Billiger «Blick»

Sicher wegen Grosserfolg ein Sonderangebot …

Nachdem der «Blick» als eine der letzten Bezahlzeitungen sein Online-Angebot gratis verschenkte, hatte er sich im Juni entschlossen, zumindest eine kleine Bezahlschranke hochzuziehen. Für das Zusatzangebot «Blick+».

Dafür wurde eine attraktive Werbekampagne lanciert und hinter der Bezahlschranke Service- und andere Texte gestapelt, dass es die «Blick»-Leser massenhaft dazu trieb, ins Portemonnaie zu greifen und 9.90 Franken im Monat springen zu lassen.

ZACKBUM hat das Angebot bereits ausführlich gewürdigt. Allerdings haben wir uns nach längerem, aber eigentlich sehr kurzem Nachdenken entschlossen, nach dem Gratis-Probeschnupperabo auf den Mehrwert dieses Angebots zu verzichten.

Leider teilt aus der Teppich-Etage von Ringier niemand mit, wie viele mehr oder minder begeisterte Abonnenten das Angebot gefunden hat. blick.ch ist im Ranking immerhin noch vor «20 Minuten»  oder «watson» beim Traffic auf Platz eins in der Schweiz. Wäre das Angebot verlockend, gäbe es eigentlich keinen Grund, nach zwei Monaten weiterhin mit den Zahlen hinterm Berg zu halten.

Aber item, als ehemaliger Gratis-Abonnent wird man natürlich unermüdlich mit Angeboten und Aufforderungen überschüttet, es sich doch nochmal zu überlegen. Nun wird einem aber knallhart ein Ultimatum gestellt. «Nur noch drei Tage Zeit», um das «Blick+»-Abo «zu verlängern».

Genauer gesagt würde es sich nicht um eine Verlängerung handeln, da es ja abgelaufen ist. Aber wie auch immer, nun lockt das «exklusive Rückkehr-Angebot: 3 Monate für nur Fr. 9.90». Das ist nun wirklich ein Schnäppchen, drei für eins, drei Monate zum Preis von einem.

Die Uhr tickt, ZACKBUM ist unschlüssig. Nein, gelogen. Wirklich locken würde uns das Angebot nur, wenn man Schmerzensgeld bezahlt bekäme.

Pro Helvetia im Beziehungssumpf

Auch in der Kulturstiftung fehlt es an Corporate Governance.

«Pro Helvetia» hat jedes Jahr rund 45 Millionen Steuergelder zu verteilen. Zum Zweck der «Kulturförderung», was immer das sein mag. Es ist bekannt, dass hier nicht kulturelle Leistungen, sondern Netzwerke, Seilschaften und Kungeleien entscheidend sind.

Wer mal an den Futtertrog gelangte und sich botmässig verhält, darf futtern. Wer in Ungnade gefallen ist, muss draussen bleiben. Immerhin 120 Mitarbeiter werkeln dafür. Da ist es logisch, dass es auch innerhalb der Stiftung menschelt.

Etwas heikel wird es, wenn sich der Chef Philippe Bischof in Anna Arutyunova verliebt. Denn sie ist seine direkte Untergebene. ««Ich wende mich direkt an Sie», schreibt Stiftungsratspräsident Charles Beer den Angestellten von Pro Helvetia. Zwei Topkader der Stiftung hätten ihn informiert, dass sie eine «Beziehung privater Natur» unterhalten würden», verpetzte das die NZZaS.

Das LinkedIn-Profil.

Weiter kündigte Beer an, dass man unter Beteiligung des Liebespaars, der GL und einer externen Peronalfrau man «Konsultationen» durchführen werde, die «notwendigen Massnahmen einleiten», worüber dann das «gesamte Personal informiert» werde. Gegen aussen hingegen solle man bitte den Mund halten, «sowohl aus Respekt vor den betroffenen Personen als auch im Interesse der Stiftung».

Transparenz bei der wichtigsten Staatskulturstiftung der Schweiz, i wo. Wie «Inside Paradeplatz» weiss, gab es schon bei der Beförderung der Geliebten vom Posten der Leiterin Aussenstelle Moskau zur Leiterin «Aussennetz & Internationales» Merkwürdiges zu berichten. Denn diese Kader-Position sei weder intern noch extern ausgeschrieben worden. Der Stiftungsrat habe die Berufung im Nachhinein abgesegnet.

