Sittenverluderung

Darf man (mutmassliche) Massenmörder foltern?

Es gibt Verbrechen, bei denen die Volksseele hochkocht. Kinderschänder, Mörder, die ihr Opfer bestialisch quälen. Vollwahnsinnige wie Anders Breivik, der kaltblütig herumspazierte und junge Menschen abknallte. Überhaupt fundamentalistische Wahnsinnige, die immer wieder abscheuliche Taten begehen. Die unschuldige Zivilisten treffen, darunter auch Frauen und Kinder. Verabscheuungswürdig, widerlich, ekelerregend.

Da ist man schnell mit scharfen Worten zur Hand. Kopf, bzw. Schwanz ab. Kurzer Prozess. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Soll mindestens so leiden wie das oder die Opfer. Eine Zelle ist zu schade für den. Überlasst den nur mal für fünf Minuten mir. Wieso gibt es keine Todesstrafe mehr.

Und so weiter.

Nun tut beispielsweise Tamedia sehr gschamig: «Die Redaktion verzichtet auf detaillierte Bilder, welche die offenbar gefolterten Männer zeigen.»

Der «Blick» ist auch leicht derangiert, verbirgt das aber schamvoll hinter der Bezahlschranke:

 

Das Ex-Boulevardblatt bringt zwar das gleiche Foto von einem der mutmasslichen Täter, deckt ihn aber mit einem schwarzen Balken ab. Unschuldsvermutung, you know.

CH Media und die NZZ verzichten darauf, das geschundene Gesicht zu zeigen.

Da erheben sich einige Fragen. Ist die Reaktion: recht geschieht’s ihm, angebracht? Darf ein Staat, der sich etwas darauf einbildet, ein zivilisierter Rechtsstaat zu sein, foltern?

Natürlich ist die Antwort nein. In Deutschland gab es einmal die Situation, dass ein Entführer von der Polizei gefasst wurde. Sein Opfer drohte im von ihm gebauten Versteck zu ersticken, der Täter wollte aber den Standort nicht bekanntgeben. Da drohte ihm ein Vernehmungsbeamter körperliche Gewalt an.

Die USA lassen foltern oder betreiben Knäste wie Guantánamo auf Kuba; ein rechtsfreier Raum, der im Übrigen gegen den erklärten Willen der kubanischen Regierung existiert. Natürlich wird in vielen Ländern der Welt Folter angewendet. Legal, illegal, scheissegal.

Vielleicht hilft eine Erinnerung an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte:

«Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.»

Pipifax, kommt darauf an, im Prinzip ja, aber …?

Nein, es kommt nicht darauf an. Jeder Staat, seien das die USA oder sei das Russland (oder die Ukraine), der sich solcher Methoden bedient, hat sich verächtlich gemacht.

Kommt auch nicht mehr darauf an? Eben doch; solche Themen und Fragen sind tausendmal wichtiger als alles Geblödel über Gendern oder den angeblich korrekten Gebrauch der deutschen Sprache.

Aber hiergegen protestieren, das braucht eben ein Mü mehr Hirnschmalz als ein Gendersternchen einzufordern.

10 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Absolut richtig. Wer sich nicht an die Menschrechte hält, ist kein Rechtstaat und schon gar keine liberale Demokratie. Das gilt für alle Staaten in denen das Gewaltsmonopol missbraucht wird, auch in der Schweiz z.B. während der Plandemie.

    Aber wir als Bürger müssen realisitsch bleiben und das Gewaltsmonopol als das sehen, zu was es geworden ist, nämlich zu einem Instrument der Repression. Ich fühle mich nicht beschützt durch das Gewaltsmonopol, eher sehe ich durch dieses unsere persönliche verfassungsmässig garantierte Freiheit bedroht. Ich nenne das eine Autoimmunkrankeit der Demokratie. Man darf ja alles sagen, solange man mit den Konsequenzen umgehen kann.

    Seit einiger Zeit sehe ich autokratische Staaten daher in einem etwas anderen Licht, ich möchte fast sagen, da weiss man wenigstens, was man hat resp. was man nicht hat.

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      • Peter Bitterli
        Peter Bitterli sagte:

        Wenn man die Falle auch sperrangelweit offenstehen lassen kann, braucht man sie ja nicht mehr zu kaschieren. Man kann umso besser zeigen, wer sich drin gefangen hat. Genauso wie man Prügelspuren nicht versteckt, wenn das zu Demonstrationszwecken dient.

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