Schlagwortarchiv für: SP

Lichtblick

Hoffentlich schadet Bettina Weber dieses Lob nicht.

Solange (wie lange noch?) Arthur Rutishauser bei der «SonntagsZeitung» am Gerät ist, gibt es immer wieder kleine Perlen beim Abtauchen zu entdecken. Irgend ein Todesmutiger stellte das sogar beim Tagi online.

Anlass der Überlegungen von Weber ist eine absurde Idee, die der Stadtzürcher SP zusammen mit der AL und der Mitte kam und die im Gemeinderat durchkam: die Strassenprostitution im Langstrassenquartier Zürichs sei zu legalisieren. Die fände dort doch ohnehin statt.

Kontrastiert etwas mit der SP-Forderung, dass die Verkehrssignalisation auch weibliche Wesen zeigen solle, da die aktuellen suggerierten, dass der öffentliche Raum vor allem den Männern gehöre, merkt Weber spitz an.

Aber jetzt:

«Das hat zur Folge, dass die beliebte Ausgangszone für die weibliche Hälfte der Bevölkerung höchst amtlich zum Sperrgebiet wird. Die Teenagermädchen zum Beispiel, die dort mit ihren Freundinnen etwas essen oder trinken wollen, müssen dort fortan damit rechnen, gefragt zu werden, wie viel sie für einen Blowjob verlangen. Sorry, selber schuld, sie befinden sich nun mal im städtisch bewilligten Sexkaufgebiet, wo die Männer sozusagen Offerten einholen

Damit wäre also amtlich: «Die Frau als Ware, die der Mann kaufen und über die er befehlen kann

Kapitalismus überwinden, Patriarchat abschaffen? Im Prinzip ja, «obwohl sich die beiden in der Prostitution auf brutalste Weise potenzieren».

Andernorts beschreitet man den Weg, dass der Kauf von Sex bestraft wird, nicht das Angebot. Wie bei Drogen ist es offensichtlich, dass ein völlige Verbot sinn- und nutzlos ist. Allerdings herrscht auf beiden Gebieten organisierte und unorganisierte Kriminalität, werden vor allem ausländische Sexanbieterinnen (was für ein absurdes Korrektwort «Sexarbeiterinnen») ausgebeutet, misshandelt und um den grössten Teil ihrer Einnahmen beraubt. In zwei Jahren, wenn diese Entscheidung nicht umgestossen wird, mit amtlichen Gütesiegel.

Die Sonderberichterstatterin der UNO für Gewalt gegen Frauen und Mädchen (eine Institution, die nicht immer über jeden Zweifel erhaben ist), kommt zum eindeutigen Verdikt: Länder, die den Kauf von Frauen erlauben oder legalisieren, seien «Zuhälterstaaten». Zürich ist dann also eine Zuhälterstadt, auf Wunsch der Linken. Unfassbar, aber in Zeiten, wo so vieles aus dem Ruder läuft …

 

Zwei Zwerge sind schockiert

Gut, dass das Helmut Hubacher nicht mehr erleben muss.

Es gab mal Zeiten, da war der Präsident der SP Schweiz eine Figur. Eine Persönlichkeit. Jemand mit Bildung, Kenntnissen, politischem Gespür, ein Stratege und ein guter Debattierer. Jemand wie Hubacher. Auch wie Bodenmann. Na ja, auch Levrat.

Aber heutzutage teilen sich zwei Wäffler, zwei Wadenbeisser, zwei kurzatmige Gesinnungsblasenbewirtschafter das Präsidium und zeigen, dass sie sich von der ehemaligen Wählerbasis meilenweit entfernt haben. Und höchstens noch die Biotope grün-urbaner Gutmenschen bedienen wollen.

Da gehört es zum guten Ton, den demokratischen Wahlsieg von Donald Trump zu bejammern. Das tut auch die schreibende Schmachtlocke in der «Republik», garniert mit einer menschenverachtenden Karikatur:

Da könnte sich der «Spiegel» noch eine Scheibe von abschneiden. Sein dröhnendes Unwissen enthüllt Daniel Binswanger in einem einzigen Satz: der «Schock» des Sieges zeige, «dass die amerikanische working class sich im Stich gelassen fühlt – obwohl die Wirtschaftsentwicklung in den letzten Jahren für die unteren Schichten positiv war.» Immerhin, der Mann steht dazu, dass er keine Ahnung hat.

Ähnlich gehen Mattea Meyer und Cédric Wermuth «mit kämpferischen Grüssen» die Sache an. Sie bibbern: «Wir sind schockiert.» Die Betrachtung des eigenen Bauchnabels greift vom Journalismus in die Parteispitze der SP über. Sie charakterisieren den zukünftigen Präsidenten, der immerhin von mehr als der Hälfte der US-Stimmbürger gewählt wurde, so: «Ein verurteilter Straftäter, der Hass schürt und die Demokratie verachtet. Ein Mann, der die Klimakrise leugnet, Abtreibungen verbieten will und gegen Migrantinnen hetzt.»

Und so einen haben die jenseits des grossen Teichs gewählt. Unvorstellbar. Die spinnen, die Amis. Nein, die sind einfach vollblöd. Dieser Hälfte sollte man doch glatt das Wahlrecht wegnehmen.

Das schreibt im Übrigen ein Mann ohne rot zu werden, der sich für das Verbot von innereuropäischen Flügen einsetzt, aber selbst mal kurz nach Berlin flog, um sich auf einem unscharfen Foto mit Olaf Scholz zu produzieren. So von wegen Klimakrise. Aber nach dem Trump-Bashing geht’s übergangslos in die Schweiz. Und wohin dort? Richtig, zum SVP-Bashing. Auch hier machen sich die zwei (unnötige) Sorgen: «Wo soll das hinführen, wenn sie (die SVP, Red.) sich Trump jetzt noch stärker zum Vorbild nimmt?» Noch stärker? Seit wann und wo hat sich denn die SVP Trump zum Vorbild genommen?

Aber zurück zu den Bauchnäbeln: «Wir machen uns grosse Sorgen.» Aber sie geben sich auch kämpferisch: «Wenn die Egoisten nach der Macht greifen, müssen wir dagegenhalten.» Sagt Wermuth, der bislang sein Leben im Dienst der Allgemeinheit verbracht hat. So als ewiger Student und Funktionär.

