Schlagwortarchiv für: Republik

Rhabarber-«Republik»

Berichterstatterpflicht …

ZACKBUM weiss: die «Republik» nervt. Eigentlich alle, inklusive der eigenen «Verleger». Nun gibt es aber ein heikles Problem, das die «Republik» zuerst so verlegen machte, dass sie zunächst gar nicht darüber sprechen wollte.

Denn bereits im Juni dieses Jahres überbrachte eine «Mittelsperson» ein Dossier, das das Amt für Gleichstellung der Stadt Zürich aufgrund der Beschwerden von sechs Frauen erstellt hatte. Allerdings hatte sie «See only» draufgeschrieben, was das Amt für sehr befremdlich hält und die «Republik» in Schockstarre versetzte.

Der Pensionäre-VR der «Republik» lässt nun verlauten, dass er erst am 23. August darüber informiert worden sei, dass es Vorwürfe von sexueller Belästigung und inakzeptablem Verhalten gäbe. Was die interessante Frage aufwirft, an wen das Dossier eigentlich ausgehändigt wurde. Und wieso diese Amtsträger (GL, Chefredaktion?) bis zum 23. August warteten, bis sie die heissen News an den VR weiterreichten. Um sie vorher abkühlen zu lassen? Lustiges Bild, wie vier Nasen auf das Dossier blasen (bitte keine blöden Assoziationen hier).

Das ist, nach den kleinen Steuerproblemen, ein weiterer Schlag ins Kontor der Wohlfühloase der guten Denkungsart und richtigen Lebensführung. Oder gibt es halt doch nichts Richtiges im Falschen? Wäre eine Kolumne der schreibenden Schmachtlocke wert. Aber die tut, was sie auch schon beim Roshani-Skandal von Tamedia getan hatte: sie schweigt.

Nun wird aber richtig durchgegriffen. Der VR übernimmt, was denn sonst, «die Verantwortung für die anstehende Untersuchung». Wunderbar, was auch immer das heissen mag.

Früher nannte man das in linksradikalen Kreisen Selbstkritik, heute heisst’s so: «Die Republik muss aus ihren Fehlern lernen. Sie muss ein Arbeits­klima garantieren, das den Werten der Republik – Transparenz und Kritik an den Mächtigen – gerecht wird.»

Was ein solches Arbeitsklima allerdings mit der Frage zu tun hat, ob und wie sich weibliche Mitarbeiter sexuell belästigt fühlen?

Immerhin bereits fünf Jahre nach Start soll das Online-Magazin Folgendes tun: «Eine Melde­plattform anbieten. Eine Firma wird beauftragt, einen gesicherten Raum anzubieten und zu betreiben.» Wir Normalos sind bass erstaunt: das gibt’s bislang nicht?

Dann soll von einer externen Bude weiter untersucht werden, wie und wieso die «beschuldigte Person» angestellt wurde, es müssen «Chronologie, Personen, Rollen, Verantwortungen, Behandlung und Verifizierung einer geäusserten Warnung vor deren Anstellung» abgeklärt werden. Hui.

Ist die «Republik» immerhin manche Tage nach dem Platzen des Skandals wenigstens schon einen Schritt weiter? Ach, da orientiert man sich offenbar am «Klimalabor»: «Aktuell läuft noch das Auswahl­verfahren für die Auftrag­nehmerin. Details über die Melde­plattform, wie Zeitraum, Umgang mit allfälligen anonymen Meldungen sowie auch die entsprechenden Kontaktangaben, werden so schnell wie möglich hier kommuniziert.»

Was bei der «Republik» so alles läuft, ausser vielleicht die Nasen. Suche nach einer Chefredaktion. Suche nach einer Aufgabe fürs «Klimalabor». Suche nach einer «Auftragnehmerin». Suche nach zahlenden Lesern. Suche nach einem Knaller. Suche nach einem Abgang?

Wir wollten das Positive sehen, Part II

ZACKBUM leidet unter der Berichterstatterpflicht.

Der Plan war gut. ZACKBUM liest je einen Artikel aus der WoZ und aus der «Republik» und betont das Positive. Aber schon die Planwirtschaft ist an der Realität gescheitert.

Die WoZ haben wir hinter uns, nun fehlt noch die «Republik». Wir werden das in aller gebotenen Objektivität tun, obwohl das Organ der guten Denkungsart in seiner Liste der Links zur Berichterstattung über den jüngsten Skandal das Organ, das am ausführlichsten berichtete, nicht aufführt. ZACKBUM-Leser ahnen, welches gemeint ist.

Wir könnten nun gemein werden und «Acht Learnings aus dem Klimalabor» auswählen. Das sind über 15’000 Anschläge darüber, dass die Ankündigung einer Ankündigung nach monatelangem Nichtstun doch immerhin noch besser ist als nichts – tun. Oder?

Die Qual der Wahl war allerdings gross. 30’000 A über ein neues Buch der «linken Philosophin Susan Neiman»? «Sie wollte die Schwangerschaft abbrechen, jetzt hat sie Zwillinge», ebenfalls 30’000 A? Himmel hilf. Dann doch lieber, wir wollen so nett wie möglich sein, «Die den Service public lieben – und die SRG zerstören». Das sind 9400 A, immerhin. Es ist allerdings von Daniel Binswanger.

Aber ZACKBUM ist immer objektiv, der Wahrheit verpflichtet und – das zeichnet uns zuvorderst aus – nachsichtig.

Binswanger fängt mit der SVP an. Nein, er macht’s durchaus nachvollziehbar. Die Partei habe noch vor fünf Jahren fast einstimmig für die No-Billag-Initiative gestimmt, an ihrem Parteitag. Binswanger süffisant: «Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde dargestellt als nationale Bedrohung – die ein für alle Mal aus der Welt geschafft werden müsse.»

Aber heute sage die SVP «quasi das exakte Gegenteil». Lassen wir das Aufeinanderprallen von «quasi» und «exakt» ungestraft vorbeiziehen. Denn nun zititiert Binswanger den Präsidenten des Komitees der gerade eingereichten Halbierungsinitiative: ««Wir wollen die SRG. Sie hat eine sehr wichtige Funktion in diesem Land als Service public.» In nur fünf Jahren ist die SRG von einem Anschlag auf die eidgenössischen Grundwerte zu einer wichtigen Grundlage des helvetischen Zusammen­lebens geworden

Ein Schlag ins Kontor. Wer aber nun meint, Binswanger lehne sich anschliessend zurück und versetze der SVP noch ein paar Fusstritte, täuscht sich. Denn nun kommt die «Mitte» dran, genauer deren Präsident Gerhard Pfister. Vorher: «Der SRG ist halt nicht mehr zu helfen», er bezichtigte sie gar, «die Spaltung des Landes» voranzutreiben. Nachher: «Die Schweiz braucht einen starken öffentlich-rechtlichen Sender, das ist diskussionslos», flötet Pfister.

Dann geht’s weiter zur NZZ. Da holte Chefredaktor Gujer weit in die Geschichte aus und schrieb anlässlich der No-Billag-Initiative über die SRG und ihre Geburtsstunde in der Zeit, «als Hitler und Stalin die neue Radiotechnik nutzten, um ihre Propaganda zu verbreiten», daher «sei die Behauptung, «nur ein öffentlich-rechtlicher Sender könne die sozialen Schichten, Regionen und Sprachen verbinden, so vermessen wie totalitär»», zitiert Binswanger.

