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Filzball-Mopser

Blütenlese der Schweizer Qualitätsmedien.

Das Thema ist weltbewegend. Darf ein Tennisspieler nach Australien einreisen oder nicht? Hat er alle Bedingungen dafür erfüllt – oder ist er ein arroganter Sack, der meint, wenn die Nummer eins des Tennis kommt, dann winke man ihn einfach durch?

Als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, haben sich die Schweizer Qualitätsmedien darauf gestürzt. Über 1200 Treffer für den Namen Djokovic in den letzten Tagen.

Dabei haben sich die drei grossen Medienclans schlichtweg blamiert. Die Fachkoryphäen des Filzballs, die Spezialisten für Serbien und Serben waren sich einig: Der Mann rennt in ein «Fiasko» (SoZ). Er spielt «Russisches Roulett» (CH Media). Die «Chefredaktorin Sport» des «Blick» wusste: «Die Pointe in der Aussie-Open-Geschichte ist, dass Djokovic am Flughafen festsass und offenbar das Land wieder verlassen muss.» Nun rettet Steffi Buchli nur ein vorsichtiges «offenbar» vor der völligen Peinlichkeit.

Garniert wurde die objektive und nur der Wahrheit verpflichtete Berichterstattung mit demagogischen Fotos und der ganzen Latte von Vorurteilen, die man gegen Serben im Allgemeinen und Djokovic im Speziellen auffahren kann.

Gewichtung, Ausgewogenheit, Fachkompetenz, sorgfältige Abklärung der Hintergründe? Hinweis darauf, dass es insgesamt 26 Anträge auf Ausnahmebewilligungen für die Turnierteilnahme gab, die grösstenteils auch zur Einreise führten?

«Und täglich grüsst der Drama-King», verballhornte die «Blick»-Fachkraft den Titel eines schönen Films, der das nicht verdient hätte.

Ein Vollpfosten aus dem Hause Tamedia sah schon den «tiefen Fall eines grandiosen Tennisspielers» voraus, eines «Schwurblers» auch, der eine «grosse Narrenfreiheit» geniesse. Und die Serben? «Wer in diesen Tagen die serbische Krawallpresse liest, der wähnt sich kurz vor einem Weltkrieg.»

Typisch für diese -itsch. Unzivilisiert, aggressiv, grössenwahnsinnig, gefährlich halt.

Nun ist ZACKBUM  kein grosser Fan der Fähigkeit, einen Filzball so über ein Netz zu dreschen, dass er anschliessend wieder rechtzeitig runterkommt. Auch das Dreigestirn Federer, Nadal und Djokovic lässt uns ehrlich gesagt kalt.

Aber an diesem Beispiel wird wieder etwas schmerzlich bewusst: wer so berichtet, kann nicht im Ernst behaupten, Qualität abzuliefern. Wer so berichtet, kann nicht im Ernst begründen, wieso seine Tätigkeit mit einer weiteren Steuermilliarde unterstützt werden sollte.

Wer dermassen den Ball ins Aus geschlagen hat, schlichtweg mit Analyse, Prognose und Darstellung kreuzfalsch lag, könnte einfach mal kurz schweigen oder – das aber niemals! – einräumen, schwer danebengelegen zu haben.

Aber wenn die Realität, dieser Schlingel, sich nicht so benimmt, wie sie der Journalist gerne sähe – Pech für die Realität. Wie kommentiert ein weiterhin hyperventilierender Tamedia-Qualitätsjournalist das Urteil eines australischen Richters? «Wie ein Schlag ins Gesicht.» Von wem? Na, vom betroffenen Journi natürlich, von wem sonst. Das tut aber ein australischer Richter nicht ungestraft:

«Der Weltranglistenerste ist zum Symbol der Egozentrik, der Uneinsichtigkeit, der Ungleichheit und zu einem weltweiten Anführer der Impfgegner geworden.»

Aber nein, Tamedias René Stauffer ist ein Symbol der Uneinsichtigkeit geworden, nur interessiert das die Welt glücklicherweise nicht sehr. Während sein Kollege dank der dortigen Medien Serbien am Rande des Weltkriegs sieht, prognostiziert Stauffer nun, dass das Urteil «brandgefährlich für Melbourne und Australien» sei. «In der Stadt drohen nun Tumulte … Sollte er tatsächlich als Spieler in die Rod Laver Arena schreiten, ist ein Aufruhr garantiert.»

Statt Serbien am Rande des Weltkriegs nun Australien am Rande des Bürgerkriegs. Huch.

Und sollte das nicht passieren, ist Stauffer einfach nochmal stinkbeleidigt und muss ganz fest mit der Wirklichkeit schimpfen.

Zum Üben gibt es im Tennis Ballmaschinen. Die spucken eine Filzkugel nach der anderen aus, bis das Reservoir leer ist. Wir empfehlen für die drei Redaktionen eine Anschaffung. Besonders überzeugt hat uns dieses Modell, denn ein «eingebauter Sensor stoppt den Ballwurf sofort»:

Sportredaktor (Ersatzmodell).

So wie ein eingebauter Sensor die nun wie begossene Pudel dastehende Rechthaber und Besserwisser in drei Schweizer Qualitätsmedien zum Nachmopsen und anschliessendem Verstummen gebracht hat.

Omikron oder Djokovic?

Schweizer Qualitätsmedien sind sich unsicher, was den Fortbestand der Menschheit mehr gefährdet.

Jeder einigermassen begabte Redner weiss: auf den Zehenspitzen stehen und mit voller Stimmkraft krähen, dass man das Halszäpfchen sieht – das ist nicht mehr steigerbar. Also tunlichst zu vermeiden.

