Neid hat viele Töne

Mario Stäuble mag die SVP nicht.

Das ist zusammengefasst die Botschaft einer angeblichen «Glosse zum SVP-Wahlkampf». Ob Stäuble wohl weiss, was eine Glosse ist? Wenn ja, vermag er es gut zu verbergen. Der degradierte ehemalige Co-Chefredaktor Lokales vom «Tages-Anzeiger» musste sich zum Wahlkampfvideo der SVP äussern.

Wie in jedem Wahlkampf zeigen da die SVPler, angeführt von DJ Tommy, alias Thomas Matter, dass die Partei neben Verkniffenem und Schmallippigem auch zu selbstironischer Lockerheit in der Lage ist.

Wenn Bundespräsident Berset an der Street Parade in pinker Federboa teilnimmt und eine Bierdose an den Hut kriegt, dann ist das Tamedia keine böse Zeile wert. Wenn aber die ganze Mannschaft der SVP wie aus dem Feindbild von Stäuble ausgeschnitten zu einer Musik performt, die an «We are Family» erinnert, dann muss das Stäuble natürlich scheisse finden.

Gesteigert wird das nur durch die Dumpfpostille «watson»: «Damit du es nicht anhören musst: Das neue SVP-Tanzvideo in 13 Gifs.» Gesteigert wird das nur durch den angeblichen Humoristen «Karpi». Der wandte sich auf Twitter an den Komponisten Nile Rodgers mit der Behauptung, die SVP habe ihn doch sicher um Erlaubnis gefragt, «We are Family» verwenden zu dürfen. Dummerweise hat Rodgers noch nicht geantwortet.

Stäuble beginnt mit Einzelkritik: «Ems-Chemie-Chefin Magdalena Martullo-Blocher bewegt ihre Arme hin und her wie zwei Scheibenwischer.» Aber damit ist der satirische Muskel von Stäuble noch nicht erschlafft, er kann noch nachlegen: «Die Inszenierung sieht nach einer frühen Probe für die nächste Abendunterhaltung der Männerriege aus». Ist zwar Gefasel, hört sich aber irgendwie abwertend an, also hat’s Stäuble stehenlassen.

Er ist sich schmerzlich bewusst, dass das noch keine Glosse ist, nur Geholze. Also versucht er es auf einer abstrakteren Ebene. Der Clip sei ein Beispiel für die Entpolitisierung der Politik: «Weil man bei einem Segment des Publikums mit inhaltlichen Botschaften nicht mehr durchdringt, versucht man, gute Stimmung zu schaffen.»

Das ist geradezu unverschämt von der SVP. Aber Stäuble wird immer noch nicht den nagenden Verdacht los, dass er es der SVP noch nicht richtig gegeben hat. Also legt er nach: «Das Video lässt sich aber auch anders lesen: Keine andere Partei ist schambefreiter im Vortragen ihrer eigenen Botschaften.»

Das gälte für für «die harten Parolen wie «Ausländer raus!», für Beleidigungen an die Adresse der Freisinnigen – «das gilt aber auch für Matters Gute-Laune-Befehl». Befehl?

Den wenigen Lesern, die sich durch dieses Gestammel bis hierher gekämpft haben, gibt Stäuble dann noch ein letztes Rätsel mit auf den Weg: «Dass man dabei auch mal Minderheiten verunglimpft oder im Wahlsong einen Holperreim platziert? Gehört dazu. … Und ist der Ruf erst ruiniert, politisiert es sich ganz ungeniert.»

Das hingegen ist eine verblüffende Selbsterkenntnis. Oder auf Stäube übersetzt: ist der Journalist erst degradiert, lebt sich’s ungeniert.

Denn was uns Stäuble mit dieser angeblichen Glosse sagen will, was genau ihm an diesem Clip nicht passt (ausser, dass er von der SVP) ist, das bleibt sein süsses Geheimnis.

Wie schreibt er so  richtig: «Man fragt sich: Was ist noch geiler als geil? Noch steiler als steil? Das Ausfüllen der Wahlunterlagen? Antworten gibt es keine.»

Man wird den Verdacht nicht los, dass Stäuble meint, der Begriff Glosse sei die deutsche Übersetzung von Lippgloss. Oder komme von glotzen. Mit satirischem Sprachwitz hat das auf jeden Fall nichts zu tun.

SVP ist peino

«DJ Tommy» mit abgesägten Hosen.

Es passiert den Besten. George Harrisons Welthit «My Sweet Lord» war ein Plagiat. Kann passieren. Komponisten schwirren dermassen viele Melodien im Kopf herum, dass sie nie sicher sein können, ob sie das gerade erfunden oder erinnert haben.

Etwas anderes ist es, wenn der SVP-Banker Thomas Matter den DJ gibt und schon zum zweiten Mal ein eigentlich gutes Wahlvideo dreht, in dem die SVP-Crew mit Selbstironie und sogar einigen akzeptablen Moves brilliert.

Das sorgt für Stirnfalten und saures Aufstossen bei den Mainstream-Medien, wo Kleingeister an diesem und jenem nörgeln.

Ein kleiner Denunziant war sich sogar nicht zu schade, öffentlich darauf hinzuweisen, dass er den Komponisten des Lieds «We are Family» angefragt habe, ob die SVP bei ihm eine Einwilligung zur Verwendung abgeholt habe.

Hat Matter offenbar nicht, denn statt lustigen Zuckungen sieht man nur einen schwarzen Einblender, wenn man nach «Das isch d’SVP» sucht.

