Schlagwortarchiv für: Putin

WoZ potz

Die linke Wochenzeitung knöpft sich Roger Köppel vor.

Gleich fünf WoZler haben ihre Kräfte zusammengelegt, um der «weissen Krähe» die Federn auszurupfen. Kaspar Surber, Renato Beck, Daria Wild, Anna Jikhareva und Jan Jirát – allesamt selbst nicht unbeschriebene Blätter – machen genau das, was sie ihrem Hassobjekt vorwerfen. Sie berichten einseitig, verdrängen alles von der Realität, was ihnen nicht passt.

Denn genauso wenig, wie man in der «Weltwoche» kaum ein schlechtes Wort über Donald Trump oder Wladimir Putin hört, darf man in der WoZ ein ausgewogenes oder zumindest nicht ideologisch durchtränktes Porträt von Roger Köppel erwarten.

Passgenau zu dessen ersten Auftritt an der Albisgüetli-Tagung der SVP regnen hier 34’500 Anschläge auf ihn nieder. Schon die Einleitung kann man zumindest als launig bezeichnen: «Manchmal wird die «Weltwoche» für die russische Sicht auch handgreiflich.» Dann muss das Autorenteam dieser starken Ansage hinterherrennen. Angeblich soll ein WeWo-Redaktor auf dem Bürgenstock sich bei der Schluss-Pressekonferenz durch einen «veritablen Bodycheck» in Besitz des Mikrophons für die letzte Frage gesetzt haben.

Leidtragender soll Oberst Georg Häsler gewesen sein, was die Verteidigungsbereitschaft der NZZ-Kriegsgurgel in einem ganz schlechten Licht erscheinen lässt. Aber das soll nur das Schmiermittel sein, um mit Anlauf einen Bodycheck nach dem anderen bei Köppel zu landen.

Auch hier wird zuerst eine These rausgehauen, der man dann hinterherrennt; «der Chefredaktor, Verleger und Inhaber Roger Köppel» habe sich «in den letzten Jahren überhaupt auf die Seite des russischen Aggressors geschlagen und» huldige «unverhohlen Machthaber Wladimir Putin».

Nun geben die tapferen Fünf Kunde, mit welchem Todesmut sie ihre Recherche betrieben hätten: «Die Entwicklung des Blattes ist ein Tabu der Schweizer Mediengegenwart. Alle wissen um die Radikalisierung, viele finden sie gefährlich, trotzdem gab es nur vereinzelte Berichte zu den Hintergründen

Die letzten Berichte, nebenbei, stammten von Daniel Ryser, dem ehemaligen Mitarbeiter der WoZ und dann der «Republik». Der arbeitet inzwischen fröhlich für sein ehemaliges Hassobjekt Köppel. Kann also die WeWo nach diesem Artikel mit dem Zuzug von fünf neuen Schreibkräften rechnen?

Denn schliesslich sind das Mutbolzen; im Gegensatz zu einem feigen SVP-Nationalrat, der ängstlich behaupte, er habe die WeWo gar nicht abonniert. «Um dann später im Bundeshausbistro angeschlichen zu kommen und sich über die Furcht in der Fraktion vor der Disziplinierung durch die Zeitschrift zu beklagen.»

Das eint Schmierenjournalisten wie Ryser und dieses Fünferkollektiv: es wird ausschliesslich mit anonymen Quellen gearbeitet: «Beispielhaft auch ein medialer Weggefährte, der sich entsetzt zeigt über Köppels Entwicklung, aber nicht einmal diese Aussage namentlich autorisieren will.» Was die Frage offenlässt, ob es diesen Weggefährten überhaupt gibt und ob er das gesagt hat.

Soll man die Herleitung von Köppels angeblicher Huldigung Putins und seiner Vorliebe für düstere Gestalten wie Orbán, Vucic oder Schröder nacherzählen? Eigentlich nicht, dafür ist es zu blöd, zu wolkig, findet im Freiraum des Erfundenen und nicht Belegten statt.

Natürlich werden Äusserungen von Köppel selbst zitiert, die fragwürdig, teilweise bescheuert und seinem Drang geschuldet sind, prinzipiell gegen den Strom zu schwimmen und das Gegenteil davon zu vertreten, ohne dass Sachkenntnis hinderlich im Weg stünde.

Das geht hin bis zu Absurditäten wie der Beschreibung, wie blitzsauber doch Moskau sei, «funkelnd», was für ein Kontrast zu den versiften westlichen Großstädten wie Berlin. Dass ihn Putins rustikal zur Schau getragene Männlichkeit fasziniert, auch daran lässt Köppel keinen Zweifel. Aber immerhin, was die WoZ natürlich nicht erwähnt, indem die WeWo das Interview von Tucker Carlson mit Putin vollständig vorlegt, kann sich jeder überzeugen, dass der Kremlherrscher sich in unendlichen Monologen durch ein krudes Geschichtsbild mäandert und überhaupt den Eindruck eines Herrschers macht, dem niemand zu widersprechen wagt, obwohl er für die grösste aussenpolitische und militärische Katastrophe Russlands seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich ist.

Die Darstellung der WoZ, wieso Köppel hingegen dem russischen Unternehmer Melnichenko breiten Raum für ein Interview einräumte, ist reiner Schwachsinn. Die Fünferbande schafft es tatsächlich, den Inhalt des Gesprächs vollkommen auszublenden. Obwohl der durchaus interessant ist.

Gegen Schluss ihrer Suada müssen sie sich noch etwas steigern, also werden sie ungehemmt demagogisch: «Diesen Freitag soll Köppels Geraune vom «Kolonialvertrag» der Schweiz im Zürcher Albisgüetli zu hören sein». Ohne ein Wort davon gehört zu haben, ist es Geraune. Was für ein armseliger Journalismus.

Natürlich kann auch der Gottseibeiuns von Herrliberg nicht ungeschoren davonkommen, denn der wagt es doch tatsächlich, Köppel zu verteidigen. Also auf ihn: «Es sei immer Köppers Anliegen gewesen, auch den Angegriffenen einen Verteidiger zu geben, säuselt er. Und meint damit nicht die Ukrainer:innen, die im Schlaf von russischen Raketen getötet werden.»

Der eine raunt, der andere säuselt, und Christoph Blocher werden dann noch Ukrainer, die im Schlaf von Russen getötet werden, in die Fresse gehauen.

Das ist nun übelster Fertigmacherjournalismus, der für Schenkelklopfer bei der Gesinnungsmittäterschaft sorgen will, die sich nicht einkriegt vor begeisterter Zustimmung. Geht noch einer? Aber ja, denn es braucht doch noch die Schlusspointe. Also komm heraus, du bist umzingelt:

«Blocher versichert: «Roger Köppel steht auf dem Boden der Partei.» Fragt sich nur, auf welchem Grund eine Partei mit einem solchen Festredner steht.»

Im braunen Sumpf? In Putins Welt? Im Lager der Befürworter, dass Ukrainer im Schlaf getötet werden? Man weiss es nicht. Man weiss aber, auf welchem Grund eine Zeitung steht mit solchen Journalisten. Mitten im Treibsand der Gesinnungsschreiberei, wo das Urteil über den Porträtierten schon feststeht, bevor der erste Buchstabe getöckelt wird. Wo es nicht um Wahrheit- oder Wirklichkeitssuche geht, sondern um das Zusammenstellen von Wirklichkeitsfetzen, die die anfängliche These belegen sollen. Alles, was der widersprechen würde, kommt weg. In den Abfall.

