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«Die küssen meinen Arsch»

Aber wer möchte schon wirklich Donald Trumps Arsch küssen?

Die Welt muss zur Kenntnis nehmen: der mächtigste Mann der Welt ist ein Soziopath, ein schwer gestörter Narzisst, ein unkontrollierbarer Irrer.

«Ich sage Ihnen, diese Länder rufen uns an und küssen mir den Arsch. Sie brennen darauf, ein Abkommen zu schliessen.» Dann imitiert der US-Präsident Donald Trump angebliche Anrufer: «Bitte, Sir, machen Sie einen Deal.» Oder: «Ich werde alles tun, Sir.»

Erschreckend, ein Vollirrer. Wie würdelos, wie peinlich. Nur noch Roger Köppel bleibt sich und seinem Irrtum treu: «Trump: Befreier des unfreien Freihandels.»

104 Prozent Zoll auf chinesische Importe? China doppelt nach: 84 Prozent Zoll auf Importe aus den USA. Hat es jemals in der Geschichte Sinn gemacht, Zollschranken hochzuziehen? Handelskriege anzuzetteln? Wer profitiert denn davon? Wieso laufen Elon Musk und viele andere Unternehmer Sturm dagegen?

Weil Zölle das Ausüben eines staatlichen Gewaltmonopols sind. Und die Fassade aufrecht erhalten, dass in den USA Entscheide nach rechtsstaatlichen Prinzipen gefällt werden.

Offenbar hört Trump auf den ökonomischem Voodoo-Priester Peter Navarro. Der wiederum nimmt in seinen Büchern, in denen er Zölle als Allerheilmittel preist, Bezug auf einen angeblichen Wirtschaftsexperten namens Ron Vara. «Reiten Sie mit Zöllen zum Sieg», soll dieser Vara gesagt haben, und Trump hört auf die Einflüsterungen von Navarro, der ihn seit Jahren als Berater begleitet.

Nur: Vara gibt es gar nicht, es ist eine fiktive Person, wie Navarro schon selbst zugegeben hat.

Muss man sich mal vorstellen, kann man kaum: Der US-Präsident bedient sich nicht nur einer Fäkaliensprache, er hört zudem auf die Ratschläge eines Irrwisch, der erfundene Personen (Ron Vara ist ein Anagramm von Navarro) sprechen lässt.

Schon Adolf Hitler, der Vergleich liegt leider auf der Hand, hörte auf die Einflüsterungen eines Erik Jan Hanussen, der allerdings ein unschönes Ende nahm.

Dass mehr als 100 Prozent Zoll auf chinesische Importe keinen anderen Sinn als keinen haben sollte, ist für jeden vernünftigen Menschen klar. Dass Zölle Handelsbilanzdefizite heilen könnten, ist reine Voodoo-Ökonomie, die ausserhalb der Fanblase von Trump niemand ernst nehmen kann.

Seine ewigen Beteuerungen, dass so viele Länder (oder sogar Pinguine) die USA ganz schlecht behandelt haben sollen, ist das irre Gerede eines Amoks, der unbeirrt an einem Irrweg festhält, der die Weltwirtschaft ins Chaos stürzt – und der die USA in erster Linie schädigt.

Denn nirgendwo sind die Börsen dermassen runtergekracht, nirgendwo ist die ganze Industrie dermassen abhängig von der Zulieferung aus dem Ausland. Und wie soll eine US-Bude weiterhin ihre Produkte herstellen und zu verträglichen Preisen verkaufen, wenn ihre Zulieferer absurde Zollschranken zu überwinden haben?

Mit seiner kleinen Rede vor ausgewählten Republikanern hat sich Trump entlarvt. Das obszöne Vokabular eines New Yorker Immobilienhais, der nach so vielen sein krankes, narzisstisches Ego beschädigenden Niederlagen endlich als Präsident der USA den grossen Reibach machen kann, das ist sicherlich der Tiefpunkt der Geschichte der Präsidenten der USA.

Man will sich nicht vorstellen, welche Profite seine Kamarilla eingefahren hat, die von seiner Zollankündigung wusste und mit Leerverkäufen sich dumm und dämlich verdiente. Es ist zu hoffen, dass sich einige dabei so bescheuert anstellten, dass man ihnen auf die Schliche kommen wird.

Es gibt immer Traumtänzer und Schönschwätzer, die auch die absurdeste Massnahme Trumps, sein unwürdigstes Verhalten umdeuten und ihn als angeblichen «Retter des Freihandels» preisen, dabei ist er sein Totengräber, der die US-Mittelschicht ihrem Verderben ausliefert.

Andere keifen «Faschist» und Neo- oder Postfaschismus, obwohl Trump keine Ahnung hat, was das eigentlich sein soll. Vor allem unterscheidet ihn vom Faschismus, dass er keine Ethnie als Schuldige für allfällige Probleme der USA stigmatisiert.

Das alles sind nur hilflose Versuche von Flachdenkern, mit einer neuen Qualität der US-Politik zu Rande zu kommen. Die Augen vor einer offenkundigen Tatsache zu verschliessen: Der 47. Präsident der USA ist psychisch krank.

Wer sich öffentlich mit der Bemerkung, «die küssen meinen Arsch» darin suhlt, dass andere Regierungschefs versuchen, ihn davon abzuhalten, seine absurde Zollpolitik zum Nachteil von allen umzusetzen, der ist ein Fall für die Psychiatrie.

Wer sein Regierungsamt nur dazu benützen will, sich und seinen Clan obszön zu bereichern, ist charakterlich für das Amt nicht geeignet.