Neue Töne in der NZZ: «Die SRG produziert gute Informations­sendungen und leistet ihren Beitrag zur Demokratie.» Hier muss man aber einwenden, dass Binswanger einen Kommentar, der die Halbierungsinitiative für eine gute Sache hält, einfach unterschlägt. Ein kleiner Tolgen im bislang blütenweissen Reinheft.

Nun auf zur Erklärung, woher diese Wendungen? «Die SRG-Basher von gestern haben heute lange Nasen.» Warum? Das Scheitern der No-Billag-Initiative habe eben gezeigt, «wie unglaublich populär die SRG auch weiterhin bleibt».

Weil man sie nicht liquidieren könne, müsse sie nun stückchenweise entsorgt werden. Hier greift Binswanger zu einem Sprachbild, das nicht zur Nachahmung empfohlen ist: «Ein Hummer, den man halbiert, kann immer noch etwas die Scheren bewegen – bevor er dann verendet.» Hat Binswanger das etwa bei seinem letzten Ausflug in die gehobene Gastronomie mit eigenen Augen gesehen? Wobei normalerweise Hummer nicht lebendig halbiert werden.

Vom halbierten Hummer geht’s nun zur halbrichtigen Interpretation: «Zweitens verliert ein Sender, der keine Unterhaltung mehr anbietet, sondern nur noch politischen Inhalt, massiv an Reichweite und Relevanz. Die Meinungs­macht des Senders würde stark abnehmen, wenn er ausschliesslich der politischen Meinungs­bildung dienen sollte.»

Hm, das ist doch genau das, was die «Republik» auch macht, oder könnte jemand behaupten, dass die ein Unterhaltungsprogramm biete? Aber nun wird Binswanger grundsätzlich, und da verliert sein Gedankengang leider die vorherige Flughöhe, wobei sich der Abwärtstrend bereits mit dem Hummer ankündigte: «Medien­macht ist Meinungs­macht, Meinungs­macht ist politische Macht.»

Wir kneifen den Leser mit einer Hummerschere wieder wach, denn nun kommt noch das Finale. Der Blick in andere Länder. Wir machen ein lustiges Ratespiel, das jeder Leser gewinnt: welche Namen und Beispiele nennt Binswanger? Ja?

Berlusconi, natürlich. Trump, logo. Netanyahu, okay, ein wenig schwierig muss das Quiz schon sein, aber dann noch Viktor Orbán. Na, geht doch. Nun wird es allerdings, wir müssen objektiv bleiben, etwas wirr: «Ihre Wahlerfolge hängen wesentlich an ihrer Medienmacht – weshalb es heute evidenter scheint denn je, dass wir die öffentlich-rechtlichen Medien ausbauen und sicher nicht amputieren sollten.»

Also Berlusconi ist erfolgreich tot, Trump hat verloren, und wo ist schon wieder dessen Medienmacht? Also wenn das Argumente für den Ausbau der öffentlich-rechtlichen Medien sein sollen, dann gute Nacht am Abstimmungstag. Aber auch Binswanger kann bis dahin noch etwas üben.

Falls – das sagen wir auch in aller Objektivität – diese Kolumne an diesem Ort bis dahin überhaupt noch weiter stattfindet …

Knüppeldick

Verpasst die NZZ der «Republik» den Todesstoss?

Es rächt sich, dass die «Republik» so arrogant wie hochnäsig über alle und alles hergezogen ist, geradezu reflexartig «Sexismus» krähte, bei anderen Medienhäusern gleich «strukturelle Probleme» sah.

«‹Damit sie nicht sagen können: Herrgott, wenn wir das gewusst hätten!›» So lautete der Zitat-Titel einer vernichtenden Darstellung der Affäre Roshani aus Sicht des angeblichen weiblichen Opfers in der «Republik». Nicht nur, dass sich die «Republik» hier mal wieder vergaloppierte, weil ihr Gesinnungsjournalismus die Sicht auf die Wirklichkeit vernebelte. Das Organ der guten Denkungsart behauptete zudem, bei Tamedia würden «Hilferufe» aus der Belegschaft ignoriert, die Führungsetage maure.

Das alles kommt nun wie ein Bumerang zurückgeflogen. Denn auch die Führungsetage der «Republik» will nichts von nichts gewusst haben, das Gleiche behauptet auch die WoZ. Das sind Schutzbehauptungen, die sich noch rächen werden. Sie wurden gerade in einem länglichen Artikel in der NZZ weiter demontiert. Wobei man wieder mal sagen muss: so sehr, wie sich Journalisten für Journalisten interessieren, das ist schon obsessiv und wird von den Lesern nicht goutiert. Ausser hier, aber wir sind ja auch ein Medienorgan für Medienschaffende.

Sollte man exemplifizieren, wie die Revolution ihre Kinder frisst, hier wäre das Paradebeispiel. Auch bei Tamedia, aber vor allem in der WoZ und in der «Republik» wurde ein geradezu mittelalterlich-puritanischer Umgang mit angeblichen verbalen sexuellen Übergriffen gepredigt. Lächerliche Listen von anonymen, nicht verorteten, angeblichen verbalen Übergriffigkeiten wurden ehrfürchtig zitiert, als bare Münze genommen, als Beleg dafür, wie abgründig sexistisch, frauenverachtend, demotivierend es bei anderen Redaktionen zuginge. Aber nicht in der eigenen.

Dort fehle eben die Sensibilität für solche Themen, würde man diese Unterdrückungsmechanismen von Frauen nicht konsequent genug angehen, donnerte die «Republik» vom hohen Ross.

All dieses Gequatsche fällt nun der «Republik» auf die Füsse; die WoZ kann sich zurzeit im Windschatten dahinter verstecken und über einen angeblichen Rechtsrutsch in den Schweizer Medien perseverieren, weil das Thema Sexismus in den Medien zurzeit nicht wirklich sexy ist.

Die bislang bekannt gewordenen Vorwürfe sind zwar unappetitlich, aber letztlich lachhaft. Da soll ein bekokster und/oder besoffener linker Starreporter, der sich irgendwie für eine Kreuzung zwischen Hunter S. Thompson und Charles Bukowski hielt, derbe Anspielungen über den Zustand seines Gemächts gemacht und typischen Männerfantasien freien Lauf gelassen haben. Die davon betroffenen Frauen sollen so eingeschüchtert, schockiert, traumatisiert gewesen sein, dass sie Jahre brauchten, um sich endlich gemeinsam zur Wehr zu setzen.

Zudem steht ein Vorwurf eines «massiven sexuellen Übergriffs» im Raum, wobei auch der nicht genauer beschrieben ist. Chatprotokolle und Screenshot scheinen vorzuliegen, der Rest ist mal wieder «er sagt, sie sagt». Aber diesmal ist es anders.

Es hat zwei Organe getroffen, die sich als Gralshüter der modernen, genderkorrekten, inkludierenden, Frauen achtenden Weltsicht sahen, somit ausgerüstet mit unbezweifelbarer moralischer Überlegenheit, die den Organen das Recht gab, über alle anderen abzuledern und herzufallen, die sich nicht so tugendhaft, korrekt, anständig und alle modernen Benimmregeln befolgend benahmen wie «Republik» und WoZ.

Und nun das. Alles drin. Jahrelanges einschlägiges Verhalten. Natürlich haben es alle gewusst, das kann in den klatschsüchtigen Redaktionen gar nicht anders sein.