Wahrer Abfalljournalismus.

Ach, «Blick»

Er schafft es wieder mal, Lachen und Weinen auszulösen.

Lachen, weil es so lächerlich ist. Weinen, weil es so lächerlich ist. Aber zunächst einmal eine Story, die an die gute alte Zeit des «Boulevard»-«Blick» erinnert. Wahrscheinlich bekommt der Verantwortliche dafür auch einen Rüffel von einem der vielen Heads, Officers, Chefs und Chiefs und Leitern:

Wagt sich der «Blick» allerdings ins gegendarstellungsfreie Ausland, wird’s kunterbunt:

Man wird ja wohl noch fragen dürfen. Überhaupt ist Putin und der Ukrainekrieg eine gewisse Obsession für den «Blick»:

Indem er Putin dieses Foto schickt?

Warum? Darum; das ist immer eine intelligente Ansage.

Bleibt natürlich die Frage, ob Trump das weiss – oder ob es ihm «Blick» erst mitteilen muss.

Nun in die Weiten des Weltraums, wo die völlige Leere und Gegendarstellungsfreiheit herrscht:

Aber Genaues weiss man nicht, darauf weist schon ein vorsichtiges «möglicherweise» hin. Erst wenn es Musk geschafft hat, zum Mars zu fliegen, wird man Genaueres wissen.

Nun eine schreckliche Story mit einem schrecklich verpixelten Foto, das in voller Grösse seine schreckliche Wirkung entfaltet:

Vielleicht wäre ein unverpixeltes Foto des Kühlschranks sinnvoller gewesen.

Jetzt kommen wir zur Jö-Story des Tages:

Oh, Pardon, diese herzigen Tierli sind ja aus einem Inserat, ZACKBUM meint diese hier:

Wenn man bedenkt, dass Cédric Wermuth neben diesen enormen Anstrengungen auch noch daran arbeitet, kein gewalttätiger und frauenunterdrückender Macho mehr zu sein – unvorstellbar, was der Mann leistet.

Dann aber lässt der «Blick» den Leser ratlos zurück:

Ja was denn nun? «Mit Video», aber «zum Wegschauen»? Das ist höherer Dada, das hätte das Cabaret Voltaire auch nicht besser hingekriegt.

Und als Absackerchen noch ein Beitrag aus der Rubrik «Ratgeber und Service», das zweite starke Standbein des «Blick», auch wenn er nicht alles selber machen kann:

Gebt es zu, liebe ZACKBUM-Leser, das habt Ihr Euch alle auch schon gefragt. Und, neugierig, was ist die richtige Antwort? Da sagen wir doch mit Douglas Adams: «42». Das ist nämlich die Antwort auf fast alles, die ein Supercomputer nach 7,5 Millionen Jahren Rechenzeit herausgefunden hat.

So lange dürfte es auch ungefähr dauern, bis aus 20 Franken im Monat ein Vermögen geworden ist. Ob und wann der «Blick» mal wieder zu sich kommt, eine Antwort darauf ist aber weder ZACKBUM noch einem Supercomputer möglich, daran verzweifelt selbst die KI.

ZACKBUM hat gefragt, das ist die Antwort, die beweist, dass auch KI ihre Grenzen hat:

«In den letzten Jahren wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der Berichterstattung zu verbessern. Ob und in welchem Maße diese Bemühungen von den Lesern als Verbesserung wahrgenommen werden, hängt von individuellen Präferenzen und Erwartungen ab.»

Sie Faschist, Sie!

Das Allerweltsschimpfwort von geistig Armen und Verzweifelten.

Der Kampf gegen die braune Brut war schon immer eine Lieblingsbeschäftigung der Linken. Während bürgerliche Kreise die Mär von den braunen und roten Fäusten erfanden und beides gleichsetzten.

Früher, als noch mehr Leute alle Tassen im Schrank hatten, gab es immer wieder Versuche, geschichtlich Stalin und Hitler gleichzusetzen. Da Hitler als Verlierer abgegangen war, die Sowjetunion aber immerhin so eine Art Nachfolgestaat des Stalinismus war, diente das dazu, den Sozialismus zu diskreditieren. Auch das ist mangels Sowjetunion inzwischen obsolet.

Damals gab es auch noch zumindest rudimentäre Kenntnisse darüber, was Faschismus eigentlich ist. Aber das ist verloren gegangen. Heutzutage ist «Faschist» ein wohlfeiles Schimpfwort. Einfach ein Ersatz für «ein bösartiges und gefährliches Arschloch, das ich nicht ausstehen kann», was man aber so nicht sagen kann oder will.

Ganz Vorsichtige verwenden auch gerne das Wort «faschistoid», wenn sie Angst haben, dass sie beim Gebrauch von «Faschist» juristisch eins über die Rübe kriegten. Aber das ist ein nichtssagender Zwitter wie illegitim. Das verwendet man, wenn etwas völlig legal und keinesfalls illegal ist, man es aber dennoch kritisieren möchte. All die Händler mit Leaks- und Papers-Hehlerware verwendeten es gerne, wenn sie unschuldig ans mediale Kreuz Genagelten irgend etwas Illegales unterstellen wollten.

Aber aktuell ist der Begriff «faschistoid» in den Hintergrund getreten. Denn für viele Flachdenker ist klar: Donald Trump ist ein Faschist. In den USA ist der Faschismus an die Macht gekommen. Drohen faschistische Zustände. Schon bald werden die ersten KZs für illegale Immigranten errichtet. Gemischtrassige Ehen werden verboten, der Begriff Rassenschande wiederbelebt. Und bald einmal gibt es wieder lebensunwertes Leben.

Als nächsten Schritt fängt Trump dann den Dritten Weltkrieg an. Das haben Faschisten so an sich.

Der Begriff findet natürlich nicht nur dort reichlich Verwendung. SVP? Mindestens faschistoid. Blocher? Man würde gerne Faschist sagen, aber traut sich nicht, aus Angst vor juristischen Folgen. AfD: sowas von faschistisch. Corona-Leugner? Eigentlich auch Faschisten. Putin? Irgendwie ein Faschist. Meloni? Ganz sicher Faschistin. Le Pen? Verkleidet, aber klar braun. Und so weiter.

Vor allem der neue alte Gottseibeiuns Donald Trump ist nun ein Faschist. Das weiss Constantin Seibt am besten, der grosse Faschismus-Aufspürer, der alles Braune zehn Meilen gegen den Wind wittert. Auch wenn es nur ein Scheisshaufen ist. Gefolgt von diesem Kläffer von Tamedia und weiteren Dummschimpfern.

Dabei gibt es nur ein kleines Problem. Man darf Trump unterstellen, dass er nicht mal weiss, was Faschismus ist. Schlechte Voraussetzungen, um Faschist zu sein.

Es ist aber noch schlimmer: wissen all diese Faschismus-Kläffer überhaupt, was das ist? Wissen sie, dass sie mit der inflationären Verwendung des Begriffs alle wirklichen Opfer von Faschismus beleidigen, entwürdigen, sie missbrauchen?