Nun haben aber diverse Qualitätsmedien genau diesen Fehler begangen. Sowohl gegenüber der Omikron-Wand wie gegenüber dem schrecklichen Serben.

Omikron, ansteckend wie die Dummheit. Könnte die ganze Gesellschaft lahmlegen. Das Gesundheitssystem nun endgültig ins Chaos stürzen. Triage, verzweifelte Patienten, Bewaffnete müssen die Türen der IPS bewachen, wir taumeln in den Voll-Lockdown.

Die Wirtschaft steht still, zu viele Arbeitskräfte fehlen. Man erinnert sich? Nun, in Zürich fährt Tram 15 zurzeit nicht. Die grosse Corona-Kreische Marc Brupbacher wiederholt fassungslos: «Weiterhin ist eine Entkoppelung von Fällen und Hospitalisationen zu sehen.» Auf Deutsch: Er lag mit seinem Unkenrufen (Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung?) vor Weihnachten mal wieder komplett daneben.

Dann hätten wir noch den Superspreader Novak Djokovic. «Blick» erschauert:

Nur knapp entging der französische Kollege dem Schlimmsten. Denn der Serbe mit dem stechenden Blick liess sich von ihm interviewen. Und von einem Fotografen auch noch fotografieren. Das ohne Maske! Allerdings: als er gebeten wurde, während des Interviews die Maske abzunehmen, lehnte er das ab.

Warum? Weil er wusste, dass er positiv getestet worden war. Ein Skandal. Harmlose Sportjournalisten dem Todeshauch ausgesetzt. Wahnsinn. Aber wir können aufatmen. Der Journalist liess sich später selber testen: negativ.

Wenn Wünschen helfen könnte: können wir nicht endlich mal mit solchem Unsinn aufhören? Gibt es nichts Wichtigeres mehr auf der Welt? Ukraine? Taiwan? NATO-Osterweiterung? Folgekosten von Corona? Selbst Myanmar? Äthiopien? Drogenkrieg? Oder sogar: Wie wird das Wetter am Wochenende?

Punkt, Satz, Sieg

ZACKBUM wird noch zum NZZ-Groupie. Aber nur punktuell.

Bei all den Ausflügen in tiefste Niederungen des Kampagnenjournalismus tut eine Stimme der Vernunft einfach gut.

In der Affäre Djokovic – darf ein Tennisspieler in Australien Tennis spielen – haben sich die drei Schweizer Medienkonzerne Tamedia, CH Media und Ringier bis auf die Knochen blamiert.

Sie haben diese nebensächliche Story zu einem Grosskampf über Impfschwurbler, arrogante Serben und Grössenwahn aufgeblasen. Sie haben alle niederen Instinkte bedient und mit Fotos gearbeitet, wegen deren demagogischen Gehalt sie man den Bildredaktoren um die Ohren hauen sollte.

Dass ein paar Amoks – auch aus niederen persönlichen Gründen – voll auf die Kacke hauten, ist nicht mal das Problem. Sondern dass das alle Kontrollinstanzen durchlief – ohne Einspruch.

Vor diesem Hintergrund ist es beruhigend, dass ein Kommentator in der NZZ noch Mass und Mitte kennt. Nachdem wir uns schon beim grossen Vorsitzenden Eric Gujer rangeworfen haben, wollen wir auch hier ein paar Kernsätze unkommentiert zitieren, weil die einfach nicht nur elegant formuliert, inhaltlich richtig, sondern auch wohltuend unaufgeregt sind.

«Man kann von Novak Djokovic halten, was man will. Man kann seine Weigerung, sich impfen zu lassen, für sein gutes Recht sehen oder als Dummheit. Man darf sich zurecht fragen, warum so ein Aufsehen gemacht wird um einen Typen, der sich allein dadurch auszeichnet, dass er gelbe Bälle besser über ein Netz schlägt als andere Menschen.»

«Es geht darum, dass es eine australische Ausnahmeregelung gibt, laut der ungeimpfte Spieler ans Tournier nach Melbourne reisen können. Novak Djokovic ist ungeimpft. Aber Djokovic hat die Ausnahmebedingungen erfüllt – das haben zwei unabhängige Kommissionen befunden.»

«Als die Grenzschutzbehörden Djokovics Visum annullierten und ihn in Auslieferungshaft steckten, twitterte Premierminister Scott Morrison: «Regeln sind Regeln – vor allem, wenn es um unsere Grenzen geht. Niemand steht über diesen Regeln.» Das war billigster Populismus.»

«Für die brusttrommelnden Politiker heisst das: «Gesteht euch ein, dass ihr euch verschätzt habt.»

Ihnen bleibt nur, das Australien Open am Fernseher zu schauen – und ganz fest zu hoffen, dass Djokovic das Tournier nicht auch noch gewinnt. Sonst haben sie neben dem Schaden auch noch den Spott.»

Um es im Tamedia-Jargon verständlich für die übrigen Journalisten auszudrücken: diese Sätze sind Schläge ins Gesicht dieser Schreibnulpen.

 

 

Eine Portion Geeiertes

Die Zahl der wegen Corona Hospitalisierten ist Fake News. Es darf geeiert werden.

Es gibt zwei unbestreitbare Tatsachen. Die Zahl der wegen Corona Hospitalisierten sinkt. Die Zahl der wegen Corona Hospitalisierten ist falsch.