Das hat nun alles mehr als ein Geschmäckle. Nicht nur im Entwicklungshilfsbereich (siehe «Swissaid») herrschen in der Schweiz kungelige Zustände, fragwürdige Geldvergaben, Selbstbedienung und monströs aufgeblähte administrative Wasserköpfe. Noch schlimmer steht es um die Kulturförderung.

Schon 2015 regte sich der «Blick» völlig zu recht über absurde Förderungen auf: «Obwohl Suter mit Bestsellern und Filmrechten Millionen umsetzt, öffnet die Kulturstiftung Pro Helvetia gerne ihre Steuergeld-Schatulle, wenn es darum geht, die Marke Martin Suter im Ausland zu stärken. Nach offiziellen Angaben hat Pro Helvetia den Autor seit 2003 indirekt mit exakt 139’530 Franken unterstützt

Normalerweise ist Bücherschreiben in der Schweiz eine brotlose Kunst; viele Schriftsteller sind auf Förderbeiträge dringend angewiesen. Stattdessen schmeisst aber Pro Helvetia dem bestens verdienenden Superstar der Gebrauchsliteratur Zehntausende von Franken nach.

Anrüchige Verteilungskriterien, mangelhaftes internes Controlling, in der Schweiz sind solche steuerfinanzierten Institutionen sumpfige Dunkelkammern. Natürlich wartet man bislang auf weitere Informationen, wie es mit der Liebesbeziehung zwischen Chef und Untergebener weitergehen soll, bis heute vergeblich.

Wer eine Reise tut …

Eine Kreuzfahrt, die ist lustig. Oder nicht.

Aleksandra Hiltmann, eine der beiden Rädelsführerinnen des Protestbriefs von 78 erregten Tamedia-Frauen, hat nach längerer Suche einen neuen Job. Sie ist «Redaktorin Gesellschaft» bei der Kampfpostille für genderneutralen Feminismus. Beim einzigen Boulevardmedium mit einem Regenrohr im Logo. Beim garantiert antisexistischen «Blick».

Dort fällt sie bereits schnell durch Artikel mit hohem Nutzwert auf:

Zur Feier des Tages hat sie sich nun eine Kreuzfahrt geleistet. Ihre schröcklichen Erlebnisse fasst sie auf «Blick»-gemässen 11’575 Anschlägen zusammen. Vielleicht ist das der Anfang einer Konvergenz zwischen «Blick» und «Republik»: blast Nebensächlichkeiten zu elefantösen Artikeln auf.

Zunächst kommt die Packungsbeilage von «ich schäme mich ein wenig». Denn: «Kreuzfahrten sind umwelttechnisch eine der dreckigsten Arten zu reisen.» Aber je nun, im «Blick» ist doch mehr erlaubt als bei Tamedia.

Die ersten Eindrücke sind noch wunderbar: «Das Bett: perfekt. Das Bad: blitzblank. Schönes Farbkonzept mit Holzakzenten, intelligent geplanter Stauraum. Und durchs Fenster freie Sicht aufs Meer.» Aber dann sieht es ganz so aus, als ob die Hurtigruten nicht zu den Grossinserenten bei «Blick» gehören: «Und während sich die 123,3 Meter Schiff ächzend durch die Wellen pflügen, ziehe ich mir die Bettdecke über den Kopf und beginne zu heulen.»

Ein wenig Wellengang kann den Seemann doch nicht erschüttern, die Seefrau aber schon. Die spinnt aber doch etwas Seemannsgarn (oder müsste es Seefraugarn heissen?), denn ihre Todesangst bei gewaltigem Wellengang kontrastiert etwas mit dieser Beobachtung: «Derweil im Schiffsrestaurant: Die Senioren sind beim Dinner. Als das Meer ruhiger wird, haben die einen gerade fertig gegessen.»

Soweit der Schulaufsatz: «Wie ich meine Abenteuerreise erlebte.» Aber nun bricht die Journalistin in ihr durch: «Derweil habe ich das Bedürfnis, meine Erfahrung einzuordnen. War es wirklich so schlimm? Ich setze mich an den Laptop und recherchiere.» Wunderbar, dass uns Hiltmann über jeden ihrer Schritte informiert.