Aber wie kann man denn gegen Egoisten dagegenhalten? Was tun, wie schon Lenin fragte. Ganz einfach: «Deshalb möchten wir Sie an diesem bitteren Tag herzlich einladen, der SP beizutreten.» Na, wenn das so einfach ist, machtgierige Egoisten zu bekämpfen, was natürlich allen Funktionären der SP völlig wesensfremd ist …

Denn auch die haben ja ihr Leben selbstlos der Allgemeinheit verschrieben. Wie Alt-Bundesrat Leuenberger, der sich für viel Geld anderweitig verdingte. Oder wie Alt-SP-Präsident Levrat, der jetzt einen hochdosierten Posten in einem Staatsbetrieb ausfüllt, obwohl er davon keine Ahnung hat.

Da fragt man sich mal wieder, so rein kommunikativ: wissen die beiden denn wirklich nicht, wie lächerlich und lachhaft das ist, was sie von sich geben? Glauben sie wirklich, dass es irgend jemanden interessiert, dass sie sich grosse Sorgen machen und schockiert sind?

Dass sie mit solchem Gelaber ungefähr gleich viele Leute davon überzeugen, in die SP einzutreten, wie die schreibende Schmachtlocke neue Abonnenten der «Republik» gewinnt?

Wumms: Cédric Wermuth

Der SP-Co-Präsident hat die klare Ausrichtung einer Wetterfahne.

Wermuth ist ein strikter Gegner aller Flugbewegungen innerhalb Europas, oder wenn das Ziel weniger als acht Stunden mit der Bahn entfernt ist. Ausser, Wermuth muss mal schnell nach Berlin glühen, um eine unscharfe Fotografie mit Olaf Scholz zu knipsen. Oder er muss nach Brüssel glühen, um sich mit Alain Berset abzulichten, der irgendwas geworden ist, wo er einen Haufen Geld verdient und nichts zu tun hat.

Wermuth ist ein klarer Befürworter der Juso-Initiative, dass Vermögen über 50 Millionen mit einer Erbschaftssteuer von 50 Prozent belegt werden sollen. Er sonnte sich im Flair des Revolutionären, als die Initiative vorgestellt wurde. er ist im Initiativkomitee und hat auch schon höchstselbst Unterschriften gesammelt.

Denn «eat the rich», das ist doch die Lösung für alle Probleme. Die merken es doch gar nicht, wenn sie jeden Morgen wie Dagobert Duck in ihren Geldspeicher hopsen, wenn man unten etwas ablässt.

Nun hat seine Nachfolgerin bei den Jusos, die Amok-Kreische Mirjam Hostetmann, mal wieder einen rausgehauen. Es sei höchste Zeit, dass «steuerkriminelle Familienclans, wie der von Spuhler, nach den Regeln des Gesetzes spielen müssen». Weder Spuhler, noch sein Clan ist steuerkriminell, und nach den Regeln des Gesetzes spielen sie sowieso. Zudem hat Spuhler – ganz im Gegensatz zu den ewigen Studenten Hostetmann und Wermuth – doch den einen oder anderen Arbeitsplatz geschaffen und liefert jedes Jahr einige Millionen an Steuern ab.

Langsam dämmert es auch den (wenigen) intelligenten Politikern in der SP, dass man mit dieser Initiative zwar kräftig den Sozialneid schüren kann, aber vielleicht doch ein paar unliebsame Nebenwirkungen in Kauf nähme. Denn da reiche «Familienclans» in der Schweiz eben nicht wie Dagobert Duck im Geldspeicher baden, sondern ihr Geld in ihren Firmen investiert haben, würde die Annahme der Initiative bedeuten, dass ihre Erben diese Unternehmen zerschlagen und verkaufen müssten. Oder aber, dass die Erblasser zuvor ins Ausland abwandern würden. Absurd, selbst für SPler.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Verwendungszweck der so eingenommen Gelder völlig unscharf formuliert ist; irgendwas mit Klimaschutz. Ein richtiger Schrotthaufen, lediglich gemacht, um mediale Aufmerksamkeit zu erzielen.

Entsprechend gibt es innerhalb und ausserhalb der SP kräftig Gegenwind gegen diesen Schwachsinn. Der Moment, wo Wermuth aufrecht hinstehen müsste und aus seinem wohlgestutzten Bart heraus volltönende verbale Unterstützung einer Initiative zu trompeten hätte, in deren Komitee er schliesslich sitzt.

Aber Wermuth ist halt in erster Linie Opportunist und Wendehals. Ein Heuchler, der sein Mäntelchen immer in den Wind hängt. Und wenn es Gegenwind gibt, macht er das, was alle solche Typen machen: er schweigt.

Er hofft, dass sich der Sturm legt, dass er das aussitzen kann. Dass er sein linkes Image behalten kann, während es ihm in Wirklichkeit lediglich um seine eigene Karriere geht.

Das zeigte er auch schon, als er als verbal überzeugter Feminist den Salto schlagen musste, wieso er denn dann gegen eine Konkurrentin in der Partei antritt. Ganz einfach, weil er auf das Einkommen als Nationalrat angewiesen ist. Aber so konnte er das natürlich nicht formulieren.

Man kann nur froh sein, dass Helmut Hubacher diese Degeneration des Führungspersonals seiner Partei nicht mehr erleben muss. SPler sind eigentlich wie Journalisten: sie schaffen sich selbst ab.

Zahlen sind Glücksache

Ihre Interpretation auch, sagt sich Tamedia.

Der Artikeltitel ist verblüffend: «Weniger als 8 Prozent der Bevölkerung haben die SVP gewählt». Da wundert man sich natürlich, wie denn die beiden Zahlengenies Yannick Wiget und Patrick Vögeli mit vereinten Kräften auf diese Zahl kommen.

Was angesichts des Folgenden mehr als bedenklich ist: Wiget ist «Leiter Faktencheck-Team» beim Tagi. Die armen Fakten. Vögeli hingegen ist als «Interaction Designer» entschuldigt.

