Verlangen wir das Unmögliche!

Mit diesem Spruch ging schon Che Guevara unter. Nun auch die «Republik»?

Hört sich irgendwie gut und revolutionär an: «Seamos realistas y hagamos lo imposible.» Was soll daran realistisch sein, das Unmögliche zu verlangen oder zu machen? Es ist vielmehr bescheuert, weil man so das realistisch Mögliche nicht erreicht.

Che Guevara bezahlte für seinen Irrtum am Schluss einer gescheiterten Guerilla in Bolivien mit dem Leben. Das macht seinen Mythos aus. Der einzige Revolutionär, der erfolgreich eine Revolution machte – es nochmal probierte und in den Stiefeln starb.

Dieser Gefahr setzen sich die Streiter und Demokratieretter von der «Republik» nicht aus. Aber den Kampfruf scheinen sie gehört zu haben – und wollen ein weiteres Beispiel dafür geben, was passiert, wenn man völlig den Kontakt zur Realität verliert.

Das äussert sich zunehmend in den Schriftwerken des Online-Magazins. Wer mit dem Artikel «Die Infokrieger» ein Netzwerk von angeblich rechtskonservativen Publizisten und Publikationen herbeifantasiert, hat einen Wackelkontakt zur Wirklichkeit. In diesem denunziatorischen Schmierenstück werden Dutzende von Namen erwähnt, von Publizisten und von Publikationsorganen. All denen wird in fein gepinselten Organigrammen eine Zusammenarbeit unterstellt.

Das ungehemmte Austoben wurde dadurch erleichtert, dass die beiden Autoren, darunter der ehemals angesehene Journalist Daniel Ryser, darauf verzichteten, mit den Angepinkelten zu sprechen oder ihnen Gelegenheit zur Gegenrede zu geben. Mit einer einzigen Ausnahme, die dem Narrativ einigermassen entsprach. Würde es einer konservativen Plattform einfallen, ein ähnliches Denunziationsstück zu schmieren, die «Republik» würde sich nicht einkriegen vor Erregung und Ärger. Zu recht, wenn die gleiche «Recherchiermethode» verwendet würde.

Aber der galoppierende Realitätsverlust zeigt sich auch dort, wo’s wirklich wehtut. Bei den Finanzen. Die «Republik» vermeldete stolz, dass sie die letzten zwei Jahre selbsttragend gewesen sei. Lassen wir das mal so dahingestellt.

Lassen wir auch dahingestellt, dass die Revisionsgesellschaft regelmässig den Vermerk anbringt, dass die Weiterführung des Unternehmens gefährdet sei. Lassen wir dahingestellt, dass eine steuerliche Schlaumeierei eine Rückstellung von einer runden Million nötig machte. Lassen wir dahingestellt, dass in der Chefetage, also bei der Geschäftsleitung, im Verwaltungsrat und bei der Chefredaktion, ein munteres Kommen und Gehen herrscht.

Ad Interim eingesprungene Geschäftsleiterinnen, die einen abrupten Abgang ersetzten, werden nach wenigen Wochen zu definitiven. Ein Chefredaktor ad Interim wirft plötzlich das Handtuch. Exodus aus dem VR; zwei merkwürdige Figuren bleiben, hinzu kommt der Oldtimer Roger de Weck.

Dazu haben einige Schreibkräfte das Blatt verlassen; vielleicht hielten sie den Sprachdurchfall von Constantin Seibt oder das Geschwurbel von Daniel Binswanger oder die Recherchierqualität von Ryser nicht mehr aus. Oder aber, sie verliessen mit feinem Gespür ein sinkendes Schiff. Oder fürchteten Haftungsfolgen, wenn sie an führender Position weiter tätig wären. «Kosmos» lässt grüssen.

