Wumms: Markus Somm

Schwatzen im Nebel des Krieges.

Somm müsste sich eigentlich um den serbelnden «Nebelspalter» kümmern, nachdem nach dem brutalen Rausschmiss des Chefredaktors der Print-Ausgabe der Versuch krachend gescheitert ist, sie dem Online-Auftritt anzunähern.

Aber es ist ein altes Phänomen, dass man sich lieber ums Grosseganze und die Welt kümmert als um das Wichtigkleine in nächster Nähe.

Also benützt Somm seine Kolumne in der «SonntagsZeitung», um mal wieder allen anderen Medienschaffenden die Knöpfe reinzutun. Schon im Titel erklärt er, wie er die Welt sieht: «Die Israelis sind die Guten». Vielleicht zeigen sich hier Restanzen seiner linksradikalen Vergangenheit. Da war es auch immer klar, wer die Guten und wer die Bösen sind. Nur: damals gehörten die Israelis sicher nicht zu den Guten für einen strammen Linken.

Als Aufhänger für seine Kolumne über die Guten nimmt er die Berichterstattung über die Explosion bei einem Spital im Gazastreifen. Bekanntlich passte die «News York Times» ihre Berichterstattung mehrfach an. Entsprechend der sich entwickelnden Informationslage, aber Somm sieht das anders: «Von Tätern war keine Rede mehr, von neuen Erkenntnissen oder neuen Quellen ebenso wenig – obschon in der Zwischenzeit die Israelis plausible Beweise vorgelegt hatten, dass es sich um eine Rakete der Palästinenser selbst gehandelt haben muss

Natürlich, wenn die per Definition und laut Somm «Guten» «Beweise» vorlegen – vielleicht sollte ein guter Journalist da von Indizien sprechen, die genauso wenig wie die Behauptungen der Palästinenser bislang von unabhängiger Seite bestätigt wurden –, dann ist die Sache doch klar.

Aber nun galoppiert Somm erst richtig los: «Es war eine Lüge, eine Hamas-Lüge, fabriziert von Hamas-Mördern, die den Tod der eigenen Leute den Israelis unterschieben wollten. Dass Terroristen lügen, kann keinen überraschen, dass aber die berühmtesten Zeitungen und Fernsehsender des Westens darauf hereinfallen, das umso mehr.»

Es mag den einäugigen Somm vielleicht überraschen, dass die «berühmtesten Zeitungen und Fernsehsender des Westens» auch schon auf Lügen der Guten hereingefallen sind. Oder hat er die «Massenvernichtungswaffen»-Lüge schon vergessen, mit der die USA samt Koalition der Willigen den Irak überfiel, was einen gescheiterten Staat und Hunderttausende von Toten hinterliess? Oder die «Brutkasten»-Lüge? Oder die Tongking-Lüge? Um nur drei Beispiele zu nennen.

Aber Somm dreht seine verbale Eskalationspirale weiter und weiter. Es sei sein Eindruck, dass es viele gäbe, «die sich danach sehnten, beide Seiten – Israelis und Palästinenser – für jede Gewalt gemeinsam verantwortlich zu machen, wie man das seit Jahren im Westen zu tun pflegt». Selbst das mag sein, aber ist es denn für Somm ausgeschlossen, dass auch die Guten für Gewalt verantwortlich sein könnten?

Immerhin, dann fällt Somm ein witziges Beispiel der Absurdität ein. Ob denn die NYT jemals eine solche Schlagzeile bringen würde: «Selenski lässt russisches Spital bombardieren, 500 Tote, sagt die Gruppe Wagner». Aber dann hört der Spass auf, wenn er behauptet: «Mördern glaubt man offenbar alles, solange sie Juden umbringen.» Das ist an Perfidie kaum zu überbieten.

Damit begibt auch er sich aus dem immer enger werdenden Raum der sinnvollen Debatte. Mit den folgenden Sätzen schlägt er krachend die Türe hinter sich zu, um in den Sumpfgebieten des Kriegsnebels zu verschwinden: «Erstens, die Israelis sind die Guten. Zweitens, die Hamas greift nicht bloss die Israelis an, sondern den Westen insgesamt. Es ist Zeit, dass wir aufhören, uns mehr zu hassen, als unbedingt nötig ist.»