Nun, die beiden gehen von einer Gesamtbevölkerung von 9,7 Millionen aus. Auf diese verblüffende Zahl kommen sie, wenn sie 8,9 Millionen «ständige Wohnbevölkerung» plus 800’000 Auslandschweizer zusammenzählen.Davon ziehen sie knapp 40 Prozent «Nicht Wahlberechtigte» ab. Halt die Unter-18-Jährigen, allgemein nicht-mündige Bürger und Ausländer.

Damit sind sie dann bei 5,83 Millionen Wahlberechtigten. Allerdings: dann hätten wir noch die Wahlbeteiligung. Die lag bei 46.6 Prozent. Somit hätten weitere 3,1 Millionen bzw. 32 Prozent der Gesamtbevölkerung nicht an den Wahlen teilgenommen. Was es allerdings für einen Sinn macht, die als Prozentzahl der Gesamtbevölkerung auszuweisen? Ah, daraus schliessen die beiden Zahlengenies messerscharf, dass lediglich 2,7 Millionen an den Wahlen teilgenommen haben, was gerade mal 28 Prozent der Bevölkerung entspreche.

Davon müsse man noch die ungültigen Stimmen abziehen, womit man bei 27,5 Prozent lande. Das bedeute dann, dass die Wahlsiegerin SVP mit furchtbar wenig Stimmen 28,6 Prozent aller Sitze im Nationalrat «ergattert» habe. Zu den Rechenkünsten kommen wir noch, aber auch sprachlich hapert es schon mal. Denn was soll hier «ergattert» heissen? Wissen die beiden Sprachgenies, was das bedeutet? Offensichtlich nicht.

Aber nun laufen sie auf die Zielgerade ein: das bedeute, dass die SVP von lediglich 7,8 Prozent «der Gesamtbevölkerung» gewählt worden sei, die SP als zweitstärkste Kraft allerdings von bloss 4,9 Prozent.

Oder mit anderen Worten: mit so wenig Prozent habe die SVP so viele Sitze im Nationalrat «ergattert». Was unausgesprochen mitschwingt: ist doch nicht so schlimm, nur eine radikale Minderheit der Schweizer Bevölkerung ist rechtspopulistisch, hasst Fremde und hetzt auch gerne.

Das wäre vielleicht beruhigend, wenn es nicht völlig gaga wäre.

Einen Prozentsatz für eine Partei bei Wahlen in Relation zur Gesamtbevölkerung zu setzen, ist unsinnig, da ja Nicht-Mündige und Ausländer per Definition nicht wählen können. Wieso nicht gleich die Wohnbevölkerung Europas oder der Welt nehmen? Oder Schweizer Kühe? Die dürfen ja auch in der Schweiz nicht wählen.

Aber die Absicht der beiden Zahlenhelden enthüllen sie schon im Lead: «Nur ein kleiner Teil der Schweizer Bevölkerung stimmte wirklich für die Wahlsiegerin.» Dann wird’s echt lustig: «Wie dieses überraschende Resultat zustande kommt.» Na, durch Zahlenzauber, durch Taschenspielertricks, wie denn sonst.

Auch diejenigen, die sich aus welchen Gründen auch immer entscheiden, nicht zu wählen, haben mit dem Wahlresultat herzlich wenig zu tun. Genau wie diejenigen, die zu blöd sind, den Wahlzettel richtig auszufüllen oder die vielleicht mit einer ungültigen Wahl einen leisen Protest ausdrücken wollen.

Ein Wahlergebnis gespiegelt an der Gesamtbevölkerung inklusive Nicht-Wahlberechtigte und Nicht-Wähler. Dafür hat der Ami das einzig passende Wort: Bullshit.

Aber gut, wenn sich selbst das Bundesamt für Statistik verzählt, dann sollte doch auch solch einfältige Zahlenakrobatik erlaubt sein.

 

Zeit der Gedankenleere

Israel/Palästina: eigentlich ein Idealfall für Intellektuelle.

Der heimtückische Überfall der fundamentalistischen Terrororganisation Hamas auf Israel ist ein durch nichts zu rechtfertigendes Verbrechen. Raketen wahllos auf zivile Ziele abfeuern, Nicht-Kombattanten als Geiseln nehmen, in Dörfern um sich schiessen: unsäglich.

Die Hamas (Bewegung des Islamischen Widerstands), ein Ableger der Muslimbrüderschaft, regiert seit ihrem Wahlsieg von 2006 diktatorisch im Gazastreifen. Ihr erklärtes Ziel ist die Beseitigung des Staates Israel mit militärischen Mitteln. Zu ihren wichtigsten Unterstützern gehört der Iran, der zwar Israel 1948 sofort anerkannte, aber nach der islamistischen Revolution das Existenzrecht eines israelischen Staates nicht mehr anerkennt.

Der einzige erkennbare Grund für den Überfall könnte sein, dass damit die Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien, einem Todfeind des Irans, torpediert werden soll. Völlig ungeklärt ist die Frage, wie der israelische Geheimdienst, der wohl beste der Welt, der ganze Infiltrationsteams im Gazastreifen unterhält, die monatelangen Vorbereitungen übersehen haben kann.

Die Folgen dieses terroristischen Überfalls für den Gazastreifen werden fürchterlich sein.

Das sind wohl soweit die einigermassen gesicherten Tatsachen.

Anschliessend wird es aschgrau. Es gibt einige versprengte Anhänger des Antisemitismus, die fundamental gegen die Juden sind und auch Zweifel an der Existenzberechtigung Israels haben. Sie sind in der intellektuellen Auseinandersetzung über das Thema irrelevant.

Viel komplizierter wird es bei der Linken, die traditionell das Kopftuch à la Arafat als modisches Statement um den Hals geschlungen hatte und hat. Die mehr oder minder unreflektiert das, was sie für die Sache der Palästinenser hält, unterstützt. Die zwar das Existenzrecht Israels anerkennt, aber genauso einen Palästinenserstaat fordert. Dabei allerdings übersieht, dass sich die Zeiten seit der Herrschaft von Yassir Arafat massiv geändert haben. Ihm war es noch gelungen, die Al-Fatah als zwar terroristische, aber politische und nicht religiöse Bewegung auf der internationalen Landkarte zu etablieren.

