Zahlen sind Glücksache

Ihre Interpretation auch, sagt sich Tamedia.

Der Artikeltitel ist verblüffend: «Weniger als 8 Prozent der Bevölkerung haben die SVP gewählt». Da wundert man sich natürlich, wie denn die beiden Zahlengenies Yannick Wiget und Patrick Vögeli mit vereinten Kräften auf diese Zahl kommen.

Was angesichts des Folgenden mehr als bedenklich ist: Wiget ist «Leiter Faktencheck-Team» beim Tagi. Die armen Fakten. Vögeli hingegen ist als «Interaction Designer» entschuldigt.

Nun, die beiden gehen von einer Gesamtbevölkerung von 9,7 Millionen aus. Auf diese verblüffende Zahl kommen sie, wenn sie 8,9 Millionen «ständige Wohnbevölkerung» plus 800’000 Auslandschweizer zusammenzählen.Davon ziehen sie knapp 40 Prozent «Nicht Wahlberechtigte» ab. Halt die Unter-18-Jährigen, allgemein nicht-mündige Bürger und Ausländer.

Damit sind sie dann bei 5,83 Millionen Wahlberechtigten. Allerdings: dann hätten wir noch die Wahlbeteiligung. Die lag bei 46.6 Prozent. Somit hätten weitere 3,1 Millionen bzw. 32 Prozent der Gesamtbevölkerung nicht an den Wahlen teilgenommen. Was es allerdings für einen Sinn macht, die als Prozentzahl der Gesamtbevölkerung auszuweisen? Ah, daraus schliessen die beiden Zahlengenies messerscharf, dass lediglich 2,7 Millionen an den Wahlen teilgenommen haben, was gerade mal 28 Prozent der Bevölkerung entspreche.

Davon müsse man noch die ungültigen Stimmen abziehen, womit man bei 27,5 Prozent lande. Das bedeute dann, dass die Wahlsiegerin SVP mit furchtbar wenig Stimmen 28,6 Prozent aller Sitze im Nationalrat «ergattert» habe. Zu den Rechenkünsten kommen wir noch, aber auch sprachlich hapert es schon mal. Denn was soll hier «ergattert» heissen? Wissen die beiden Sprachgenies, was das bedeutet? Offensichtlich nicht.

Aber nun laufen sie auf die Zielgerade ein: das bedeute, dass die SVP von lediglich 7,8 Prozent «der Gesamtbevölkerung» gewählt worden sei, die SP als zweitstärkste Kraft allerdings von bloss 4,9 Prozent.

Oder mit anderen Worten: mit so wenig Prozent habe die SVP so viele Sitze im Nationalrat «ergattert». Was unausgesprochen mitschwingt: ist doch nicht so schlimm, nur eine radikale Minderheit der Schweizer Bevölkerung ist rechtspopulistisch, hasst Fremde und hetzt auch gerne.

Das wäre vielleicht beruhigend, wenn es nicht völlig gaga wäre.

Einen Prozentsatz für eine Partei bei Wahlen in Relation zur Gesamtbevölkerung zu setzen, ist unsinnig, da ja Nicht-Mündige und Ausländer per Definition nicht wählen können. Wieso nicht gleich die Wohnbevölkerung Europas oder der Welt nehmen? Oder Schweizer Kühe? Die dürfen ja auch in der Schweiz nicht wählen.

Aber die Absicht der beiden Zahlenhelden enthüllen sie schon im Lead: «Nur ein kleiner Teil der Schweizer Bevölkerung stimmte wirklich für die Wahlsiegerin.» Dann wird’s echt lustig: «Wie dieses überraschende Resultat zustande kommt.» Na, durch Zahlenzauber, durch Taschenspielertricks, wie denn sonst.

Auch diejenigen, die sich aus welchen Gründen auch immer entscheiden, nicht zu wählen, haben mit dem Wahlresultat herzlich wenig zu tun. Genau wie diejenigen, die zu blöd sind, den Wahlzettel richtig auszufüllen oder die vielleicht mit einer ungültigen Wahl einen leisen Protest ausdrücken wollen.

Ein Wahlergebnis gespiegelt an der Gesamtbevölkerung inklusive Nicht-Wahlberechtigte und Nicht-Wähler. Dafür hat der Ami das einzig passende Wort: Bullshit.

Aber gut, wenn sich selbst das Bundesamt für Statistik verzählt, dann sollte doch auch solch einfältige Zahlenakrobatik erlaubt sein.