Nun hätte die «Republik» ein Beispiel setzen können, wie man mit einer solchen Affäre korrekt umgeht. Aber bislang hat sie’s vom Gröbsten versemmelt. Der Betroffene wurde mal kurz vorverurteilt und freigestellt. Vorangegangen war ein wochenlanges Nichtstun, das angeblich von aussen auferlegt worden war. Nur scheibchenweise wird eingestanden, dass vielleicht, unter Umständen doch der eine oder andere etwas gehört, vermutet, mitbekommen haben könnte.

Da macht ein Reporter über Jahre hinweg Redaktionskolleginnen mit derben Sprüchen an – und niemand wusste was? Das ist so lachhaft, wie wenn Tom Kummer behaupten würde, er hätte eine sich nur an der Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit orientierende Reportage geschrieben.

Das Problem ist: dass ein solches Verhalten auch in den anständigsten Organen vorkommt, wer wollte da den Stab brechen. Aber wie damit umgegangen wird, wenn es an die Öffentlichkeit kommt, das ist der Lackmustest. Wenn grün bedeutet, dass alles gut ist, rötlich, dass es schlecht ist, dann ergibt die Messung bei «Republik» und WoZ die Farbe Dunkelrot.

Schwurbelnde Schmachtlocke

Wollt Ihr wissen, wie sich ein klebriges Bonbon anfühlt?

Zerdehntes, gequältes Ringen um Worte. Pseudointellektuelles Verkrampfen. «Postfaktisch … Wahrheitssuche … Frage stellen … öffentlicher Diskurs … einschneidende Veränderungen … Wahrheitssuche … öffentliche Diskurse … man kann, ich würde dem absolut Recht geben, Macht ist – Definitionsmacht … eher noch stärker als früher … ethische Standards haben sich eher generalisiert.»

Winseln da die ersten um Gnade? Gnade kennt er nicht: «Standards für Fairness haben sich in unseren Gesellschaften eher verstärkt. … Überall, wo es Machtungleichheit gibt, gibt es auch Machtmissbrauch.»

Einer geht noch:

«Ich glaube, in einem gewissen Sinne ist für heutige Machtsysteme die Lüge, das Schummeln, das Wegschauen, das Unter-dem-Deckel-Behalten eher wichtiger geworden als für traditionelle Gesellschaften oder vielleicht auch – was weiss ich – die Schweizer Demokratie vor einem halben Jahrhundert, wo äh das Verständnis für, wo man das Gefühl gehabt hat, dass ein gewisses Gefälle natürlich und akzeptabel sei …»

So mäandert sich das in sinnlosen Wortkaskaden minutenlang, gefühlte Ewigkeiten lang vor sich hin. Da steht ein Mann mit Mikrophon in der Kirche Kilchberg und hat Sprachdurchfall. «Ein historisches Epos ist eigentlich wahrer wie eine historisch faktisch richtige Geschichte, weil sich die historische Faktizität am Einzelfall orientiert.»

Versteht das jemand? Nein, auch in den gelichteten Reihen in der Kirche sah man fast unsichtbare, aber deutlich zitternde Fragezeichen über den Köpfen. Was will uns dieser Schlacks da vorne eigentlich sagen, mit so vielen, so leeren, so inhaltslosen Worten, die er aber wie unter grossem Leidensdruck mit sich kämpfend hervorwürgt, unterbrochen von Pausen, gefüllt mit dem einen oder anderen Äh.

Wer seinen Mitmenschen nicht liebt, sondern ihn quälen will, der muss ihm das Video vom Abendgottesdienst mit Daniel Binswanger aufs Auge und aufs Ohr und aufs Hirn drücken.

Wahrlich, ich sage Euch: der Mensch ist nach der Visionierung nicht mehr der gleiche wie vorher. Er braucht dann mindestens eine kalte und langanhaltende Dusche mit viel Rubbeln, um sich zu erholen.

Oder anders gesagt: wer wissen will, wieso die «Republik» so ist, wie sie ist, muss nur in eine beliebige Stelle dieses Geplappers zappen, wo jemand unablässig versucht, vermeintlich tiefe Gedankengänge wie Gewölle hervorzuwürgen.

Der grosse Tartuffe würde ganz klein werden, müsste er dieser Meisterklasse im Schwurbeln beiwohnen. Welche Gestik, welch pseudo-schlaues Lächeln, welche Emphase, wie die sprechende Schmachtlocke gelegentlich die Haarsträhne hinter dem Ohr versorgt, die sich vorwitzig-erstaunt über solch luzide Gedankengänge hervorgewagt hat, einfach göttlich.

ZACKBUM fragt sich, was wir eigentlich dem Menschen angetan haben, der uns auf dieses gefilmte Entstehen eines Schleimballs in den heiligen Hallen einer Kirche aufmerksam machte. Wir sind bekanntlich hart im Nehmen, aber das hat uns an unsere Grenzen geführt – und darüber hinaus. Wir sind immer noch auf dem Rückweg …

Apropos Wahrheitssuche: wie wäre es eigentlich, wenn Binswanger mal die Wahrheit über die Zustände beim «Magazin» und bei der «Republik» sagen würde? Er kennt sie doch, die Wahrheit. Was ist da stärker, auch im biblischen Sinn: der Drang nach Wahrheit oder die Feigheit? Ein Anfang wäre schon mal gemacht, wenn er über die Rolle einer «Mittelsperson» Auskunft geben und deren Namen nennen würde.

Wumms: Alexander Kissler

Es gibt auch Lichtblicke im Elendsjournalismus.

Der NZZ-Redaktor Alexander Kissler gehört dazu. Während die WoZ sauer wäffelt, die NZZ würde sich der AfD andienen, ist ihr Erfolg in Deutschland mehr der Tatsache geschuldet, dass sie sich immer mehr als Stimme der Vernunft etabliert. Was man von der «Süddeutschen Zeitung» nicht wirklich sagen kann.

Kissler zieht gleich am Anfang blank: «Wer zur Jagd bläst, sollte nicht nur über einen Kompass verfügen, sondern auch über die richtige Munition.» Was motiviert ihn zu diesem kriegerischen Vergleich? «Das Münchner Blatt wollte am Freitag den stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger als notorischen Rechtsradikalen entlarven. Nach Lage der Dinge ist der Versuch einer politischen Hinrichtung gescheitert.»

Unternommen wurde er von einer fünfköpfige Crew, die dem Politiker vorwerfen wollte, er solle vor 35 Jahren (!) als Schüler eine «Hetzschrift» mit «antisemitischen Fantasien» verfasst haben. Würde das zutreffen, wäre er in Deutschland, selbst in Bayern, erledigt. Nur: das Pamphlet der SZ «markiert eine Bankrotterklärung, was handwerkliche, presserechtliche und medienethische Grundsätze betrifft».

Hoppla. Kissler beschreibt hier etwas, was auch in der Schweiz inzwischen ein immer grösseres Problem darstellt: «Es wäre die Aufgabe der Chefredaktion gewesen, einen solchen publizistischen Offenbarungseid zu verhindern. Gerade die Monstrosität der Vorwürfe verlangt nach einer Berichterstattung, die nicht eigene Abneigungen ausbreitet, sondern belastbare Fakten zusammenträgt.»