Als schnell bemerkt wurde, was offenkundig ist: zumindest der Refrain ist eindeutig eine Kopie von «We are Family» bis ins Lautmalerische hinein, winkte Matter noch ab. Es gäbe so viele ähnliche Melodien, da könne er kein Plagiat erkennen.

In Wirklichkeit scheint es sich aber um einen Anfall von Knausrigkeit bei den Millionären und Milliardären bei der SVP zu handeln. Nur schon Magdalena Martullo-Blocher müsste kaum die Portokasse öffnen, um die paar tausend Franken zu zahlen, die eine Lizenz allerhöchstens kosten würde. Zudem gibt es noch die Grauzone 15 Sekunden. Also je nach Land ist eine gewisse Zeitspanne erlaubt, um einen Song zu «zitieren».

Nun hat hier aber nicht der Komponist, sondern Sony-Musik gemeckert. Was wohl bedeutet, dass das Copyright beim Riesenkonzern liegt. Da kaum anzunehmen ist, dass sich beide Seiten auf einen langwierigen Rechtsstreit einlassen wollen, damit im nächsten Jahr mal das Copyright geklärt ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten.

Der Auftritt war ein Flop. Oder die SVP schüttet noch etwas Geld nach, und der Song fährt wieder ab. Bis dahin kann man sich das Gewackel weiterhin ausgerechnet beim «Blick» anschauen. Zeichen und Wunder: das Anti-SVP-Kampfblatt scheut keine Lämpen wegen einer möglichen Copyright-Verletzung. Mutig oder bescheuert?

 

Birrer ist peino

Wieso hält niemand sie davon ab, Kommentare zu schreiben?

Raphaela Birrer hat’s schon wieder getan. Oops. Es brauche gegen eine «politische Kultur der Intoleranz eine  Gegenbewegung der Vernunft».

Wunderbar, nur: von ihr wird die nicht angeführt. Denn dazu bräuchte es Vernunft. Um gleich am Anfang klarzumachen, von wem denn die Intoleranz ausgeht, sagt ein Bild mehr als tausend Worte:

Screenshot «Tages-Anzeiger».

Bei einer Corona-Demo in Winterthur hätten Demonstranten «einen Wagen mit ihren Feindbildern tapeziet (sic)».

Dann leitet Birrer mit dem persönlichen Erlebnis ein. Eine Nationalrätin habe ihr «neulich beim Mittagessen» von den Anfeindungen erzählt, denen sie ausgesetzt sei. Wow, Birrer luncht mit einer Nationalrätin. Leider: «Ihren Namen will sie nicht in den Medien lesen

Schade aber auch; ZACKBUM hat heute mit einem leitenden Mitarbeiter von Tamedia geluncht, nur will der seinen Namen auch nicht in den Medien lesen. Wahr oder erfunden?

Dann schwingt sich Birrer ins Abstrakte auf, und das kann bei ihr nie gutgehen: «Die Verhärtungen in den Parlamenten sind letztlich ein Abbild der Verhärtungen in der Gesellschaft, also des empörten Geschreis in den sozialen Medien, des immer gehässiger werdenden Umgangstons gegenüber Andersdenkenden.»

Da könnte sie als konkretes Beispiel den leitenden Tamedia-Mitarbeiter Marc Brupbacher erwähnen, der sowohl den Bundesrat («total übergeschnappt») wie auch Wähler in den sozialen Medien mit empörtem Geschrei beschimpft, die nicht in seinem Sinn abstimmen. Dafür musste er sich dann immerhin entschuldigen. Ein anderes naheliegenden Beispiel wäre Philipp Loser, der keine Gelegenheit auslässt, geradezu obsessiv seiner tiefen Abneigung gegen die SVP Ausdruck zu verleihen. Oder der antidemokratische Politchef Denis von Burg, der zu Pandemiezeiten völlig durchrastete und Zwangsmassnahmen gegen Ungeimpfte forderte: «Jetzt muss Berset die Gegner endlich zur Impfung zwingen», titelte er unwidersprochen. Und ist heute noch im Amt.

Statt also im eigenen Saftladen aufzuräumen, jammert Birrer: «Kräfte, die für einen nüchtern-pragmatischen Politstil stehen, gelten gemeinhin als sterbenslangweilig».

Genau deswegen versucht auch Tamedia, möglichst zugespitzt die Klimahölle, die unerträgliche Diskriminierung von Gendern, die SVP, die «Rechtskonservativen», die «Hetzer», die «Rassisten» gar, die unvorstellbar verblödeten und angebräunten Wähler der AfD (und ihrer Gesinnungsgenossen in der Schweiz) an den medialen Pranger zu nageln.

Selbst einigen Kommentarschreibern fällt auf, dass Birrer sich über etwas bitterlich beklagt, was sie selbst zumindest in ihrer Redaktion abstellen könnte.

Eine Kritik an der Polarisierung zu äussern, dabei den Beitrag des eigenen Ladens schlichtweg ignorieren, nicht den Hauch eines selbstkritischen Gedankens aufblitzen lassen – wie darf man das noch öffentlich bezeichnen, ohne als Frauendiskriminierer beschimpft zu werden?

Vielleicht als bar jeder Vernunft? Vielleicht als intellektuell tiefergelegten Kommentar als Rohrkrepierer? Vielleicht als Wortmeldung, die die ganze Fallhöhe zu Kommentaren in der NZZ deutlich macht?

Die (wenigen) verbliebenen Redakteure bei Tamedia, die noch einen fehlerfreien und geraden Satz formulieren können, der auf einem interessanten Gedanken aufbaut – die müssen durch die Hölle gehen.

