SVP ist peino

«DJ Tommy» mit abgesägten Hosen.

Es passiert den Besten. George Harrisons Welthit «My Sweet Lord» war ein Plagiat. Kann passieren. Komponisten schwirren dermassen viele Melodien im Kopf herum, dass sie nie sicher sein können, ob sie das gerade erfunden oder erinnert haben.

Etwas anderes ist es, wenn der SVP-Banker Thomas Matter den DJ gibt und schon zum zweiten Mal ein eigentlich gutes Wahlvideo dreht, in dem die SVP-Crew mit Selbstironie und sogar einigen akzeptablen Moves brilliert.

Das sorgt für Stirnfalten und saures Aufstossen bei den Mainstream-Medien, wo Kleingeister an diesem und jenem nörgeln.

Ein kleiner Denunziant war sich sogar nicht zu schade, öffentlich darauf hinzuweisen, dass er den Komponisten des Lieds «We are Family» angefragt habe, ob die SVP bei ihm eine Einwilligung zur Verwendung abgeholt habe.

Hat Matter offenbar nicht, denn statt lustigen Zuckungen sieht man nur einen schwarzen Einblender, wenn man nach «Das isch d’SVP» sucht.

Als schnell bemerkt wurde, was offenkundig ist: zumindest der Refrain ist eindeutig eine Kopie von «We are Family» bis ins Lautmalerische hinein, winkte Matter noch ab. Es gäbe so viele ähnliche Melodien, da könne er kein Plagiat erkennen.

In Wirklichkeit scheint es sich aber um einen Anfall von Knausrigkeit bei den Millionären und Milliardären bei der SVP zu handeln. Nur schon Magdalena Martullo-Blocher müsste kaum die Portokasse öffnen, um die paar tausend Franken zu zahlen, die eine Lizenz allerhöchstens kosten würde. Zudem gibt es noch die Grauzone 15 Sekunden. Also je nach Land ist eine gewisse Zeitspanne erlaubt, um einen Song zu «zitieren».

Nun hat hier aber nicht der Komponist, sondern Sony-Musik gemeckert. Was wohl bedeutet, dass das Copyright beim Riesenkonzern liegt. Da kaum anzunehmen ist, dass sich beide Seiten auf einen langwierigen Rechtsstreit einlassen wollen, damit im nächsten Jahr mal das Copyright geklärt ist, gibt es nur zwei Möglichkeiten.

Der Auftritt war ein Flop. Oder die SVP schüttet noch etwas Geld nach, und der Song fährt wieder ab. Bis dahin kann man sich das Gewackel weiterhin ausgerechnet beim «Blick» anschauen. Zeichen und Wunder: das Anti-SVP-Kampfblatt scheut keine Lämpen wegen einer möglichen Copyright-Verletzung. Mutig oder bescheuert?

 

6 Kommentare
  1. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    Zitat: “Es passiert den Besten. George Harrisons Welthit «My Sweet Lord» war ein Plagiat. Kann passieren”

    George Harrison – My Sweet Lord (Erst-Veröffentlichung 1970)
    https://www.youtube.com/watch?v=AR4lpQWcT5g

    Ja, laut richterlichem Urteil soll es ein Plagiat sein, Zitiere Wiki:

    “Auf dem Album befindet sich auch der erfolgreichste Titel seiner Solokarriere, die Singleauskopplung My Sweet Lord, der sich allerdings nachträglich laut Gerichtsurteil als unbewusstes Plagiat des Stückes: He’s So Fine von The Chiffons herausstellte. Es war der erste Nummer-eins-Hit eines Ex-Beatle.“

    The Chiffons – He´s So Fine
    https://www.youtube.com/watch?v=rinz9Avvq6A

    Billy Preston (der 5te Beatles) – My Sweet Lord Life (Erst-Veröffentlichung 1971)
    https://www.youtube.com/watch?v=1EORbL8N-R8

    Ps. Vermutlich hatte der Richter gerade ein Problem mit seinem Hörgerät.

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    • Ludwig Detusch
      Ludwig Detusch sagte:

      Auch ein Tauber kann «My sweet Lord» (1970) als Plagiat von «He’s so fine» (1963) erkennen. Dass Harrison das Lied (#1 in den USA sowohl in Pop wie R&B, #16 im UK) nicht gekannt haben will ist lächerlich, zumal gerade Gruppen wie die Beatles die Lieder in den US-amerikanischen Charts damals exzessiv abgehört und weiterverwertet haben. Ein verändertes Arrangement und ein neuer Text machen noch lange keine neue Komposition.

