Hi, Hi, Hitler

Immer für eine Doublette gut.

Vor hundert Jahren, also 1923, reiste Adolf Hitler durch die Schweiz; in erster Linie, um Geld einzusammeln.Das war im August, und wenn Journalisten auf etwas wie Pavlowsche Hunde reagieren, dann sind es runde Jahrestage. Und 100 ist sehr rund.

Ausserdem ist bekanntlich Sommerloch. Also hat der «Tages-Anzeiger» eine historische Idee:

Das Werk von Andreas Tobler, Sandro Benini und Sebastian Broschinski (das ist ein «Interactive Storytelling Developer») ist 12’000 Anschläge lang, bebildert und erzählt den Kurzaufenthalt von Hitler in der Schweiz.

Zufälle gibt’s. Auch die NZZ klatscht die üppig bebilderte Story von Hitlers Kurzaufenthalt in der Schweiz zuoberst auf die Homepage. Sie braucht dafür nur einen Autor; Marc Tribelhorn.

Aber im Gegensatz zu den Hobbyhistorikern bei Tamedia führt Tribelhorn die Geschichte über Hitlers missglückten Putschversuch in München von 1923 fort. Denn damals titelten deutsche Zeitungen: «Der Hitlerputsch von der Schweiz bezahlt». Zumindest gab es logischerweise eine zeitliche Koinzidenz.

Was die kurzatmigen Historiker von Tamedia auch tunlichst zu erwähnen vergessen, reibt dem Blatt die NZZ genüsslich unter die Nase:

«Erinnert sei auch an den «Tages-Anzeiger», auf dessen Titelseite Hitler im Dezember 1931 einen Meinungsartikel publizieren konnte: «Was wollen wir Nationalsozialisten?». Der Putsch, der Faschismus, der Antisemitismus – grosszügig ausgeblendet.»

Das wird dort auch heute noch grosszügig ausgeblendet. Auf 33’000 Anschlägen geht’s dann in der NZZ weiter zur Reise des ehemaligen freisinnigen Bundesrats Edmund Schulthess nach Berlin, wo er nach einer Audienz beim Führer sehr angetan von ihm ist: «Ich glaube, sagen zu dürfen, dass Hitler aufrichtig den Frieden will und alles vermeiden wird, was ihn stören könnte

Schliesslich der amateurhafte Attentatsversuch von Maurice Bavaud, der von der Schweizer Botschaft in Berlin völlig im Stich gelassen und im Mai 1941 geköpft wurde. Dass Niklaus Meienberg als Erster an dessen Schicksal erinnerte, das wiederum erwähnt die NZZ nicht.

Dann schliesslich nochmal die Angriffspläne Hitlers auf die Schweiz, der vom Hauptmann Otto Wilhelm von Menges ausgearbeitet – aber niemals umgesetzt wurden. Schliesslich geistern noch nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder Gerüchte durch die Schweiz, dass der Führer gar nicht umgekommen, sondern sich hierher geflüchtet habe. In der Akte «Adolf»Hitler», die das Kriminalkommisariat III in Zürich angelegt habe, wurde ganz am Schluss ein Kreuz neben «Hitler, Adolf» gesetzt. Im Mai 1963.

So endet die NZZ. Kurzatmiger verweilt der «Tages-Anzeiger» am Schluss auf den unterschiedlichen Angaben, wie viel Geld Hitler seine Betteltour in der Schweiz eingebracht habe. Von 123’000 Franken sie damals die Rede gewesen, andere gehen von lediglich 11’000 Franken aus; grösstenteils von Deutschen in der Schweiz und ein paar Schweizer Antisemiten.

Es ist belustigend, dass die beiden Tageszeitungen am gleichen Tag die gleiche Idee publizieren. Beide Autoren habe ja einschlägige Erfahrungen, sie produzierten schon die Doublette der alternativen Geschichtsschreibung zum 1. August. Weniger lustig ist’s dann für den «Tages-Anzeiger», der im Nahvergleich mal wieder ganz klar auf dem letzten Platz landet. Abgeschlagen und zweifellos in einer tieferen Liga spielend.