Auch das kommt einem in den Mainstreammedien mehr als bekannt vor: «Relativierende Formulierungen – «wenn das alles stimmt», «es wäre ungeheuerlich» – ändern nichts an der perfiden Grundmelodie.» Gesinnungsjournalismus übersteuert die eigentliche Aufgabe eines Newsorgans. Berichten, was sich in der Wirklichkeit abspielt, das mit Fakten untermauern, anschliessend und getrennt davon analysieren, einordnen, kommentieren.

Auch der letzte Satz müsste vielen Schweizer Journalisten, von Surber abwärts (und aufwärts) zu denken geben; dieses Machwerk der SZ zeige, «in welchen Abgründen ein Journalismus landen kann, der sich von der eigenen Weltanschauung die Sinne benebeln lässt».

Nun übernimmt Tamedia nicht nur eine Unzahl von Artikeln aus der SZ, sondern leider auch genau diese Geisteshaltung. Ein solcher Journalismus schaufelt sich das eigene Grab, denn die Gesinnungsblase, die davon angesprochen wird, ist nie gross genug, um wirtschaftlich eine tragbare Basis zu bilden. Wer’s nicht glaubt, sollte mal die «Republik» fragen.

Übernimmt Tobler Verantwortung?

Die Frage stellen, heisst sie beantworten.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann eingestellt. Zuvor hatte auch die Staatsanwaltschaft in Litauen eingestellt. In beiden Fällen gab es nicht einmal einen genügenden Anfangsverdacht, keinen Tatverdacht. Das bedeutet, dass keinerlei Strafverfahren mehr gegen ihn laufen.

In Vilnius hatte Shelley Lynn Anzeige erstattet. In Berlin Privatpersonen, angestachelt durch die Behauptungen von Lynn und einer Bloggerin namens Kayla Shyx. Sexueller Missbrauch, K.o.-Tropfen, Drogen, Alkohol, Row Zero, Übergriffe. So ging das Narrativ, mit dem diese beiden Frauen ihre 15 Minuten Ruhm abholten. Anschliessend surften viele weitere Frauen auf dieser Empörungswelle, kräftig unterstützt von Betroffenheitsjournalisten, die ihre anonymen Behauptungen fleissig kolportierten. Das ehemalige Nachrichtenmagazin «Spiegel» widmete dem Thema sogar eine Titelgeschichte.

Hirnstarre, Schnappatmung und moralische Werturteile am Laufmeter. Selbst die sonst zurechnungsfähige NZZ machte Lindemann kurzfristig zum «Täter», bis die Vernunft wieder einsetzte und dieser vorverurteilende Titel wieder verschwand.

Das Problem bei dieser Art von Erregungsbewirtschaftung ist, dass jeder Nachjapser noch lauter und schriller belfern muss, um sich noch Gehör zu verschaffen. Den Vogel schoss hier der Gesinnungsjournalist Andreas Tobler von Tamedia ab. Der holzte: «Die Rammstein-Konzerte sollten abgesagt werden». Seine Begründung: «Nein, eine Absage der Rammstein-Konzerte in Bern hätte nichts mit Cancel-Culture zu tun. Aber nun braucht es eine Pause, um die schwersten Vorwürfe noch vertieft abklären zu können.»

In einer völlig wirren Achterbahnfahrt behauptete Tobler einerseits: «Selbstverständlich gilt für Till Lindemann die Unschuldsvermutung, solange kein Verfahren eingeleitet und er nicht rechtskräftig verurteilt ist.» Andererseits solle man dennoch dem Sänger Berufsverbot erteilen, den Veranstalter der Konzerte in den Ruin treiben und Zehntausende von Zuschauern um das Konzerterlebnis prellen.

Ob man solche «Kunst, die gar keine Kunst mehr ist … noch irritationsfrei konsumieren» könne, fragte sich Tobler mit ungewohnter Sensibilität. Denn wenn es die Kunst gebietet, «Tötet Roger Köppel! Köppel Roger tötet!» zu texten, sah darin Tobler eine «Künstleraktion».

Niemals wäre es Tobler in den Sinn gekommen, das Verbot der Aufführung des dazugehörigen Stücks im Zürcher Neumarkt zu fordern. Keinen Ton hörte man von ihm, als man seiner Logik folgend doch die weitere Herausgabe des «Magazins» unbedingt hätte unterbrechen müssen, bis die Vorwürfe gegen den ehemaligen Chefredaktor geklärt wären.

Und wie steht es mit dem Weitererscheinen von «Republik» und WoZ? Wären da nicht auch zuerst «Vorwürfe vertieft abzuklären»?

Wer auf grossen Plattformen seine Meinung äussert, muss behaftbar dafür sein. Wer inquisitorisch Verbote fordert, muss dafür die Verantwortung übernehmen. Sonst kann man den Meinungsträger nicht mehr ernst nehmen.

Tobler kann man nicht mehr ernst nehmen. Tobler ist weder behaftbar für sein Geseier, noch ist er bereit, Verantwortung dafür zu übernehmen. Er haut einfach was raus und hofft (nicht zu Unrecht), dass sich doch heute niemand mehr an sein dummes Gequatsche von gestern erinnert.

Da täuscht er sich aber bei ZACKBUM. Wer solchen Unsinn verzapft, wer die Unschuldsvermutung mit Füssen tritt, wer künstlerische und wirtschaftliche Existenzen rücksichtslos vernichten möchte, ist eigentlich für ein sogenanntes Qualitätsmedium nicht mehr tragbar.

Er sollte gecancelt werden. Er sollte gefeuert werden. Denn Einsicht oder gar Besserung ist von ihm nicht zu erwarten. Eine Entschuldigung in Richtung der von ihm Vorverurteilten noch viel weniger. Ein Fall für eine Chefredaktorin, der angeblich Qualität das Allerwichtigste ist. Es wäre eine deutliche Qualitätsverbesserung, wenn Tobler nicht mehr für Tamedia schreiben würde …

Charakterlumpen

Aus rechtlichen Gründen wahren wir die Anonymität. Aber wohl jeder weiss, wer gemeint ist.

Kevin Spacey war einer der besten und vielbeschäftigten Hollywoodstars unserer Zeit, In «House of Cards» hatte er die Rolle seines Lebens gefunden. Bis er Jahre zurückliegender sexueller Belästigungen bezichtigt wurde. Von einem Moment auf den anderen verlor er alles. Ruf, Karriere, Geld.

Der hetzende Mob in den sozialen Medien, begleitet vom hetzenden Mob in den Massenmedien, senkte den Daumen über ihn. Der mediale Volksgerichtshof entschied: schuldig im Sinne der Anschuldigung, Gerichtsverfahren überflüssig, klare Sache. Nachdem Spacey nun von allen Anschuldigungen freigesprochen wurde, hat sich der verbale Lynchmob, wie seine realen Vorgänger in der Geschichte, still und leise verkrümelt. Ohne ein Wort des Bedauerns. Nur einem Mann wie Spacey mit gewissen finanziellen Möglichkeiten war es überhaupt vergönnt, das juristisch durchzustehen.

Finn Canonica hat nicht so viel Geld wie Spacey. Er begann, in Deutschland gegen den «Spiegel» zu prozessieren, der einer rachsüchtigen ehemaligen Mitarbeiterin von ihm, die zudem gefeuert worden war, eine Plattform geboten hatte, um eine Kaskade von erfundenen oder nicht belegbaren Beschuldigungen über ihn auszuschütten. Als ihm das Geld ausging, triumphierte der «Spiegel», er habe gesiegt. Dabei hat die üble Nachrede, die Existenzvernichtung mittels Anschuldigung von Belästigungen gesiegt.