Wer unablässig Fake News produziert und sie durch andere ersetzt und niemals sich darauf behaften lässt, was er erst gestern verzapfte («Deutschland nimmt ein Kohlekraftwerk nach dem anderen in Betrieb»), ist eine Gefahr für sich und für alle.

So erbärmlich sein Verhalten ist, so erbärmlich ist die Reaktion der Opposition in den USA. Und so erbärmlich ist die Reaktion der Mainstreammedien und der Regierungen in Europa. Inklusive Schweiz.

Was sind das für Amateure im Bundesrat, im Seco und im diplomatischen Chor, die meinten, ein paar freundliche Bemerkungen Trumps über die Schweiz böten Anlass zur Hoffnung, dass er besonders nett zur Alpenrepublik sei. Anstatt zur Kenntnis zu nehmen, dass ihn selbst sein eigenes Geschwätz schon dann nicht mehr interessiert, nachdem er es geäussert hat.

Trump verspricht den USA goldene Zeiten, wie das alle Möchtegern-Autokraten tun. Aber nicht einmal er kann wirtschaftliche Realitäten umlügen. Die Auswirkungen seiner verantwortungslosen Zollpolitik werden in den USA sehr schnell spürbar sein, auch ausserhalb der Börse. Man darf gespannt sein, wem er die Schuld für sein eigenes Versagen in die Schuhe schieben wird.

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Der Artikel erschien zuerst auf «Inside Paradeplatz». 

«Spiegel» spinnt

Wenn eine Redaktion eine Mission hat, fährt sie ihr Magazin gegen die Wand.

Die Abneigung, geradezu der Hass des «Spiegel» auf Donald Trump ist aktenkundig. Der «Spiegel» wollte ihn in absurder Selbstunterschätzung schon mal «wegschreiben». Er hat Coverkarikaturen gemacht, die jedes vernünftige Mass sprengten. Und muss nun damit fertigwerden, dass Trump möglicherweise wieder Präsident der USA wird. Das ist mehr, als die Redaktion ertragen kann.

Erschwerend kommt noch hinzu: Trump hat einen potenten Unterstützer bekommen. Der ist nicht nur Milliardär, sondern der wohl reichste Mann der Welt und, nun, etwas eigen.

Elon Musk ist tatsächlich gefährlich, aber nicht wegen seiner Unterstützung für Trump. Das wäre ein anderes Kapitel. Nun arbeitet sich ein Viererteam des «Spiegel» auf knapp 31’000 A an Musk ab.

Der Titel lässt schon keinen Zweifel, was der «Spiegel» von ihm hält. Dass Musk darauf etwas angepisst reagierte, ist durchaus verständlich. Die seitengrosse Fotomontage steht den gezeichneten Hass-Covers gegen Trump in nichts nach:

In seinen besseren Tagen hätte das sogenannte Nachrichtenmagazin aus Hamburg so etwas als üble Demagogie, als Entmenschlichung, als Entstellung eines Gesichts zur Fratze gegeisselt. Und der Titel «Staatsfeind» steht auch in einer tollen Tradition:

Leicht gebauchpinselt nimmt der «Spiegel» zur Kenntnis, dass Musk auf diese Schmiere reagiert hat:

«Spiegel steht zu seiner Berichterstattung», sagt das Blatt trotzig. Als ob das in Gefahr gestanden wäre. Aber welche «Berichterstattung» eigentlich?

Eine sachliche und objektive Darstellung:

«Der reichste Mann der Welt – ausgestattet mit einem großen Mundwerk, einem Vermögen von 250 Milliarden Dollar, einer öffentlich zelebrierten Neigung zu Rauschmitteln gegen seine Depressionen und Krankheiten, einer erstaunlichen Liebe zu Autokraten und Alleinherrschern, einer inzwischen streng rechten Weltsicht und einem Hass auf alles, was woke, links, queer oder auch nur allzu demokratisch ist – verkörpert einen völlig neuen Typus des Magnaten: Er beherrscht nicht nur den Zugang zu den Massen. Sondern auch zu schier unerschöpflichen Geldquellen. Und, am wichtigsten, zu modernster Hightech-Infrastruktur.»

Da geht doch noch was: «Eine demokratiefeindliche Einstellung, gepaart mit der Macht über fahrende, fliegende, digitale und hochtechnische Infrastruktur – typischerweise sind das die Zutaten für die Rolle des Bösewichts in einem »James Bond«-Film. Gut passen würde: »Die Welt ist nicht genug«. Leider spielt diese Dystopie nicht im Kino, sondern in der Wirklichkeit.»

Und weil der «Spiegel» urdeutsch ist, darf natürlich ein Vergleich nie fehlen.