Da nicht zwischen «wegen» und «mit» unterschieden werden kann, ist rund die Hälfte aller als Covid-19-Fälle ausgewiesenen Spitaleintritte auf andere Ursachen zurückzuführen. Beinbruch, Herzinfarkt, Altersgebrechlichkeit, was auch immer.

Nur: wenn beim Eintritt oder gar nachher der Patient positiv getestet wird, gilt er statistisch als Corona-Fall.

Wir spielen wieder den Corona-Blues …

Das hat das Bundesamt für Statistik klargemacht und transparent kommuniziert. Nur: kein Schwein hat geschaut (ausser ZACKBUM). Nun hat der «Blick» verdienstvollerweise das Thema aufgegriffen und mit eigenen Recherchen ergänzt. Zum Beispiel die Kantonssspitäler Genf oder Zürich räumen ein, dass rund 50 Prozent ihrer Corona-Fälle aus anderen Gründen stationär behandelt werden.

Das ist ziemlich peinlich, weil die mögliche Überlastung der Spitäler immer als wichtigster Grund für alle, restlos alle Massnahmen, Restriktionen, Einschränkungen Lockdowns, Quarantänebestimmungen usw. verwendet wird.

Das trifft vor allem die Corona-Kreischen in den Medien hart. Entweder konstatieren sie fassungslos: «In der CH ist eine starke Entkopplung der Fallzahlen von den Hospitalisierungen zu beobachten» (Marc Brupbacher), bleiben aber ansonsten stumm. Oder, man setzt zum üblichen Geschwurbel an.

Der «Blick» fällt für einmal als regierungstreues Applausorgan aus. Das ist wohl der speziellen Konstellation zu verdanken, dass der Ringier-CEO Marc Walder etwas ins Feuer geriet, weil er das Offenkundige vor laufender Kamera aussprach: auf seine Intitiative hin werde bei Ringier weltweit die Regierungspolitik gegen die Pandemie unterstützt.

Fällt ein Mainstream-Medium aus, es hat noch zwei

Aber wir haben ja noch Tamedia und CH Media.

Der Wanner-Clan wirft gleich vier Redaktoren in die Schlacht, um kleinzuschreiben, dass trotz allen Unkenrufen die Hospitalisierungen sinken, die ausgewiesenen Zahlen falsch sind.

Zunächst darf der «Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital Aarau» verwedeln: «Die Trennung der Fälle ist nicht so einfach.» Die Medizin, so schaut’s aus, steht offenbar noch ganz am Anfang in der Erkenntnis, so ungefähr im Mittelalter.

Dann dürfen Politiker «irritiert reagieren». Vor einer Beschädigung der Glaubwürdigkeit warnen oder ein «Datenproblem beim BAG» sehen. Schliesslich müsse man bedenken: «Auch mittelschwere Fälle können das Gesundheitswesen überfordern, wenn sie in zu grosser Zahl vorkommen», warne der Infektiologe.

Prognosen für den Papierkorb, die wichtigste Zahl für die Begründung aller Massnahmen dramatisch falsch? Na und, meint CH Media.

Tamedia versucht’s mit einer einzigen Fachkraft

Auch Tamedia muss sich zum Thema äussern. Hier wird ein einziger Redaktor in die Schlacht geworfen. Luca de Carli ist (noch) stellvertretender Ressorleiter Inland beim «Bund». Oder bei der «Berner Zeitung». Oder bei Tamedia. Das weiss man heute alles nicht mehr so genau. Noch weniger, wie lange er das bleibt.

Auch er berichtet, was der Leitende Arzt der zuständigen Klinik des Unspitals Zürich sagt: «Wir behandeln derzeit nur sehr wenige Omikron-Fälle.»

Auch de Carli räumt  ein, dass die Zahlen der wegen Corona Hospitalisierten «nach oben verzerrt» seien. Aber, erste Einschränkung, auch bei den nur «mit» Covid-19-Hospitalisierten könne «Corona jedoch einen schweren Verlauf nehmen».

Ansonsten gelte aber, was gilt, wenn sich nach der Prognose die Glaskugel mal wieder als defekt erweist: «Wir tappen im Dunkeln», räumt der Leitende Arzt ein.

Statt Warnung, Weltuntergang, Welle als Wand, nun Gewinsel: «Im Tessin hat Michael Llamas, leitender Arzt der Intensivstation der Clinica La Carità in Locarno, ebenfalls mehr Fragen als Antworten: «Bei der ersten Welle war es noch einfacher, die Zahlen zu deuten, zu planen.» Und heute? «Wir haben ehrlich gesagt keine Ahnung, was auf uns zukommen wird.»»

Also wirklich, so geht das nicht. Brupbacher, übernehmen Sie. Jetzt ist der Moment, dass alle Befürworter eines Impfzwangs nochmal in den Ring steigen müssen. Alle besserwisserischen Kommentatoren, die dem Bundesrat und der Bevölkerung Vorschriften machen wollen, die Weisheit mit Löffeln gefressen haben, unablässig forderten, warnten, mahnten, wo sind sie nur geblieben?

 

 

Fotos lügen nicht!

Es gibt da so einen serbischen Tennisspieler. Den man ganz objektiv porträtiert.

Serbe. Veganer. Arrogant und grössenwahnsinnig. Impfverweigerer. Meint, er sei was Besonderes. Hat unseren Roger vom Thron gestossen. Und sein Vater erst. Geht’s noch schlimmer? Eigentlich nicht.

Aber die Worte laufen inzwischen in Endlosschleife, bis dann bald die nächste Sau durchs Mediendorf gejagt wird. ZACKBUM präsentiert aber zuvor die Galerie des Grauens.