Trauerspiel Credit Suisse

Die Leiche lebt noch.

Ende dieses Monats wird die UBS zwei Dinge bekannt geben. Welchen Reibach sie mit der Übernahme der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis gemacht hat. Und wie brutal der Kahlschlag unter CS-Mitarbeitern weltweit und in der Schweiz ausfallen wird. Höchstwahrscheinlich werden Tausende von Bankern früher oder später dem RAV, also der Arbeitslosenversicherung und letztlich dem Steuerzahler zur Last fallen.

Während Verpeilte wie Markus Somm in der SoZ das Loblied auf die umsichtige Bewältigung der Krise durch Sergio Ermotti und Bundesrätin Karin Keller-Sutter singen, reibt Arthur Rutishauser in einer vierteiligen Serie den Versagern ganz oben bei der CS ihre Marotten und Fehler unter die Nase. Und stellt die Frage in den Raum, ob es analog zu Vincenz/Raiffeisen hier nicht auch um ungetreue Geschäftsbesorgung, also einen Straftatbestand, gehen könnte.

Indem Ermotti sich aller staatlichen Zusagen (ausser der Liquidität durch die SNB) entledigte, machte er einen geschickten Move, um vor der Beerdigung der CS gut Wetter zu machen. Ob diese Prognose allerdings besser eintrifft als Temperaturvorhersagen von SRF Meteo?

Denn die Leiche CS ist noch nicht wirklich tot. Vor allem auf zwei Gebieten gibt es Riesengebrüll. Oder seriöser formuliert: weltweite Klagen, Klagen in der Schweiz.

Zum einen geht es um die sogenannten AT1-Bonds. Das ist ein von den Behörden erfundenes Gebastel, mit dem das notorisch zu dünne Eigenkapital der Banken vermehrt werden sollte, ohne dass sie die Aktien verwässern mussten. Sie tragen auch den hübschen Übernamen Todesspiralen-Anlagen, da sie bei gewissen Triggern nicht länger Obligationen sind, sondern in Aktien zwangsgewandelt werden. Oder auf null abgeschrieben.

Genau das tat nicht etwa die CS, sondern die Bankenaufsicht Finma im Todeskampf der CS. Obwohl diese Entscheidung auf der Webseite der CS stand, machte zuerst die «Financial Times» darauf aufmerksam, dass der Abschreiber von sagenhaften 16 Milliarden Franken bei den geprellten Anlegern, darunter Riesenapparate wie BlackRock und US-Pensionskassen, heftige Gegenwehr auslöst. Seither wird aus allen Rohren gefeuert, Klagen in den USA, in Japan, in der Schweiz. Aussichten durchaus intakt.

Eine zweite Klage haben rund 1000 Kleinaktionäre und ehemalige CS-Mitarbeiter in der Pipeline. Obwohl es in der Schweiz das Instrument der Sammelklage nicht gibt, will der «Schweizerische Anlegerschutzverein» so etwas Ähnliches einreichen, um die Kosten für jeden Kläger zu senken.

Hintergrund: durch die Fusionsbedingungen rutschte der Wert einer CS-Aktie auf läppische 76 Rappen. Zwei Tage zuvor lag er noch bei 1.86. Dieser Umtauschpreis zur UBS-Aktie sei willkürlich festgelegt worden, monieren die Kläger, er habe zudem in keiner Weise dem noch vorhandenen Wert der CS entsprochen.

Tatsächlich kontrastiert der Schnäppchenpreis von 3 Milliarden Franken scharf mit dem damaligen Börsen- und dem Buchwert der Bank, der mindestens doppelt so hoch war. Allerdings ist es bei so komplizierten Konstrukten wie einer modernen Bank äusserst schwierig, ihren tatsächlichen Wert zu einem bestimmten Zeitpunkt festzulegen.

Zu kreativ ist die Buchhaltung, zu verschlungen sind die seitenlangen Bilanzen mit Sonderposten und allen erdenklichen buchhalterischen Tricks und Ösen. Selbst ausgewiesene Fachleute verzweifeln vor der einfachen Frage: und was ist das Teil nun wirklich wert?

Auf jeden Fall sind alle Lobeshymnen, wie gut doch Politik und Bankführung diese Krise bewältigt hätten, fehl am Platz. Die Prozesse werden sich über Jahre hinstrecken, aber am Ende wird sehr sicher ein Vergleich stehen, bei dem die Eidgenossenschaft, also der Steuerzahler, garantiert nicht ungeschoren davonkommen wird.

Wollen wir das sehen?

Steckt darunter ein kluger Kopf?

Bundespräsident Alain Berset zeichnet sich durch eine gewisse Wurstigkeit aus. Seit er seinen Rücktritt per Ende Amtszeit verkündete, trägt er die Haltung vor sich her: mir kann keiner.

Beim Staatsbesuch in Kolumbien zeigt er sich zwar mit ehemaligen Mitgliedern der Narco-Guerilla FARC, aber die dortigen Projekte der Hilfsorganisation Swissaid sind ihm egal.

Dann nutzt er die Sommerpause im Politbetrieb in Bern dazu aus, sich an der Zürcher Street Parade zu zeigen. Als erster Bundesrat überhaupt. Zur Erklärung lässt er einen launigen Artikel in der «SonntagsZeitung» erscheinen, womit er seinem Hoforgan SoBli und seinem Kumpel mit ehemaliger Standleitung Marc Walder eine lange Nase dreht. Nach der Devise: Euch brauch ich auch nicht mehr, im Fall.