Aktuell bestünde eigentlich die Aufgabe von Intellektuellen, Journalisten, Analysten, Experten darin, zu versuchen, die in die verschlungene Geschichte des Nahen Ostens nicht Eingeweihte mit Hintergrundinformationen zu versorgen. Sie versagen einmal mehr.

Aktuell bestünde die Aufgabe von Politikern und politischen Parteien, die sich traditionell der palästinensischen Sache verschrieben haben, darin, sich zu diesem Angriff zu äussern. Die «Gesellschaft Schweiz Palästina», immer noch präsidiert von Geri Müller: tiefes Schweigen. Der Co-Präsident von Swissaid, der Freund des Mafiastaates Kosovo, der SP-Nationalrat und Vielschwätzer Fabian Molina behauptet, er sei «schockiert» über «das Leid, welches diese Gewalteskalation bei der Zivilbevölkerung in Israel und Palästina» auslöse. Ein terroristischer Überfall, verkleidet als «Gewalteskalation»? Und welche Zivilbevölkerung Palästinas? Ein Geeier. Dann verkündet Molina noch allgemein: «Angriffe auf Zivilpersonen sind niemals legitim.»

Auch Balthasar Glättli, aalglatter Präsident der Grünen, ist um eine Verurteilung nicht verlegen: «Unser Mitgefühl gilt den Opfern dieser barbarischen Gewalt», salbadert er, als müsste er eine Trauergemeinde verbal trösten.

Nun ist es heutzutage leider so, dass dank Internet so ziemlich jede vergangene Äusserung auffindbar bleibt. Nehmen wir mal ein paar Organisationen durch. Da wäre zum Beispiel Greta Thunberg und «Fridays for Future». Israel begehe «Kriegsverbrechen um Kriegsverbrechen», regte sich die Kämpferin für eine bessere Welt auf. Auch die Organisation  selbst sieht die Sache eher einseitig: «Unsere Herzen sind bei den Märtyrern, ihr Blut wird nicht vergessen gehen.» Damit meinte sie aber nicht israelische oder zivile Opfer, sondern getötete fundamentalistische Terroristen.

Auch ein Mitbegründer der Klimakämpfer «Extinction Rebellion» hat ein etwas verrutschtes Geschichtsbild; so bezeichnete er den Holocaust flappsig als «just another fuckery» (einfach so ein weiterer Scheiss) in der Menschheitsgeschichte.

Auch die SP hat eine lange Geschichte der militanten Verteidigung der Sache der Palästinenser. Noch 2002 organisierte die Partei (zusammen mit den Grünen, den Gewerkschaften und dem reformierten Kirchenbund) eine grosse Demo in Bern mit 10’000 Teilnehmern. Kein Geringerer als der damalige Fraktionschef der SP verurteilte in seiner Rede Israel, das «ganz gezielt ein ganzes Volk massakriere» dabei «die systematische Ausrottung der Palästinenser» plane.

Heute haben alle Kreide gefressen. Molina warnt kleinlaut davor, alle Palästinenser in den gleichen Topf zu werfen. Noch 2022 hatte er, mit einer Mehrheit von 125 Nationalräten, gegen ein Verbot der Hamas in der Schweiz gestimmt. Und auf der Webseite der SP Schweiz findet man unter dem Stichwort Palästina zwei Einträge. Einer von 2014 und der zweite von 2010 … Die Hamas existiert dort nicht.

So gibt es unzählige grössere und kleinere linke Organisationen, Medien oder Einzelmasken, denen es äusserst peinlich wäre, an vergangene Äusserungen zum Nahostkonflikt erinnert zu werden. Man kann ja seine Meinung ändern, das ist erlaubt und aufrechter, als am ewigen Politikertalk festzuhalten: «Ich habe schon immer gesagt.» Aber: eine redliche und genauso öffentliche Auseinandersetzung mit vergangenen Irrtümern wäre anständig und nötig.

Genauso unredlich ist es allerdings, diesen abscheulichen Überfall dazu zu missbrauchen, mal wieder jegliche Kritik an der verbrecherischen Politik Israels, der völkerrechtswidrigen und in unzähligen UNO-Resulotionen verurteilten Besetzung fremder Territorien, der ebenfalls allen internationalen Gepflogenheiten widersprechenden illegalen Siedlungspolitik und an den aktuellen Versuchen, den Rechtsstaat aus den Angeln zu heben, mit der grossen Keule «Antisemitismus» zu erschlagen, wie das nicht nur Amoks wie Giuseppe Gracia tun.

Intellektuelle, die sowieso kaum Einfluss auf das Weltgeschehen haben, versagen bei ihrer wichtigsten Aufgabe: Die Weltlage analysieren, differenziert und informiert der Öffentlichkeit Erklärungen und Erkenntnisse vermitteln, mit denen sie etwas anfangen kann und sich eine eigene Meinung bilden.

Die Medien, die Journalisten versagen aufs Neue und immer wieder krachend, unsäglich, peinlich. Wie wünschte man sich einen Arnold Hottinger zurück, der wohl als Einziger in deutscher Sprache kompetente und nachvollziehbare und erhellende Erklärungen liefern konnte.

Dass das nicht naturgesetzlich ist, sondern ein spezifisch deutschsprachiges Problem, das beweist ein Blick über die Sprachgrenzen hinaus. Alleine der Artikel «The lessons from Hama’s assault on Israel» in «The Economist» enthält in aller gebotenen Kürze mehr Informationen, Erkenntnisse, Erklärungen und Analysen als so ziemlich alles, was bislang auf Deutsch erschienen ist.

Was zurzeit in Israel geschieht, ist ein Verbrechen und eine Tragödie. Sie wird ihre Fortsetzung im Gazastreifen finden. Was sich intellektuell im deutschen Sprachraum abspielt, ist ein Trauerspiel. Wie sich Exponenten der palästinensischen Sache winden und verwinden, ist zum Fremdschämen. Wie Anhänger Israels diesen Überfall missbrauchen wollen, um jegliche Kritik an Israel mit der Antisemitismuskeule zu erschlagen, ist widerwärtig.

Die überbordende Berichterstattung über dieses Verbrechen beinhaltet die fortgesetzte völlige Wurstigkeit gegenüber noch grösseren Verbrechen in der gleichen Weltgegend, im Jemen, im Sudan, in Äthiopien. Oder gegenüber der Erdbebentragödie in Afghanistan. Das ist beschämend.