«Der ehemalige Krupp-Direktor Alfred Hugenberg kaufte sich in den 1920er-Jahren ein Medienimperium zusammen, um es im Wahlkampf walten zu lassen: »Macht mir den rechten Flügel stark!« 1933 ernannte ihn Adolf Hitler zum Reichswirtschaftsminister. Heute gilt der Konservative als Steigbügelhalter für den Diktator.
Hugenberg, Hitler? Überschätzt das Musks historische Rolle

Die Frage stellen, heisst natürlich, sie beantworten: «Bislang wurde er stets eher unterschätzt

Weitere Müsterchen:

«Der Troll-in-Chief ist zum politischen Agitator mutiert … Spätestens seit Robert Louis Stevensons Dr. Jekyll und Mr. Hyde weiß die Menschheit, wie nah Genie und Wahnsinn mitunter beieinanderliegen können … Der Milliardär behandle und beurteile Frauen nach ihrer BH-Größe, führe »sein Unternehmen im finsteren Mittelalter« und biete »denjenigen, die die ›Animal House‹-Umgebung infrage stellen, an, dass sie sich eine andere Arbeitsstelle suchen können, wenn es ihnen nicht gefällt« … Wie ein autoritärer Guru hetzt Musk auf X gegen illegale Migranten, etablierte Medien und den »woken« Zeitgeist … »Zersetzung« nannte man diese Strategie bei den Geheimdiensten der DDR … Für X ist der neue Chef geschäftsschädigend … Doch nur Musk könnte schon bald die Gelegenheit bekommen, einige dieser technofaschistischen Ideen umzusetzen … ein Datencockpit, an dessen Steuerungsknöpfen der Milliardär selbst säße. Neben ihm vielleicht sein Buddy Trump. Womöglich als Präsident. Duo infernale.»

Die journalistische Leistung der Quadriga infernale des «Spiegel» bestand übrigens darin, eine ehemalige Angestellte und einen ehemaligen Partner von Musk zu befragen. Plus seinen Biografen zu zitieren. Alles andere ist selbstgebraut. Denn nur, wenn man abgeschottet von der Wirklichkeit in seiner Gesinnungsblase vor sich hindumpft, kann man ungeniert loswettern. Schimpfen, niedermachen, ein Porträt in düsteren Farben malen.

Public Enemy Nummer eins: Donald Trump. Nummer zwei: Elon Musk. In der Tradition von Dillinger und Capone. Mit dieser Schimpfkanonade wird der «Spiegel» zwar nicht zum Staatsfeind Nummer drei. Aber zum Feind des verantwortungsbewussten Journalismus. Zum Totengräber seriöser Publizität.

 

Reinigendes Schlammbad

Daran versucht sich leider wieder die «Weltwoche».

«Einmal mehr verglüht ein Konservativer in der Lavahitze der deutschen Geschichtspolitik.» So nennt Roger Köppel das, wenn ein rechter Brandstifter mal wieder versucht, Grenzen auszutesten und im braunen Schlamm zu baden.

Dem begabten Rhetoriker steht mal wieder sein zwar mit Bücherwissen randvoll gepackter, aber historisch korrekter Einschätzungen ermangelnder Rucksack im Weg. «Der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah verweigerte sich in einem Interview mit einer linken italienischen Tageszeitung dem Vorwurf, die Deutschen sollten sich aufgrund des Zweiten Weltkriegs pauschal ihrer Vorfahren schämen. Der Jurist beharrte auf einer strengen Einzelfallprüfung, auf Nachfrage auch im Zusammenhang mit der Terrortruppe SS.»

Und überhaupt, schliesslich sei doch auch Günter Grass Mitglied gewesen. Aus welchen Gründen der Literaturnobelpreisträger viele Jahre später aus eigenem Antrieb eingestand, mit 17 gegen Kriegsende zur Waffen-SS gekommen zu sein, das hätte – statt wohlfeile Provokation – einer strengen Einzelfallprüfung bedurft.

Diese wunderbare Differenzierung wünschte man sich auch (nicht), wenn es um die Mitgliedschaft anderer Terror- oder Verbrecherorganisationen ginge. Schliesslich muss man doch auch bei Mitgliedern der Hamas eine Einzelfallprüfung vornehmen, nicht jeder, der im Schwarzen Block krawalliert, ist böse. Auch bei Mitgliedern oder Anhängern der roten Terrortruppe RAF gab es durchaus wohlmeinende Humanisten.

ZACKBUM empfiehlt Köppel, sich zunächst einmal darüber zu informieren, was die Waffen-SS war und was sie gemacht hat. Natürlich retteten sich viele Deutsche nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg in Entschuldigungen wie die, dass sie nichts gewusst hätten, was selbst Anwohner von KZs behaupteten. Keiner hatte eine Ahnung, wohin denn all die Juden verschwunden waren, während sie deren Wohnungen plünderten. Und der deutsche Landser im Osten wusste selbstverständlich auch nicht, dass das ein Vernichtungsfeldzug war, bei dem der Bevölkerung in den eroberten Gebieten nur zugedacht war, sofort zu verrecken oder schnell durch Ausbeutung.

All diese Debatten sind schon bis zum Überdruss von Geschichtsrevisionisten geführt worden, die auch immer wieder versuchen, Hitlerdeutschlands Überfall auf die Sowjetunion in einen Präventivschlag umzulügen.

«Im Anschluss an Krahs historisch und inhaltlich wohl unbezweifelbare Aussagen, dies geben sogar seine Kritiker zu, erhob sich ein Donnergrollen der Entrüstung», bleibt Köppel seiner Lava-Metapher treu. Ist sie «wohl unbezweifelbar»? Krahs Aussagen sind sowohl historisch wie inhaltlich unbezweifelbar falsch, dazu für einen Spitzenpolitiker im Wahlkampf selten dümmlich.

«Es gab gewiss einen hohen Prozentsatz an Kriegsverbrechern unter ihnen, aber nicht alle. Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Krimineller war.»