An der Street Parade scheut sich Berset nicht, auch in schlechter Gesellschaft zu tanzen. So steht neben ihm zeitenweise SP-Nationalrat Fabian Molina, der Möchtegern-Co-Präsident von Swissaid und Freund unbewilligter Demonstrationen gegen den «Nazis» in Zürich.

Während sich Berset allerdings mit pinker Federboa, Panamahut und Zigarre im Rhythmus wiegte, widerfuhr ihm Ungemach. Zack, da flog die Bierdose und landete punktgenau auf dem Hut. Shit happens, sagte sich Bundesrat Luftikus, schüttelte sich kurz und tanzte weiter.

Es erhebt sich aber doch die Frage: wollen wir solche Bilder von unserem Bundespräsidenten sehen? Würde des Amtes? Während sich der Inhalt der Bierdose auf Hutkrempe und Federboa ergoss, stellt sich die Frage, was denn eigentlich unter dem Hut noch funktioniert.

Wie sehr allerdings die öffentliche Debatte immer mehr entgleist, zeigen die Leserkommentare bei der entsprechenden Meldung in der «Weltwoche». Meinungspluralismus und liberale Haltung hin oder her, solche anonymen Schmierereien gehen nicht: «Wenn 5 kräftige Männer auf Berset einschlagen, geht ihr helfen oder sagt ihr euch; 5 Mann sind genug?» Immerhin: nach Intervention wurde dieser Rülpser gelöscht. Aber auch diese pseudolustige Witzelei geht nicht: «Ein sauberer Wurf! Gratulation dem Schützen, der stellvertretend für viele handelte

Die gleichen anonymen Feiglinge hätten Bierschaum vor dem Mund, würde das einem Exponenten ihrer politischen Meinung passieren. Die «Weltwoche» tut sich keinen Gefallen, solchen Rüpeleien eine Plattform zu bieten, statt die Autoren via IP-Adresse zur Verantwortung zu ziehen.

Hart austeilen und einstecken können, ist das eine. Die Kommentarspalte versumpfen zu lassen, Krakeelern und Hirnis mit dem IQ einer Bierdose eine Plattform bieten, ist das andere, Schlechte und Schale.

«Blick» ist peino

Konzernjournalismus ist eine üble Sache.

Der Ringier-Verlag ist der SRG über die Werbeverwertungsgesellschaft Admeira herzlich verbunden. Früher war’s sogar ein Joint Venture, bis sich das Farbfernsehen zurückzog und seine Anteile an Ringier verkaufte.

Das bei einer Berichterstattung über TV-Themen anzumerken, nun, anständig wär’s. Nachdem der frischgebackene SoBli-Chefredaktor bereits beim SRG-Boss Gilles Marchand (Jahresgehalt rund 550’000 Franken) Mikrophonständer gespielt hatte und dem die verunglückte Gelegenheit gab, gegen die «200 Franken sind genug»-Initiative zu wäffeln, muss der «Blick» gut Wetter machen.

Denn eines der Aushängeschilder von SRF, Wetterfrosch Thomas Bucheli, ist in ein veritables Tiefdruckgebiet geraten. Ihm wurde mehrfach nachgewiesen, dass seine Temperaturprognosen konsequent und massiv (bis zu 10 Grad) von den gemessenen Temperaturen abweichen. Konsequent nach oben.

Als typische Beamtenseele meinte Bucheli zunächst, dass er diese Vorwürfe der «Weltwoche» als «absurd» abtischen könnte. Vor allem, dass insinuiert wurde, dass die Wurstigkeit gegenüber diesem Problem damit zu tun haben könnte, dass man im Staatsfunk keine Gelegenheit auslässt, die kommende Klimakatastrophe an die Wand zu malen, wies er «vehement» zurück.

Als das nicht reichte, entschuldigte er sich zu bester Sendezeit für die Fehlprognosen, behauptete aber weiterhin, dass das keine Absicht sei – und sehr, sehr schwer zu verbessern. Dabei eilte ihm Tamedia zu Hilfe und führte wortreich aus, dass solche Temperaturvorhersagen unglaublich schwierig seien, fast unmöglich.

Aber der grosse Elefant bleibt weiterhin in der Meteo-Zentrale stehen und wird fleissig ignoriert: wenn das so wäre, wieso gelingt es dann der Konkurrenz der 15-köpfigen Wetter-Crew regelmässig, viel präzisere Vorhersagen zu machen? BBC, Weather Channel, auch Kachelmannwetter liegen viel näher an den gemessenen Temperaturen. Immer.

Nun könnte man die einfache Frage stellen, wieso SRF Meteo – statt sich mit seinem wahnsinnig komplizierten Algorithmus ständig zu verhauen – nicht einfach die besseren Daten von der Konkurrenz übernimmt.

Aber der «Blick» doch nicht. Da muss Camilla Alabor, «Redaktorin SonntagsBlick», dran glauben und ihre Pflicht tun. Nämlich dem im Sturm stehenden Bucheli ein schützendes Dach bieten. Allerdings verhaut sie sich geradezu SRF Meteo-mässig gleich am Anfang:

«Thomas Bucheli (66) war sichtlich aufgewühlt.» Vielleicht war auch Alabor aufgewühlt, der Mann ist 62 Jahre alt. Oder sie hat sich aus Solidarität nach oben verhauen. Dann bekommt der Aufdecker der Fehlprognosen eins vor den Latz: «Das rechtskonservative Magazin (gemeint ist die «Weltwoche», Red.) hatte der Wettersendung vor einer Woche unterstellt …»

Pfui, aber hier redet nun Bucheli: «Wir werden dafür sorgen, dass der Fehler korrigiert wird.» Das ist ihm allerdings bis heute nicht gelungen, wie Nachmessungen regelmässig ergeben. Inzwischen hat sich sogar oberpeinlich herausgestellt, dass das Kollektiv von rund 1000 WeWo-Lesern entschieden präzisere Vorhersagen macht als Bucheli mit seinem Algorithmus. Kurt W. Zimmermann hatte daher süffisant angeboten, dass doch zukünftig die WeWo den Wetterbericht übernehmen könne. Sei billiger und besser.