Dann kommt noch der unvermeidliche Experte zu Wort, dass alles nicht so schlimm sei, alles sicher. Jedoch: Experte «Krüger gibt etwas Weiteres zu bedenken: «Die psychische Konstitution der Passagiere.» Bereits Übungen können zu Herzinfarkten führen

Zu welchen Nebenwirkungen die Lektüre dieses elendslangen Gelabers führt? Leichte Übelkeit? Saures Aufstossen? Schwankender Gang? Auf jeden Fall fühlt sich der Leser ferienreif. Und kann sagen: Ich habe diesen Artikel gelesen – und es bitter bereut.

 

Da waren es nur noch zwei

Bei der NZZaS spielen sie «Zehn kleine Negerlein».

Nein, das spielen sie natürlich nicht, denn das wäre ja politisch alles andere als korrekt. Also würden sie höchsten «10 kleine PoC» spielen. Oder «10 kleine pigmentös geforderte Menschen». Aber auch das hülfe eigentlich nicht viel, denn solche Texte gehen heute natürlich gar nicht:

«Zehn kleine Negerknaben schlachteten ein Schwein;
Einer stach sich selber tot, da blieben nur noch neun.

Neun kleine Negerknaben, die gingen auf die Jagd;
Einer schoss den andern tot, da waren’s nur noch acht.»

Wir sagen ganz laut «pfui, pfui, pfui» und kehren zum Ernst des Lebens, also zur NZZaS, zurück. Bei der brauchte es vier Nasen, um Chefredaktor Jonas Projer zu ersetzen. Das war zum einen ein klares Signal, dass keiner der Vier seine Nachfolge antreten wird. Zum anderen dümpelt die NZZaS in flachen Gewässern so vor sich hin, dass es selbst Aleksandra Hiltmann (siehe nächster Artikel) ganz anders werden würde.

Viererbande plus Sommerloch: schlechte Mischung. Aber nichts bleibt so, wie es ist. Das spendet auch im Journalismus Trost. Als Erste seilte sich Anja Burri aus der Chefetage ab und kehrt zum «Tages-Anzeiger» zurück. Allerdings: Ob sie es unter Raphaela Birrer und Mario Stäuble lange aushalten wird? Sie ist doch eine intelligente Frau und akzeptable Schreiberin …

Als nächster erklärt nun Thomas Stamm Forfait. Er hat eine originelle Alternative gefunden: er baue ein Boot. Da könnte er dann mal Hiltmann einladen, aber lassen wir diesen running Gag.

Bleiben also noch Daniel Foppa und Christoph Zürcher an Bord und am Steuerrad. Zürcher wurde noch von Projer als Blattmacher installiert, das spricht inzwischen gegen ihn. Ausserdem fühlt er sich eigentlich als «was macht der da überhaupt»-Magazinmensch pudelwohl, wo er immerhin wöchentlich eine Kolumne mit lustigen Erlebnissen aus seinem Leben und Erleben füllt. Der ist also heilfroh, wenn er sich wieder darauf konzentrieren kann.

Bleibt also noch Foppa. Der wird’s wohl auch nicht, und dann hat er ein Problem, denn er ist ehrgeizig. Und was macht man eigentlich, wenn man mal interimistischer Chef war? Zurück ins Glied? Besondere Aufgaben? Korrespondentenposten wie sein Vorvorgänger? Prognosen sind hier schwierig.

Dann behauptet die NZZ, dass man doch eher an zwei Redaktionen mit zwei Leitern festhalten wolle. Das wird nun God almighty Eric Gujer nicht so gerne hören. Beziehungsweise wird er sich sagen: ist mir egal, wer unter mir Chefredaktor der NZZaS wird. Nachdem Projer nicht zuletzt deswegen installiert wurde, um Gujers Machtausdehnung Richtung NZZaS zu stoppen, wird sich das der Militärstratege kein zweites Mal gefallen lassen.

Allerdings: der Internetauftritt der NZZaS ist jämmerlich. Also dürfte einer Redaktionsleiter werden, der vor allem auf diesem Gebiet Fähigkeiten und Kenntnisse hat. Um das Inhaltliche wird sich dann Gujer kümmern. Und das ist auch dringend nötig.

Robert de Niro ist 80

Genial und geschrumpft. Was für eine Tragödie.