Sagt da jemand etwas von demagogisch, abartig und hinterfotzig? Ach, das muss dann wohl ein weiterer irrer Serbe sein. Denn unsere Qualitätsmedien kämen doch nie auf die Idee, jemanden mit bösartiger Fotoauswahl hinzurichten.

Rechts die Stimme der Vernunft, links … (im «Blick»).

 

Wer will dem in einer dunklen Seitenstrasse begegnen (in der SoZ)?

 

Vorsicht, Gebiss und irrer Blick (im SoBli).

 

Kann der auch freundlich? (in nau.ch)

 

«20 Minuten» versucht, neutral zu bleiben.

 

Immerhin, die NZZ auch bildlich die Stimme der Vernunft.

 

Selbst die deutsche «Bild am Sonntag» ist zahm im Vergleich.

 

Vielleicht müsste jemand Marc Walder so im kleinen Kreis flüstern, dass die serbische Regierung hinter Djokovic steht – und es gibt ein Ringier-Produkt dort …

Von Tennisspieler zu Tennisspieler …

Aktueller Nachtrag: Offenbar darf die Nummer eins des Tennis laut Richterspruch einreisen. Ein kleiner Schlag in die Fresse für alle Fachjournalisten, die schon Fiasko, Abgang, arrogante Fehleinschätzung diagnostizierten.

Ein Wunder: «Blick» wird kritisch

Will das Blatt beweisen, dass es keinen Befehlen von oben folgt? Egal, bravo.

Der Hammer: Wie eine «Blick»-Recherche belegt: Die herumgebotene Zahl der wegen Corona Hospitalisierten ist falsch. Sie ist rund doppelt so hoch wie in Wirklichkeit. Damit fällt die Grundlage für Corona-Kreischen weg.

In all dem Zahlenschlamassel wird immer auf einen Wert gestarrt: wie viele Hospitalisierungen gibt es wegen der Pandemie? Wird Omikron nun unser Gesundheitssystem zum Zusammenbruch treiben? Wie es schon unzählige Male angekündigt wurde – aber noch nie passierte?

Als Basis für alle Spekulationen, Warnungen, Hinweise, Impfaufrufe gilt immer die Zahl der ins Spital neu eingelieferten Patienten – die mit Covid-19 infiziert sind. Steigen die, ist Alarmstimmung, naht der Untergang.

Wie ZACKBUM enthüllte, sind diese Zahlen aber mehr als dubios. Weitgehend unbeachtet erklärte das Bundesamt für Statistik (BfS):

«Angesichts der internationalen ICD-Diagnoseerfassungsregeln sind Covid-19-Erkrankungen immer als Nebendiagnose codiert. Damit ist es nicht möglich zu identifizieren, ob die Hospitalisierung «wegen» Covid-19 oder nur «mit» einer Covid-19-Infektion erfolgte.»

Aber damit nicht genug; der «Blick» legt nun noch einen drauf, aufgrund eigener Recherchen: «In mehreren Kantonen werden etwa die Hälfte der Patienten aus anderen Gründen eingeliefert und erst später positiv getestet.»

Beinbruch, Herzinfarkt, alt und gebrechlich: die Gründe für eine Spitaleinweisung sind vielfältig. Nur: wird der Patient bei der Aufnahme oder später getestet und ist positiv auf Covid-19, dann wird er automatisch zum «wegen» Covid Hospitalisierten.

Stichproben belegen den Verdacht

Der «Blick» führt mehrere Stichproben an, darunter die grossen Universitätsspitäler von Genf und Zürich.

Bei beiden ist erwiesen: rund die Hälfte aller «stationär behandelten Corona-Patienten seien nicht wegen des Virus eingeliefert worden, sondern primär wegen anderer Symptome».

Das Unispital Zürich wird so zitiert:

«50 Prozent der positiv auf Sars-CoV-2 getesteten Personen im USZ sind wegen Covid-19 hospitalisiert, die anderen 50 Prozent werden wegen einer anderen Krankheit behandelt und haben als Nebendiagnose eine Corona-Infektion.»

Noch gravierender: «Der Labornachweis kann vor oder nach dem Spitaleintritt erfolgt sein.» Das heisst im Klartext: ein wegen jeder beliebigen anderen Erkrankung hospitalisierter Patient wird sogar im Nachhinein zum Corona-Patienten.

Dennoch werden immer wieder Hiobsbotschaften verkündet, so wie zuletzt vom Kantonsspital Luzern. Von Triage war die Rede, also von der bevorstehenden Entscheidung, welche Patienten Überlebenschancen hätten und auf die Intensivstation kämen – und welche nicht. Lebenswichtige Operationen müssten bereits verschoben werden. All das wegen der rasant steigenden Hospitalisierungen wegen der neuen Corona-Mutation.

Die Wahrheit ist: damals waren die Luzerner Intensivstationen mit Covid-Patienten ausgelastet – allerdings nur zu 19 Prozent.

«Blick» beisst zu – aus welchen Motiven auch immer

Es ist aufrecht vom «Blick», einer ersten Meldung von «lémanbleu» nachgegangen und mit eigenen Recherchen ergänzt zu haben. Denn normalerweise unterstützt der Ringier Verlag den Gesundheitsminister Alain Berset und ruft unermüdlich nach schärferen Massnahmen und einer vollständigen Durchimpfung der Gesellschaft, inklusive Kinder.

Das tut auch Tamedia mit Getöse und Gekreische und üblen Schimpftiraden gegen «Impfverweigerer».