Dieser Fall beinhaltet noch eine Steigerung der Widerwärtigkeit. Dass die üblichen Japser und Hetzer über Canonica herfielen, wie sie das unbelehrbar immer tun, leider normal heute. Aber seine Beschuldigerin fühlte sich so unangreifbar und sicher, dass sie sogar behauptete, bei gewissen Vorfällen sei die Redaktion Zeuge gewesen. Offensichtlich besteht diese Redaktion aber aus Charakterlumpen.

Denn kein Einziger dieser tapferen Verteidiger des Guten, dieser Besserwisser und moralisch Überlegenen, kein Einziger dieser Rechthaber, dieser Kämpfer für Menschenrechte, kein Einziger dieser Heuchler und Feiglinge kam auf die Idee, öffentlich Zeugnis abzulegen. Sei es als Bestätigung der Beschuldigungen, sei es als Dementi.

Leider machen diese Charakterlumpen sogar noch weiter Karriere, so verludert ist der Journalismus inzwischen.

Der zurzeit im Feuer von anonymen Beschuldigungen stehende Journalist wirft mit seinem Fall ein weiteres Schlaglicht auf die verlotternden Sitten und Zustände in angeblich linken, moralisch sauberen Redaktionen. Zum einen ist es keine Art, schon wieder höchstwahrscheinlich längst verjährte Anschuldigungen aus feiger Anonymität heraus zu kolportieren. Sind sie verjährt, dann besteht der einzige Gesetzesverstoss in einer Persönlichkeitsverletzung des Beschuldigten.

Dafür gibt sich sogar das Staatsradio hin, ein Sender, der eigentlich gewissen journalistischen Mindeststandards genügen sollte. Wie eine solche Denunziationsorgie durch alle Kontrollinstanzen rutschte und ausgestrahlt wurde, inklusive einer faktischen Enthüllung des Namens des Angeschuldigten, ungeheuerlich.

Aber das kann man noch steigern. Stimmen die Angaben, dann war das übergriffige und triebhafte Verhalten des Journalisten schon seit vielen Jahren bekannt. Nicht mal ein offenes Geheimnis. Allerdings kam es nie zu einer einzigen Anzeige, nie zu einer einzigen Beschwerde bei den dafür reichlich vorhandenen Institutionen. Aus unerfindlichen Gründen scheinen sechs Frauen beschlossen zu haben, gemeinsam und in feiger Anonymität erst heute über ihn herzufallen. Bislang mit dem üblichen, vernichtenden Erfolg.

Aber: dieses so verdammenswerte Verhalten des Journalisten haben über all die Jahre so sensible Redaktionen wie die vom «Magazin», von der WoZ, von der «Republik» nicht bemerkt? Stimmt es etwa nicht, dass mehr als einmal sein Verhalten recherchiert wurde, entsprechende Artikel aber abgewürgt, nicht publiziert wurden? Stimmt es etwa nicht, dass dieses Verhalten Bestandteil von Redaktionsklatsch war?

Und jetzt wollen all diese Charakterlumpen nichts gewusst haben, nichts gehört haben, nichts mitbekommen haben? Sind alle erschüttert, entrüstet, entsetzt, verurteilen entschieden, finden strenge, strafende Worte? Nachdem sie den Beschuldigten jahrelang als Star abfeierten, seine immer merkwürdiger werdenden Reportagen mit Jubelschreien begrüssten? Meinen sie ernsthaft, dass ihnen das noch jemand abnimmt?

Mit welchem moralischen Recht soll denn das «Magazin», die WoZ, die «Republik» jemals wieder einen Artikel über sexuell übergriffiges Verhalten am Arbeitsplatz schreiben? Traut sich einer dieser Charakterlumpen tatsächlich, einen weiteren Kommentar gegen Männerherrschaft, gegen Diskriminierung, für die Recht der Frau zu schreiben? Ohne dabei rot zu werden?

Das Allerletzte bei dieser ganzen Veranstaltung ist: natürlich werden sie all das tun. Es wird nach der ersten Schrecksekunde ein unerträgliches Gequatsche und Geschwurbel geben, eine Mischung aus ganz leiser Selbstkritik und ganz viel Eigenlob, dass man nun aber alles viel besser aufgestellt habe, das ein Weckruf war, so etwas nie mehr passieren könne. Vielleicht entschuldigen sich diese Charakterlumpen noch dafür, dass ein solches Sexmonster so lange völlig unerkannt sein Unwesen treiben konnte.

Aber nicht im Traum wird es ihnen einfallen, dass sie nur noch eins sind: lächerliche Hanswurste, in aller Erbärmlichkeit als Heuchler und Opportunisten ertappt. Eigentlich sollte nicht nur der Beschuldigte sich einen neuen Beruf suchen. Sondern sie alle auch. Das wäre endlich mal eine hygienische Reinigung des besudelten Journalismus.

Man darf ja noch träumen.

Alles Tartuffes

Links, wo heuchlerischer Opportunismus wohnt.

Wie forderte die schreibende Schmachtlocke so richtig: «Wir sollten dieser Heuchelei ein Ende setzen.» Wie plusterte er sich damals auf: «Die von der Republik angeprangerten Missstände bei Globegarden, dem grössten privaten Krippen­betreiber in der Schweiz, müssen von den Besitzern und der Unternehmens­leitung verantwortet werden.»

Nur: diese «angeprangerten Missstände» erwiesen sich als ausnahmslos nicht stichhaltig, sie basierten auf anonymen Denunziationen, kein «Reporter» der «Republik» hatte auch nur eine Sekunde in einer dieser Krippen verbracht. Es war ein typisches «Republik»-Soufflee, das in sich zusammenfiel, als sein Zweck, Geld erbetteln, erfüllt war.

Aber: »Entweder die bürgerlichen Parteien nehmen die Sache des Feminismus und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ernst.» Oder aber, die «Republik» zeigt ihnen, wie man sie wirklich nicht ernst nimmt. Denn die aktuell genauso wie damals anonym angeprangerten Missstände bei der «Republik» müssten auch von den Besitzern und der Unternehmensleitung verantwortet werden. Aber weder von den Verlegern, noch vom Chefredaktor hört man auch nur ein Sterbenswörtchen. Von diesen Tartuffes.

Die Abwesenheit von Mass und Mitte, von Restintelligenz in den Medien, führt zu absonderlichen Sumpflandschaften. Eine Kämpferin gegen Hass und Hetze im Internet hetzt hasserfüllt gegen eine Kritikerin. Regula Stämpfli, Daniel Binswanger, Andreas Tobler, Franziska Schutzbach, Patrizia Laeri, viele andere, deren Namen wir hier nicht nennen wollen, werfen sich mit kampffeministischen Parolen in die Brust und in die Schlacht.

Wenn dann in ihrem eigenen Laden üble Gerüchte von Sexismus, Diskriminierung, Übergriffigkeiten aufkommen, sind sie «betroffen», oder aber sie outen sich selbst als angebliches Opfer, bekommen einen leidenden Hundeblick – und hoffen, dass so schnell wie möglich im Saustall nebendran die Gülle in die Luft spritzt, das lenkt dann ab.