Nein, dass wissen diese Tröten nicht. Wissen sie wenigstens selbst, was Faschismus ist? Wie bei Trump sei den meisten unterstellt: die haben doch keine Ahnung. Irgendwie so wie Hitler. Oder Mussolini. Oder so. Ganz schlimm halt. Das dürfte die häufigste Antwort sein.

Selbst eine Künstliche Intelligenz ist schlauer; also zum Mitschreiben (und wieder vergessen) ihre Antwort:

Hier sind die wichtigsten Merkmale des Faschismus in Stichpunkten:

  • Autoritäre Herrschaft: Konzentration von Macht in einer zentralen Führungsfigur oder Partei.
  • Nationalismus: Übersteigerte Betonung der eigenen Nation, oft verbunden mit Überlegenheitsdenken.
  • Antidemokratie: Ablehnung von Demokratie, Parlamentarismus und politischen Pluralismus.
  • Militarismus: Verherrlichung von Krieg und militärischer Stärke.
  • Ideologie der Einheit: Forderung nach nationaler oder sozialer Homogenität, Ablehnung von Diversität.
  • Kollektivismus: Vorrang der Gemeinschaft vor individuellen Rechten und Freiheiten.
  • Propaganda und Manipulation: Kontrolle der Medien, Verbreitung von Ideologien durch Massenkommunikation.
  • Gewaltbereitschaft: Einsatz von Gewalt als legitimes Mittel zur Erreichung politischer Ziele.
  • Feindbilder: Konstruktion von inneren und äußeren Feinden zur Mobilisierung der Gesellschaft.
  • Antikommunismus: Ablehnung marxistischer und sozialistischer Ideologien.
  • Kult der Führerfigur: Personenkult um den Anführer als unfehlbare Autorität.
  • Antiliberalismus: Ablehnung individueller Freiheiten und liberaler Werte.
  • Korporatismus: Kontrolle von Wirtschaft und Gesellschaft durch staatlich gelenkte Organisationen.

Wetten, dass die meisten, die «Faschist» krähen, nicht mal drei Merkmale von diesen 13 aufzählen könnten?

Noch schlimmer wird es aber, wenn man wie der emeritierte Geschichtsprofessor Jakob Tanner eine gelehrte Abhandlung über «Trump und der ständige Faschismus-Vergleich» bei Tamedia veröffentlicht. Und doch tatsächlich Umberto Ecos Pamphlet aus den 90er-Jahren als «bahnbrechenden Artikel über «Ur-Faschismus»» lobhudelt. Das schon unzähligen Deppen dafür diente, jeden beliebigen politischen Gegner als Faschisten zu verunglimpfen. Während die meisten Faschist-Gröler nicht wissen, was sie tun, weiss das Tanner sehr wohl. Und das macht ihn so unredlich wie demagogisch gefährlich.

Auch er malt – ein Bruder im Geist von Seibt – den Faschismus in den USA an die Wand. Und behauptet, dass «die institutionellen Sicherungen der amerikanischen Verfassung nicht genügen» würden, um ihn abzuwehren. «Vielmehr ist auf die Resilienz der Zivilgesellschaft zu bauen.» Ob das in Form von militanten linken Bürgerwehren gewalttätig oder anders zu erfolgen hat, darüber gibt Tanner aber keine Auskunft. Er murmelt nur etwas von Gewerkschaften und so.

So jämmerlich ist der politische Diskurs inzwischen geworden. Dass bei der «Republik» niemand Seibt Einhalt bietet, nun ja. Aber bei Tamedia? Da scheint jeder Anspruch auf Qualität und Niveau mit dem jüngsten Rausschmeissen und der Installation von führenden Flachpfeifen verloren gegangen zu sein.

Wenn es allerdings ein Merkmal des Faschismus ist, dass er Ideologie durch Massenkommunikation verbreitet, könnte es dann etwa sein, dass Tamedia auch …? Oder zumindest faschistoid? Oder allermindestens faschistoide Tendenzen? Ein brauner Oberton vielleicht? Oder auf dem Weg zum Faschismus? Zumindest diese Manie der Denunziation von sexistischen Wörtern und die Vorschriften, wie politisch korrektes Schreiben gehe, das hat etwas eindeutig faschistisch Sprachreinigendes. Heiliger Bimbam, das ist ja furchtbar. Hellsichtig warnte Jürgen Habermas schon bei der Studentenrevolte von 1968 vor linkem Faschismus.

Da gilt wohl auch:

Die grössten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

Das ist von F.W. Bernstein, dem Mitherausgeber der «Unabhängigen Zeitung für eine sauberere Welt». Und kann bei Tamedia ergänzt werden mit: und sind es noch.

Der perfekte Journalist

ZACKBUM bastelt sich ein Ideal.

Der Homunculus sieht so aus. Man nehme Roger Köppel und kreuze ihn mit Constantin Seibt. Dazu eine Prise Tom Kummer und als Abrundung etwas Urs Gehriger. Vielleicht noch einen Schuss Philipp Loser dazu. Und obendrauf, sonst wäre das Bild sexistisch, brauchen wir noch Raphaela Birrer, Salome Müller und Aleksandra Hiltmann.

Dieses Wunderwerk, diese Verkörperung geballter Kompetenz, Schreibkraft, Redlichkeit, intellektueller Ausstrahlung und des festen Willens, die Realität möglichst nach dem eigenen Wunschdenken zu gestalten – das ist das Zukunftsmodell.

Mit der Hilfe von AI sollte es möglich sein, eine solche Verschmelzung durchzuführen. Widmen wir uns kurz einigen wesentlichen Bestandteilen dieses Homunculus, dieses Golems.

Da hätten wir mal Constantin Seibt. Er ist der fatal Angeschlagene in diesem Bund. Er sieht rabenschwarz: «Bei allen Fehlern waren die USA lange das Licht der Welt. Das wird nun ausgelöscht. Ein Besuch in der tiefen, beängstigenden Dunkelheit.» Denn: «Seien Sie freundlich! Denn der Faschismus ist zurück». Das ist ja furchtbar. Seibt hatte schon mit Zehntausenden von Buchstaben davor gewarnt. Vergeblich. Denn der Faschismus war nie weg. Seibt hat ihn in den USA überall entdeckt. Seit vielen Monaten. Er hat heute nur noch endzeitliche Ratschläge:

«Das wahrscheinlich Klügste, was Sie tun können: Reservieren Sie Zeit für den Menschen an Ihrer Seite, für die Kinder – und wen Sie sonst noch lieben

Der Mann braucht dringend Medikamente, aber er verkörpert perfekt den Doomsday-Journalismus, dem sich so viele hingeben. Allerdings ist er so deprimierend, dumm und falsch, dass wir ihn doch schnell verlassen wollen.

Ganz anders dagegen Roger Köppel. Der ist voll im Saft und nimmt sich selbst zurück: «Draussen ist es dunkel. Ich steige ins Auto. Es klingelt. Rückruf. Am Telefon ist Gerhard Schröder.» So geht das zu in den einsamen Höhen des Ich-Journalismus. Man beachte: Schröder ruft ihn an. Nicht umgekehrt.

Aber Schröder ist fast nur noch eine Randfigur – Köppel hat IHN gesehen. Einem «vierstündigen, beeindruckenden Auftritt» gelauscht. Und seither weiss er: «Wir sind jetzt gegen eine Atommacht Kriegspartei.» Damit meint er nicht unbedingt sich selbst, aber die Schweiz.