Es ist einfach ein Skandal

Es gibt in jeder Statistik Unschärfen und Definitionsprobleme. Es gibt immer Streubereiche, Grauzonen, die zu wilden Spekulationen und Interpretationen Anlass geben können. Hier aber muss man aus drei Gründen von einem veritablen Skandal sprechen.

Von einem Desaster, weil auf dieser Zahl die gesamte Corona-Politik beruht. Lockdowns, Quarantäne, schwerste gesellschaftliche und wirtschaftliche Einschränkungen, Milliardenverluste – alles damit gerechtfertigt, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems um jeden Preis vermieden werden müsse.

Dabei ist bewiesen und  richtig:

  1. Es kann nicht zwischen Hospitalisierungen «mit» oder «wegen» Corona statistisch unterschieden werden. Sagt das BfS.
  2. Rund die Hälfte aller als Covid-19-Patient ausgegeben Fälle sind Etikettenschwindel. Sie wurden wegen ganz anderer Symptome eingeliefert, zum Teil erst danach positiv getestet.
  3. Die Gesamtzahl aller wegen Covid-19 Hospitalisierten macht 3 Prozent aller stationär Behandelten im Jahr 2021 aus.

Das ist kein Anlass für gegenteiliges Gekreische, kein Futter für Verschwörungstheoretiker. Aber eines ist sicher: angesichts der fundamentalen Bedeutung dieser Zahl muss man dringend über die Bücher. Alleine schon als vertrauensbildende Massnahme.

Weil: falsche Zahlen führen zu falscher Politik, zu falschen Massnahmen. Im Kampf gegen die Pandemie muss aber alles so weit wie möglich richtig gemacht werden.

Hier spricht der Besitzer

Wenn Michael Ringier sein Privileg ausnützt, ist Feuer im Dach.

Vorgestellt wird er bescheiden als «Präsident des VR der Ringier AG». Die Wahrheit wäre: Michael Ringier ist der Besitzer. Der Boss. The Man. Der Eigentümer. Der Mehrheitsaktionär. Die Wahrheit wäre: Er ist längst Juniorpartner von Axel Springer, und der Versicherungsgesellschaft Mobiliare gehört ein Viertel der Ringier AG.

So viel Transparenz müsste eigentlich sein. Sein CEO Marc Walder ist als erster Geschäftsführer überhaupt mit 10 Prozent am Unternehmen beteiligt. Dafür wurde ihm von Ringiers Hausbank, die auch im VR vertreten ist, ein Kredit gewährt. Alles keine Schande.

Der Herr eilt dem Knecht zu Hilfe

Nun hat sich Walder ohne Not vor laufender Kamera ins Elend geschwatzt. Dabei etwas gesagt, was als Binsenwahrheit gelten sollte: natürlich werden publizistische Leitlinien vorgegeben. Allgemeiner Art, das ist dann das Gesülze in jeweiligen «Code of Conduct». Und konkreter Art, wie ein Thema zu bewerten, gewichten, darzustellen ist. Sei das der EU-Beitritt, sei das die Abstimmung über das Mediengesetz, sei das die Behandlung der Pandemie. Sei das die Behandlung von Magistraten.

Seit den Männerfreundschaften des Hausgespensts Frank A. Meyer hat es eine Tradition bei Ringier, dass Bundesräte gelobt oder kritisiert werden. Je nach persönlichen Präferenzen der Entscheider im Hause. Auch das ist keine Schande.

Nun versucht Ringier, selbst ein nicht unbegabter Schreiber, seinen CEO aus der Feuerlinie zu nehmen, bevor sich der Ausdruck Waldergate einbürgert. Das ist ehrenhaft, wenn auch nicht ganz uneigennützig. Vorbildlich der Aufbau seiner Verteidigungsschrift, in der für den «Blick» nötigen Kürze.

Ein beispielhaftes Stück Kommentar

Zuerst eine rhetorische Frage, wie sie auch Meyer in jahrelanger Übung perfektioniert hat: «Worum geht es eigentlich?» Dann die Einordnung. Nur am Rande um CEO Walder, «der selbst am besten weiss, dass seine Formulierungen während einer Managementkonferenz vor einem Jahr nicht zu den Sternstunden einer sonst unglaublich erfolgreichen Karriere gehören».

Ein kleiner Nasenstüber, aber mit dem Schaumgummihammer. Dann verwandelt sich der gütig strafende Vater in den zürnenden Rachegott: «Aber eines kann ich als Verleger von über 100 Redaktionen in 18 Ländern und Tausenden Journalisten nicht einfach stehen lassen. Denn die Unterstellung, dass hier Journalismus nach Weisung betrieben wird, ist eine absolut böswillige Diffamierung der täglichen Arbeit …»

Dann zeigt Ringier, dass er Boulevard besser beherrscht als die meisten überlebenden «Blick»-Journalisten: «Mit Entsetzen erinnere ich mich immer noch daran, dass einer unserer Kollegen und dessen Lebenspartnerin in der Slowakei vor wenigen Jahren ihr Leben lassen mussten, weil er mit seinen Recherchen einem Mächtigen zu nahe gekommen war.»

Michael Ringier. (Screenshot «Blick»).
Das Foto wurde hier um ca. 70 Prozent verkleinert …

Klassischer Dreisprung, dann Zieleinlauf

Schon ist er auf der Zielgeraden. «Einordnung, Erklärung, Hilfestellung, Diagnose, Analyse nach bestem Wissen und Gewissen.»  Dazu noch «Respekt und Augenmass», wir überqueren die Ziellinie:

«Machen Sie, geschätzte Ringier-Journalistinnen und -Journalisten, einfach so erfolgreich weiter wie bisher.»