Was soll der Quatsch? War so gesehen Adolf Eichmann auch kein Krimineller? Wo soll es anfangen? War der Polizist, der einen Juden zur Sammelstelle führte, kein Krimineller? Der Lokführer, der die Viehwaggons nach Auschwitz oder Sobibor lenkte? Der Koch in der Kantine der SS-Wächter? Ist neuerdings das Mitglied einer Verbrecherorganisation wie der Waffen-SS kein Verbrecher mehr? Verheimlichte nicht Heinrich Himmler dem Führer Adolf Hitler viel Schreckliches in den KZs? Stimmt es denn nicht, dass es keinen Führerbefehl gibt, der die Vernichtung der europäischen Juden anordnet?

War Claus Schenk Graf von Stauffenberg kein Verbrecher? Nur weil er – nach der Teilnahme an unzähligen Kriegsverbrechen – 1944 einsah, dass der Krieg mit Hitler an der Spitze verloren gehen werde, weshalb Hitler wegmusste, damit man sich mit den westlichen Alliierten nochmals gen Osten aufmachen konnte?

Die Vergangenheit ist wahrlich nicht tot. Sie ist nicht mal vergangen. Die rechte Oppositionspartei sei «eine Bereicherung für Deutschland», behauptet Köppel. Korrekter wäre wohl die Beschreibung, dass die AfD unter ständigen Häutungen und einem beachtlichen Verschleiss an Führungspersonal (erinnert sich noch jemand an Lucke, Petry oder Meuthen, die sich mit Abscheu abgewendet haben?) Leerstellen ausfüllt, die von den abgewirtschafteten Altparteien geschaffen wurden.

Mit einer vor Opportunismus strotzenden grünen Partei, einer kompasslosen FDP, einer Banal-SPD oder einer Post-Merkel-CDU ist wahrlich kein Staat zu machen. Aber will man wirklich, dass dieser gärige Haufen, wie sie von ihrem Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland auch schon genannt wurde, Regierungsverantwortung übernimmt?

Krah ist ein dummer Zeusler, Höcke ist ein vergleichsweise intelligenter Brandstifter, beide machen die AfD für weite Kreise unwählbar. Wie bescheuert und dumm deren Provokationen in der politischen Auseinandersetzung sind, haben sogar Bruderparteien in Frankreich oder Italien gemerkt. Und sich mit Getöse gleich von der ganzen AfD distanziert.

Natürlich kann man darüber jammern, dass eine Verurteilung im Wahlkampf für den Ausdruck «Alles für Deutschland» Ausdruck einer politisierten Justiz sei. Aber Höecke hat ein langes Strafregister von tiefbraunen Aussagen, die er dann jeweils mit dem Gestus «was, gab es einmal ein tausendjähriges Reich? Habe ich nicht gewusst» und Unschuldsmiene relativiert und verniedlicht.

Natürlich müsste sich die AfD von solch unappetitlichen Gestalten trennen, ihnen nicht nur – wie im Fall Krah – Wahlkampfauftritte verbieten. Damit verlöre die Partei sicherlich Stimmen am rechten, angebräunten Rand, würde aber viel mehr auf der anderen Seite dazugewinnen.

Das müsste, wenn schon, Köppel kritisieren und fordern. Aber der Mann ist, bei aller Brillanz, auf vielen Gebieten beratungsresistent und setzt seine unbestreitbar entwickelten rhetorischen Fähigkeiten an untauglichen Objekten ein. Putin wäre dann noch ein anderes Thema …

 

 

Die «Weltwoche» spinnt mal wieder

Immer wieder gerne aufgewärmt, immer falsch: Hitler war kein Sozialist.

«Sozialist Hitler» titelt die «Weltwoche», und der Leser mit etwas historischer Bildung schämt sich mal wieder. Alles klar. Lenin war Kapitalist, Karl Marx war Friseur, der Überfall auf die Sowjetunion war ein Präventivschlag.

Adolf Hitler war eine Ausgeburt der deutschen Grossindustrie, wurde unterstütz und gefördert von Krupp & Co. X-mal minutiös nachgezeichnet. Fast genauso wie die Juden hasste er die Bolschewiken, für ihn der Inbegriff des bösen Kommunismus. Demokratie und Marxismus waren die Feindbilder in Deutschland, neben den Juden. Gegen niemanden ging Hitler so brutal vor wie gegen Linke, Sozialisten und Kommunisten. Entsprechende Tendenzen in seiner eigenen Partei unterdrückte er mörderisch.

Die NSDAP, Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, war aus der DAP, der Deutschen Arbeiterpartei, entstanden. Reiner Etikettenschwindel. Die Partei war durchaus national, aber keineswegs sozialistisch, und der Arbeiter war ihr eigentlich scheissegal, höchstens willkommen als Teil der Volksgemeinschaft. Sie sozialistisch zu nennen, das ist ungefähr so absurd, wie Putin als lupenreinen Demokraten zu bezeichnen.

Kein brutaler, massenmörderischer, verbrecherischer Diktator käme auf die Idee, sich so zu bezeichnen. Wieso Christoph Mörgeli, der doch über eine gewisse historische Bildung verfügt, auf die Idee kommt, dieses uralte Klischee wieder aufzuwärmen? Seine zusammengesuchten Fetzen aus Reden und Deklarationen – völlig unerheblich, wenn man es an der Praxis der NSDAP misst.

Vielleicht sollte Mörgeli Reinhard Kühnl «Der deutsche Faschismus» lesen. Oder sich mal in der umfangreichen Bibliothek des ZACKBUM-Autors zum Thema umsehen. Er sei herzlich eingeladen.