Robert de Niro war sicherlich einer der begabtesten Schauspieler unserer Zeit. Mit Al Pacino duellierte er sich darum, wer besessener in die Figur hineinkriechen kann, die er spielt.

In «Der Pate Teil II» machte er zum ersten Mal auf sich aufmerksam, indem er in die grossen Fussstapfen von Marlon Brando stieg und den jugendlichen Vito Corleone spielte. 1976 dann «Taxi Driver», mit dem de Niro endgültig in den Olymp der Schauspielkunst aufstieg. «Are you Talkin› to me?», sein leer-verzweifelter Blick, grandios.

Schon immer bereitete sich de Niro akribisch auf jede Rolle vor. Als er in einem seiner ersten Theaterauftritte mit einem Karateschlag ein Brett zertrümmern musste, lernte er wochenlang Karate. Für «Taxi Driver« fuhr er in New York Taxi. In «New York, New York» ist de Niro ein Saxophonspieler, natürlich lernte er das Instrument.

Als Boxer Jake LaMotta absolvierte er ein einjähriges Boxtrainig, nach den Kampfszenen frass sich de Niro 30 Kilo an, um den verfetteten LaMotta spielen zu können.

Aber nicht nur solche Exzesse machten seine Schauspielkunst aus. In «Es war einmal in Amerika» von Sergio Leone spielt er eine Szene, in der er als junger Mann in einen Spiegel schaut, und als er sich umdreht, ist er ein alter Mann. Fast ohne Schminke wird er das, einfach die Haltung, wie er geht, die Augen, die Last auf seinen Schultern, ein Meisterstück auf engstem Raum.

Aber spätestens seit «GoodFellas» von Martin Scorsese war de Niro auf die ewige Rolle des Mafioso* abonniert. Von da an ging’s bergab. Denn nun kamen echte Klamotten von Filmen, seichte Komödien («Meine Braut, ihr Vater und ich»), in denen de Niro mehr und mehr zu einer Karikatur seiner selbst wurde.

Entweder brillierte er nochmals wie in «Heat» als Gangster, oder aber er verschwendete sein Talent auf drittklassige Filme.

Er hätte ein Gigant werden können. Er war ein Gigant, der sich dann verzwergte.

 

*Nach Leserhinweis korrigiert.

Intransparente «Republik»

Grosse Klappe, wenig dahinter.

Wie gibt das sich ständig in Bettellaune befindende Blatt für die Rettung der Demokratie und die Bekämpfung des weltweiten Faschismus so schön auf seiner Homepage an:

«Wir legen alles offen: unsere Finanzen, Arbeitsweisen, Fehler, Löhne – weil wir überzeugt sind, dass Transparenz wichtig ist.»

Hört sich gut an, ist aber bloss Propaganda. Die letzte Bettelaktion betraf das «Klimalabor». Das ist so eine richtige «Republik»-Einrichtung. Drei Nasen werkeln seit mehr als einem Jahr daran, herauszufinden, was man denn mal machen könnte. Irgendwann diesen Herbst wollen sie dann das erste Ei legen, nicht nur gackern.

Aber vorher musste das «Klimalabor»  schon gerettet werden. Das war mit dem Kleckerbetrag von 250’000 Franken möglich. Der kam dann, wie immer kurz vor Torschluss, tatsächlich zusammen.

Die Triumphmeldung lautete: «Die Finanzierung des Klimalabors ist für ein weiteres Jahr gesichert. Wir werden das erste journalistische Produkt daraus im Spät­herbst lancieren.»

ZACKBUM schrieb damals: Nun mag man sich fragen, wer denn so bescheuert ist, Geld in ein Labor zu stecken, das höchstens an sich selbst herumlaboriert. Dass innert kurzer Zeit die Melkkühe von «Republik»-Fans so viel Kohle aufwerfen, ist ja unwahrscheinlich. Daher: der Dank gelte «diversen Stiftungen und Privatpersonen», behauptet die «Republik».

Natürlich nahm es Wunder, wer denn so bescheuert ist, hier Geld zu verlochen. Schmallippige Antwort der «Republik»: «Zu den Unterstützer*innen werden wir zu gegebener Zeit informieren.»

ZACKBUM fragte nach drei Wochen nach, ob denn nun der «gegebene Zeitpunkt» gekommen sei. Nachdem wir die obligate Ferienabwesenheitsmeldung kassierten, geruhte die Geschäftsleitung dann doch zu antworten.