Dagegen das: «Zum ersten Mal erlebe ich ihn aus nächster Nähe, während über vier Stunden, hochkonzentriert, differenziert, Vortrag, dann freie Rede, fast in sich gewandt, kein Einpeitscher, der einstudierte Parolen für die Heimatfront abfeuert. Darf man es sagen? Ich bin beeindruckt von diesem Mann.» Der Mann braucht keine Medikamente, aber vielleicht psychologische Betreuung: «Putin, so weit mein Eindruck, ist ein Marathonmann von Substanz und Energie.» Das ist Köppel ja auch, nur: was bringt’s?

Aber eigentlich ist selbst Putin für Köppel nur Staffage, es geht ihm schon mehr um sich: «Sein (Putins, Red.) Vortrag, mit dem er den Abend lanciert, in forschem, vorwärts drängendem Rhythmus geschäftsmässig abgelesen wie der Jahresrückblick eines internationalen Grosskonzerns, erinnert mich an ein Interview, das ich vor vielen Jahren mit Henry Kissinger in dessen Büro in Manhattan führen durfte.»

Das war ja auch ein Kriegsverbrecher, logisch, dass Köppel das einfällt.

Aber zurück zu Köppel, äh Putin. Den erlebt er hier ganz als Mensch: «Ist Putin ein Autokrat, ja, ein Diktator gar, wie bei uns ebenso unhinterfragt behauptet wird? An diesem Abend wirkt er nicht wie einer. Geduldig, höflich beantwortet er die Fragen.» Na dann, der Beweis: Putin ist kein Autokrat. Er verhält sich nur wie einer, läuft wie einer, herrscht über eine korrupte Oligarchie wie einer, trifft einsame Fehlentscheidungen wie einer, konnte von niemandem davon abgehalten werden, die grösste militärische Fehleinschätzung des 21. Jahrhunderts abzuliefern, was bei Autokraten halt üblich ist. Aber er ist keiner, meint Köppel,

Ergänzen wir den Homunculus noch mit dem Trump-Groupie Urs Gehriger. Der schwärmte schon mal von Melania Trumps wippendem Rock im Palast der absoluten Geschmacklosigkeit Mar-a-Lago. Nicht zuletzt deshalb darf er wieder dabeisein und aus der Kammerdienerperspektive die Mächtigen ehrfürchtig beobachten: «Donald Trump sitzt auf der Veranda seines Schlosses. Er hat eine schneeweisse Maga-Mütze auf, die ihm eine feierliche Aura verleiht. Neben ihm Elon Musk, ganz in Schwarz.»

Aber auch Gehriger geht es eigentlich in erster Linie um sich selbst: «Ich setze mich im Foyer auf einen Rokokostuhl mit Blick auf Palasteingang und Terrasse. … Eric, Donald Trumps Zweitgeborener, geht an mir vorbei, den Blick vergraben in sein Smartphone.» Wow, da wird Geschichte geschrieben, und Gehriger ist dabei.

Er gibt uns tiefe Einblicke, wie sie sonst niemand hat: «Ein Bote tritt an Trump heran. Der Präsident steht auf, breitet den Arm um den Emissär und gibt ihm mit seinem weiten Jackett Deckung wie Batman mit seinem Cape. Es ist einer jener intensiven Momente, die Trump-Vertraute die «New Yorker Minute» nennen.»

Aber auch er selbst wird beachtet: «Robert F. Kennedy Jr. tritt heraus. «Hey there», sagt er zu mir. Wir haben uns an der Wahlgala am Vorabend getroffen. Er reicht die Hand. «How are things?»» Wow, Kennedy spricht mit ihm.

Aber zurück zum Geschichtemachen und Zeuge sein: «Trump spricht am Telefon. Musk schaut ihm zu. Telefoniert er mit Selenskyj? Man hört es nicht.» Wow, Trump telefoniert, Musk hört zu. Der Mantel der Geschichte weht.

Aber auch Gehriger selbst macht Geschichte: ««Urs!», ruft eine vertraute Stimme. Es ist Edward McMullen, Trumps ehemaliger Botschafter in der Schweiz. Er möchte eine Grussbotschaft an die Schweiz richten.» Wow, und wer darf der Botschafter des Botschafters sein? Genau, Gehriger himself.

Er gönnt uns auch eine Blick in die Zukunft: «Trump wird seine Truppe nach dem Kriterium Loyalität zusammenstellen. Dann wird er loslegen, «mit Lichtgeschwindigkeit», wie eine ehemalige Trump-Beraterin erklärt.»

Wow, er hat mit einer ehemaligen Trump-Beraterin geredet. Einfach Wahnsinn, dieses Groupie.

Braucht’s bei diesen drei noch Kummer, Loser und die Frauen? Eigentlich nicht. Schon so angefüllt, wankt der Homunculus bedeutungsschwer vor dem Leser auf und ab – und bricht unter der eigenen Wichtigkeit zusammen, zerbröselt. Experiment der künstlichen Herstellung des idealen Journalisten gescheitert.

Die Phantom-Soldaten

Kämpfen Nordkoreaner an der Ukraine-Front?

Der US-Geheimdienst ist sich sicher: ja. Ukraines Präsident Selenskyi ist sich absolut sicher: ja. Der ukrainische Geheimdienst vermeldet sogar schon «erste Gefechte» zwischen Ukrainern und Nordkoreanern.

Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow (im Gegensatz zu seinem israelischen Kollegen immer noch im Amt) behauptet sogar, somit sei Nordkorea offiziell in den Krieg eingetreten. Und natürlich warnen der Noch-US-Aussenminister und der Noch-Bundeskanzler Scholz vor dieser «Eskalation». Der Noch-US-Verteidigungsminister will sogar «Beweise» für diese Präsenz haben, zeigt sie aber nicht.

Bei all dem Gedöns gibt es nur ein Problem: vielleicht mal ein Beleg, ein Beweis? Ein gefangener, ein toter nordkoreanischer Soldat? Ein einziger? Und zwar ein Kämpfer, dessen nordkoreanische Herkunft einwandfrei nachgewiesen werden kann, denn auch russische Soldaten können asiatische Gesichtszüge haben.

Es ist die Rede von geschätzt 11’000 nordkoreanischen Soldaten in Russland. Die entweder noch trainiert werden, oder bereits im Kampfeinsatz stehen. Es gibt sogar Vermutungen, was Russland dafür an Nordkorea alles liefert, neben Lebensmitteln.

Dass der russische Präsident die nordkoreanische Aussenministerin empfangen hat, wird als weiteres bedeutungsschweres Indiz herumgeboten.

Es ist nun, überschattet vom Wahlsieg Trumps, durchaus denkbar, dass der nordkoreanische Diktator mit der merkwürdigen Frisur und einem misslungen Diätplan seine Soldaten an Russland vermietet. Wieso auch nicht, private Sicherheitsfirmen wie Blackwater und andere aus den USA liefern auch Söldner an alle Welt, inklusive das US-Militär.

Wieso das eine bedenkliche Eskalation, gar ein Schritt näher zum Atomkrieg sein soll, wieso nun die NATO, wie Selenskyi fordert, endlich eigene Truppen in die Ukraine entsenden soll, wieso er endlich Langstreckenraketen bekommen sollte, um Ziele tief im Hinterland Russlands anzugreifen – das ist logisch nicht nachvollziehbar.

