er fröstle, aus dem Fenster gehängt hat. ZACKBUM als Schiedsrichter sagt: SoBli-Cavelty gegen NZZaS-Bernath: eins zu eins.

ZACKBUM fügt hinzu: Wir wussten gar nicht, dass das Haus NZZ seine Redakteure so lausig entlöhnt. Hoffentlich sorgt der 13. bei Bernaths für beheizte Weihnachten. Sonst könnte vielleicht der Weihnachtsbaum, kleingehackt …

Dass es auch Menschen mit echten Problemen auf der Welt gibt, illustriert die NZZaS dann gleich auf der nächsten Seite:

ZACKBUM spielt leise mit dem Gedanken, ob die Einführung der Scharia im Journalismus etwas nützen würde; also zum Beispiel zehn Schläge auf die nackten Fusssohlen bei unterirdischen Artikeln. Aber als Gegner jeder körperliche Züchtigung …

Wobei, auf der Seite «Meinungen» schreiben Aline Wanner und Patrick Imhasly. Der beweist wieder einmal einen alten Satz von Karl Kraus: keinen Gedanken haben und den nicht ausdrücken können, das macht den Journalisten aus. Duftmarke: «Weihnachten steht an, und wenn man durch die Innenstädte schlendert, spürt man, wie die Konsumlust …» Man fragt sich, wie oft dieser Satz in der stolzen und langen Geschichte der NZZ bereits rezykliert wurde. Nein, man will sich lieber nicht fragen. Und der Gedanke an Scharia keimt wieder auf …

Ach, hier noch ein Artikel zum Nachdenken für Bernath:

Nun sind wir gespannt, ob der SoBli noch etwas Tiefergelegtes nachlegen kann. Er kann:

Offensichtlich hat das Haus Ringier etwas gegen diese SP-Bundesratskandidatin. Ob man die Niederlage mit dem Basler «Blick» noch nicht verdaut hat? Man weiss es nicht. Aber man weiss: wenn die «Blick»-Koryphäe Reza Rafi mit der «bajour»-Koryphäe Andrea Fopp eine «Recherche» präsentiert, hilft nur eins: schnell umblättern.

Aber damit kommt man vom Regen in die Jauche:

Wie ein Bezahlorgan einen solchen Unsinns-Satz noch hervorgehoben und unwidersprochen publizieren kann, lässt nun wirklich ernsthaft am IQ aller Beteiligten zweifeln:

Endlich, der Goldesel lebt, König Midas lebt, schon vor Weihnachten ist ein Wunder geschehen. Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Jetzt aber geben wir erschöpft auf und machen uns daran, weniger einzuzahlen und dafür mehr zu erhalten. Ach, oben steht mal wieder unser Spendenaufruf …

 

Schwätzer und Helfer

Schreibtäter die einen, Schwätzer die anderen, Helfer die Dritten.

Lassen wir die Schreikräfte in den intellektuell bescheidener ausgestatteten Gazetten beiseite. Und kommen zum Blatt, das ja gewissen Ansprüche an sich und seine Leser stellt. Da haben wir Markus Bernath, «Foreign Affairs Editor», eingewechselt vom «Standard». Der deklariert im Bund «Hintergrund»:

«Die Europäer müssen den Krieg wieder lernen

Markig fährt er fort: «Freiheit und Sicherheit müssen gegen den Mann im Kreml verteidigt werden – notfalls mit Waffen.»

Im Rahmen der Meinungsfreiheit darf auch das gesagt werden. Dennoch schlägt ZACKBUM vor, das Gefäss in «Abgrund» umzubenennen. Krieg als Lernfach, Aufruf, notfalls zu den Waffen zu greifen? Hoffentlich hat sich Bernath bereits freiwillig gemeldet, beim österreichischen Bundesheer sind sicher noch Plätze frei für Journalisten, die sich zu Kriegsgurgeln gewandelt haben. Was für ein Schreibtäter.

Nicht nur der «Schwarze Block»-Molina fordert dies und das und Solidarität, ist gegen und für, es sollte, es müsste, es kann nicht sein. Wohlfeil ist’s, grossmäulig zu fordern, die Schweiz solle die EU-Sanktionen gegen Russland «mittragen». Er selbst trägt nicht so gerne.

Als er genauso vollmundig sofortige Aufnahme von 10’000 Afghanen forderte (man erinnert sich noch?), erwiderte er schmallippig auf die Frage, ob er selbst vielleicht so einen, zwei aufnehmen würde, er sei dann kein Staat im Fall, sorry. Sonst sind auch keine Hilfsaktionen von ihm bekannt, ausser Maulheldentum.