Was hat sich die «Republik», insbesondere der zurzeit im Feuer anonymer Anschuldigungen stehende Reporter, nicht aufgeführt, als es gegen die angebliche Macho-Medienmacht von Tamedia ging, mit der eine arme, aber tapfere Frau fertiggemacht werden solle.

Unvergessen auch seine absurde «Reportage», die keine war, über das angebliche Geflecht, Netzwerk rechter Journalisten («Die Infokrieger»). Da schaffte er es, mehrere Dutzend zu denunzieren – ohne auch nur ein Sterbenswörtchen mit denen geredet zu haben. Auch auf eine Anfrage von ZACKBUM reagierte er nicht. Denn eins ist klar: denunzieren, anschuldigen lässt es sich dann am besten, wenn das Opfer sich nicht wehren kann. Denunzieren lässt sich dann am besten, wenn man es aus der feigen Ecke der Anonymität oder unter Berufung auf anonyme Quellen tut.

Nun werden reihenweise linke Organe und Organisten als Heuchler entlarvt, wie sie Molière nicht besser hätte beschreiben können. Aber Tartuffe wird wenigstens am Schluss entlarvt, diese Heuchler werden alle nach kurzer, sehr kurzer Schweigephase ungeniert weitermachen.

Sei es Kevin Spacey, sei es Finn Canonica, sei es Harvey Weinstein: aus all diesen Fällen sollte die Medienmeute gelernt haben, dass nur eine rechtskräftige Verurteilung eine Basis für mediale Hinrichtungen sein kann. Alles andere bedeutet, sich in den Dienst von anonymen Denunziantinnen (mit wenigen Ausnahmen Frauen) zu stellen. Deren Anschuldigungen können belegfrei oder unterfüttert mit angeblichen Indizien sein. Der Fall Canoncia zeigt, wie selbst solche Behauptungen in sich zusammenfallen, bei näherer Betrachtung. Der Fall Spacey zeigt, dass jemand zuerst vernichtet wird, danach freigesprochen.

Das Widerliche ist: weder die Denunziantin, noch ihr Lautsprecher müssen auch nur die geringste Gefahr einer Bestrafung ihres unredlichen Tuns fürchten. Der eine hat nur kolportiert, die andere hat das nur so erinnert, aber leider ist’s verjährt, bedauerlicherweise hatte sie nie den Mut, das Vergehen anzuzeigen, sich an die dafür seit Jahren vorhandenen internen Stellen zu wenden.

Man muss sich diesen Witz immer wieder auf der Zunge zergehen lassen: im Vorfeld des Protestbriefs von 78 erregten Tamedia-Frauen, die Dutzende von angeblichen Übergriffigkeiten behaupteten, im Vorfeld davon gab es bei der internen Meldestelle von Tamedia keinen, null, nicht einen einzigen Kontakt. Obwohl angeblich in den Redaktionen der Macho-Bär tanzte, Frauen sich nicht mal mehr alleine aufs Klo trauten, diskriminiert, sexistisch angemacht, belästigt wurden. Angeblich.

Da der Vorwurf einer sexuellen Belästigung immer potenziell existenzvernichtend ist, siehe Spacey, siehe Canonica, müsste sein Äussern unter Strafe gestellt werden, sollte er sich nicht erhärten lassen. Unter strenge Strafe. Unter eine Strafe, die der Existenzvernichtung des Beschuldigten adäquat wäre.

Vorwürfe sexueller Belästigung dürften – nach Ablauf der Verjährungsfrist – nicht mehr anonym erhoben werden. Das Opfer wird immer früher oder später geoutet oder von Anfang an mit Namen an den medialen Pranger genagelt. Das darf nicht im Schutz der straflosen Anonymität geschehen.

Und wie ist es dann mit den Opfern sexueller Übergriffe, die es ja tatsächlich gibt? Müssen die dann stumm erleiden, können sich gar nicht wehren? Mumpitz. Innerhalb der drei Jahre Verjährungsfrist sollte es wohl möglich sein, Anzeige zu erstatten. Wer danach denunziert, kann das tun. Aber nur mit Namen.

Und kommen dann sexuell Übergriffige nicht leichter davon? Wie auch sonst immer, es muss das Grundprinzip gelten, dass ein Beschuldigter das Recht hat, sich gegen eine Beschuldigung (und den Beschuldiger) zu verteidigen. Insbesondere, wenn sie dermassen gravierende Folgen haben kann.

Recht ist nie perfekt. Recht ist immer Abwägung. Aber die Anschuldigung «sexuelle Belästigung» ist offensichtlich zu einer Mehrzweckwaffe mit verheerenden Wirkungen geworden. Statt zwischen Schuld und Unschuld zu unterscheiden, wird mit dem widerlichen Prinzip operiert «etwas hängen bleibt immer». Auch im Fall völliger und erwiesener Unschuld. Repariert kann nichts mehr werden, die Betroffenen können nur darauf hoffen, dass viele, viele Jahre später Gras über die Sache gewachsen ist.

Die Problematik zeigt eine interessante Debatte, die in Deutschland entbrannt ist. Der bekannte Schriftsteller Ferdinand von Schirach fordert öffentlich, dass Medien Strafen zahlen sollen, wenn eine «#metoo»-Berichterstattung das Ansehen eines Betroffenen schädigt, sich aber als unzutreffend erweist. Der deutsche Journalistenverband heult auf, dass dann auch Berichte über einen Harvey Weinstein, die am Anfang auch nicht belegt waren, unmöglich würden. Dabei übersieht er aber geflissentlich, dass von Schirach die Einschränkung macht, dass solche Behauptungen eben falsch sein müssen, um kostenpflichtig zu werden.

Konkret im aktuellen Fall: es darf nicht sein, dass ein verantwortungsloser Radiomacher sich dafür hergibt, anonyme Anschuldigungen zu multiplizieren, die Denunziantinnen völlig zu anonymisierten, keine Sekunde zu problematisieren, dass die Anschuldigungen bis fast zehn Jahre zurückreichen und niemals zur Anzeige gebracht wurden. Und gleichzeitig zu behaupten, dass auch der Beschuldigte anonymisiert bleibe, der aber so beschrieben wird, dass eigentlich jeder sofort weiss, um wen es sich handelt.

Die gleiche miese Methode verwendet auch eine Regula Stämpfli, indem sie sich selbst zum Opfer stilisiert, «dieses Mannes», aber auch seiner damaligen Chefin, die ihre Karriere hätten vernichten wollen. Absurde, unbelegte Anschuldigungen, aber auch die Chefin ist so beschrieben, dass jeder weiss, um wen es sich handelt.

Da hätte Tartuffe noch einiges lernen können. Seine modernen Wiedergänger sind noch viel widerlicher als er, noch viel verschlagener, opportunistischer, heuchlerischer. Lässt man sie weiter gewähren, vergiften sie das Klima am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft.

SRF als Dreckschleuder

Anonym denunziert’s sich ungeniert. Und wer dann noch einen Lautsprecher findet … Teil drei der Sonntags-Serie.

Natürlich liegt die Häme nahe, wie die «Republik» über angeblichen strukturellen Sexismus bei Tamedia herzog, als 78 erregte Mitarbeiterinnen einen Brandbrief mit über 60 unbelegten, anonymisierten und nicht nachprüfbaren, angeblichen Vorfällen publizierten und ausgerechnet via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit brachten.