Die Story ist einfach zu gut, und die meinungsstarken, aber faktenschwachen westlichen Medien treten sie genüsslich breit.

Natürlich ist es durchaus denkbar, dass Nordkorea Soldaten zur Unterstützung der russischen Armee aufbietet. Alle Werweisereien, wieso das gar nicht sein könne, sind Unsinn.

Aber nur in Kriegszeiten ist es möglich, dass eine Phantom-Armee durch die Medien geistert, unscharfe Fotos von asiatisch aussehenden Soldaten herumgeboten werden. Ohne genaue Orts- oder Zeitangabe, belanglos, nicht beweiskräftig.

Aber macht sich jemand aus der Journaille die Mühe, mal der Quelle dieses Gerüchts nachzugehen? Kommt hier der berühmte «Faktencheck» zum Einsatz? Wird, banales Handwerk, verifiziert oder falsifiziert? Eingeordnet? Behauptung von belegbarem Fakt unterschieden?

Pustekuchen.

Aber wir können froh sein, dass die Journaille die nächsten Tage damit ausgelastet sein wird, den überwältigenden Sieg von Trump und seinen Republikanern zu bejammern. Wegzuerklären. Im Nachhinein recht zu haben, es schon immer gesagt zu haben (obwohl es kaum einer sagte).

Nicht ganz wie beim Duell Clinton – Trump, aber durchaus ähnlich haben weite Teile der Journaille mit allen Mitteln gegen Trump und für Harris geschrieben. Gewisse Journalisten sollten eine zweite Karriere als Gesundbeter in Betracht ziehen.

Allerdings: genutzt hat’s schon wieder nix. Statt endlich mal die USA und das Funktionieren von Wahlen dort zu erklären, muss die Journaille nun wieder sich selbst erklären. Wieso sie irgendwo doch recht hatten, obwohl sie wieder krachend daneben lagen.

Denn letztlich war es nicht einmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen, ein denkbar knappes Resultat, ein Wahlkrimi. Sondern Trump räumte souverän die nötigen Wahlmännerstimmen ab, die Republikaner gewannen sowohl im Repräsentantenhaus wie im Senat, womit Trump mit einer bequemen parlamentarischen Mehrheit regieren kann.

Aber so wie über die nordkoreanische Phantom-Armee schreibt die Journaille über eine Phantom-USA, einen Phantom-Trump, eine Phantom-Zukunft.

Statt mal über den gefährlichsten Mann der Welt zu schreiben. Nein, das ist nicht Kim der Dickere. Auch nicht Putin. Schon gar nicht Xi. Nicht mal Khomeini. Erst recht nicht jeder beliebige Führer von radikal-islamistischen Wahnsinnigen. Und keinesfalls Trump. Aber der gefährlichste Mann der Welt ist in dessen Nähe, hat im Gegensatz zu Trump wirklich Kohle und echt verrückte Ideen. Plus die Macht, sie auch umzusetzen.

Natürlich, die Rede ist von Elon Musk.

Elend in Zahlen

Kann man das Sumpfgebiet Journalismus ausmessen?

Schwierig, aber man kann’s versuchen. Indem man einfach gewisse Wörter in der Mediendatenbank sucht und ihre Häufigkeit feststellt. Nehmen wir als Beobachtungszeitraum ein Jahr.

Zunächst schauen wir mal auf den Bauchnabel. Das ist auch der Lieblingsblick der modernen Journaille. Nicht nur Ursina Haller, so viele, allzu viele Journalisten meinen, ihre Meinung sei dermassen rasend interessant, dass sie sie der Welt nicht vorenthalten können. Obwohl die Welt eine bessere wäre ohne. Oder auch nicht, aber auf jeden Fall ist es völlig überflüssig.

Dennoch kommen die beiden Formulierungen «meine Sicht» und «meine Meinung» in diesem Jahr insgesamt fast 90’000 mal vor. Natürlich können das auch Interviewpartner oder zitierte Protagonisten sagen. Also ziehen wir grosszügig zwei Drittel ab. Dann bleiben aber immer noch 30’000, also jeden Tag rund 80 mal.

Ganz in der Nähe liegt die Journalistenfloskel «wäre gut beraten». Diese Formulierung für einen Befehl hat sich aus dem Norden in die Schweiz geschlichen; natürlich verwenden die Schreiber der «Süddeutschen Zeitung» diese Sprachhülse gerne und häufig, wodurch es in Tamedia diffundiert. Über 1000 mal wurde das im letzten Jahr gebraucht.

Kommen wir gleich zum absoluten Kernbegriff im Journalismus, zum Wort «ich». Ganze 670’000 mal wurde das verwendet. Ziehen wir auch hier grosszügig zwei Drittel als Fremdgebrauch ab, bleiben dennoch rund 220’000 Ichs übrig. In seinem Schlepptau segelt das Wort «Befindlichkeit». Eigene oder fremde, 3268 mal wurde der Begriff gebraucht. Sicherlich meistens als Selbst-, nicht als Fremdbeschreibung.

Nun schauen wir mal, wie häufig in der Gesinngsblase gerne und zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verwendete Begriffe vorkommen. Spitzenreiter ist hier «Rassismus», fast 15’000 Verwendungen. Dicht gefolgt wird er von «Diskriminierung», knapp 13’000 mal. Abgeschlagen sind Sexismus (3316) und «faschistisch» (3300) auf den Plätzen.

Immerhin über 4000 mal wurde der Begriff «rechtsradikal» gebraucht. Sein Zwillingsbruder «linksradikal» dagegen nur 980 mal. Ähnlich verhält es sich auch mit «Rechtspopulist». Das Wort wurde 1617 mal verwendet, sein Pendant «Linkspopulist» hingegen nur schlappe 329 mal.

Man kann hier eine leichte Einseitigkeit konstatieren, eine Schlagseite. Dafür wurden die etwas dümmlichen Begriffe Framing und Narrativ erfunden. Das findet vor allem bei umstrittenen Persönlichkeiten seine Anwendung. Es ist eher selten, dass mit Donald Trump oder Wladimir Putin Adjektive wie nachdenklich, besonnen, fürsorglich, überlegen verwendet werden. Es ist eher häufig, dass mit beiden Wortfelder um Verbrecher, Irrer, unkontrolliert, widersprüchlich, brutal usw. verwendet werden.

Der Vorteil von Framing und Narrativen liegt auf der Hand. Sie sind selbstverstärkend; schreibt es einer, schreiben viele ihm ab. Sie erhöhen den Wiedererkennungswert. Zudem sparen sie viel überflüssige Denkarbeit. Wie verhält sich Putin? Klar, wie ein Verrückter, Krimineller; brutal, rücksichtslos, gefährlich. Das hat er mit Trump durchaus gemeinsam.

Wer sich hingegen in Worten wie besonnen, verständnisvoll, ausgleichend, staatsmännisch sonnen kann, gehört eindeutig zu den Guten und Netten.

All das drückt eine schreckliche Verarmung des Journalismus aus. Es ist tatsächlich verrückt. Gerade bei schrumpfenden Mannschaften wäre es doch so einfach, dass sich die überlebenden Redaktoren halt mit mehr Grips und Gedankenschläue dem Leser nähern. Der könnte dann sagen: okay, vom Umfang her nur noch die Hälfte wie früher, aber dafür ist der Inhalt viel konzentrierter und anspruchsvoller.