Man muss es mit Humor nehmen: «Wir werden Sie informieren, sobald er sich ergibt.»

Das nennt man wahre Transparenz, wie sie die «Republik» bei anderen Firmen ultimativ einfordert, sich wortreich beklagt, wenn sie verweigert wird.

Allerdings regt ZACKBUM an, den breitspurigen Satz auf der Homepage zu ergänzen:

«Wir legen alles offen. Sobald es sich ergibt.»

 

Bock zum Gärtner

Manchmal spinnt die «Weltwoche».

Tom Kummer ist eine Schande für den Journalismus. Er hat ungehemmt erfunden, gefälscht, mit gefakten Interviews eine Chefredaktion ins Elend gestürzt, Hunderttausende von Lesern beschissen und ist zudem Wiederholungstäter. Wo er eine zweite Chance bekam, machte er einfach so weiter.

Offenbar ein Triebtäter. In der «Weltwoche» hat er seit einiger Zeit eine dritte Chance bekommen, der anfänglich warnende Abbinder, dass seine Storys wahr sein könnten, aber nicht müssten, ist inzwischen verschwunden.

Es gibt also eigentlich auf der ganzen Welt keinen Ungeeigneteren, um über das Thema zu schreiben, «wie echt die Wirklichkeit» in den Bildern der Magnum-Fotografen sei.

Denn bei Kummer muss man sich immer fragen, wie echt denn sein Geschreibsel ist. Dilettiert er über berühmte Fotografen wie Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, James Nachtwey oder René Burri, dann stimmen wenigstens die Namen und der Fakt, dass das alles Magnum-Fotografen waren.

Aber dann hebt Kummer mal wieder ins Reich der Fantasie ab: «Einer der heute bedeutendsten Magnum-Fotografen, Sebastião Salgado, fand schon früh sein Thema, die Armut, und er verfolgte es gnadenloser als andere, jahrzehntelang.»

Einer der bedeutendsten Magnum-Fotografen war er bis 1994. Seit fast 30 Jahren hat Salgado aber seine eigene Agentur Amazonas Images.

Dann behauptet Kummer: «In den 1980er Jahren stiessen Mary Ellen Mark und Susan Meiselas dazu. Mit beiden war ich für das deutsche Magazin Tempo auf Reportage.» Mark wurde 1977 Vollmitglied bei Magnum und verliess die Agentur bereits 1981, ganze 7 Jahre, bevor Kummer mit ihr auf Reportage gewesen sein will. Sie starb 2015, also kann sie diese fragwürdige Behauptung von Kummer nicht bestätigen. Über Meiselas behauptet Münchausen Kummer: «Sie erschien mir absolut furchtlos, als wir im bolivianischen Dschungel geheime Kokainlabors aufspüren sollten.» Davon gibt es aber keine Spuren in ihrem Werk.

Nun kommt sozusagen der Höhepunkt des kummerschen Könnens:

«Mit Mary Ellen Mark produzierte ich 1988 für die Zeitschrift Tempo eine Story über „Ironkids“: Es ging um Kinder, die wettkampfmäßig Triathlon betreiben. Mark nun nervte ihr fotografisches Opfer im Zielbereich ganz bewusst so, dass sie bald bekam, was sie wollte: Ein Bild, das weinende Kinder zeigt, die von ihren überehrgeizigen Eltern – im Namen eines US-Snackherstellers – gequält werden. Das Schwarzweißbild wurde zur Ikone des humanistischen Fotojournalismus und fehlt seither in keiner Retrospektive amerikanischer Fotografie im 20. Jahrhundert. Ich aber sah während der Recherchen etwas ganz anderes: Die Kinder waren über ihre Niederlage enttäuscht, und von Mark extrem genervt. Die Ironkids entpuppten sich in Wahrheit als noch ehrgeiziger als ihre Eltern.»

Schrieb Kummer 2014 in der deutschen Zeitschrift «Freitag». Kopiert Kummer eins zu eins in seinen aktuellen Text in der «Weltwoche». Lediglich ergänzt um das Fazit: «Was den vielleicht schwer erträglichen Schluss zulässt: Die Verbindlichkeit der Fotografie hat nie existiert.»