Erstens: nur in alten US-Western gibt es die zweifellos Guten und die Bösen, die man alleine schon daran erkennt, dass die Bösen immer schwarze Hüte aufhaben. Zweitens, die Hamas greift nicht den Westen insgesamt an, das tun fundamentalistische Wahnsinnige insgesamt, die – wie die Hamas – von fanatisch islamistischen Regimes finanziert werden. In diesem Fall vom Iran, in anderen Fällen von Saudiarabien. Da aber das wahhabistische Scheich-Regime ein guter Freund des Westens ist, logen die westlichen Guten auch herbei, dass die Terroristen von Al-Kaida von Saddam Hussein unterstützt worden seien – obwohl sie alle Saudis waren und Bin Laden der bedeutenden saudischen Baufirma gleichen Namens angehörte.

Daher sollten wir – drittens – solchen Schwaflern wie Somm nicht mehr glauben, als unbedingt nötig ist.

Daher muss sich der gute (wie auch der schlechte) Leser eine einfache Frage stellen: will er sich wirklich von Organen informieren lassen, die von einem solchen einäugigen Propagandaplapperer mit infantiler Schwarzweiss-Weltsicht geleitet werden?

Während Somm so die Welt in gut und böse ordnet, versucht es der «Nebelspalter» mit dem gefühlt zehnten Relaunch, Redesign und «alles neu». Statt harter oder weicher Bezahlschranke ist nun alles gratis, wenn man vorher Werbung konsumiert. Ein solch hilfloses Geruder hat es in der jüngeren Schweizer Mediengeschichte noch nie gegeben. Das ist jenseits von Gut und Böse. Das ist einfach inkompetent.

8 Kommentare
  1. Jakob Joos
    Jakob Joos sagte:

    zurecht gehen Sie auf Somm los, seine Statements sind wirklich unfassbar einseitig pro Israel. Allerdings müssten Sie dann ebenso gegen Roger Schawinski schreiben, denn der verzapft – übrigens gemeinsam mit Somm – in seinem Radio1genau den gleichen völlig einseitigen, undifferenzierten Unsinn wie Somm. Wurde Schawinski in Ihre berechtigte Kritik nur nicht mit einbezogen, weil er ein Kumpel von Ihnen ist, Herr Zeyer?

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  2. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Vereint im Ungeist bieten viel zu viele dem Oberschwafler
    der Nation immer wieder eine Bühne!
    Wer in jungen Jahren linksextrem, der bleibt extrem
    ein Leben lang.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Somm ist tragisch. Chefredaktor des Nebelspalters den er gezielt wie die BAZ an die Wand fährt. Wahrgenommen wird er nicht als Kopf des Nebi sondern nur durch die Bittevergesstmichnicht-Kolumne in der SoZ wo er Hofnarr-Status geniesst! Das einzig interessante an Somm, wie hat er es geschafft bei der SoZ unter Denkmalschutz zu kommen wie ein Haus mit einer schönen Fassade aber innen hohl und leer!

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  4. Felix Abt
    Felix Abt sagte:

    Tatsächlich gehören Renegaten wie Markus Somm oder der französische Starphilosoph Bernard-Henri Lévy, zu den opportunistischsten Schaumschlägern und bemerkenswerten intellektuellen Bankrotteuren.

    Auch Lévy war ein linksradikaler Anführer der 68er-Proteste, wird aber heute als neuer Rechter gefeiert und regelmäßig als kriegslüsterner Neocon in den Élysée-Palast eingeladen und von CNN interviewt. Sein neuestes Meisterwerk ist ein «Dokumentarfilm» über die guten Ukrainer und die bösen Russen. Er hat den Film im UN-Hauptquartier in New York und in vielen Städten Amerikas gezeigt. Der Titel des Films lautet “Slava Ukraini!”

    Es ist nicht verwunderlich, dass ein Jude den von ukrainischen Ultranationalisten geprägten Spruch, die Zehntausende von Juden ermordet haben, als Titel für seinen Film verwendet. Auch sein Twitter-Account ist mit der Parole geschmückt. Denn etwas anderes kann man von Renegaten nicht erwarten: Sie hätten schon immer gerne ihre Großmutter für eine «gute» Sache verkauft.

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      Von Somm locker zu Levy, hurtig zur Ukraine, leichtfüssig zu Stepan Bandera, im Purzelbaum zu „Renegaten“ als solchen. Das kann man nicht als Renegatentum bezeichnen. Regressistentum vielleicht?

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  5. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Herr Somm hat sich mit seinen Meinungen, seiner Kolumne, seinem Internet-Auftritt und seinem Nebelspalter so was ins Abseits manöveriert, dass kein Ausweg mehr bleibt.

    Der Nebelspaltet kostete ihn so viel Geld, nur um unverkäuflich zu werden.

    Wer zahlt für den Internetauftritt von Somm und seinem Team schon CHF 179.00 im Jahr? Dieses Geld ist, auf freiwilliger Basis, bei René Zeyer und Zackbum viel besser aufgehoben!

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