Aber in Wirklichkeit schmieren Losers, Hallers, Toblers, Häslers und Heerscharen mehr die Blätter voll. Egozentrisch, flach, unintelligent, unanimierend. Die dünnen Gedanken werden meist zudem mit rumpelnden Worten ausgedrückt, denn elegante Scheiber, die spritzig sind, den Leser zum Lachen und Nachdenken bringen, die sind noch an den Fingern einer Hand abzuzählen. Allerdings der Hand eines Metzgers oder Sägemeisters nach einigen Jahren Berufserfahrung, der ein paar Finger zum Opfer fielen.

Ist das die Schuld von Supino oder Walder? Oder vom Wannerclan, von den Lebruments? Zum Teil auch, denn wie heisst es so richtig: sind Würstchen an der Macht, wird der Senf rationiert.

Aber eigentlich hindert niemand die verbliebenen Schreibkräfte, interessant, animierend, mitreissend, leserfreundlich zu schreiben. Wieso tun sie’s dann nicht?

Leider liegt der Grund auf der Hand. Weil sie’s nicht können.

Stimme der Vernunft

Eingestanden: es tut manchmal einfach gut, die NZZ zu lesen.

Gleichzeitig ist es so verblüffend wie beelendend, wie viele Meinungsträger sich zum Dokumentarfilm «Russians at War» äussern, ohne ihn überhaupt gesehen zu haben. Mit dem hirnrissigen Argument: muss ich gar nicht, das ist von Moskau bezahlte prorussische Propaganda.

Andreas Scheiner von der NZZ hat den Film, der dem Zürcher Publikum vorenthalten wurde, offenbar gesehen. Und stellt ruhig ein paar Dinge richtig:

«Der Film, der mit französischem und kanadischem Geld entstanden ist, ist keine Putin-PR. Auch wenn die kanadischrussische Regisseurin, Anastasia Trofimowa, bis 2020 für den Propagandasender Russia Today gearbeitet hat. Für dessen Dokumentarfilm-Abteilung war sie als Kriegsreporterin in Kongo, im Irak und in Syrien. «Russians at War» zeigt nun Russlands Krieg. In all seiner unsäglichen Sinnlosigkeit. Der Film ist erschütternd. Nichts daran ist glamourös, von der Stimmungsmache einer Leni Riefenstahl ist Trofimowa weit entfernt. Als Rekrutierungsvideo taugt «Russians at War» schon gar nicht. Etliche der Protagonisten, denen man im Verlauf von 129 Minuten begegnet, sind am Ende verstümmelt oder tot.»

Damit erfüllt Scheiner schon mal die Grundvoraussetzung von seriösem Journalismus. Er schreibt über etwas, das er kennt. Er hat auch für alle Schreihälse mögliche Banal-Recherchen gemacht, wie die, mit welchen Geldern der Film finanziert wurde.

Auch der Frage, inwieweit das russische Militär informiert oder gar einverstanden war, weicht Scheiner nicht aus:

«Die Männer sind Kanonenfutter. Als sie an die Front gerufen werden, rückt Trofimowa mit ihnen vor. Laut eigener Aussage ist sie ohne Genehmigung unterwegs. Vor dem Krieg war die kanadischrussische Regisseurin auch für amerikanische Netzwerke tätig, belieferte diese teilweise mit regimekritischem Material. Wie man hört, ging sie dabei recht weit. Während manche Beobachter ihre Version anzweifeln, hält es ein Journalist, der ihr seinerzeit begegnet ist, für plausibel, dass sie sich ohne Bewilligung an die Front vorgewagt habe. Angeblich sieben Monate verbringt Anastasia Trofimowa im Gefecht. Vor allem mit einer kleinen Gruppe von Sanitätern scheint sie unterwegs gewesen zu sein. Unter ihnen auch zwei Frauen. Ihr Tun blieb vom Regime kaum unbeobachtet. Wer sich monatelang bei den Truppen aufhält, wird registriert. Aber womöglich stellten sich die Überwacher einen anderen Film vor. Trofimowa zeigt den Krieg ungeschönt. Militärisch machen die Russen einen schlampigen Eindruck, alles wirkt unübersichtlich, unkoordiniert

Nun können Schlaumeier natürlich behaupten, das bedeute, dass es sich hier um eine besonders raffinierte Form von subversiver russischer Propaganda handle. Aber natürlich spart Scheiner auch nicht an Kritik. Trofimova stelle den Krieg als fatalistisches Ereignis dar, an dem niemand Schuld trägt.

Scheiner bemüht sich unaufgeregt um eine gerechte Darstellung: «Aber Anastasia Trofimowa ist keine Putin-Versteherin. In Interviews hat die Regisseurin, die Russland nach dem Dreh verlassen hat, den Krieg klar verurteilt. Auch an den russischen Kriegsverbrechen hegt sie keine Zweifel. Sie sieht sich als Anti-Kriegs-Reporterin. Ihr Anliegen ist es, zu zeigen, dass Krieg überall Verheerung anrichtet. Dass auch russische Soldaten Menschen, mehr noch: Opfer sind. Daran ist nichts falsch.»

Soweit eine aus all dem Schweigen und Geheule herausragende Einordnung. Aber auch mit dem Zurich Zensur Festival geht Scheiner kritisch um, wobei er einleitend erwähnt, dass es der NZZ gehört, aber völlig unabhängig von ihr operiert. Könnte man sich vorstellen, dass Tamedia, CH Media oder Ringier so mit einem eigenen Anlass umgingen?

«Bei aller Sympathie für das kriegsversehrte Land: Wenn es zutrifft, dass von ukrainischen Akteuren eine Schweizer Kulturveranstaltung mit Gewaltandrohungen gegängelt wurde, muss das diskutiert werden. Dann muss sich auch das Zurich Film Festival, das sich gerne als Hüterin gegen die Cancel-Culture bezeichnet (Polanski, Winnetou), wehren. Vielleicht wäre das Beste, was dem Festival jetzt passieren könnte, ein mutiger Jury-Entscheid.»

Zu diesem mutigen Entscheid (der Artikel wurde am Tag vor den Preisverleihungen publiziert) kam es dann nicht, der Dokumentarfilm, obwohl im Wettbewerb, erhielt keine Auszeichnung.

Aber dieser Artikel verdient Lob und Auszeichnung. Er verkörpert all das, was die NZZ nicht mehr immer, aber immer noch oft genug von allen anderen deutschsprachigen Organen unterscheidet. Der Autor weiss, worüber er schreibt. Der Autor wägt ab und schildert, ohne zu verurteilen. Wenn er urteilt, tut er das fundiert und faktenbasiert. Und schliesslich tut er all das ohne Rücksicht auf Verluste, denn dem Festival-Chef Christian Jungen dürfte dieser Artikel im Organ des Besitzers des Festivals überhaupt nicht gefallen haben. Vor allem, da die übrigen Medien den Zensurskandal totschweigen.

Also tut ZACKBUM ausdrücklich, was wir vielleicht zu selten tun: Applaus, Chapeau, anerkennendes Kopfwackeln und Note sechs.

Peinlich, peinlicher, Medien

35 Meldungen zum feigen Rückzieher des Zurich Film Festival. Darunter eine kritische von ZACKBUM.

Das Medienarchiv SMD weist seit gestern 35 Treffer für die Stichworte ZFF und Dokumentarfilm auf. Die Medien sind ihrer Berichterstatterpflicht nachgekommen. Sie haben vermeldet, dass Festival-Direktor Christian Jungen eine Kehrtwende hingelegt hat.