Das ist nun echt lustig. Wenn Kummer nicht erfindet oder verfälscht, dann kopiert er sich selbst. Nimmt einfach einen Text von 2014 und rezykliert ihn in die «Weltwoche». Irgend eine Verbindlichkeit in seinen Texten hat nie existiert.

Das Blatt spinnt, so jemanden seine Spalten zu öffnen …

Ist das Tom Kummer oder ein Fake?

 

Afrika für Anfänger

Mohr war gestern. Heute sind wir weiter.

Das Problem mit Niger haben wir soweit im Griff. Zurechnungsfähige Beherrscher der deutschen Sprache sagen Niger zu Niger. Das muss man betonen, weil das zum Beispiel SRF entschieden anders sieht. Da müssen sich die Sprecher der «Tagesschau» (spricht man Tagesschau) neben allen anderen Zungenverrenkern an «Nischee», bzw. «Nischeer» abmühen.

Warum? Darum. Beziehungsweise aus drei Missverständnissen heraus. Das lateinische Wort für schwarz – niger – ist nicht zu verwechseln mit dem abwertenden Ausdruck Nigger. Das Wort Nigger wurde in den USA längst von den Schwarzen, Pardon, den PoC, den Person of Colour, zurückerobert. Dahinter steht drittens der fundamentale Irrtum, dass man mit Sprachreinigung die Welt besser machen könne. Haben schon die Nazis in Deutschland probiert, hat auch nicht geklappt.

Obwohl man dort immer noch «Kraftstoff» sagt.

Aber wer mit Niger Probleme hat, wie löst er das dann beim Nachbarstaat Nigeria? Da gab es schliesslich mal die Royal Niger Company, pfui Teufel. 1914 grenzte dann die Kronkolonie, das britische Protektorat Nigeria an das deutsche Kamerun. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde unter den Siegermächten Kamerun aufgeteilt.

Diverse Putschs später ist Nigeria heute die Federal Republic of Nigeria. Das spricht man auf Englisch Naidschiiria aus. Dann hätten wir noch die Amtssprache Hausa (Najeriya), Igbo (Naijiria) und Yoruba (Nàìjíríà). Nun ist Nigeria – genau wie Niger – eine Ableitung des lateinischen niger, mit dem der zentrale Fluss bezeichnet wurde, der in seiner ursprünglichen Aussprache «ghir n-igheren» Fluss der Flüsse» auf Tuareg) für europäische Zungen etwas schwierig auszusprechen war.

Wenn also Niger als Nischee ausgesprochen werden muss, weil das die Amtssprache ist, wird die Sache bei Nigeria komplizierter. Englisch? Amtssprache, aber natürlich postkolonialistisch. Hausa, Igbo oder Yoruba? Schon, aber welche Version? Alle drei, um niemanden zu diskriminieren? Schwierige Sache für Sprachgutmenschen. Abgesehen davon, dass die meisten nicht einmal wissen, wie die Hauptstadt von Nigeria heisst (nein, nicht Lagos).

Man könnte nun noch beliebig viele weitere afrikanische Beispiele nehmen.

Aber es gibt ein viel näheres, viel heikleres Problem. Ein echtes Problem. Aus der eigentlich harmlosen Welt des Sports. Gut, als was non-binäre oder Transmenschen antreten dürfen, das ist auch ein ungelöstes Problem. Und wer für die Frauenfussball-WM fante, hat damit mindestens 160 weitere Gender diskriminiert.

Aber darum geht es hier nicht. Es geht um unsere Fussball-Nationalmannschaft (männlich, obwohl die Mannschaft – welch lustiger Widerspruch für Idioten, die Genus mit Geschlecht verwechseln). Wie heisst denn die? Richtig, die heisst Nati. So geht’s ja noch, aber wie wird das ausgesprochen?

Empfindliche Menschen müssen nun ganz tapfer sein. Wahrscheinlich haben das auch schon viele so ausgesprochen, die niemals das Wort Mohrenkopf in den Mund nehmen würden (und das schmackhafte Gebäck von Dubler erst recht nicht).

Also, wir halten uns die Nase zu, machen mit beiden Händen abwehrende Bewegungen, versprechen, anschliessend eine Initiative für die Entfernung des Wortes «Mohr» von einer Hausfassade zu unterschreiben, nehmen allen Mut zusammen und sagen:

Unsere Natzi. Gesprochen Nazi. Wie Nazi. Einzig mit kurzem a statt langem. Das versteht man in der Schweiz, das versteht man in Deutschland und Österreich miss.