Kein Mensch mit einem Funken Restvernunft wäre zwischen 1920 und 1945 auf die Idee gekommen, Hitler als Sozialisten zu bezeichnen. Am allerwenigsten er selber. Aber die ewige Leier von den braunen und roten Fäusten überlebt die Zeiten. Dabei ist sie ungefähr so real wie die angeblichen Protokolle der Weisen von Zion. Auch so eine Propaganda-Mär, längst und x-mal als plumpe Fälschung entlarvt. Dennoch irrlichtert sie bis heute durch die Köpfe von Verpeilten und Verwirrten.

Die simple Wahrheit ist: Hitler war kein Ideologe; sein «Kampf» ist ein Krampf, eine krude Mischung von Versatzstücken eines irrlichternden Geistes, das zwar millionenfach gedruckt, aber von eigentlich niemandem gelesen wurde. Mit Sozialismus hatte es so viel zu tun wie Strandferien mit Eskimos.

Was hier versucht wird, ist der allgemeinen Verluderung der Begriffe eine weitere Facette hinzuzufügen. Faschist ist inzwischen ein Synonym für Arschloch. Antisemit ist jeder, der eine Kritik an Israel wagt. Werden ein paar Menschen umgebracht, handelt es sich um einen Genozid. Worte wie Holocaust, Shoa oder Endlösung für ein Jahrhundertverbrechen werden wie kleine Münze gehandelt, ein Hohn für die Opfer.

Eine Partei, ein Mann, der die UdSSR als den grössten Feind der Menschheit ansah, zusammen mit dem «internationalen Judentum», eine Armee, die jeden sowjetischen Politkommissar sofort umbrachte, wenn sie seiner habhaft wurde, ein Regime, das von Anfang an mit äusserster Brutalität gegen links, gegen Sozialisten und Kommunisten vorging, eine Bewegung, die vom deutschen Grosskapital aufgepeppelt und gegen alles Linke in Stellung gebracht wurde, das alles soll etwas mit Sozialismus zu tun haben?

Mit Klassenkampf, der Vergesellschaftung der Produktionsmittel, der Aufhebung des Privateigentums? Mit der Anwendung des Marxismus-Leninismus?

Der «Sozialist» Hitler brach einen Vernichtungsfeldzug gegen die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom Zaun, gegen seine Brüder im Geist, die bolschewistischen «Untermenschen». Wie bescheuert kann man eigentlich sein?

Was hier stattfindet, ist reiner Orwell. Nicht nur eine Entwertung der Begriffe, nein, ihre Umdeutung ins Gegenteil. Faschismus ist Kommunismus, Stalin ist Hitler und umgekehrt, alles ist totalitär, weiss ist schwarz, das Friedensministerium führt Krieg – und Hitler ist Sozialist.

Dabei haben er und seine Partei sich einfach alle Versatzstücke zusammengeleimt, mit denen sie auf Menschenfang gingen. Der Inhalt dieser Begriffe war ihnen völlig egal. War auch Walther Rathenau dann ein nationaler Sozialist? Waren es Spengler, Sombart, Jünger? War es Gregor Strasser? Der war Hitler eindeutig zu sozialistisch, deshalb wurde er während des sogenannten Röhm-Putsches, einer internen Abrechnung, ermordet. Durch den «Sozialisten» Hitler.

Wenn der Papst Atheist ist, dann wäre Hitler Sozialist. Wenn braun rot wäre und wir auf dem Kopf gingen, wäre Hitler Sozialist.

Aber diese krude These ist für Mörgeli nur das Sprungbrett, um den «aufflammenden Judenhass der Linken» zu denunzieren. Denn «Antikapitalismus und Antisemitismus gingen schon immer Hand in Hand». Das stimmt so wenig, wie dass Hitler Kommunist war. Es gab und gibt in der Linken eine starke Anti-Israel-Fraktion, die ebenfalls aus historischer Unkenntnis den Staat Israel als Kolonialmacht betrachtet. Antikapitalismus hat nur eine ganz geringe Schnittmenge mit Antisemitismus. Abgesehen davon, dass auch dieses Wort zur hohlen Hülse verkommen ist, die auf alles angewendet wird und daher nichts bedeutet. Antisemitismus, was sehr bedauerlich ist, ist als Begriff entkernt, begreift nichts mehr. Die meisten, die damit um sich werfen, wären nicht mal in der Lage, ihn zu definieren.

Hier ist die «Weltwoche» leider auf dem Niveau Schmiere angelangt, einer ihr unwürdigen Primitiv-Polemik des ansonsten doch begabten Professors Mörgeli.

Denn wenn alles geht, läuft nichts mehr. Wenn Begriffe keine Griffe mehr sind, um uns an der Wirklichkeit festzuhalten, dann gerät alles ins Rutschen, herrscht die nebulöse Beliebigkeit von Dummschwätzern und Nebelwerfern.

Hi, Hi, Hitler

Immer für eine Doublette gut.

Vor hundert Jahren, also 1923, reiste Adolf Hitler durch die Schweiz; in erster Linie, um Geld einzusammeln.Das war im August, und wenn Journalisten auf etwas wie Pavlowsche Hunde reagieren, dann sind es runde Jahrestage. Und 100 ist sehr rund.

Ausserdem ist bekanntlich Sommerloch. Also hat der «Tages-Anzeiger» eine historische Idee:

Das Werk von Andreas Tobler, Sandro Benini und Sebastian Broschinski (das ist ein «Interactive Storytelling Developer») ist 12’000 Anschläge lang, bebildert und erzählt den Kurzaufenthalt von Hitler in der Schweiz.