«Weil das Leben besser mit Filmen ist». Reine Realsatire.

Der Mann trägt den Smoking gut und kann verbindlich auf dem grünen Teppich in die Kameras grinsen. Hinter dieser Fassade verbirgt sich aber ein feiger Wackelpudding, der vor dem Gegröle des Pöbels von nah und fern einknickt. Alleine die ungehörige und rüppelige Intervention der ukrainischen Regierung hätte dazu führen müssen, dass man diesen Zensoren ein kräftiges «nicht bei uns» entgegen hielte.

Aber doch nicht das Film Festival. Gegen diese massive Zensur hätte selbstverständlich auch die Stadtregierung, die Kantonsregierung, die Landesregierung protestieren müssen. Und sich diese unerhörte Einmischung in innere Angelegenheit und die Freiheit der Kunst verbitten sollen. Wo kämen wir hin, wenn in der Schweiz ukrainische Zustände der Zensur und Unterdrückung herrschen würden. Wo bleibt der Respekt gegenüber einem Land, das Zehntausende von kriegsunwilligen Ukrainern mit Sonderstatus aufnimmt und mit Hunderten von Millionen Franken Steuergeldern durchfüttert.

Das alles hätte man tun können. Das alles hätten die Qualitätsmedien der Schweiz vielleicht erwähnen können. Aber mutig sind deren Journalisten nur, wenn es darum geht, Fernes zu kritisieren. Putin, Trump, Maduro, Kim der Dickere, da kann die Journaille Dampf ablassen, billig herumkrakeelen.

Finden Massaker und Tragödien in der falschen Weltgegend und mit Menschen der falschen Hautfarbe statt, bleiben sie ebenfalls stumm. Myanmar, Sudan, Äthiopien, Eritrea: scheiss drauf. Schlägt aber in der Ukraine eine russische Rakete ein, wird grosses Geschrei erhoben. Schlägt in Russland eine ukrainische aus europäischer Produktion ein, eher nicht.

Aber nun passiert in Velodistanz der Redaktionen von «Blick», NZZ und Tamedia etwas Ungeheuerliches. Ein feiger Festivaldirektor nimmt die Sicherheit des Anlasses zum billigen Vorwand, um Zensurrüpeln nachzugeben.

Ein ungeheuerlicher Vorgang. Lediglich die NZZ, obwohl Veranstalter und Besitzer, wagt ein kritisches Wort, was ihr hoch anzurechnen ist. Und die übrigen Medien? Gebührensender SRF? Sendepause. Tamedia, «Blick», CH Media: möglichst neutrale Meldungen. Alle sonst so meinungsstarken Kommentatoren sind verstummt. Oder überlassen krakeeligen Kommentatoren den Raum, die sich öffentlich zum Deppen machen, indem sie einen Dokumentarfilm als russische Propaganda beschimpfen, den sie nicht einmal gesehen haben.

Russische Soldaten sind nicht generell Kriegsverbrecher, Vergewaltiger, Kriminelle, Tiere, Untermenschen? Keine seelenlose Mordmaschinen, wie sie schon von der Nazi-Propaganda dargestellt wurden? Der Iwan gegen den aufrechten Freiheitskämpfer aus der Ukraine, dessen angebräunte Seele und Verehrung für den Faschisten, Antisemiten und Kriegsverbrecher Stefan Bandera lieber verschwiegen wird. Genau wie die Massaker von Wolhynien und Ostgalizien mit wohl 100’000 von ukrainischen Nationalisten ermordeten Polen. Ist das wirklich unser Schwarzweissbild, mit dem wir russische Propaganda und Zensur kritisieren wollen?

Nein, da gilt kein «die auch, wieso dann wir nicht». Aber Kritik an anderen und an Zensur und an Lügen ist nur dann glaubwürdig, wenn sie keine grossen blinden Flecken aufweist.

Angenommen, am Moskauer Filmfestival wäre die Doku «Russians at War» zuerst angekündigt, dann gecancelt worden. Man sähe die Halszäpfchen der Kommentatoren. Typisch. Putin. Zensur. Die armen Russen. Verblendet und einseitig informiert. Denen fehlt halt unsere westliche Meinungsfreiheit.

Welch elende Heuchelei der Mainstream-Medien. ZACKBUM wiederholt sich. Die schaufeln sich nicht in erster Linie das Grab, indem sie das Skelettieren als Weichenstellung zum Qualitätsjournalismus schönschwatzen. Sondern durch ihre abgründige Heuchelei und feige Doppelmoral.

Ich sage nicht, Sie sind ein Arschloch

Einer der ältesten demagogischen Tricks, immer wieder gerne verwendet.

Der «Stellvertretende Chefredaktor SonntagsBlick», das Ein-Mann-Recherchierteam Fabian Eberhard hat wieder zugeschlagen. Das ist der Crack, der nicht einmal die Büroräumlichkeiten des Internetradios Kontrafunk fand und daraus eine Enthüllungsstory bastelte.

Jetzt hat er neuen Heuler. Dem bayerischen Verfassungsschutz sei es gelungen, «neue Erkenntnisse über die Vorgehensweise von Putins Online-Armee zu gewinnen». Die benutzen nämlich fies westliche Medien für ihr übles Geschäft:

«Der Bericht, den der Verfassungsschutz kürzlich auf seiner Internetplattform aufschaltete, nennt mehrere Medien namentlich. Neben rechtsextremen Seiten und Blogs aus dem Verschwörermilieu gehören auch die «Berliner Zeitung» und die Schweizer «Weltwoche» dazu

Dazu sammelt Eberhard fleissig weitere «Beweise»:

«Tatsächlich verbreitet das Blatt von Roger Köppel seit Russlands Angriff auf die Ukraine immer wieder plumpe Putin-Propaganda. Vor etwas mehr als einem Jahr besuchte der ehemalige SVP-Nationalrat Moskau und traf dort Wladimir Solowjow, den Chefhetzer des russischen Machthabers, der eine Atombombe auf London werfen will, der Schweiz mit Invasion droht – und dafür mit Sanktionen belegt wurde. Köppel aber schwärmte: Solowjow sei «blitzgescheit», «lustig», «Russlands Woody Allen». Im vergangenen Juli war der «Weltwoche»-Chef schliesslich im Kreml selbst zu Gast – als Hofjournalist des ungarischen Autokraten Viktor Orban.»

Also, die Sachlage ist sozusagen erstellt. Was beim Leser bleibt, ist: Putins Internet-Trolle, Missbrauch westlicher Medien, dabei ragt allerdings eines besonders heraus, das auch höchstselbst den Propagandadienst für Putin (und Orban) verrichtet.

Das dementiert – logisch – Chefredaktor Köppel und weist darauf hin, dass auch die «Weltwoche» wie alle anderen Organe, nicht dafür verantwortlich gemacht werden könne, wer wie ihre Inhalte verbreite.