 

Jekami

Wer wird Nachfolger von Bundesrat Alain Berset?

Weder schwarze Augenbrauen, noch eine Glatze sind notwendige Voraussetzungen. Politische Erfahrung, Wählbarkeit, breite Akzeptanz als Vertreter in einer Kollegialbehörde offenbar auch nicht.

Also gibt es Mitspieler in diesem Jekami in der SP, die einen schon an diesem und jenem zweifeln lassen. Natürlich, ein wenig mediale Aufmerksamkeit erhaschen, das ist schwierig, da sind alle Mittel recht. Aber hat denn niemand mehr etwas Schamgefühl oder ein Bewusstsein für Peinlichkeit?

Da wäre mal Mustafa Atici, Basler Nationalrat, gebürtiger Kurde. Er will die 40 Prozent aller Schweizer vertreten, die Menschen mit Migrationshintergrund in erster und zweiter Generation seien. Wird nix, aber er wird fleissig interviewt und gehätschelt.

Dann hätten wir Tamara Funiciello, Spassbremse und Wutfeministin, Meisterin der provokativen Blubberreden. Chancenlos, aber sie überlege sich eine Kandidatur.

Der ewige Daniel Jositsch. Er hat sich mit den SP-Frauen verkracht, als er als Pimmelträger als Nachfolger für Sommaruga gegen den Widerstand der Partei ins Rennen ging. Seit Jahren bereitet er sich auf dieses Amt vor, bleibt aber chancenlos.

Jon (who) Pult, sehr linker Bündner SP-Nationalrat, darf in keinem linksradikalen Gremium fehlen, will sich im Herbst definitiv entscheiden. Eva Herzog möchte möglicherweise vom Mitleidsbonus profitieren, da sie schon als sichere Siegerin aussah, dann aber auf der Zielgeraden noch abgefangen wurde. Auch Min Li Marti möchte sich gerne lächerlich machen. Christian Levrat, Roger Nordmann, das wären wenigstens zwei Schwergewichte. Sind aber wahrscheinlich deswegen nicht wählbar.

So könnte man noch beliebig weiterfahren, aber ein möglicher Kandidat schlägt nun alle. Der Zürcher SP-Nationalrat und Swissaid-Co-Präsident Fabian Molina. Leistungsausweis, ausser grosse Klappe, null. Freund des Schwarzen Blocks. Will die Schweizer Armee und die NATO abschaffen. Forderte schon mal die weltweite Einstellung aller Kriegshandlungen, um sich auf die Bekämpfung der Pandemie zu konzentrieren. Wollte sofortiges Asyl für mindestens 10’000 Afghanen. Ist als Dampfplauderer immer zur Stelle, wenn eine Kamera oder ein Mikrophon eingeschaltet wird.

Alleine, dass er sich eine Kandidatur überlege, schadet schon der SP. Unglaublicher Verein.

Billiger Cédric

Billiger Jakob, SP-Stil.

Die SP Schweiz hatte es in jahrelanger, unermüdlicher Arbeit geschafft, den einstmals bedeutenden AZ-Ring (für «Arbeiterzeitung») ins Verderben zu führen. 1973 war’s schon vorbei mit der Stimme der Arbeiter, mit dem SP-Parteiblatt-Konzern.

Seither ist es der SP nicht gelungen, in irgend einer Form etwas Publizistisches auf die Beine zu stellen, das funktioniert, Leser interessiert oder gar Einnahmen generiert. Stattdessen wird ständig gegen reiche Kapitalisten gewäffelt, die sich Zeitungen kaufen könnten und damit die öffentliche Meinung manipulierten.

Wären genügend Leser an der Meinung der SP interessiert, wäre das doch auch eine tragfähige Basis. Die «Mitgliederzeitung Links» (sechsmal jährlich …) und «Abstimmungszeitungen», garniert unablässig mit Medienmitteilungen, das ist als kläglicher Rest übrig geblieben. Zudem drängen vor allem Partei-Co-Präsident Cédric Wermuth und der SP-Nationalrat Fabian Molina unablässig in die Medien, indem sie zu eigentlich allem sofort eine Meinung haben.

Parteichef Wermuth hat nun allerdings auch noch eine krampfhaft-originelle Idee. Er hechtet harmlose Opfer mit einem Bettelbrief an.

Zunächst eine kurvige Einleitung: «Gerade in einem Wahljahr sind kritische Medien von grosser Bedeutung. … Wir müssen wissen, welche Verbindungen die SVP zur AfD in Deutschland hat, wer die FDP finanziert ..

Gut gewählte Beispiele, man vermisst etwas die Berichterstattung über die Verbindungen von Molina zu Schwarzen Block oder zum Kosovo, oder über das Geeier der SP Bern, was die Offenlegung ihrer Spendeneinnahmen betrifft.

Aber gut, dann müsste Wermuth wohl die NZZ oder gar die «Weltwoche» empfehlen, und das brächte er natürlich nicht übers Herz. Allerdings muss er nun fremdgehen, mangels SP-Presse. Zunächst noch Staatstragendes: «Für mich steht fest: Kritische Medien sind das Rückgrat unserer Demokratie.» Also doch ein Lob auf die «Weltwoche»? Nein, kleiner Scherz: «Die linke Wochenzeitung WOZ ist ein Beispiel dafür.»

Wunderbar, aber na und? Jetzt kommt’s: «Deshalb haben wir auch sofort zugesagt als uns die Leute von der WOZ fragten, ob wir unseren Unterstützer:innen und Mitgliedern (sic!) ein Sonderangebot unterbreiten möchten.»

Abgesehen von der Frage, wer sich eigentlich hinter dem Pluralis Majetstatis verbirgt: Genosse Cédric als billiger Jakob? Der lockt nämlich damit, dass es beim Abschluss eines Jahresabos der WoZ noch ein Riesenguetzli obendrauf gebe: «Wer jetzt über den Link unten eins löst, bekommt ein Vierteljahr geschenkt oben drauf

Das ist nun spendabel von der WoZ, aber was steuert die SP eigentlich dazu bei? Kein T-Shirt, kein Käppi, kein Kleber (gut, etwas heikel), kein Flyer? Aber wer einen Medienkonzern in den Sand setzt, ist auch heute nicht sonderlich gut aufgestellt, Auf der Webseite der SP findet man unter den Begriffen Poster oder Wahlkampfmaterial nix, bei Flyer diesen Brüller: «Wir planen den Druck von Info-Flyern für Stimmberechtigte, die mit Politik nicht allzu viel am Hut haben, aber unsere Werte teilen. Unterstützt du diese Massnahme mit einer Spende?»