ZACKBUM übrigens, falls das erwähnt werden muss, spendete für die Finanzierung einer Luftbrücke aus Kabul heraus, die dann immerhin fast 200 Afghanen im letzten Moment rettete und setzt sich für einen afghanischen BBC-Journalisten ein, der in der Schweiz gestrandet ist.

Schwätzer und Macher

Das ist nicht viel, aber viel mehr, als diese Schreib- und Schreitäter leisten. In den Schatten gestellt wird all das aber durch solche Aktionen:

Das ist einer, und sicher nicht der Einzige, der weder einen grossen Latz hat, noch auf Friedensdemos ein Zeichen setzt. Sondern einfach Kontakt sucht und findet und nun mal kurz an die ungarische Grenze fährt, um dort eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine abzuholen. Jemand anders aus seinem Kontaktnetz aus St. Gallen fährt an die polnische Grenze, um das Gleiche zu tun.

Vorteil dabei ist, dass zurzeit Ukrainer visumsfrei in die Schweiz einreisen können und zumindest bis zu drei Monate legal hier leben. Wie’s anschliessend weitergeht, was die Folgen sind, was das kostet, was das für Probleme bringt, was man sich damit auflädt?

Da würden Bernaths, Molinas und alle anderen in Bedenkenträgerei versinken, dies und das fordern, am besten alles, womit sie selber sich nicht belasten würden. Deshalb ist der Zustand der Politik und der Medien so beelendend.

Deshalb ist diese kleine Aktion, auf die ZACKBUM per Zufall aufmerksam wurde (wir sind sicher: es ist nicht die einzige) so herzerwärmend. Das löst nicht den Ukraine-Konflikt. Es trägt auch nicht dazu bei, Krieg zu lernen. Es hilft null, die Sanktionen der EU auch in der Schweiz umzusetzen.

Aber es ist ein kleines Licht der Menschlichkeit, endlich mal nicht ein verbales «Zeichen», kein Ruf nach Solidarität, aber bitte die anderen zuerst. Einer hat Platz, hat ein Auto, die Fahrt an die ungarisch-ukrainische Grenze, sagen wir nach Tiszabecs, dauert so 13, 14 Stunden. Ist doch keine Sache, eigentlich. Ist eine Riesensache. Ist einfach das kleine Gute im grossen Schlechten. Ist helfen, statt quatschen.

Chapeau.

Obduktion der NZZaS

Papiermangel, schlecht, Hirnschmalzmangel, schlechter. Hintergrund ohne Hintergrund.

«Hintergrund» ist eine Ansage, von der NZZaS sowieso. Tiefe Denke, gute Schreibe, bereichernde Gedanken, Einsichten und Ansichten. Könnte man meinen, sollte man erwarten, wird aber in der aktuellen Ausgabe zum Witz. Wenn man die Definition von Freud heranzieht, dass ein Witz aus einer enttäuschten Erwartungshaltung entsteht.

Im «Hintergrund» vom 17. Oktober gibt es genug Witze für eine ganze Comedy-Show. Allerdings wohl nicht absichtlich zubereitet.

Witz 1: Markus Bernath sinniert aus der neutralen Schweiz heraus, wie denn die EU mit Polen und Ungarn umzugehen habe. Denn das wissen die vielen Eurokraten in Brüssel und Strassburg nicht, daher leiht ihnen Bernath ungefragt seinen Sachverstand. Der rät der EU, die beiden Staaten schlichtweg rauszuschmeissen.

Nur: wie? Den Ausschluss, Rausschmiss ist – «nicht vorgesehen», muss er einräumen. Aber, Bernath weiss Rat: gingen die beiden bösen Buben nicht freiwillig, «könnte die Kommission sie auch aus der EU mobben». Echt jetzt? Das rät die NZZ, tapfere Verteidigerin des Rechtsstaats?

Aber wie auch immer, Bernath weiss: «Die EU sitzt am längeren Hebel.» Na, dann geht’s doch, «was nicht heisst, dass sie die Auseinandersetzung nicht auch verlieren könnte». Ja was denn nun?

Die Polen und die Ungarn wollten gar keinen Austritt, weiss Ferndiagnostiker Bernath, also dann doch:

«Die Union kann das Kräftemessen mit den Rechtspopulisten in Warschau und Budapest deshalb gewinnen.»

Gewinnen, verlieren, kann man so oder so sehen.