Es ist ungeheuerlich, dass man sich im Schweizer Farbfernsehen zwar Gedanken über die korrekte Aussprache von afrikanischen Elendsstaaten macht, aber dieses gravierende Problem nicht adressiert. Und kein Zuschauer hat sich bislang unwohl gefühlt, niemand an das Dritte Reich erinnert, keiner braune Zeiten assoziiert. So gefühllos sind Sprachreiniger dann wieder.

Dumm und dümmer, Reloaded

So macht man Öffentlichkeitsarbeit.

Einigen Exponenten der SVP müssen die Oberschenkel wehtun. So oft haben sie sich in diesen Tagen draufgehauen. Und vor Lachen zuerst gegluckst, dann herausgeprustet.

Jedes Mal, wenn ein triumphierender Blödel darauf hinweist, dass die SVP in die Schranken gewiesen worden sei, ihr Video-Clip sei nicht mehr auf YouTube erhältlich, das hätten die Trottel nun davon.

Blödel wie Patrick Frey twittern (oder x-en, das wäre hier sowieso zutreffender), dass der Komponist sich gegen eine Verwendung durch die SVP verwahre. Es ist unklar, ob ihm das wegen der Denunziation eines anderen Dödels einfiel oder nicht.

Damit hat «DJ Tommy» einen noch grösseren Erfolg als hiermit gelandet:

Fast 300 Treffer zählt die Mediendatenbank für den Suchbegriff SVP-Clip. Auf fast 5 Millionen Ergebnisse ist der Begriff bei Google explodiert, weil natürlich jeder Kläffer auf den asozialen Plattformen nochmal darauf hinweisen muss, wie abstossend das alles sei und wie gut, dass die SVP damit nicht länger Propaganda machen könne.

Freundlicherweise geben die SVP selbst und das Anti-Blocher-Organ «Blick» weiterhin allen Gelegenheit, sich beim Anschauen des Videos zu entrüsten.

Schon die wohlgelehrten bis platten Kritiken in den Mainstreammedien sorgten für ganz schön Schub beim Traffic. Auch der 70-jährige Komponist Nile Rodgers freut sich darüber, dass er zumindest in der Schweiz späten Ruhm geniessen darf. Dass sein Hit «We Are Family» aus dem Jahr 1978 ein solches Revival erlebt, wenn auch abgewandelt und nur als Refrain, wunderbar für ihn. Er meckert zwar über die Verwendung durch die SVP, hat aber offenbar die Songrechte längst an Sony verkauft und eigentlich nichts mehr zu husten.

Wenn man die Gratis-Beachtung in Werbefranken umrechnen würde, die die SVP hätte ausgeben müssen, um diese Aufmerksamkeit zu erzielen, dann kann man DJ Tommy alias Thomas Matter nur gratulieren.

Da es kaum denkbar ist, dass weder den Komponisten noch den Produzenten noch den Teilnehmern des SVP-Clips auffiel, dass sie hier einen alten Hit nachsingen, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder war ihnen eine mögliche Copyrightverletzung wurst. Oder aber, sie haben genau mit dem Effekt gerechnet, der nun eingetreten ist.

In beiden Fällen kann man nur sagen: Wenn es Matter mal als Banker langweilig werden sollte, in der PR-Branche könnte er problemlos durchstarten.

Ganz schön geheuchelt

Runzeln die USA die Stirn, zucken Schweizer Medien zusammen.

Das Framing ist gesetzt. Allenthalben kann man in den Gazetten – von der NZZ über CH Media, Tamedia bis «Blick» – lesen, dass die USA (und auch die EU) ziemlich angepisst seien, dass die Schweiz angeblich die Sanktionen nicht richtig umsetze. Nicht energisch genug nach Oligarchengeldern suche.

Meckerbrief, geschrieben von den USA, unterzeichnet von Frankreich, Italien, Grossbritannien und Japan. Öffentliche Schimpftirade des US-Botschafters in der Schweiz, die eigentlich seine sofortige Ausweisung wegen Einmischung in innere Angelegenheiten hätte nach sich ziehen müssen. Dann diese «Helsinki-Kommission», ein selbsternannter und selbstherrlicher Club von Hinterwäldler-Parlamentarieren, die sicher nicht Sweden und Switzerland voneinander unterscheiden können.