Man könnte auch für einen «Klimaschutz-Flyer» spenden, aber damit ist das aktuelle Angebot bereits erschöpft. Denn wer will noch das «Bestellformular für Flyer der SP MigantInnen» vom Juni 2020 ausfüllen. Oder den «Flyer «Ja zur Asylgesetzrevision»» von 2016 bestellen?

Dumm auch: das «Sektionshandbuch 5 «Wahlkampf»» wird gerade «überarbeitet». Ist ja auch noch eine ganze Weile hin bis zu den Wahlen im Oktober …

SP und die Medien. Wenn das Helmut Hubacher noch hätte erleben müssen. Ein Trauerspiel sondergleichen.

Die grosse Illusion

Keiner kann Banglish.

Der Niedergang der einstmals stolzen Credit Suisse ist ein Trauerspiel. Es ist nicht schicksalhaft, sondern menschengemacht. Jahrelange Unfähigkeit auf der Chefetage, ein Geschäftsmodell, bei dem über 30 Milliarden an Boni rausgefeuert wurden, um einen kumulierten Verlust von 3 Milliarden herzustellen. Brüllender Wahnsinn.

Politik und Politiker haben versagt. Obwohl sich die Katastrophe seit einem halben Jahr abzeichnete, standen die Regierenden als Bobachter auf der Kommandobrücke und sahen zu, wie der Eisberg immer näher kam. Tatenlos. Dann brach wie meist Hektik aus, und fachlich völlig überforderte Bundesräte mussten Dingen zustimmen, von denen sie nichts verstanden, Wer’s nicht glaubt, sollte einmal die sieben Bundeszwerge fragen, was ein CoCo ist.

Zu diesem Versagen gehört auch, das nun mit grosser Geste ein Bonusverzicht dekretiert wird. Die Medien brechen in Lobgesänge aus, bis zu 60 Millionen werden den Pfeifen in der Bonusetage gekürzt. Die bittere Wahrheit ist: dagegen steht der Rechtsweg offen. Die bittere Wahrheit ist: noch im letzten Jahr, als der Tanker CS aus allen Löchern tropfte, wurden 2 Milliarden Boni ausgeschüttet. Also schlappe 3 Prozent davon, wenn überhaupt, werden nicht ausbezahlt. Lächerlich.

Das Politikversagen geht weiter. Nachdem die SP auf dem Absatz kehrt machte und einem sinnvollen Vorschlag zuerst zustimmte, der die Zerschlagung aller «tot big to fail»-Banken fordert – um ihn dann per Rückkommensantrag zu versenken, weil den Genossen einfiel, dass der ja von der SVP ist, wird das Parlament in seiner Sondersession nach der Devise verfahren: schön, haben wir drüber geredet. Passieren wird, wie nach 2008, schlichtweg nichts.

Zu den Versagern gehören auch die Mainstream-Medien. Was da an mangelndem finanztechnischen Sachverstand das Tageslicht erblickte – erschütternd. Wieso genau wurden der UBS 16 Milliarden Franken geschenkt, wie geht das, wieso kann die FINMA mit einem Federstrich diese Bonds ausradieren, warum rollt deswegen eine Klagewelle auf die Schweiz zu, was für Auswirkungen hat das auf die Reputation des Finanzplatzes? Gute Fragen, sagen die Massenmedien – und nehmen den Telefonjoker, weil sie die Antworten nicht kennen.

Wie ist es möglich, dass ein einzelner cleverer Banker den ganzen Bundesrat, die Politik, die Parlamentarier über den Tisch zieht? Wie kann es dem VR-Präsidenten der UBS gelingen, praktisch ungeschoren damit davonzukommen, die CS für ein Butterbrot zu übernehmen? Wie hat es Colm Kelleher geschafft, dazu noch Liquidität in der sagenhafte Höhe von 250 Milliarden nachgeworfen zu bekommen? Und dann werden noch 9 Milliarden Risikogarantie draufgelegt, als wäre die Verhandlungsdevise gewesen: Darf’s auch noch etwas mehr sein?

Was nützt die grossartige «too big to fail»-Gesetzgebung, die mit grossem Trara diskutiert und beschlossen wurde, wenn sie beim ersten Ernstfall nicht mal aus der Schublade gezogen wird, weil völlig untauglich? Wie ist es möglich, dass sich der Bundesrat schon wieder auf wackelige Notstandsartikel in der Bundesverfassung berufen kann, ohne dass ihm dafür auf die Finger geklopft wird? Ist es so, dass Regierung und Politik in der Schweiz vor den Grossbanken Mal auf Mal kapitulieren? Kann es richtig sein, das Umfallen eines zu grossen Bankdinosauriers zu verhindern, indem man ihn in einen noch grösseren implantiert, der damit zum Übersaurier wird?

Hat man auf diese naheliegenden, drängenden Fragen Antworten gelesen in den Mainstream-Medien? Wie viele sogenannte Wirtschaftsredakteure verstehen überhaupt noch Banglish? Können zum Beispiel verstehen, welche Trigger den 16-Milliarden-Abschreiber auslösen könnten – und ob einer davon auch eintrat?

Die UBS ist nun das Übermonster, der real gewordene Hulk des Banking. Die UBS ist nicht – nach Bilanzsumme – die grösste Bank der Welt. Aber die UBS hält einen einsamen Weltrekord. Die allergrösste Bank der Welt hat eine Bilanzsumme, die weniger als ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ihres Heimatlands China ausmacht. Die grösste US-Bank ist nur 16 Prozent des dortigen BIP schwer. Die UBS bringt sagenhafte 200 Prozent des Schweizer BIP auf die Waage.