Aber: bislang besteht die Parallele darin, dass sich bei SRF offenbar eine oder mehrere Frauen gemeldet haben, die im Schutz der Anonymität einen Journalisten sexueller Übergriffe beschuldigen. Daraus hat dann Salvador Atasoy einen halbstündigen «Medientalk» unter dem Titel «Sechs Frauen werfen «Republik»-Reporter sexuelle Belästigung vor» gemacht.

Einleitend wird der Hörer warnend darauf hingewiesen, dass hier «explizite Nachrichten zitiert» würden; empfindliche Menschen, bitte abschalten. Dann wird der Beschuldigte so umschrieben, dass es nicht nur Insidern sofort klar wird, um wen es sich handelt. Es gälte aber für ihn auch der Schutz der Anonymität. Welch Zynismus.

Dann kommt das, was seit einigen Jahren im Schwange ist. Anonyme Anschuldigungen, die bis 2014 zurückverweisen. Anzeigen wurden nie erstattet. Die Denunziantinnen schämten sich, wollten deshalb nicht mit ihrem Namen zu potenziell existenzvernichtenden Anschuldigungen stehen. Es handle sich, kurz gesagt, um 5 Frauen, die mündliche oder schriftliche sexuelle Belästigungen zu Protokoll geben und schlüpfrige Messages vorweisen können. Plus eine Frau, die von einem «schweren sexuellen Übergriff» zu Hause beim Angeschuldigten berichtet.

Der Beschuldigte selbst, auch üblich inzwischen, ist abgetaucht, hat seine Social Media Accounts stillgelegt. Einziges Lebenszeichen: er habe erst durch Atasoy von den Vorwürfen erfahren, es sei niemals Anzeige erstattet worden, die Anschuldigung des massiven sexuellen Übergriffs weise er vehement zurück.

Dann geht es bislang auf dem leider üblichen Weg weiter. Die Anschuldigungen stehen im Raum, angeblich seriöse Medienschaffende überbieten sich in Vorverurteilungen, weil es ein Mitarbeiter von linken Alternativmedien handelt, fehlt es auch nicht an Häme. In der «Medientalk»-Sendung wird eine Unzahl von Wegbegleiterinnen des angeblichen Belästigters zitiert. Mit nachgesprochenen Stimmen, alle, allesamt anonym. Mit Namen kommen nur eine Strafrechtsprofessorin, eine «Forscherin in Kommunikationswissenschaften», eine Psychoanalytikerin und schliesslich eine «Expertin für sexualisierte Gewalt» vor.

Absurd: alle tun so, als gälte es, einen erwiesenen Fall von sexuellen Übergriffen und Belästigungen zu theoretisieren und abstrahieren und einzuordnen. Kleines Problem: alle sprechen hier über einen Unschuldigen. Wenn solche Kriterien bei diesen Wissenschaftlerinnen überhaupt noch etwas gelten würden.

Das Gegenteil ist richtig: hier disqualifizieren sich vier Frauen, schwimmen sozusagen im Kielwasser von Stämpfli, schwadronieren vom «Geniemythos», «viele Täter nehmen sich nicht als solche wahr», behauptet eine Marion Guerrero. Schön, dass ihre blosse wissenschaftliche Wahrnehmung so glasklar Unschuldige als Schuldige entlarvt. Das sollte sie sich patentieren lassen, es würde viele Prozesse einfacher machen.

«Sowohl bei der WoZ wie bei der «Republik»soll es also angeblich zu sexueller Belästigung gekommen sein», leitet Atasoy das Kapitel «Sex und Drogen» ein. Gefolgt von weiteren Zitaten von expliziten sexuellen Texten, die vom Beschuldigten stammen sollen. Es sind typische Männerfantasien. Werden sie in einer einvernehmlichen Beziehung formuliert, müssten deswegen wohl ungefähr 90 Prozent aller Männer als Sexmonster denunziert werden.

Das Problem, dass hier jemand angeblich über Jahre hinweg Frauen, Arbeitskolleginnen übel angemacht hat, die ihn aber weder bei den vorhandenen Meldestellen denunzierten, geschweige denn bei der Polizei anzeigten, wird so wegerklärt, dass es hier um Traumata, Angst, Einschüchterung, Selbstvorwürfe, Scham gehe.

Das mag so sein. Aber: «sexuelle Belästigung» ist ein dermassen schwerer, jeder strafrechtlichen Einordnung nach seiner Verjährung entzogener Vorwurf, der zudem beleg- und straffrei für den Beschuldiger erhoben werden kann, dass vor allem Medien mehr als vorsichtig damit umgehen sollten. Aber seit dem Fall Tamedia, seit dem Fall Canonica, seit dem Fall Spacey haben die Medien nichts gelernt.

Der Denunziant Atasoy mag sich nun damit verteidigen, dass man schliesslich aufgrund «monatelanger Recherchen», Zeugenaussagen, Screenshots usw. über einen solchen Fall berichten müsse. Allerdings hätten sich die Denunziantinnen anonym bei der externen Fachstelle der «Republik» gemeldet, aber den Namen der beschuldigten Person genannt. Gleichzeitig hätten sie auf einer sogenannten «see only»-Klausel bestanden. Das habe der Geschäftsleitung der «Republik» die Hände gebunden, sie habe nichts unternehmen können und vor allem den Beschuldigten nicht konfrontieren.

Das bedeutet also, dass die Denunziantinnen von Anfang an weder mit ihrem Namen hinstehen wollten, noch dem namentlich Denunzierten schnell die Gelegenheit geben, zu den Vorwürfen etwas zu sagen. Das alleine stinkt schon zum Himmel.

Was passiert hier? Der Mediengerichtshof hat bereits getagt. «Damit endet diese Geschichte – für uns. Sollte es zu einer Untersuchung kommen, geht sie weiter, zumindest für einen Teil der Sechs, die diese Geschichte dann noch einmal erzählen müssten», endet Atasoy so einfühlsam wie verräterisch. Denn vor allem geht die Geschichte für den Angeschuldigten weiter.

Schuldig im juristischen Sinn ist er sowieso nicht; alle Vorfälle dürften verjährt sein. Ob er schuldig im moralischen Sinn ist, haben die medialen Scharfrichter bereits entschieden. Opfer Canonica sah sich wenigstens mit Anwürfen konfrontiert, die einen Absender hatten. Also konnte er sich dagegen konkret zur Wehr setzen und nachweisen, dass es sich um die Rache einer frustrierten und gefeuerten Mitarbeiterin handelte, die öffentlich rechtfertigen wollte, wieso ihre Karriere nicht auf dem Sessel der Chefredaktion des «Magazin», sondern mit einem Rausschmiss geendet hatte.

Im aktuellen Fall sieht sich der enttarnte «Reporter» anonymen Anschuldigungen gegenüber, die mit einer Ausnahme aus dem Vorwurf verbaler sexueller Belästigungen bestehen. Wobei bislang nur behauptet wird, dass diese expliziten Männerfantasien nicht einvernehmlich und ausserhalb einer Beziehung stattfanden.

Dass innerhalb und ausserhalb des Betts Verbalerotik betrieben wird, auch deftiger und brachialer Natur, ist wirklich nichts Neues. Sind die Objekte dieser Mitteilungen tatsächlich nicht damit einverstanden gewesen, ist es übergriffig und verächtlich. Wieso die dann allesamt aber – wie die erregten Tagi-Frauen, wie die Denunziantin von Canonica – sich weder bei den internen Stellen, noch bei den Strafverfolgungsbehörden gemeldet haben, wieso sie sich ausgerechnet jetzt – nach bis zu 9 Jahren später – bei SRF melden, aus welchen Motiven Atasoy diese Sendung gemacht hat, man weiss es nicht.