Also warnen und mahnen die Medien. Dürfe man ja nicht auf die leichte Schulter nehmen, das sei auch schon bei den nachrichtenlosen Vermögen und dem Bankgeheimnis in die Hose gegangen. Und überhaupt, wieso sind eigentlich erst 7,5 Milliarden von vermuteten 200 Milliarden «Russengeldern» in der Schweiz beschlagnahmt? Da geht doch noch was.

Dass die Schweiz unter Ritzung der Neutralität brav alle EU-Sanktionen ungeprüft übernimmt (und viel konsequenter umsetzt als mancher EU-Staat), was soll’s. Dass die Schweiz ein Rechtsstaat ist und sich vor allem bei Übergriffen aufs Eigentum ganz vorsichtig bewegen muss, na und.

Was all die Schaumschläger in den Medien, die mal wieder der US-Propaganda auf den Leim kriechen, völlig übersehen: Wirtschaftspolitik ist Machtpolitik. Machtpolitik ist die Verteidigung der eigenen Interessen.

Vom sogenannten Steuerstreit, geführt im Namen des Kampfes gegen reiche, steuerhinterziehende Schweinebacken, hat nur ein Staat richtig profitiert: die USA. Sie sind das Steuerhinterzieherparadies der Welt, sie betreiben die grössten Waschmaschinen für schmutziges Drogengeld, für kriminelle Profite aller Art. Sie haben der Welt ihre Datenkrake FATCA aufgezwungen, mit dem «Big Stick» Dollar, sie selbst pfeifen auf den Automatischen Informationsaustausch der übrigen Staaten.

Und sie haben Milliardenbussen von den ungeschickt agierenden Schweizer Banken kassiert, die vom Bundesrat im Stich gelassen wurden, der die Rechtssouveränität der Schweiz nicht gegen diesen imperialistischen Angriff verteidigte. Am Schluss galten US-Gesetze in der Schweiz, sitzen bis zum unseligen Ende eine Horde von US-Anwälten in der Credit Suisse (auf deren Kosten, selbstverständlich), die die Einhaltung von US-Gesetzen in der Schweiz kontrollieren.

Und nun die Sanktionen. Wie dumm muss man sein, um die wirtschaftsimperialistischen Absichten der USA nicht zu durchschauen? Dabei ist es noch viel schlimmer. Wie die «Handelszeitung» in einem wohldokumentierten Artikel aufzeigt, halten sich die USA und die EU nicht mal an die eigenen Sanktionen – wenn es die Eigeninteressen gebieten.

Sechs Beispiele zählt Stefan Barmettler auf, eines schlimmer als das andere. «Wie die USA und die EU Sanktionen untergraben» ist frei im Internet einsehbar – und sollte Pflichtlektüre für all die Sanktions-Besoffenen werden, die die Schweiz unablässig zu strengeren Übergriffen auf fremdes Eigentum auffordern.

Aber: Tesla braucht Aluminium? Na, das verschwindet der russische Hersteller Rusal doch von der Sanktionsliste. Auf die er sowieso aus dubiosen Gründen (das OFAC sanktionierte wegen «malign activities», «bösartigem Verhalten») gekommen war.

General Electric will weiter in Russland Extraprofite einfahren? Ausnahmebewilligung vom OFAC. Grossbritannien sanktioniert reiche Russen unerbittlich, ausser die, die eine «Sonderlizenz» erhalten. Belgien will weiter mit russischen Rohdiamanten handeln, Italien lässt einen Oligarchensohn springen, Griechenland schützt seine Tankerflotte, die flott weiter russisches Erdöl transportiert.

Sicher, wieso wir, die doch auch, das ist nur ein beschränkt gültiges Argument. Was aber all die Sanktions-Winsler kapieren sollten: hier geht es nicht um die Verteidigung westlicher Werte, der Demokratie und abendländischer Zivilisation gegen wilde Horden aus dem Osten.

Hier geht es um Weltpolitik, Machtpolitik, Militärpolitik, Wirtschaftspolitik, Eigeninteressen. Und scheiss auf Moral. Selber schuld, wer dran glaubt. Selber Trottel, wer billigster Propaganda auf den Leim kriecht.