Das ist ein rhetorisch gelungener Rettungsversuch. Sauberer Aufbau, einfache und verständliche Worte, keine Längen, ohne Rumpler auf die Schlusspointe zugeschrieben. Kann man in jeder Journalistenschule als Anschauungsmaterial verwenden.

Nur: Was hat das mit der täglichen Realität der Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen in der Hölle des Newsrooms zu tun? Wo Klicks zur einzig harten Währung geworden sind, wo Impfkritiker verunglimpft und beschimpft werden, ein amoklaufender Chefredaktor sogar vor Faschismusvorwürfen und Nazivergleichen nicht zurückschreckt?

Eigentlich nichts. Von «erfolgreich» zu schreiben, das ist zudem nassforsch, angesichts der Entwicklung der Auflage.

Daher ist das kein Kommentar, sondern ein schönes Stück Prosa. Eine Kurzgeschichte. Von gewissem literarischen Wert, aber ohne jeden Realitätsbezug.

 

 

CEO Marc Walder gibt Ringier-Medien den Kurs vor

Von Philipp Gut*

Geheimvideo: Ringier-Boss Walder hat den Redaktionen die Regierungstreue verordnet.

In der Schweiz ist es längst bekannt: Die Ringier-Medien, allen voran die «Blick»-Gruppe, sind das Megafon des Staates, wenn es um die amtliche Corona-Politik geht. Zwischen der Zürcher Dufourstrasse, wo Ringier zu Hause ist, und Gesundheitsminister Alain Berset im Berner Bundeshaus scheint eine Standleitung zu bestehen. Regelmässig berichten die Ringier-Medien vorab, was Berset in der Bundesratssitzung des kommenden Tages einbringen wird. Kritik am staatlichen Handeln – und zu kritischer Berichterstattung gäbe es wahrlich Anlass genug – sucht man in den Ringier-Medien vergeblich. Der Eindruck beim Lesen: «Blick» & Co. sind regierungstreu bis zum Abwinken. Statt objektiv und kritisch zu berichten, wie es dem Selbstverständnis eines ernstzunehmenden Journalismus entspricht, betätigen sich die Ringier-Medien lieber als verlängerter PR-Arm von Berset und seines Bundesamts für Gesundheit (BAG).

Wichtige unter sich: Walder, Berset. SBB-Meyer.

Wer steuert die Redaktionen?

Auch in anderen Ländern, wo Ringier tätig ist – von Osteuropa bis Ostasien – fällt auf, dass die Ringier-Medien das knallharte Boulevard-Geschäft aufgeben, sobald es um offizielle Covid-Massnahmen geht.

Leserinnen und Leser fragen sich natürlich, warum das so ist. Liegt es einfach daran, dass die Journalistinnen und Journalisten freiwillig mit dem Strom schwimmen? Oder werden die Redaktionen von irgendwoher gesteuert?

Ich muss gestehen, dass ich – und auf dieses Thema werde ich als Journalist oft angesprochen – bisher immer die erste These vertreten habe. Die zweite – nennen wir sie die Marionettenthese – klang für mich nach Verschwörungstheorie. Irgendwelche mächtigen Männer im Hintergrund sollen den Journalisten vorschreiben, wie sie zu berichten haben? Ich hielt das für abwegig. Ganz besonders in einer liberalen und aufgeklärten Demokratie wie der Schweiz.

Doch jetzt kommt aus: Zumindest im Falle von Ringier habe ich mich getäuscht. Denn unsere Recherchen zeigen: In einem Video, das im kleinen Kreis aufgenommen wurde und auch dort bleiben sollte, spricht Marc Walder, CEO und Managing Partner der Ringier AG, das für unmöglich Gehaltene aus. Er sagt in dem Filmausschnitt sinngemäss, dass er seine Redaktionen weltweit angewiesen hat, auf jegliche Kritik an der offiziellen Corona-Politik zu verzichten und stattdessen strammen Regierungskurs zu halten.

«Wir wollen die Regierung unterstützen»

Die entsprechenden Aussagen machte Walder am 3. Februar 2021 im Rahmen der Gesprächsreihe «Inspirational Talk» der Schweizerischen Management Gesellschaft. Thema: «Digitale Transformation @Ringier». Das virtuelle Gespräch dauert 1:05:18 und wurde vollständig aufgezeichnet. Die entscheidenden Sätze sagt Walder nach Minute 49. «Wo sehen Sie grundsätzlich die Aufgabe der Medien in der Pandemie?», wollte ein Teilnehmer wissen.

Darauf Walder:

«Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: ‹Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.›»

Walder ist offenbar bewusst, dass dieses Bekenntnis seines Eingriffs in die Redaktionsfreiheit Sprengstoff birgt («da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt») und erklärungsbedürftig ist, denn er fährt fort: «Das mag Sie jetzt überraschen, aber ich will es an einem Beispiel festmachen.» Walder nennt als Musterbeispiel einer Redaktion, die seinen Appell zur Regierungstreue brav umsetzt, die Blick-Gruppe. O-Ton Walder: «Auch die Blick-Gruppe, die jetzt in der Schweiz sehr prägend ist in der Covid-Berichterstattung, könnte deutlich härter – und vielleicht sagen einige von Ihnen: ‹Ja, macht’s doch bitte, die schlafen alle, die packen’s nicht› – sein.» Tun die Blick-Titel aber eben nicht. Im Gegensatz zu ihrem Pendant in Deutschland, der Bild-Zeitung, welche die Regierung «unglaublich hart» und «wahnsinnig hart» angegangen sei.