Das ist nicht bedenklich. Das ist nicht besorgniserregend. Ds ist nicht beunruhigend. Das ist eine helle Katastrophe, ein angekündigtes Desaster, ein möglicher Untergang des Finanzplatzes Schweiz, des Schweizer Wohlstands, des Erfolgsmodells Schweiz. Aber weder Politiker, noch Medien weisen darauf auch nur in Ansätzen hin. Was für ein Totalversagen.

Trauerspiel Euro

Immer wieder hochgetrommelt, inzwischen abgestürzt.

«Der Euro ist gut für die Schweiz», jubelte der «Tages-Anzeiger» 2004. Seit Inbetriebnahme der EU-Währung erschienen unzählige Artikel, die der Schweiz nahelegten, doch endlich ihren «Sonderweg» aufzugeben und einzusehen, dass es keinen Sinn mache, mitten im Eurosee ein Inselchen von Schweizerfranken zu bewahren.

Heimatschutz, Sonderweg, verstockt, gefährlich. Immer wieder gab es Initiativen, meistens begleitet von applaudierenden Medien, die die sofortige Aufgabe des CHF forderten. Hinweg damit, hinein in die «Gemeinschaftswährung» des «Friedensprojekts», des «gemeinsamen Hauses». Wo Recht und Gesetz herrschen, man sich an bindende Vereinbarungen hält und wo überhaupt die politische und wirtschaftliche Zukunft liege.

Die Vertragstreue der EU lässt sich an drei Begriffen festmachen. Lissabon, Maastricht, Schengen. Verfassung, wirtschaftliche Grundprinzipien bezüglich Staatsverschuldung und der heilige Schwur, dass die Gemeinschaft niemals solidarisch für ein einzelnes Mitglied haften werde. Schliesslich die offenen Grenzen, der freie Warenverkehr, die Freizügigkeit für EU-Bürger. Wie dumm von der Schweiz, abseits zu stehen.

Dann wurden aber alle diese Vereinbarungen und heiligen Schwüre gebrochen. Die EU-Verfassung: verkrüppelt. Maastricht-Kriterien: in die Tonne getreten. Schengen: mit Corona gingen die Schlagbäume wieder runter. All das ist der Schweiz erspart geblieben.

Aber das klarste Symbol dafür, dass die EU eine Fehlkonstruktion und der Euro eine Missgeburt ist, liefert ein einfacher Chart:

Das ist der Wechselkurs Euro – CHF seit Geburt dieser Weichwährung. Sie begann mit stolzen 1.78, dümpelte längere Zeit um 1.50 herum. Um den unaufhaltsamen Weg nach unten einzuschlagen. Vergeblich stemmte sich sogar die Schweizerische Nationalbank (SNB) gegen den weiteren Zerfall des Euro gegenüber dem CHF. Verteidigung einer Untergrenze, das blähte die Bilanz der SNB auf heute über eine Billion (1000 Milliarden) auf. Ohne nachhaltig etwas gegen den Wertzerfall ausrichten zu können.

Denn es ist nicht so, dass der Franken in den Himmel stiege. Es ist vielmehr so, dass der Franken stabil bleibt, während der Euro bröckelt. Dabei ist der Markt so irrational, dass man immer wieder von symbolischen Barrieren spricht. Himmels willen, der Euro sinkt unter 1.50. Jetzt ist aber das Ende nahe, der Euro durchbricht die Schwelle von 1.20 nach unten. Hilfe, der Euro taucht, wenn auch nur kurz, unter die Marke von 1 Franken.

Nun richtet er sich aber dort gemütlich ein; die Parität ist erreicht. Der Euro hat in vergleichsweise überschaubarer Zeit beinahe die Hälfte seines Tauschwerts zum Franken verloren. Wer also so dumm war, im Frankenraum zu leben, Rücklagen aber in Euro anzulegen, der hat rund 50 Prozent verloren. Schlimmer erging es im gleichen Zeitraum höchstens noch Aktionären der Credit Suisse, aber das ist ein anderes Thema.

Begleitet wurde jede Stufe des Wertzerfalls des Euros mit grossem Geschrei in den Medien. Das würge nun aber die Exportindustrie ab, die Schweizer Produkte würden unbezahlbar teuer im Euroraum, massenhaft stünden Arbeitsplätze auf dem Spiel, ja der Wirtschaftsstandort Schweiz sei gefährdet, Krise, Verarmung, Massenarbeitslosigkeit. Und all das nur, weil ein paar halsstarrige Politiker nicht vom Franken lassen wollen.

All diese Untergangsszenarien sind nicht eingetroffen. Im Gegenteil, der Handelsüberschuss der Schweiz legte kontinuierlich und stabil zu. Die Schweizer Exportwirtschaft erwies sich als innovativ genug, um die Verteuerung ihrer Produkte mit Verbesserung und gestraffter Herstellung aufzufangen. Der Zerfall des Euro war sozusagen ein Fitnessprogramm für die Schweizer Wirtschaft.

Am lautesten jammerte jeweils der Tourismus. Um zu übertönen, dass er volkswirtschaftlich eine absolut vernachlässigtere Rolle spielt und zu grossen Teilen an seiner Misere selbst schuld ist. Denn wer schlechten Service, muffiges Angebot und renovationsbedürftige Herbergen mit hohen Preisen versieht, muss sich nicht wundern, wenn die Gäste wegbleiben.

Übersehen wird auch Immer gerne, dass die Schweiz nicht nur wie ein Weltmeister exportiert, sondern auch importiert. Und da wirkt sich der Zerfall des Euro natürlich segensreich aus.

Schon vor Corona war die Behandlung des Themas Euro in den Medien ein Desaster für die Glaubwürdigkeit und den Anschein von Kompetenz. Eins ums andere Mal erwiesen sich Zukunftsprognosen und vor allem düstere Gemälde einer zum Untergang verurteilten Schweizer Wirtschaft als völlig falsch.

Was Medien noch nie daran gehindert hat, die gleichen Fehlprognosen unablässig zu wiederholen. Nicht nur beim Euro. Gerade bemüht sich vor allem Tamedia, eine Riesenmonster-Coronawelle im Sommer herbeizuschreiben. Während in Wirklichkeit Trockenheit herrscht.