Aber auf solche Fiesigkeiten will «Blick» natürlich nicht eingehen. Dafür Vorhang auf für Bucheli:

««Die Vehemenz der Kritik hat mich überrascht.» Der Vorwurf der politischen Einflussnahme sei so skurril, dass er ihn nicht ernst nehmen könne, sagt Bucheli. «Es handelt sich um eine bedauerliche wissenschaftliche Fehlprognose, die aber keinen riesigen Schaden angerichtet hat.»»

Also alles in Ordnung, lasst den Mann doch einfach in Ruhe arbeiten. Aber nun muss das Ganze natürlich noch «eingeordnet» werden. Im besten Framing-Stil schreibt daher Alabor: «Die Angriffe von rechts auf die vielleicht unpolitischste Sendung – die Wetterprognose – zeigen: Auch in der Schweiz droht die Meteorologie zum Spielball der Politik zu werden.»

Pfui, gibt es etwas Unpolitischeres als Fehlprognosen? Aber für seinen geknödelten Auftritt mit Entschuldigung hat Bucheli natürlich fachfrauliches Lob verdient: «Für seinen handgestrickten Auftritt indes erhält Bucheli von einer Expertin für Krisenkommunikation gute Noten. Inhaltlich sei es richtig, dass SRF Meteo dem Thema in der Sendung grosses Gewicht gegeben habe, sagt Claudia Jenni (52) von der Agentur Kommunikationsatelier.» Hierbei handelt es sich um eine Zwei-Frauen-Klitsche, die sich darüber freut, mal in den Medien erwähnt zu werden.

Dann erweitert Alabor das Panorama des Schreckens zum Schluss:

«Diese Woche hat die SVP ihre Halbierungs-Initiative eingereicht, mit der sie die TV- und Radiogebühren von 365 auf 200 Franken senken möchte. Vor diesem Hintergrund dürften Angriffe auf das Schweizer Fernsehen in Zukunft nicht abnehmen. Ganz im Gegenteil.»

Aha. Konzertierte Aktion dieser Rechten mit ihren «Angriffen auf das Schweizer Fernsehen». Pardon, seit wann ist die berechtigte Kritik an erstaunlich konsequenten Fehlprognosen und bescheuerten Erklärungen, wieso das nicht anders sein könne, ein Angriff auf die SRG?

Und wann hatte das letzte Mal ein «Blick»-Artikel über die SRG etwas mit Journalismus zu tun?

 

 

 

Wumms: Arne Perras

Zeichen und Wunder. Ein intelligenter Kommentar bei Tamedia.

Natürlich ist das nicht den eigenen Schreibkräften eingefallen, die hängen wohl noch in den Seilen nach der Street Parade und sehen den eigenen Bauchnabel doppelt.

Wie vieles Schlechte kommt aber auch ab und an etwas Gutes aus München. Hier in Gestalt des langjährigen Afrika-Korrespondenten Arne Perras. Schon der Anfang ist vielversprechend:

Natürlich war der Titel in der «Süddeutschen Zeitung» besser, aber das ist man sich von Tamedia gewohnt:

Glücklicherweise wurde am Inhalt auf den ersten Blick nichts gefummelt. Lustig ist auch, dass schlechte Kommentare aus München hinter der Bezahlschranke verstaut werden, dieser gute nicht.

Der Anfang ist sehr gut:

«Westliche Gesellschaften haben Gefallen gefunden an einer ausgiebigen Nabelschau. Familie, Beziehung, Gesundheit. Jede Facette des eigenen Lebens wird begutachtet, Berater und Influencer helfen bei der Selbstbespiegelung.»

Trifft haargenau auf das Biotop Tamedia zu, deshalb merken die diese Kritik nicht mal in ihrer Gesinnungsblase.

Dann bringt Perras das Verhalten der westlichen Industriestaaten gegenüber der Dritten Welt auf den Punkt: «Ihre eigene Selbstgerechtigkeit fällt den Industrieländern selten auf. Immer wieder fordern sie – gern im Duktus des Dozenten – Freiheit, Pluralismus oder Menschenrechte ein, sie wollen die Welt mit ihren Idealen beglücken.»

Es folgt eine gnadenlose Abrechnung mit westlichen Idiotien: «Ignoranz und Doppelmoral aber schaden dem Westen mehr, als es sich seine Regierungen eingestehen. Sie schüren Misstrauen. Sei es, weil das Erbe des Kolonialismus Schatten wirft; sei es, weil sich die Europäer durch Widersprüche unglaubwürdig machen. Kleinbauern in Westafrika mit Entwicklungshilfe zu fördern, aber zugleich lokale Märkte mit subventioniertem Geflügel aus Europa zu überschwemmen – das passt nicht zusammen.»

Dann zitiert Perras den indischen Aussenminister: «Sinngemäss merkte er an, dass Europa seine eigenen Probleme stets als Weltprobleme betrachte; aber wenn die Welt Probleme habe, sähen die Europäer diese nicht als die ihren an.»