Wie gross muss der Realitätsverlust bei den weiter «an Bord» Gebliebenen sein, wenn sie eine bittere und aufrüttelnde Bilanz ihres Gründungsvaters und langjährigen Chefredaktors einfach ignorieren? Bislang wurde der Post von Christof Moser noch nirgends vollständig zitiert. er ist es wert; wir haben ihn auf Deutsch übersetzt. Er ist so unglaublich, dass wir zunächst als Beweis die Originalversion zeigen:

Moser schrieb Ende November:

«Ich habe in den letzten Monaten Dutzende von Fragen darüber beantwortet, was ich bei meinem nächsten Projekt als Unternehmer anders machen werde. Oder welchen guten Rat ich anderen Gründern geben kann. Meine Antwort ist immer die gleiche: Auch wenn Sie zu 1000 Prozent damit beschäftigt sind, das Projekt operativ erfolgreich zu machen, achten Sie darauf, was hinter Ihrem Rücken in den strategischen Gremien passiert. Vor allem, wenn es um die Rekrutierung geht.
Es geht sehr schnell und man sieht sich plötzlich mit einer Anhäufung von Inkompetenz, Mobbing und Fehlentscheidungen konfrontiert, die einen sabotieren. Und Sie daran hindern, erfolgreich weiterzuarbeiten.
Ist das passiert, setzt sich die Abwärtsspirale fort und das Unternehmen bricht langsam aber sicher zusammen. Es ist sehr wichtig, sich darüber keine Illusionen zu machen. Wieso? Denn schlechtes Management lässt sich nur durch noch mehr schlechtes Management rechtfertigen. Es geht weiter und weiter und weiter. Und wird niemals aufhören. Bis der Schaden angerichtet ist.
Sie müssen nicht auf Twitter schauen, um die katastrophalen Folgen eines Unternehmens in falschen Händen zu sehen. Ein Blick um die Ecke genügt.
Der wichtigste Rat in dieser Situation: Bleiben Sie sich selbst treu und bleiben Sie auf Kurs. Auch wenn Sie das Erreichte hinter sich lassen und die Vision in einem neuen Projekt umsetzen. Denn Leidenschaft und Können führen zum Erfolg und Erfolg führt zu neuen Möglichkeiten – immer.
Während die Verlorenen und Verwirrten im Sumpf stecken bleiben. Und sie finden nicht wieder heraus.
Ein ❤ an alle Gründer, die mit diesem Problem konfrontiert sind. Und ein 🎩 für alle, die dieses Problem erfolgreich meistern. Ich habe meine Lektion gelernt.»

Das sagt nicht irgendwer, sondern der im Februar zurückgetretene Gründer und Chefredaktor der «Republik». Starker Tobak. Und wie reagieren die Zurückgebliebenen? Sie lächeln es weg: «Ohne Christof Moser gäbe es die Republik nicht … Wenn man sich dann Schritt für Schritt davon entfernt, ist das kein einfacher Prozess.» So zeigen ihm die beiden neuen Geschäftsführerinnen den Stinkefinger. Wunderlich allerdings, dass dieser scharfe Kritiker der «Republik» weiterhin die «Stabsstelle Chefredaktion» ausfüllt …

Und wie sich wohl die «Abwärtsspirale» fortsetzt? Nun, angesichts bröckelnder Abozahlen will die «Republik» einfach ein paar Milliönchen mehr ausgeben. Und erklärt zum «Wachstumsziel» insgesamt 33’000 «Verleger». Wobei das Geld schon mal rausgehauen wird, die Neuabos sollen dann in den nächsten Monaten reinkommen.

Zunächst stehen aber die Abo-Erneuerungen schwergewichtig im Januar an. Was erfahrungsgemäss nicht zu einem Zuwachs, sondern zu Abgängen führt. Wobei die Frage sein wird, wie die Schlaumeierei bei den Steuern beim «Republik»-Publikum ankommt.

Aber Realitätsblindheit, Verweigerung der Debatte, unmögliche Zielsetzungen: alles Bestandteile eines angekündigten Desasters. Es muss ein starker Leidensdruck bei Moser herrschen, dass er diese bitteren Worte öffentlich gemacht hat: «Während die Verlorenen und Verwirrten im Sumpf steckenbleiben und nicht wieder heraus finden.» Also war sein Abgang auch kein freiwilliger, also sind offenbar seine internen Versuche zur Debatte gescheitert. Wer so mit einem Gründervater umgeht, wie geht der dann mit den übrigen Mitarbeitern um? Mit den «Verlegern»? Mit der Realität?

Man muss ein «Kosmos reloaded» befürchten. Wobei jetzt schon festzuhalten ist: nein, es war dann nicht der Markt. Auch nicht die Umstände. Auch nicht Corona. Erst recht nicht rechtskonservative Kreise. Es wäre ausschliesslich und alleine selbstverschuldet. Darüber könnte sich die schreibende Schmachtlocke der «Republik» vielleicht mal Gedanken machen. Dann könnte man ihn einmal ernst nehmen.

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