Ach, und was ist eigentlich der Anlass für die guten Ratschläge? «Dass nationales polnisches Recht über dem Eu-Recht stehen soll, kann die Kommission nicht akzeptieren.» Damit liefert Intelligenzbestie Bernath gleich noch den besten Grund nach, wieso die bilateralen Verhandlungen am Schluss gescheitert sind. Denn wie Polen kann das auch die Schweiz nicht akzeptieren.

Witz 2: Laut Martina Läubli sei die Bestsellerautorin Sally Rooney «verstrickt im Widerspruch». Ja in welchem denn? In einem? In vielen, diagnostiziert Läubli. Zunächst: Rooney will zurzeit keine hebräische Übersetzung ihres dritten Werks, angeblich als Protest gegen die «Unterdrückung der Palästinser durch den Staat Israel». Kann man machen, wo ist da ein Widerspruch?

«Rooney lehnt die Übersetzung ihres Buches in Russland oder China nicht ab, wo die Menschenrechtsverletzungen aber ähnlich schlimm sind

Super, wird Israel freuen zu hören. Abgesehen davon ist das kein Widerspruch, sondern einfach eine Entscheidung einer Autorin. Aber nun müsse sich Rooney fragen lassen, donnert Läubli, «ob sie denn eine Antisemitin» sei. Mag sein, dass Flachdenker sie das fragen, aber wieso auch Läubli?

Damit nicht genug, die Autorin sei durch ihre Bestseller reich geworden, «gleichzeitig bezeichnet sie sich als Marxistin». Will Läubli damit wirklich sagen, dass zwischen dem Verwenden der marxistischen Ideologie und Reichtum ein antagonistischer Klassenwiderspruch bestehe? Nein, so ein primitives Unterstellen wollen wir einer NZZaS-Autorin nicht unterstellen. Oder doch?

Weitere «Widersprüche»: Die Autorin steure nun «auf Bürgerlichkeit zu». Ist ja furchtbar widersprüchlich, wie äusserst sich das denn? Hui, sie hat sich «ein Haus gekauft und ihren langjährigen Partner John Prasifka geheiratet». Das sind ja nun schreiende Widersprüche. Oder hört man hier Dummheit schreien?

Witz 3: Damit nicht genug, in der Medienspalte, zu der die einstmals angesehene Medienkritik der NZZ geschrumpft ist, ist wieder Felix E. Müller dran, der Garant für die alte Wahrheit, dass was nicht viel kostet, nicht viel wert ist.

Denn der schreibende Rentner will an zwei Beispielen aufzeigen, dass es in der Schweiz gar nicht so einfach sei, einen «Skandal» herbeizuschreiben. Hämisch mokiert er sich über die Bemühungen von Tamedia, unterstützt vom Schweizer Farbfernsehen, das mit den «Pandora Papers» zu probieren. Ging nicht, während die NZZ, Selbstlob stinkt nie, lediglich «die Hintergründe dieser internationalen Kampagne» ausgeleuchtet habe. Während die «Weltwoche» das Ganze sogar als «substanzlose Pseudo-Aufregung» bezeichnet habe. Wie ZACKBUM übrigens auch, aber diese Plattform mag Müller nicht.

Die WeWo hingegen habe versucht, die «amourösen Eskapaden nach Kräften» zu skandalisieren. Dann habe sich das Wochenmagazin darüber beschwert, dass die anderen Medien «angeblich von Bersets Verirrungen gewusst, aber nicht darüber geschrieben» hätten.

«Das ist allerdings falsch»,

trompetet Müller, «haben doch alle anderen Medien das Thema aufgegriffen». Doch die «Sache» halt nicht «als dramatisch» beurteilt. Was nun allerdings völlig falsch ist. Kein Medium – obwohl es in Bern die Spatzen von den Dächern pfiffen – hatte die «Sache» vor der WeWo aufgenommen. Und am Erscheinungstag dauerte es bis in den Abend, bis sich die übrigen Medien von ihrer Schockstarre erholt hatten und zögerlich, sofort Partei ergreifend, darüber berichteten.

Damit wird die Kolumne von Müller auch nicht zum Skandal. Aber er hat einen weiteren Sargnagel ins hoffentlich bald erfolgende Ende seiner Schreibkarriere geschlagen.

Vorher meldet er sich allerdings in der gleichen Ausgabe nochmals auf einer Doppelseite zu Wort. Das ist dann im Vergleich zu einer Kleinkolumne ein grosser, doppelter Sargnagel.

 

Fortsetzung folgt sogleich.