Das sind mal erstaunlich wohltuende, reflektierte Zeilen, die sich auch die Tamedia-Redaktion zu Herzen nehmen könnte. Was sie tunlichst vermeiden wird. Denn dort gilt seit der Machtergreifung von nach Geschlecht Hochbeförderten: Denken kann der Arbeitsplatzsicherheit schaden. Nehmt euch ein Beispiel an der Führungsspitze.

 

SoZ schwankt

Zwischen grossartig und banal.

Wenn eine SonntagsZeitung den Speisezettel von Schulmensen in den Ferien untersucht, dann wäre die Alternative «weisses Papier» gar nicht so schlecht gewesen:

Daneben der Versuch eines klassischen Aufregers. Die «Grünen» fordern irgend einen Unsinn, andere regen sich darüber auf. Gähn. Aber die ersten drei Seiten sind durch, uff.

Dann sorgt Rico Bandle dafür, dass sich der langsam hyperventilierende Thomas Bucheli, der dringend ein Abkühlung bräuchte, weiter ins Elend quatscht. Denn die SoZ wandelt auf den Spuren der «Weltwoche» und hat ihrerseits stichprobenartig Prognosen von SRF Meteo mit der Wirklichkeit und mit BBC verglichen. Ernüchterndes Resultat: weiterhin Abweichungen bei SRF nach oben, bis zu sechs Grad. Dabei habe sich doch das ganze Team «reingekniet» und eine «neue Version des Algorithmus implementiert».

Widerspruch: die Prognosen sollen doch fixfertig von einem anderen «Wetterbüro» eingekauft werden. Nun scheint aber Buchelis «Team» die Vorhersagen selbst aufgrund von eingekauften Daten zu berechnen. Wieso denn SRF Meteo nicht einfach die fertigen Prognosen einkaufe, fragt Brandle dann. Ohne netterweise zu erwähnen, dass der Intimfeind von Bucheli mit Kachelmannwetter eine Möglichkeit wäre.

Aber nein, schmettert Bucheli zurück: «Auch Zeitungen schreiben selber Artikel, obschon sie die Beiträge auch einkaufen können.» Das hat natürlich was, und einkaufen wäre auch hier häufig besser. Dennoch ist der Vergleich schön schräg, wenn ein Einkaufen auf einen Schlag die Prognosen und die Qualität deutlich verbessern würde. Was bei Tamedia bei der Übernahme von Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» nicht unbedingt der Fall ist.

Dann zeigt die SoZ, das ist wenigstens lustig, der «Blick»-Familie den Stinkefinger. Denn statt in seinem Hoforgan SoBli erklärt Bundespräsident Alain Berset hier, wieso er an der Street Parade teilnahm. So viel sei hier verraten: nicht, weil es dort so viele leichtbekleidete Weiber hat … Abgesehen davon, dass er diesen Beitrag garantiert nicht selbst verfasst hat.

Ein bedenklicher gedanklicher Tiefflug ist die Kolumne von Markus Somm. Er lobt Sergio Ermotti und Karin Keller-Sutterthis is not a bail-out», der potenzielle 16-Milliarden-Satz) dermassen über den grünen Klee, dass man sich fragen muss, ob er sich irgendwelche Hilfe für sein absaufendes Projekt «Nebelspalter» erwartet. Peinlich.

Aber nun kommen wir zum erwarteten Höhepunkt:

Nachdem sich Arthur Rutishauser in der ersten Folge den Versagerrat Urs Rohner vorgeknöpft hatte, kommen nun die letzten Führungsfiguren dran:

«Mit Tidjane Thiam und António Horta-Osório setzte der Verwaltungsrat der Credit Suisse gleich zwei Männer an die Spitze der Bank, die schwere charakterliche Schwächen aufwiesen. Beide konnten nicht rechtzeitig gefeuert werden, da der Verwaltungsrat geschwächt und die Bank in der Krise war. Das trug massgeblich zum Ruin der Bank bei. Ob die beiden strafrechtlich belangt werden können, muss sich noch weisen. Ihr Spesengehabe könnte Anlass geben zu einer Klage wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.»

Das sind mal wieder beglückend klare Worte, bei denen es den Hausjuristen noch wärmer geworden sein dürfte, als die Aussentemperaturen vermuten liessen. Denn Rutishauser zieht wirklich vom Leder: «Thiam nützte Rohners Schwäche gnadenlos aus und machte, was er wollte … Thiam war fast ständig unterwegs, in Paris und auch in Hongkong, wo seine neue Freundin arbeitete.»

Auch der designierte Nachfolger von Rohner war ein Flop: «Doch auch bei Horta-Osório kamen die charakterlichen Schwächen rasch zum Vorschein. So fiel im Verwaltungsrat bald auf, dass er ausserordentlich hohe Spesen verursachte. Er flog fast jedes Wochenende mit dem Privatjet der Credit Suisse nach Portugal, was Millionenkosten verursachte. Horta-Osório liess die Maschine in Portugal jeweils tagelang auf dem Flughafen warten.»

Das Ende der zweiten Folge macht den Mund wässrig für die dritte: «Axel Lehmann war der letzte Mann, der Anfang 2022 verfügbar war, sofort das Präsidium zu übernehmen. Wie ungeeignet er dafür war, das zeigte sich ein Jahr später.»

Ob man Gleiches dann auch mal von der neuen Oberchefredaktorin von Tamedia sagen wird?

 

 

 

Die NZZaS läuft auf Grund

Vier am Steuer: ungeheuer.