 

11 Kommentare
  1. Ludwig Detusch
    Ludwig Detusch sagte:

    Egal was der Tagesanzeiger schreibt. 54% der Stimmbürger (nämlich die Nichtwähler) müssen für Vertreter bezahlen, von denen sie nie vertreten werden wollten. Nein, das ist nicht Demokratie, sondern bloss eine pervertierte und degenerierte Form davon. Meines Erachtens besitzen von den 200 Nationalräten damit also 108 keinerlei Legitimation und Anrecht auf Lohn. Bei einem Durchschnittslohn von 132’500 Franken könnten allein damit 14.3 Millionen Franken eingespart werden – ganz abgesehen davon, dass die ganze Bevölkerung vor den Folgen der dummen Ideen und Entscheidungen dieser illegitimen Nationalratssesselbesetzer verschont bliebe.

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      • Ludwig Detusch
        Ludwig Detusch sagte:

        Ich habe also den zur Verfügung stehenden Rahmen fast maximal gut ausgefüllt, würde allerdings gerne wissen, was konkret ihn beinahe gesprengt hätte.

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          • René Küng
            René Küng sagte:

            1a. BILDUNGSSPRACHLICH
            unrechtmäßig, im Widerspruch zur Rechtsordnung [stehend], nicht im Rahmen bestehender Vorschriften [erfolgend]
            «eine illegitime Thronfolge»
            1b. FRÜHER
            außerehelich; nicht ehelich «ein illegitimes Kind»

            b war’s wahrscheinlich nicht.
            Aber im a hat es schwerwiegende rechtliche Gründe (zumindest für mich), nachdem jetzt die schwarzgetünchten (vorher aus besten Gründen heimlichen) Spritzen-Verträge geplatzt sind.
            Zuerst in Süd-Afrika, jetzt die der EU mit den Giftmischern.
            180° entgegen Grundsatz (ok, das heisst heute zwar nach Bedarf auch 360°), dass die Sesselbenützer eigentlich für – und nicht verantwortungslos gegen – unsere Gesundheit rumlavieren sollten.
            Dass wir darüber in der Weglassen-Presse (mindestens so perfide wie Lügen-P) nichts lesen werden, darf stark angenommen werden.
            Der Rechtsrahmen gilt halt vor allem für normal Sterbliche, aber spätestens bei Sesselbeschmutzern wird erfolgreich auf Gedächtnislücken zurück gegriffen, falls diverse Spielarten der Immunität nicht alles dem Gesetz entzieht.
            Danke Herrn Detusch, einem weiteren Hartnäckigen.
            Danke zackbum für das Gastrecht auch gegenüber Andersgläubigen.
            Hat inzwischen Seltenheitswert.
            PRO SPEZIE RARA

      • Ludwig Detusch
        Ludwig Detusch sagte:

        Ich bin nicht zu faul und nehme meine «demokratischen Möglichkeiten» wahr. Gemäss Ihrer Diktion steht mir also das Meckern zu. Die oben gemachte Feststellung habe ich als Wähler gemacht, nicht als Nichtwähler. Selbst viele Wähler haben keinen einzigen der letztlich einsitzenden Nationalräte wirklich gewählt und müssen dennoch für sie bezahlen.

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  2. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    SP 4.9%? In D wären die unter die 5%-Hürde gefallen und damit weg vom Fenster. Natürlich nur, wenn man sich die Wähleranteile so wie Cracks von Tamedia zusammenreimt / -phantasiert / -bastelt .

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Das ist eben Werdstrassejournalismus. Zuerst ein peppiger Titel mit dem Ziel den Erfolg der SVP klein machen. Dann muss noch Text her, da kommen die Bastler zum Zug und manipulieren bis der Text zum Titel passt! Frau Birrers Leidmedium wird immer tendenziöser!

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  4. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Vergeudete Zeit, dieser beiden Herren. Interessanter folgender Aspekt: Im Kanton Schaffhausen nahmen an der Nationalratswahl in der Schweiz am 22. Oktober 2023 61,6 Prozent der Wahlberechtigten teil. Damit war Schaffhausen der Kanton mit der höchsten Wahlbeteiligung. Am niedrigsten war sie hingegen in Appenzell Innerrhoden mit 24,5 Prozent. Diese Riesendiskrepanz lässt aufhorchen.

    Schaffhauserinnen und Schaffhauser, die nicht abstimmen oder wählen, müssen eine Busse von sechs Franken bezahlen. Die Stimmbeteiligung im Nordschweizer Kanton ist darum bis zu 20 Prozent höher als in der restlichen Schweiz.

    Schlage folgedessen vor, dass diese Busse schweizweit auf CHF 20.- erhöht wird. Unsere Demokratie ist nicht zum Nulltarif erhältlich.

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  5. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Wer kann heute noch rechnen?

    Die Machtübernahme mittels Wahlbetrug ist die einfachste und billigste Methode, um zur Macht zu kommen oder zu bleiben.

    Eine Gefahr für die Demokratie, aber wenn klare Volksinitiativen vom Parlament auch nicht umgesetzt werden…

    Wer glaubt Zeitungen, Politikern oder gar der Verwaltung?

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