Zufälle gibt’s. Auch die NZZ klatscht die üppig bebilderte Story von Hitlers Kurzaufenthalt in der Schweiz zuoberst auf die Homepage. Sie braucht dafür nur einen Autor; Marc Tribelhorn.

Aber im Gegensatz zu den Hobbyhistorikern bei Tamedia führt Tribelhorn die Geschichte über Hitlers missglückten Putschversuch in München von 1923 fort. Denn damals titelten deutsche Zeitungen: «Der Hitlerputsch von der Schweiz bezahlt». Zumindest gab es logischerweise eine zeitliche Koinzidenz.

Was die kurzatmigen Historiker von Tamedia auch tunlichst zu erwähnen vergessen, reibt dem Blatt die NZZ genüsslich unter die Nase:

«Erinnert sei auch an den «Tages-Anzeiger», auf dessen Titelseite Hitler im Dezember 1931 einen Meinungsartikel publizieren konnte: «Was wollen wir Nationalsozialisten?». Der Putsch, der Faschismus, der Antisemitismus – grosszügig ausgeblendet.»

Das wird dort auch heute noch grosszügig ausgeblendet. Auf 33’000 Anschlägen geht’s dann in der NZZ weiter zur Reise des ehemaligen freisinnigen Bundesrats Edmund Schulthess nach Berlin, wo er nach einer Audienz beim Führer sehr angetan von ihm ist: «Ich glaube, sagen zu dürfen, dass Hitler aufrichtig den Frieden will und alles vermeiden wird, was ihn stören könnte

Schliesslich der amateurhafte Attentatsversuch von Maurice Bavaud, der von der Schweizer Botschaft in Berlin völlig im Stich gelassen und im Mai 1941 geköpft wurde. Dass Niklaus Meienberg als Erster an dessen Schicksal erinnerte, das wiederum erwähnt die NZZ nicht.

Dann schliesslich nochmal die Angriffspläne Hitlers auf die Schweiz, der vom Hauptmann Otto Wilhelm von Menges ausgearbeitet – aber niemals umgesetzt wurden. Schliesslich geistern noch nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder Gerüchte durch die Schweiz, dass der Führer gar nicht umgekommen, sondern sich hierher geflüchtet habe. In der Akte «Adolf»Hitler», die das Kriminalkommisariat III in Zürich angelegt habe, wurde ganz am Schluss ein Kreuz neben «Hitler, Adolf» gesetzt. Im Mai 1963.

So endet die NZZ. Kurzatmiger verweilt der «Tages-Anzeiger» am Schluss auf den unterschiedlichen Angaben, wie viel Geld Hitler seine Betteltour in der Schweiz eingebracht habe. Von 123’000 Franken sie damals die Rede gewesen, andere gehen von lediglich 11’000 Franken aus; grösstenteils von Deutschen in der Schweiz und ein paar Schweizer Antisemiten.

Es ist belustigend, dass die beiden Tageszeitungen am gleichen Tag die gleiche Idee publizieren. Beide Autoren habe ja einschlägige Erfahrungen, sie produzierten schon die Doublette der alternativen Geschichtsschreibung zum 1. August. Weniger lustig ist’s dann für den «Tages-Anzeiger», der im Nahvergleich mal wieder ganz klar auf dem letzten Platz landet. Abgeschlagen und zweifellos in einer tieferen Liga spielend.

Hirnlos

Wacken und Mass-voll: viele Gemeinsamkeiten.

Das Heavy-Metal-Festival in Deutschland ist mal wieder im Schlamm versunken. Dennoch haben die Teilnehmer Spass, obwohl ihre Anzahl beschränkt wurde. Viele Gemeinsamkeiten mit «Mass-voll» und ihrem Chefprovokateur Nicolas Rimoldi.

Auch bei diesem Haufen kam es schon zu einem wahren Exodus von Mitgliedern und führenden Figuren, im Dezember 2021. Seine Daseinsberechtigung sieht der Präsident, der sich gerne im Che-Guevara-Jesus-Look präsentiert, in der hirnlosen Provokation.

Das Thema Covid hat er inzwischen zu Tode geritten und sich eine dritte Klatsche an der Urne eingefangen. Damals keifte er: «Die Schweiz ist auf dem Weg in eine dystopische Hölle. Die freie Schweiz ist am Sterben. Wir sind die letzte Chance, um den weltweiten ‹grossen Reset› zu verhindern.» Wenn das so wäre, müsste man wirklich das Ende der Welt herbeiwünschen. Aber das ist glücklicherweise nur dummes Gequatsche.

Im verzweifelten Bemühen, in den Schlagzeilen zu bleiben, ist ihm jede Hirnlosigkeit recht; so zum Beispiel die Forderung, dass man auch in der Schweiz verdeckt Waffen tragen dürfe. Aber selbst auf diesem Gebiet gehen ihm langsam die Ideen aus.

Also begab er sich nach Wien, um dort an einer Demonstration teilzunehmen, die unter anderem von den sogenannten Identitären veranstalten worden war. Grundthema ist ein angeblicher Masterplan, die (weisse) europäische Gesellschaft durch Masseneinwanderung «auszutauschen». So kann man ein tatsächliches Problem desavouieren.

Eigentlich sollte Rimoldi mit der Bachelorette der Politik ein Traumpaar bilden. Die entblödet sich nicht, in Pristina ein Wahlplakat für ihre Kandidatur in den Nationalrat (Schweiz) aufzuhängen und die Abschaffung der Schweizer Neutralität zu fordern. Alles Erregungsbewirtschaftung, mit der sie es in den «Blick» schafft, aber sicher nicht zu einem Erfolg an der Wahlurne.