PR statt Journalismus

Walders Devise ist eine ganz andere: «Meine These ist, um auf diese Frage zurückzukommen: Das nützt im Moment niemandem etwas. Wir müssen versuchen, dass die Politik, ob sie jetzt genug schnell, genug hart, zu wenig hart usw. agiert, das Volk nicht verliert. Und hier dürfen die Medien nicht einen Keil treiben zwischen der Gesellschaft und der Regierung.» Die Medien hätten in der Corona-Krise «eine zusätzliche Dimension an Verantwortung, so würde ich das framen».

Walder framt mal vor sich hin.

Als Journalist, aber auch als Bürger eines demokratischen Staates mit seiner kritischen medialen Öffentlichkeit läuft es mir bei diesen Sätzen kalt den Rücken runter. Solch unverfrorene Komplizenschaft zwischen Staats- und Medienmacht kennt man sonst nur aus autoritären Regimes, um es vorsichtig auszudrücken. Verblüfft nehmen wir zur Kenntnis: Der Traditionsmedienkonzern Ringier schafft sich selbst als unabhängige und kritische Instanz ab und macht statt Journalismus erklärtermassen PR für die Regierung, allen voran für SP-Bundesrat Berset, der längst den Status eines Ringier-Hausfreundes erlangt hat.

Ringier sieht Redaktionsfreiheit nicht gefährdet

Wir haben Walder mit seinen Aussagen und insbesondere mit seiner Direktive, die Ringier-Journalisten müssten die Regierung unterstützen, konfrontiert. Die Frage, ob diese inhaltliche Vorgabe des Managements an die Redaktionen nicht deren journalistischer Freiheit widerspreche, lässt Walder durch eine Ringier-Sprecherin mit «Nein» beantworten. «Zwischen Marc Walder und vielen Chefredaktorinnen und Chefredaktoren der Ringier-Gruppe findet seit vielen Jahren ein konstanter und konstruktiver Dialog statt.» So kann man das auch nennen.

Ausserdem wollten wir von Walder wissen, ob es im Hause Ringier üblich sei, dass den Redaktionen vom Management beziehungsweise vom Verlag vorgeschrieben wird, wie sie über bestimmte politische Themen zu schreiben haben. Antwort Ringier: «Die Redaktionen und Mitglieder der Konzernleitung, insbesondere CEO Marc Walder, Ladina Heimgartner als globale Leiterin Medien und Alexander Theobald als CEO von Ringier Axel Springer Schweiz, tauschen sich konstant aus. Die Verantwortung und Hoheit der publizistischen Berichterstattung liegt stets bei den Redaktionen.»

Schliesslich stellten wir Walder die staatspolitische Grundfrage: Wie sollen die Medien ihre Aufgabe als kritische vierte Macht im Staat wahrnehmen, wenn sie die Regierung in zentralen Politikbereichen nicht kritisieren dürfen, sondern unterstützen müssen? Und wie soll man die Medien dann noch als glaubwürdig und unabhängig wahrnehmen? Darauf gehen Walder und Ringier nicht ein. Sie behaupten stattdessenn in einer 180-Grad-Wende, dass die Ringier-Gruppe «die Massnahmen der Regierung – gerade während dieser Pandemie – stets kritisch hinterfragt» habe.

Neues Mediengesetz: Anreiz für kritischen Journalismus schwindet

Zusätzliche Brisanz erhält der Befehl von Walder an seine Redaktionen vor dem Hintergrund der Volksabstimmung über ein «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» vom 13. Februar 2022. Das neue Mediengesetz sieht eine Vervielfachung der Subventionen an private Medien von heute 53 auf 178 Millionen Franken jährlich vor und bindet die Medien damit noch enger an den Staat. Ringier würde zu den Hauptprofiteuren zählen, denn rund 70 Prozent der neuen Subventionen gehen an die Grossverlage. Der Anreiz, staatsunabhängigen und kritischen Journalismus zu machen, dürfte damit gegen Null tendieren. Die Medien, die Ephraim Kishon einst als bellende Wachhunde der Demokratie bezeichnete, würden zu Schosshündchen an der Leine der Politiker schrumpfen.

*Der Text erschien zuerst auf «Die Ostschweiz». Publikation mit freundlicher Erlaubnis des Autors.

Virus und Hirn

«Blick» interviewt Pfizer. Mit Schleimspur.

Ein Interview mit der Schweizer Chefin von Big Pharma kann man machen. Wieso nicht, schliesslich verdient sich Pfizer an der Herstellung eines Vakzins dumm und krumm. Und dank Booster bleiben die Gewinne anhaltend garantiert.

Bruckner sagt das, was sie auch in einem bezahlten Inserat sagen würde.

Da könnte man jede Menge interessante Fragen stellen. Stattdessen holpert das Zentralorgan des investigativen Undercover-Journalismus so ins Gespräch:

«Frau Bruckner, welchen Vorsatz haben Sie sich als Chefin von Pfizer Schweiz für 2022 genommen?»

Vorsatz genommen? Aber gut, Frau Bruckner lehnt sich zurück: «Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher durch diese Krise zu bringen – soweit das in meiner Macht steht. Zudem möchte ich möglichst viele Patientinnen und Patienten mit unseren Medikamenten und Impfstoffen versorgen.»

Nach diesem tiefen Einblick in geheimste Vorsätze will «Blick» wissen, ob sie ihren fünfjährigen Neffen impfen lassen würde – und das auch Schweizer Eltern rate.