8 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Ne, beendet find ich diesbezüglich gar nichts.
    Wenn da nachträglich noch was geändert wurde (nachträglich nachdem zackbum gerüffelt hat?), dann sollte der Herr Meyerhofer so sachlich, anständig sein, dies zu RECHERCHIEREN.
    Inklusive wer, wie, wann Schaum…… und sich entschuldigen.
    Die geladene Aggression, Gehässigkeit, Mangel von elementarster Kinderstube – das ist die angerichtete Katastrophe in unserer Gesellschaft.
    Zu einem guten, grossen, verantwortungslosen Teil von diesen Schaum schlagenden, manipulierenden (oder manipulierten), lügenden Medien, die nicht betäubten Zeitgenossen dann noch übel Namen nachschmeissen, hetzen und diffamieren.
    Soviel wie diese Zeitungen, inkl SRG & Co aus ihren ‹Geschichtsbüchern› der letzten Jahre wegschneiden, schönschreiben oder ‹vergessen› müssen, wollen, möchten….
    das geht gar nicht.
    Verschwinden, den Bach ab gehen ist die einzige ehrliche Antwort der Zukunft.
    Herr Meyerhofer, sind Sie Journalist, Journalisten-Papi oder Auftrags-Schäumer für die verschnupften huma-Klima-Zerstörer der versammelten Medien-Gilde?

    Nicht dass der bissige Geyer über dem Elendstal der Journaillen unfehlbar oder leicht verdaulich wäre.
    Aber wenn’s keiner mehr sagt oder schreibt: was noch denkenden Menschen von den zugehälterten Sprachrohren der Polit-Stenzen in Bern und fast allen Ländern zugemutet wird,
    IST SCHLICHT ZUM KOTZEN.
    Von wegen schäumen.

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  2. Gili
    Gili sagte:

    Auch in der Online-Version lautet der letzte Absatz wie von Ernst Meyerhofer zitiert. Schauen Sie wirklich mal genau hin, Herr Zeyer!

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    • René Zeyer
      René Zeyer sagte:

      Tja, also ich lese die Version, wie sie im SMD gespeichert ist, und da kann ich scrollen wie ich will, da kommt nach den von mir zitierten Sätzen nichts mehr. Es mag sein, dass der «Tages-Anzeiger» in seiner Online-Version nachträglich noch diesen Teil hinzugefügt hat. Womit diese Aufregung auch beendet sein sollte.

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  3. Ernst Meyerhofer
    Ernst Meyerhofer sagte:

    Letzter Absatz im Artikel vom Tages-Anzeiger:

    «Zurückgekehrt in die Schweiz ist Hitler nicht mehr. Publizistisch jedoch hatte er später im «Tages-Anzeiger» einen Auftritt. Am 17. Dezember 1931 publiziert die Zeitung auf ihrer Frontseite unter dem Titel «Was wollen wir Nationalsozialisten?» einen Gastbeitrag Hitlers. Darin wiederholt er zentrale Aussagen, die er 1923 bei seinem Auftritt in Zürich im kleinen Kreis vorgetragen hat.»

    Zeyer, mal wieder vor lauter Schaum vor dem Mund beim Lesen die Buchstaben nicht mehr gesehen, was?

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        • René Zeyer
          René Zeyer sagte:

          Blasen Sie mal den Schaum weg und bleiben Sie in der Rechtschreibung standhaft. Die letzten Absätze der Online-Version lauten:

          «Schweizer Einkünfte waren bedeutend für die NSDAP
          Mit seinen Verwandlungskünsten ist Hitler auch finanziell erfolgreich, obwohl die Schätzungen über die Spenden, die er auf seiner Schweizer Reise erhält, stark auseinandergehen: Insgesamt 123’000 Franken hätten die Nazis 1923 in der Schweiz eingenommen, heisst es in der damaligen Presse. Hans Oehler und sein Sekretär Hektor Ammann geben später jedoch an, Hitlers Besuch habe diesem nur 11’000 Franken eingebracht, 8000 Franken von Deutschen, die in Zürich lebten, und 3000 von Schweizer Bürger, grösstenteils Antisemiten.

          «Die Lage in Deutschland treibt unwiderstehlich der Katastrophe entgegen.» Hitlers Zürcher Rede vom 30. August 1923. (Dodis)
          Wir danken dem Schweizerischen Bundesarchiv, dem Museum Rietberg, dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin, dem Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich, dem Zürcher Stadtarchiv, dem Baugeschichtlichen Archiv der Stadt Zürich und dem Staatsarchiv des Kantons Zürich für Hilfe bei der Recherche zu diesem Artikel

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