Es wird zur wöchentlichen Routine. Der Hilferuf von der NZZaS, dass endlich mal jemand mit Führungserfahrung und Linienkompetenz das Steuerruder übernehme. Denn an dem fummeln seit dem Abgang von Jonas Projer vier Verweser herum – und lenken das Schiff immer wieder auf Grund.

Auch die neuste Ausgabe enthält blamable Tiefpunkte. Der tiefste:

Die Sommerloch-Idee, einige weltberühmte Reden und Redner auszuwählen, nun gut. Natürlich kann man sich bei einer solchen Kurzfassung von all den vielen grossen Rednern und noch grösseren Reden immer über die Auswahl streiten.

Für den einen gehören Martin Luther King, Cicero, Elisabeth I., John F. Kennedy oder Michael Gorbatschow unbedingt dazu. Für andere Emmeline Pankhurst oder Angela Merkel eher weniger. Das Problem war offenbar, bei neun Aufgeführten neben fünf Männern auch vier Frauen zu finden. Bzw. herbeizuzerren. Das ist dann mal wieder das typisch verquere Ergebnis einer vermeintlich inkludierenden Darstellung.

Das mag ja noch etwas gequält, aber knapp akzeptabel sein. «Neun Ansprachen, die Geschichte schrieben», schenken das Daniel Friedli und Daniel Foppa ein. Foppa ist in der «Chefredaktion ad interim», das macht es etwas schwierig, ihm ein «goht’s no?» zuzurufen.

Das wäre aber bei dieser Person dringend nötig gewesen. Wäre es nur um Reden aus dem 20. und 21. Jahrhundert gegangen, könnte man noch mühsam beide Augen zudrücken. Aber King, Cicero, Elisabeth I., Kennedy, Gorbatschow, auch noch Dürrenmatt, okay. Aber Greta Thunberg? Echt jetzt? Ihre Panik-Rede am Selbstbespiegelungsevent WEF im Januar 2019 ist doch heute schon weitgehend vergessen. Ihre Wirkung längst verpufft, ihre Klimabewegung von radikaleren Elementen in den Hintergrund gedrängt.

Peinlich.

Das Stichwort für Aline Wanner. Doch, es muss mal wieder sein. Die beginnt ihre Kolumne diesmal mit der Behauptung: «Junge Menschen sind heutzutage newsdepriviert.» Wer das nicht kapiert und dennoch weiterliest, also die Wenigsten, bekommt es dann erklärt: «Das heisst, sie haben keinen Bock auf schlechte Nachrichten

Dafür hätten «agile Experten eine Lösung gefunden: konstruktiver Journalismus». Da würde dann aber eigentlich nur mit «hochtrabenden Begriffen» um sich geworfen. Ist das eine Selbstkritik? Könnte sie sein, müsste sie sein, ist es natürlich nicht.

Denn auch Wanner wirft zunächst mit dem hochtrabenden «newsdepriviert» um sich. Es würde sich eigentlich für Qualitätsjournalismus gehören, die Quelle anzugeben. Verwendet wurde der in einer Umfrage des «fög» («Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft». Das war unter Imhof selig wenigstens mit seinem «Jahrbuch Qualität der Medien» immer wieder für einen Aufreger gut, ist aber inzwischen abgetakelt und im linken Mainstream abgesoffen. Das «fög» bezieht sich auf eine Untersuchung von Reuters, die im Juni 2023 erschien und deren Ergebnisse für die Schweiz «fög» zusammenfasste. Übrigens ging es da um eine gewisse Abwendung von Newsmedien allgemein, nicht von schlechten Nachrichten. Plausibilität fraglich.

Wer im Glashaus sitzt … Peinlich.

Aber auch ein weiteres Mitglied der leitenden Quadriga gerät ziemlich aus der Spur. In einem Kommentar zur Absetzung der Ruag-Chefin behauptet Anja Burri forsch: «Es geht inzwischen längst darum, auf der richtigen Seite zu stehen: Auf der Seite der Ukraine, die gegen den russischen Aggressor nicht nur ihre Souveränität, sondern auch unsere westlichen demokratischen Werte verteidigt. Neutral sein wird in diesem Kontext nicht beziehungsweise falsch verstanden.»

Eine verfassungsfeindliche Ansicht in der NZZaS, dass wir diesen Tiefpunkt noch erleben müssen. Schon zuvor versucht sich Burri an einer forschen Auslegung der glasklaren Rüstungsexportgesetze: «Hätten sich Länder wie Deutschland oder Dänemark tatsächlich dazu entschieden, die Schweizer Waffen weiterzugeben und damit gegen das schweizerische Kriegsmaterialrecht zu verstossen, hätte unser Land offiziell protestiert. Viel mehr wäre wohl kaum passiert. Einziger Fehler in diesem Gedankenspiel: Offensichtlich ist kein Land bereit, die Schweizer Gesetze zu brechen

Burri fordert also indirekt EU-Länder dazu auf, sich einfach über Schweizer Gesetze hinwegzusetzen. Aber auch hier durfte niemand «goht’s no?» rufen, «Chefredaktion ad interim». Peinlich.

Die Fortsetzung der Serie des «Politgeografen» Michael Hermann über Schweizer Parteien, diesmal über die «Grünen». Wieso die NZZaS nicht über genügend eigenen Sachverstand verfügt, um die Serie «Parteien vor der Wahl» selbst zu bestreiten? Alle mit Arbeitsplatzsicherung beschäftigt? Oder mit (vergeblichen) Hoffnungen, in der Hierarchie aufzusteigen? Peinlich.