Einzig felsenfest steht: der Reporter muss lange Jahre darauf warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Völlig unabhängig davon, ob alle Vorwürfe, einer oder keiner zutrifft: Täter könnte er sein, Opfer ist er. Und das ist mindestens so eine Sauerei wie ein sexueller Übergriff. Nur wird er vom Volksgerichtshof der öffentlichen Meinung abgeurteilt; die Denunziantinnen kommen unter dem Schutz der Anonymität auch dann davon, wenn sich ihre Beschuldigungen als erfunden herausstellen sollten. Was nicht das erste Mal wäre.

Der Oberheuchler als Chef

Die «Republik» hat ein Problem. Teil zwei der Sonntags-Serie.

Gut, sie hat viele Probleme. Sie hat Geldprobleme. Sie hat ein Faulheitsproblem; ihre 55-köpfige Crew, verstärkt durch zwei Dutzend ständige Mitarbeiter, hat einen Output, der kleiner (aber nicht besser) ist als der von ZACKBUM, und wir sind eine One-man-Show, oder sagten wir das schon.

Sie muss immer wieder auf Betteltour, sagt aber trotz Transparenzversprechen erst zu «gegebener Zeit», wer denn schon wieder 250’000 Franken lockermachte, um ein klimaneutral ausstossfreies «Klimalabor» im Wachkoma zu erhalten.

Aber nun hat sie noch ein Chefproblem. Ein gravierendes. Denn einer ihrer Mitarbeiter wurde nach wochenlanger Untätigkeit der Führungsspitze freigestellt. Er wird anonym beschuldigt, sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Verbal und in einem Fall auch körperlich. Das weist er «vehement» zurück, zudem weist er darauf hin, dass niemals Strafuntersuchungen gegen ihn aufgenommen wurden.

Hier gilt die Unschuldsvermutung, obwohl die in den Hetzmedien schon lange nicht mehr gilt. Aber das ist nicht das Problem der «Republik».

Ihr Problem hat einen Namen: Daniel Binswanger. Obwohl er das nicht wollte, ist er der Notnagel-Chefredaktor der «Republik» bis das Findungskomitee, das so tut, als ginge es hier um die Bestallung der Chefetage von Apple, einen geeigneten Kandidaten durch alle Assessments, Prüfungen, Eignungstests und Survivalcamps geschleift hat.

Aber auch das ist nicht das Problem der «Republik», das ist bloss lächerlich.

Das Problem der «Republik» ist ungeheuerliche Heuchelei, ganz oben. Denn der amtierende Co-Chefredaktor ist seit den Anfängen des Organs zur Rettung der Demokratie und der Bekämpfung des Faschismus dabei. Die schreibende Schmachtlocke war zuvor lange Jahre Mitarbeiter beim «Magazin», mit dem langjährigen Chefredaktor Finn Canonica sehr eng.

Als die gefeuerte Mitarbeiterin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine ganze Wagenladung von Jauche über Canonica ergoss, schrieb sie unter anderem, dass es Vorfälle gegeben habe, bei denen die Redaktion anwesend gewesen sei, als Ohren- und Augenzeuge von unerträglichen verbalen Übergriffigkeiten Canonicas.

Also waren auch Binswanger und der inzwischen freigestellte «Republik»-Reporter, der auch für das «Magazin» arbeitete, dabei. Also hätte man doch von ihnen erwarten können – insbesondere, da es keinerlei Abhängigkeiten von Tamedia mehr gab –, dass sie öffentlich Zeugnis abgelegt hätten. Entweder: ja, es war so, wie Roshani das beschreibt. Oder: Nein, es war nicht so, es ist richtig, dass Canonica das bestreitet.

Sicher, es gibt da noch das Geschäfts- und Redaktionsgeheimnis, aber gälte hier Anstand und Moral nicht mehr? Wenn man schon ungefragt als Zeuge verwendet wird, wäre es da nicht selbstverständlich, zu widersprechen oder zu bestätigen? Vor allem, wenn man wie Binswanger (und wie der Reporter auch) fast nie ohne den erhobenen Zeigefinger anzutreffen ist, wie verächtlich und verurteilenswert Sexismus sei, vor allem auf Redaktionen. «Hic Rhodos, hic salta», hätten sich die beiden sagen müssen, und zumindest Binswanger als Feuilleton-Redaktor sollte genug Latein können.

Aber nein, beide duckten sich feige weg, reagierten nicht auf Anfragen von ZACKBUM (oder von anderen). Da sind zwei Journalisten in einem Infight, und einmal geht es nicht darum, dass Dinge berichtet werden, die nur zwei Zeugen hätten, wobei dann gälte: sie sagt, er sagt, wer weiss es denn. Hier hätte endlich einmal eine Anschuldigung verifiziert – oder falsifiziert werden können. Ein «so war es» oder ein «so war es nicht» hätte genügt.

Haltung, Anstand, minimale Anforderungen an Moral. Nichts da. Einzige Erklärung: beide wollen sich die Türe zu Tamedia nicht ganz zuschlagen – wenn es die «Republik» mal lupft, braucht es ja ein warmes Plätzchen. Zumindest bei einem der zwei hat sich das allerdings erledigt.

Alleine dadurch wäre Binswanger eigentlich für eine Führungsposition disqualifiziert. Wobei schon seine absurde Meinung, dass das Tragen eines Kopftuchs im Westen als freie Entscheidung der daruntersteckenden Frau gesehen werde müsse, dafür ausreichte: «Nikab-Trägerinnen in Europa sind typischer­weise unabhängige und selbst­bestimmte Frauen, die ihren Fundamentalismus gegen den Willen ihrer Familie praktizieren.» Das glaubt man nicht, selbst wenn man es liest.

Aber angesichts des Sexismus-Skandälchens gibt es noch ein zweites Problem für Binswanger. Er ist seit dem Stellenantritt des Freigestellten bei der «Republik» an Bord. Er weiss damit auch davon, dass den bereits zuvor entsprechende Gerüchte umwehten. Er weiss zudem, dass die «Republik» denen nachging. Er weiss schliesslich, dass eine Redaktorin der «Republik» sogar recherchierte, ihr Artikel aber nie erschien, weil die «Republik» den in linken Kreisen kultigen Reporter unbedingt von der WoZ abwerben wollte – was ihr auch gelang.

Das alles weiss Binswanger. Oder aber, immer bewährt, auch in der Geschichte, er hat von nichts gewusst. Nichts gesehen, nichts gehört, natürlich nichts gesagt. Ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber angenommen, es sei so. Dann ist er aber ungeeignet für seinen Job, Denn ein Chefredaktor, der von all dem nichts mitbekommt, sich schon vorher in verschiedenen Beziehungen disqualifizierte, aber dennoch jede Woche Moralinsäure, Gutmenschentum, Rechthaberei, Aufrufe zu angeblich richtigem und guten Verhalten über seine Leser regnen lässt, der ist untauglich.

Eine Belastung. Der Aufgabe nicht gewachsen. Eine Hypothek wie die drohende Busse für Steuermauscheleien. Und mehr Mühlsteine um den Hals kann die «Republik» zurzeit wirklich nicht vertragen, wenn sie den Kopf über Wasser halten will. Aber will sie das überhaupt?