      Zum Zeitpunkt der Klage war Allen Klein (der zuvor u. a. auch die Rolling Stones und die Beatles managte) Manager von George Harrison. Besonders schön, dass die ursprüngliche Klägerin Bright Tunes Music 1978 von ebenjenem Windhund Klein gekauft wurde, sodass George Harrison schliesslich 1981 nicht die ursprünglich verlangten 1’600’000 US-Dollar bezahlen, sondern die Firma Bright Tunes (samt dem Copyright von «he’s so fine») von Allein Klein für 587’000 US-Dollar abkaufen musste. Endgültig abgeschlossen wurde der Fall erst 1998.

      Siehe https://en.wikipedia.org/wiki/My_Sweet_Lord#Copyright_infringement_suit

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      • Ruedi Rudolf
        Ruedi Rudolf sagte:

        “Harrisons Werk gilt heute als das berühmteste ungewollte Plagiat der Musikgeschichte“

        https://de.wikipedia.org/wiki/The_Chiffons

        Zitat aus Wikipedia: „Im Herbst 1962 versuchte Ronnie Mack, sein Lied “He’s so Fine“ bei der neu gegründeten Produktionsfirma Bright Tunes, die von den Mitgliedern der Gruppe The Tokens gegründet worden war, unterzubringen. Der Titel gefiel und Mack sollte eine passende Gesangsgruppe für die Plattenaufnahme finden. Er ergänzte die Chiffons um eine vierte Sängerin, Sylvia Peterson. Im Dezember 1962 erschien die Single mit dem Titel Oh My Lover als B-Seite. Im Februar 1963 erreichten sie mit dem Lied He’s so Fine Platz 1 der amerikanischen Pop-Charts. Die Single hielt sich vier Wochen auf Platz 1 und belegte ebenfalls vier Wochen den ersten Platz der R&B-Charts.
        George Harrison wurde später vorgeworfen, diesen Song in seiner Single My Sweet Lord kopiert zu haben, woraufhin er nach einem Gerichtsverfahren zwei Drittel seiner Tantiemen an den ursprünglichen Songschreiber Ronnie Mack zahlen musste. Harrisons Werk gilt heute als das berühmteste ungewollte Plagiat der Musikgeschichte.“

        “Cover, Plagiat, Kopieren bei Medien und Musik – Schwieriges Thema, es gibt so viele – Wo kein Kläger ist – ist auch kein Richter“

        Beatles – Yesterday – Ist der meist gecoverte Song nämlich über 1600-mal.
        https://www.youtube.com/watch?v=wXTJBr9tt8Q

        In den USA würde man auch eine Kuh verklagen, weil die Milch sauer wurde – wenn denn bei der Kuh etwas zu holen wäre.

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Das Urheberrecht erlaubt ausdrücklich das veränderte oder unveränderte Nachspielen von geschützten Werken. Wenn dies kommerziell geschieht, dann muss der rechtevertretende Verlag informiert werden. Er kann es nicht untersagen, aber er kann geregelt Tantiemen einfordern. Das Wahl-Video war nicht kommerziell an sich, aber es wurde auf eine kommerzielle Platform hochgeladen. Youtube monetesiert leider alles und daher das Stopp vom Verlag (Sony).

    Aber ohne Denunziant wäre das Video vermutich immer noch online auf Youtube zu sehen. Der grösste Schuft im Land ist und bleibt der Denunziant.

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  3. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Thomas Matter scheint eine impulsive Ader zu haben. Seine Bankenkarriere deshalb durchzogen (Stichwort Swissfirst Bank).

    Die SVP ist besser gefahren mit Identifikationsfiguren wie etwa den Geissbock «Zottel» als Maskottchen. Dies war im Jahre 2011 im Vorfeld der damaligen Nationalratswahlen. Bei einer solchen PR-Aktion sind die juristischen Fallstricke minimal. Der «Zottel» wurde damals gar kurzeitig von linken Kreisen entführt. Seine Popularität konnte nicht grösser sein parteiübergreifend.

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