Da nicht nur die WeWo ziemlich angefasst auf diese Unterstellungen einer deutschen Staatsbehörde reagierte, legt sich der SoBli-Mann schon mal selbst in die Kurve:

«In der Tat ist das Vorgehen der bayerischen Staatsschützer heikel. Sie bringen die «Weltwoche» direkt mit Moskaus Propaganda-Operation in Verbindung, obwohl Köppel und seine Mannschaft kaum einen Einfluss darauf haben, welche Artikel die russischen Trollfabriken verbreiten.» Kaum?

Und am Schluss zitiert Eberhard dann eine «überarbeitete Version» dieses Berichts: «Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz unterstellt explizit nicht, dass die Verantwortlichen der hier aufgelisteten Webseiten russische Propaganda verbreiten oder in Kenntnis darüber sind beziehungsweise es gutheissen, dass ihre Inhalte im Rahmen der Kampagne weiterverbreitet werden.»

Daher lautet dann der vollständige Aufmacher:

Also, die Schlagzeile lärmt: «Russland nutzt «Weltwoche» für Propaganda-Operation». Im Kleingedruckten heisst es dann, «Der Bayerische Verfassungsschutz stellte die Zeitung deshalb an den Pranger – nun muss er zurückkrebsen».

Das ist die demagogisch leicht abgenutzte Anwendung des alten Tricks: Ich sage ausdrücklich nicht, dass Sie ein Arschloch sind. Trotz der gegenteiligen Aussage bleibt natürlich das Wort Arschloch haften, und genau das ist die Absicht.

Man kann nun von Köppels Fehlanalysen der Weltlage halten, was man will. Im Gegensatz zu vielen Schreibtischgenerälen kommt er immerhin etwas in der Welt herum und schaut vor Ort nach. Wie selektiv seine Sicht dabei auch sein mag, sie entspricht einem längst vergessenen journalistischen Prinzip: hingehen, anschauen, aufschreiben. Aber seit Egon Erwin Kisch ist diese Methode genauso in Vergessenheit geraten wie dieser grosse Reporter.

Stattdessen nun Schreibtisch-Heros, die schon bei Ausflügen in die nähere Umgebung ins Hyperventilieren geraten.

Dann machen wir’s doch auch so: ZACKBUM sagt ausdrücklich nicht, dass Eberhard die Karikatur eines Reporters und ein Vollpfosten ist. Niemals nicht.

«Weltwoche» eiert

In den Seilen hängend, wuschig, schlecht gelaunt.

So kann’s gehen. In der heilen Werbewelt preist sich die «Weltwoche» als «unabhängig, kritisch, gut gelaunt» an. Dabei greift sie in die Harfe: «Oberstes Ziel der Weltwoche bleibt es, die Intelligenz ihrer Leserinnen und Leser anzusprechen mit möglichst brillant geschriebenen Artikeln.»

So viel zur Theorie. Die die WeWo durchaus immer wieder und häufiger als die Mainstream-Medien einlöst. Ausser, es geht um Russland. Oder China. Oder das Christentum. Oder Sanija Ameti.

Angesichts eher beschränkten Platzes ist auch Auswahl und Gewichtung ein Thema. Da gibt es aktuell wichtige und unwichtige Ereignisse. Ein wichtiges ist zum Beispiel, dass der russische Präsident Putin die mögliche Lieferung von Mittelstreckenraketen an die Ukraine als direkte Kriegshandlung der NATO gegen sein Land bezeichnet.

Und selbst die Kriegsgurgeln von der «Süddeutschen Zeitung» einen Moment innehalten, ob eine solche Eskalation eine gute Idee wäre oder uns einem Atomkrieg einen guten Schritt näher brächte.

Wenn aber die Titelstory lautet «Free Sanija Ameti» und von Daniel Ryser geschrieben wird, dann ist ein seltener Tiefpunkt höheren Schwachsinns erreicht. Wäre das Cover der aktuellen Ausgabe eine Referenz an «Titanic», das grossartige Satiremagazin, könnte man es noch knapp goutieren. Aber ein Wendehals, der wegen unmöglichen Verhaltens gefeuert wurde, schreibt über eine dummdreiste Provokateurin, die wegen unmöglichen Verhaltens gefeuert wurde? In einem Organ, das er noch kurz zuvor als Hort von Verschwörungstheoretikern, angeführt von einem Jünger Bannons, beschimpfte?

Und ist jemand, der für eine sich in aller herrlichen Freiheit befindende Person «Befreiung» fordert, noch ganz dicht? Ist ein Organ ganz dicht, das das zur Titelgeschichte macht? Damit insinuiert, Ameti sitze im Knast, sei politische Gefangene, müsse befreit werden, so à la Julian Assange? Wie bescheuert ist das denn?

Nebenbei: «Swatch ist unterbewertet», das zeugt wieder einmal von der grossen Wirtschaftskompetenz des Blatts. Sollte eigentlich schadenersatzpflichtig sein, so ein Unsinn.

Da ist das Wort Realsatire zu schwach dafür. Und abgesehen davon: seit dieser Swiss Miniature erschütternde Skandal ausbrach, also seit knapp einer Woche, hat die WeWo sagenhafte 18 Artikel auf dieses Null-Thema verbraten. Dabei hat sie eine Pirouette gedreht, bei der sie auf allzu dünnem Eis einbrach. Zuerst durften Christoph Mörgeli und Philipp Gut zubeissen. Dann bekamen sie einen Maulkorb, und Roger Köppel himself forderte «Gerechtigkeit für Sanija Ameti», obwohl er sich in seinen religiösen Gefühlen durchaus verletzt sah.

Dann griffen alle engelsgleich in die Harfe. Ein selten sanfter Mörgeli forderte «Milde» ein. Köppel gar «Gerechtigkeit». Alex Baur sprach sich gegen Männerfantasien aus: «Finger weg von Ameti».

Und dann die nächste Volte: «Opfer Ameti? Nach der Empörung nehmen die Medien Sanija Ameti allmählich wieder in Schutz. Bei allem Verständnis sollte man nicht vergessen, dass sie symbolisch auf das Fundament unserer Werte geschossen – und die Affäre selbst losgetreten hat».

Ist halt schon blöd, wenn man aus Prinzip immer gegen den Strom schwimmen will – und der Strom ständig seine Richtung ändert. Sie habe das alles selber losgetreten, schimpft Hubert Mooser, ganz ohne Milde oder christliche Nächstenliebe.

Ist das ein Thema, das der WeWo-Leser dermassen ausführlich ventiliert sehen möchte? Als Titelgeschichte? Aufregung um ein Politik-Pin-up-Girl? Die Berichterstattung über dies Bachelorette der Politik zieht sich selbst auf ihr Niveau herab.

Dagegen kann man nichts machen. Das widerfährt Kritikern, Bewunderern, Fans, Verteidigern und der überwältigenden Mehrheit, die überzeugt ist, dass der Primitiv-Provokateurin recht geschah. Die jetzt noch ihre letzte Karte ausspielt: das Drücken auf die Tränendrüse, die Mitleidsnummer. Frau mit Migrationshintergrund, gelegentlich Muslima, lasziv, posierend, immer eine vorbereitete Rempelei auf Lager. Aber sonst nichts. Und nun gehe es ihr ganz schlecht, wisse sie nicht, wie lange sie das noch aushalte. Und dann?

Aktion und Reaktion sind inzwischen gleichermassen widerlich geworden. Daher stellt ZACKBUM hiermit die Berichterstattung über dieses Sumpfgebiet ein. Und befreit sich selbst von Ameti, Rysers und allen anderem Gesocks.