Auch Rimoldi überlegte sich, dass ein Selfie aus Wien vielleicht doch nicht genug Aufmerksamkeit erregen könnte. Also machte er einen Zwischenstopp in Braunau am Inn. Und behauptete dann tatsächlich, es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass das die Geburtsstadt von Adolf Hitler sei.

Wie hirnlos ist das denn? Offenbar nicht hirnlos genug für einige Kantonalparteien der SVP, die mit diesem Irrwisch tatsächlich Listenverbindungen eingehen wollen. Dabei gilt für ihn wie für die Bachelorette das, was man im TV als Publikumsgift bezeichnet. Nur ist das in der Glotze manchmal ungerecht; auch begabte Menschen treiben das Publikum dazu, sofort die Fernbedienung zu betätigen, tauchen sie auf dem Bildschirm auf.

Bei diesen zwei ist es aber wohlverdient, dass man sie eigentlich nur dem schärfsten politischen Gegner an den Hals wünschen kann. Während die Bachelorette ihr Werk bei den Grünliberalen und der «Operation Libero» verrichtet, schlägt Rimoldi eine Schneise der Zerstörung in rechtskonservativen Kreisen.

Da sieht man mal wieder, dass sowohl links wie rechts einige Politiker einen ganz kleinen Löffel dabei hatten, als Gott Hirn vom Himmel regnen liess.

Maximale Beschimpfung

Es gibt noch kleine Lichtblicke. Bernhard Schlink heisst einer.

«Das Denken macht nicht unglücklich», sagt der deutsche Autor («Der Vorleser») im Interview mit der NZZaS. Da hat er recht, aber können muss man es. Das Problem ist dann aber: wer denkt, kann nicht mehr schwarzweiss sprechen. Und das ist im Zeitalter der «Kultur des Denunziatorischen» nicht sehr gefragt. So bezeichnete Schlick schon 2015 die Unsitte, mit wohlfeilen denunziatorischen Urteilen sich «die Beschäftigung mit der Sache selbst» zu ersparen.

Was der andere Ansatz wäre, exemplifiziert er auf die Frage, was er davon halte, dass Putin zunehmend mit Adolf Hitler verglichen werde. Ein kleiner, atmender Moment des Reflektierens, der vollständig zitiert werden muss:

«Der Vergleich ist unergiebig. Putin ist schlimm, und wir müssen herauszufinden versuchen, warum er handelt, wie er handelt. Der Vergleich mit Hitler hilft dabei nicht, er ist nur der hilflose Versuch einer maximalen Beschimpfung.»

Man müsse nicht Jurist sein, «um die reflexhafte moralische Empörung dürftig zu finden». Darüber werden sich nun sicherlich manche empören, die sich nur wohlfühlen, wenn sie die Welt sauber in gut und böse unterteilen können. Wobei das Böse fraglos böse ist, und schon alleine der «Putin-Versteher» auf der dunklen Seite der Macht angekommen ist.

Solche moralinsauer imprägnierte Welterklärungen im Schwarzweiss-Modus sind nicht nur ungenügend und dumm. Schlimmer noch, sie erklären nichts. Sie vereinfachen zwar, aber damit nehmen sie die Wirklichkeit aus der Realität. Erstaunlich ist dabei, dass die Anhänger dieser Schattenrisse immer wieder bitter erkennen müssen, dass diese simplen Modelle scheitern. Weder im Irak, noch in der Ukraine kämpft der unbezweifelbar Gute gegen den unbezweifelbar Bösen. Putin ist nicht Hitler, auch nicht der Teufel. Selenskyj ist nicht Bandera, auch kein Engel.

Wer urteilt, sollte zuerst zu verstehen versuchen. Sonst ist sein Urteil falsch. Unnütz. Erkenntnishemmend. Aber eben, erspart das Denken. Das ist manchen sehr viel wert.

Deutsche Fixierung auf Hitler

Der grosse Kanton im Norden ist mit seiner braunen Vergangenheit noch lange nicht fertig. Was geht das die Schweiz an?

Wer deutsche Informations- und Dokumentationskanäle anschaut, wundert sich. Jeden Abend, aber wirklich jeden, läuft auf mindestens einem eine Dokumentation zu Adolf Hitler. Sein Aufstieg, sein Antisemitismus, seine Kriegsführung, seine Reden, wie er beim sogenannten «Röhm-Putsch» einen Konkurrenten aus dem Weg räumte. Der Holocaust, die SS, seine Helfershelfer, «Hitler privat», «Hitlers Krankheiten».

Daraus schliesst man, dass die Zeit zwischen 1918 und 1945 für Deutschland weiterhin sehr präsent ist. Angebräuntes schon lange wieder salonfähig, Desperados bei Neonazi-Organisationen ihren Sinn im Leben finden, immer wieder neue Blasen aus diesem braunen Sumpf aufsteigen. Wie dichtete Bertolt Brecht seherisch: «Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch».

Nicht nur in Deutschland, aber vor allem dort, streift jede Schlacht unter Kommentatoren früher oder später das Thema Drittes Reich. Einen erinnert die Debatte, und sei es um Nistplätze für Störche, an diese dunkle Zeit, Wörter werden auf ihre Verseuchung durch die Nazi-Propaganda abgeklopft, Haltungen, Gesinnungen als eindeutig faschistisch denunziert.