Wirtschaft? Geht im Sommerloch am Stock. Aufmacher: «Auch das nächste Jahr bringt nicht die grosse Lohnwende». Wahnsinn, eine Prognose, so zutreffend wie die Temperaturvorhersagen von SRF Meteo. Anlass für den erweiterten Kalauer:

Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert der Lohn oder bleibt, wie er ist. Kräht der Hahn auf dem Huhn, hat der Lohn nichts damit zu tun.

Dann hat die «Wirtschaft» noch bemerkt, dass der «Blick» teilweise eine Paywall hochgezogen hat. Ist ja auch brandneu. Wenn heute Mitte Juni wäre. Dass Google, Facebook und Co. wegen der Blödheit der Medienmanager 90 Prozent des Online-Werbekuchens abgreifen, gähn. Was Guido Schätti zu erwähnen vergisst, weil es seiner These vom kämpferischen Ringier-Konzern widersprechen würde: auch hinter der Bezahlschranke «Blick+» werden weiterhin Google-Ads aufgespielt. An denen Google satt und Ringier ein Trinkgeld verdient. Also eine Gaga-Übung.

Peinlich.

«So stellt man Käse her», auf dieser bunt illustrierten Doppelseite sagt das Sommerloch: «e chli stinke muess es».Peinlich.

Kultur? «Die Summe aller Frauen, Folge 24». Wir sagen erschöpft nichts mehr.

Ausser: ist das alles peinlich.

Wumms: Marc Brupbacher

Der Mann kann nicht mal logisch Daten interpretieren.

Brupbacher ist «Co-Leiter des Ressorts Daten & Interaktiv bei Tamedia». Während der Pandemie (mit Restausläufern bis heute) verwandelte er sich in eine hysterische Alarm-Kreische und beschimpfte unflätig alle (der Bundesrat sei «völlig übergeschnappt»), die nicht seiner Meinung waren.

Aber das war vielleicht Ausdruck eines etwas unausgeglichenen Psychohaushalts. Befremdlich bei einem Mann mit seiner Position, aber wenn’s der Angsttriebabfuhr gedient hat …

Nun aber tut er was, was wirklich ernsthafte und seriöse Zweifel an seiner Eignung für seinen Posten erweckt:

Der Co-Ressortleiter Daten des einflussreichsten Medienkonzerns der Schweiz hat keine Ahnung, wie man Daten richtig interpretiert. Das ist erschreckender als die neuste Mutation des Corona-Virus.

Er vergleicht den Abopreis der NZZ von knapp 1000 Franken (dabei hat er noch «NZZ Premium» vergessen, das wären dann 1896 Franken im Jahr) mit der Forderung, dass für die SRG 200 Franken pro Jahr genug seien.

Dabei sei das SRG-Angebot schon mal «mehrsprachig». Dass es die NZZ auch auf Englisch gibt, ist dem Datenhirsch entgangen.

Aber das sind alles Peanuts. Er will ernsthaft einen freiwilligen Abobetrag, den nur diejenigen zahlen, die die NZZ in allen Erscheinungsformen lesen wollen, mit einer Zwangsgebührenabgabe vergleichen, die jeder Schweizer Haushalt abzuliefern hat – unabhängig davon, ob er auch nur ein einziges Angebot der SRG konsumiert oder nicht. Dank Internet-TV kann sogar niemand mehr seine Abstinenz durch Plombieren von Kabel-TV oder so beweisen.

Das ist nun ein so gravierender Anfängerfehler bei der Interpretation von banalen Daten, dass eigentlich ein «Co-Leiter Daten» wegen erwiesener Inkompetenz fristlos entlassen werden müsste. Denn wer Zwangsgebühren nicht von einer freiwilligen Zahlung unterscheiden kann, müsste nochmal die Schulbank drücken. Lange. Sehr lange.

Oder aber, Jacqueline Badran orientiert sich um und empfiehlt nicht der Autorin des NZZ-Artikels («beim Psychiater ihren Komplex behandeln lassen»), über den sich Brupbacher so unqualifiziert erregt, sondern ihm selbst Hilfe beim Seelenklempner. Allerdings ist die SP-Saftwurzel inzwischen zu Kreuze gekrochen: «Offenbar habe ich gestern einen sehr dummen Tweet gemacht. Mir war keineswegs bewusst, dass ich andere Menschen damit beleidigen könnte. Dafür entschuldige ich mich in aller Form. Ich habe gelernt, dass ich in der Beziehung vollkommen unsensibel war. Das tut mir leid

Aber vielleicht bräuchte es wirklich ein solches Therapieangebot beim Vollpfosten Brupbacher (nein, tut ZACKBUM nicht leid). Erschwerend kommt hinzu: wir mögen Badran. Wirklich wahr. Die ist wenigstens mit Leib und Seele bei der Sache, dampft wie eine Lokomotive los und entgleist halt gelegentlich in der Kurve. Aber immer noch viel besser als die glattgeföhnten, sandgestrahlten Nonsens-Politiker, die sofort «aua» schreien, wenn sie jemand anrempelt.

Aber bei Brupbacher geht das Problem leider tiefer. Der Mann ist inkompetent. Fachlich unqualifiziert. Hat er öffentlich unter Beweis gestellt. Mal schauen, ob sich hier das unbedingte Streben nach Qualität bemerkbar macht, dem sich Oberchefredaktorin Raphaela Birrer verschrieben haben will.

Also: Birrer, übernehmen Sie. Badran: kümmern Sie sich drum!