Da eiert Bruckner: «Es ist nun mal so, dass Kinder unter 15 Jahren 26 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.» Schön, dass wir das nun wissen, aber sie wird noch präziser: «Allein in der Schweiz leben mehr als eine halbe Million Kinder zwischen fünf und elf Jahren

Da kann man locker eine Million Impfdosen loswerden, mit Booster sogar 1,5. Aber das sagt Bruckner natürlich nicht, sondern:

«Ich rate allen Eltern, sich bei den Kinderärzten beraten zu lassen

Statt hier nachzuhaken, will «Blick» nun wissen, ob Kinder auch geboostert werden sollten: «Derzeit gibt es keine Daten zum Booster bei Kindern und Jugendlichen von fünf bis unter 16 Jahren.»

Früher Abfall, heute dem Leser serviert

Früher einmal, ja früher hätte eine solche Null-Antwort dazu geführt, dass sie samt Frage gekübelt worden wäre. Aber das war früher. Heute wird gnadenlos nachgefragt, ob denn die Booster-Impfung gegen die Omikron-Variante wirke. Da kann Bruckner ganz uneigennützig verkünden: «Nach der Booster-Impfung ist bei Erwachsenen der Schutz vor einer Omikron-Erkrankung 25-mal höher. Das heisst, Boostern macht sicher Sinn – vor allem, um sich vor einem schweren Krankheitsverlauf zu schützen.»

Inhaltlicher Schrott, schrottig serviert.

Nun tribbelt der «Blick» aber an eine kritische Frage heran, schliesslich sei «Covid für Pfizer auch eine wirtschaftliche Chance» gewesen.

Bruckner kann dann ihr Glück nicht fassen, dass sie mit diesem Stehsatz davonkommt: «Covid war vor allem eine Chance für die Forschung, um der mRNA-Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.» Und: «Pfizer allein hat mehr als zwei Milliarden Dollar in die Forschung und den Aufbau der Logistik sowie in die Produktion eines Impfstoffs investiert. Forschung ist ein Hochrisikogeschäft.»

«Blick» bleibt gnadenlos dran und fragt knallhart, wieso die Krankenkassen ab 1. Januar an den Bund 25 statt vorher 5 Franken pro Impfdosis zahlen müssten. Bruckner weicht problemlos aus: «Ich kenne die Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Krankenkassen nicht.»

Natürlich wirkt Pfizer auch uneigennützig in der Dritten Welt und spannt dort mit Coca-Cola zusammen, darf Bruckner noch loswerden. Mit diesen Gestammel endet das Interview:

Eine ganze Halde von nicht gestellten Fragen bleibt zurück. Pro Sekunde machen Pfizer Biontech und Moderna mit ihren Impfstoffen 1000 Dollar Gewinn. 2021 erwartet der weltweit führende Pharmariese alleine mit dem Vakzin einen Umsatz von über 33 Milliarden Dollar. Mit Staats- und Abnahmegarantie. Aber ohne Haftungsrisiko.

Schon jetzt gelten diese Impfstoffe als profitabelstes neues Pharmaprodukt aller Zeiten. Profitmarge mindestens 20 Prozent, man rechne.

Knebelverträge mit abnehmenden Staaten

Es sind Verträge zwischen Pfizer und abnehmenden Staaten ans Licht gekommen, in denen sich Pfizer jeglicher Haftung entledigt, bei Schadenersatzklagen haften die Staaten, sie müssen sogar die Verteidigungskosten für Pfizer übernehmen. Als Gerichtsstand ist prinzipiell New York angegeben. Denn in den USA geniessen Pharmamultis bei Notzulassungen Immunität gegen viele Gerichtsklagen.

Das und vieles mehr wären doch Fragen gewesen, die man hätte stellen sollen und müssen. Aber die schlecht vorbereiteten «Blick»-Journis doch nicht. Eigentlich hätte über diesem Werbespot «Publireportage» stehen sollen. Oder «Paid Content». Oder «Native Ad». Oder welche Euphemismen Medien auch immer verwenden, um Werbung zu camouflieren.

 

«Blick» geht «undercover»

Wie man einen guten Begriff missbraucht.

«Undercover» ist eine Königsdisziplin im Journalismus. Der Begriff ist im deutschen Sprachraum aufs Engste mit Günter Wallraff verknüpft. Als «Bild»-Reporter Hans Esser, als türkischer Gastarbeiter in «Ganz unten», Protest gegen die Militärjunta in Griechenland, Aufdeckung einer Verschwörung in Portugal: Grosstaten der verdeckten Recherche und Reportage.

Unter Einsatz von Leib und Leben. Der «Blick» klingelt nun mit Kleingeld:

Das Thema, die Serie, die Luftpumpe.

«Das investigative Rechercheformat «Undercover» beleuchtet in der neuen Staffel das Leben von Obdachlosen in der Schweiz.»

In Fachkreisen heisst das Sozialporno. Unerschrocken legte sich Reporter Matthias Kempf im Schlafsack unter eine Brücke. Dann setzte er sich an Orte, bei denen es klar ist, dass man weggewiesen wird.

Überraschung: hier ist er unerwünscht …

Dann sprach er, völlig ohne Cover, mit echten Obdachlosen. Wahnsinn.

Das ist nun modernes «undercover». «Blick» wird sicherlich «Investigativrecherche» sagen, wenn ein Kindersoldat einen Begriff auf Wikipedia gegoogelt hat. «Exklusivinterview» heisst es, falls die Combox erreicht wurde.

Skandal, das ist der einzig richtige Ausdruck für diesen Missbrauch ehemals klingender Namen für journalistische Grosstaten.