Kaum vergangene Vergangenheit

Mangelhafte Aufarbeitung, Kollektivschuld, eine skandalöse und weitgehend ungesühnte Durchseuchung der deutschen Richterschaft mit Nazis und bald einmal Ex-Nazis, NSDAP-Mitglieder aller Orten, die eine neue Karriere machten nach dem Zweiten Weltkrieg, abgesehen von einer Handvoll Prozesse, ein sehr pfleglicher Umgang mit Nazi-Verbrechern. Schliesslich legten die USA das Niveau der Doppelmoral fest, indem sie nicht nur Wernher von Braun, ein opportunistischer Charakterlump, um seiner Raketenkenntnisse willen zum Chefentwickler ihres eigenen Raumfahrtprogramms machten.

Natürlich gab es auch grössere braune Flecken in der Schweizer Vergangenheit, aber Juden an der Grenze abzuweisen, war dann doch nicht ganz das Gleiche wie sie zu Millionen in Todesfabriken umzubringen. Dennoch strotzen vor allem die Kopfblätter von Tamedia zunehmend von Berichten aus braunen Zeiten.

Fast 100 Treffer ergibt eine Stichwortsuche zum Begriff Hitler alleine in Tamedia in den letzten 12 Monaten. 6500 sind es, wenn man die Suche auf den deutschen Sprachraum erweitert. Nichts ist zu abgelegen, um nicht den Schweizer Leser darüber zu informieren. So verbreitet sich Alexandra Förderl-Schmid, stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen» in München, auch bei Tamedia über eine neue Hitler-Biografie. Als gebürtige Österreicherin ist sie sicherlich dazu qualifiziert.

Nach dem Sohn nun auch noch der Vater

Nur ist Adolf Hitler auch biografisch wirklich abgegrast, also gibt’s eine neue Biografie über seinen Vater Alois Hitler. Denn in einem Estrich sind doch tatsächlich 31 Briefe aufgetaucht, die Hitlers Vater an einen Bekannten schrieb. Endlich die Gelegenheit, Überraschung, auch ihn als Antisemiten und Judenhasser zu porträtieren. Nur: wie gross ist das Interesse des Schweizer Lesers?

Und wird das auch nicht erlahmen, wenn endlich die von vielen Deutschen herbeigesehnte Biografie von Hitlers Schäferhunden erscheint?

Man kann natürlich sagen, dass solche Artikel immer noch besser sind als ein neuerlicher Amoklauf von Philipp Loser. Auf der anderen Seite wiederspiegelt Tamedia nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit deutsche Ansichten und Positionen. Nehmen wir den Hotspot im Mittleren Osten, den Iran und seine Atompolitik.

Deutsche Sicht auf die ganze Welt, in Schweizer Tageszeitungen

Hier versucht die Schweiz, eine neutrale, bzw. vermittelnde Position einzunehmen. Das sieht natürlich Paul-Anton Krüger von der «Süddeutschen» entschieden anders. Mit dem Oberlehrer-Zeigefinger, unverzichtbares Requisit für jeden deutschen Journalisten, schreibt er: «Deswegen ist es richtig, jetzt alles daranzusetzen, den Vertrag trotz seiner Unzulänglichkeiten zu erhalten. In anderen Fragen sollten USA und Europäer massiv Druck auf den Iran machen.» Schön, dass Krüger weiss, was richtig ist. Nur übersieht er vielleicht, dass «die Europäer», die sonst eine bemerkenswert inexistente Aussenpolitik pflegen, das vielleicht tun sollten. Da die Schweiz aber nicht zu «diesen Europäern» gehört, die Auslandberichterstattung von Tamedia grösstenteils zur «Süddeutschen»  …

Neben der Biografie über Hitlers Vater thematisiert Kurt Pelda die Zunahme «antisemitischer Zwischenfälle» in der Schweiz. So verächtlich auch jede Schmiererei oder jedes brunzdumme Grölen von Nazi-Parolen ist: Pipifax, im Vergleich dazu, was in Deutschland inzwischen die Regel ist. Erschwerend kommt hinzu: Der Spezialist für die arabische Welt weicht auf solche Themen aus, weil die grossartige Plattform-Zeitung von Tamedia von seinen dezidierten Ansichten zur Burka-Initiative nichts wissen will und lieber dem kenntnisfreien Unter-Klein-Co-Chefredaktor Mario Stäuble einen bemerkenswert dümmlichen Leitartikel schreiben lässt, wieso die Initiative abzulehnen sei.

Schweine, die Schwein gehabt haben

Keine Lichtblicke, mal was Positives? Aber sicher doch, obwohl man diesen Artikel als feine Spitze gegen gleich zwei Religionen sehen kann, die den Verzehr von Schweinefleisch untersagen:

Wo die Herkunft eines täuschend ähnlichen Artikels keine Rolle spielt.

Richtig, da steht ziemlich prominent «sponsored». Haben also die Schweine zusammengelegt? Nicht ganz:

Feiner Unterschied zu redaktionellem Inhalt.

Versteht jemand dieses Geplauder? Was ist denn Commercial Publishing, die «Unit für Content Marketing»? Geht das auch auf Deutsch? Kein Problem: das ist die Abteilung von Tamedia, die im Auftrag von Werbetreibenden Inserateinhalte so herstellt, dass sie möglichst ähnlich wie ein redaktioneller Beitrag daherkommen. So verdient Tamedia nicht nur an der Publizierung des Inserats, sondern schon an seiner Herstellung. Um damit – what else – den qualitativ hochstehenden redaktionellen Content bezahlen zu können.

Da lachen die Hühner und kichern die Schweine.