Beide Themen sind exemplarische Beispiele dafür, was passiert, wenn Haltung und ideologische Brille den Blick auf die Realitäten verstellen. Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf. Wenn der Wunsch bestimmter Kreise, unbedingt in die EU zu wollen, durch nichts ins Wanken gebracht werden kann. Dass SP und Grüne immer noch tapfer einen EU-Beitritt befürworten, kann man eigentlich nur so erklären, dass ihre Funktionäre neidisch auf Politikerkollegen in EU-Ländern schauen, die als Abklingbecken, sollte ihre politische Karriere beendet sein, immer ein warmes und gut bezahltes Plätzchen in der EU-Bürokratie auf sicher haben.

Aber immerhin können Schweizer Politiker von der gestiegenen Kaufkraft des Franken im Euroland profitieren. Ist doch schon mal was.

Eigentum war gestern

Feuchte Revolutionsträume werden wahr. Nehmt den Reichen ihr Geld weg! Heuchelei und Doppelmoral, Part II.

Nach der Oktoberrevolution von 1917 flüchteten viele reiche Russen ins Ausland, auch in die Schweiz. Oftmals konnten sie nur einen kleinen Teil ihrer Vermögen mitnehmen, meistens in Form von Kunstwerken oder Fabergé-Eiern oder Ähnlichem.

Während ihre Besitztümer in Russland enteignet und verstaatlicht wurden, verliessen sich die reichen Russen darauf, dass im Kapitalismus Eigentum respektiert und nicht angetastet wird. Damit hatten sie Recht, und ihre Nachkommen leben zum Teil heute noch in der Schweiz. Angenehm und wohlhabend.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und den wildwest-kapitalistischen Zuständen ab Anfang der 90er-Jahre hielten es viele reich gewordene Russen für eine gute Idee, ihre Reichtümer und sich selbst im Ausland in Sicherheit zu bringen. Denn der neue Alleinherrscher Wladimir Putin exekutierte am reichsten Oligarchen ein Exempel, nahm dem fast seine gesamten Besitztümer weg und steckte ihn für ein paar Jahre in ein Arbeitslager.

Das alles überlebte Michail Chodorkowski nur deswegen, damit er als abschreckendes Beispiel Kunde davon geben konnte, dass es keine gute Idee ist, sich dem Machtanspruch Putins in den Weg zu stellen.

Andere Oligarchen starben im Ausland unter merkwürdigen Umständen, wenn sie meinten, aus der Sicherheit des Exils in London kritische Bemerkungen Richtung Putin machen zu können.

Eigentum ist im Westen sicher – oder auch nicht

Aber ob Putin-Sympathisant oder -gegner: alle reichen Russen waren sich sicher, dass hier im Westen Eigentum, Besitz respektiert wird. Dass nicht plötzlich und nach vielen Jahren gefragt wird, wie und wo denn diese Vermögen erworben wurden. Dass der reiche Russe nicht plötzlich auf sogenannte Sanktionslisten gerät. Einfach deshalb, weil er in irgendwelchen Listen von Superreichen auftaucht, einen russischen Nachnamen trägt und zu allem Übel irgendwann einmal mit Putin zusammen fotografiert wurde.

Selbst das muss nicht sein, reich und Russe reicht heutzutage, um sein Geld loszuwerden. Und seine Jacht. Und seine Villa. Und seine Autosammlung. Und seine Fabergé-Eier. Und seinen Aktienbesitz. Dass von einem Tag auf den anderen Konten gesperrt werden und Kreditkarten nicht mehr funktionieren: Kollateralschaden, wenn schon, denn schon.

Nun ist die Begründung der Beschlagnahme bereits recht dünn. Durch Geschäfte in Russland reich geworden, kein öffentlicher Widerspruch an der Invasion der Ukraine, immer noch Firmenbesitz in Russland: reicht. Ausser, der Russe ist zwar reich und Putin-nah, aber er spielt eine gewichtige Rolle im Rohstoffhandel. Dann ist er (vorläufig) noch aus dem Schneider und kann schauen, wie er seine Vermögenswerte rechtzeitig in Sicherheit bringt.

Beschlagnahme und Verwertung und Diebstahl

Beschlagnahme heisst, dass Gelder, Konten, Jachten, Besitztümer dem Zugriff des Besitzers entzogen werden. Aber ansonsten unangetastet bleiben. Nun vermeldet die «SonntagsZeitung»:

«Nächste Woche wird die SP im Nationalrat eine Motion einreichen, die verlangt, dass die Schweiz autonom Gelder von sanktionierten Personen nicht nur einfrieren, sondern «einziehen und einem bestimmten Zweck zuführen kann».

Dass die SP ihren alten Traum noch nicht aufgegeben hat, den Reichen ihr Geld wegzunehmen, um es einer angeblich besseren Verwendung zuzuführen, logo. «Ich unterstütze es, wenn wir die konfiszierten Gelder aus Russland als eine Art Akontozahlung für den Wiederaufbau verwenden.» Dass das der Rechtsanwalt und FDP-Vizepräsident Andrea Caroni sagt, verblüfft hingegen.

Immerhin sieht Caroni noch eine Chance für reiche Russen, diesem Schicksal zu entgehen: «Diesen Leuten müsse man zumindest die Möglichkeit einräumen, sich definitiv von Putin loszusagen, um von den Sanktionslisten gestrichen zu werden.»

Bereue, schwöre ab, sage dich vom Satan los; so forderte das die katholische Kirche im Mittelalter ein, und war der Sünder nicht willig, dann überzeugte ihn die Streckbank oder ins Maul gegossenes glutheisses Blei.

Ukraine ändert die Rechtmässigkeit von Besitz

Zu solchen Methoden greifen aufgeklärte Zeitgenossen natürlich nicht mehr. Sie vergreifen sich ja auch nicht am Körper des reichen Russen, sondern an seinem Eigentum. Das zum Teil mehr als 30 Jahre lang in der Schweiz sehr willkommen war, von Bankern gehegt und gepflegt wurde, von Immobilienmaklern gerne entgegengenommen, und überhaupt die Luxusindustrie in der Schweiz freute sich zusammen mit Hotel- und Restaurantbesitzern, dass neureiche Russen es gerne krachen lassen und klaglos die Folgen bezahlen.

Aber die Ukraine ändert das alles. Fertig Toleranz, so geht das nicht. Wer sein Vermögen im Umfeld eines Unrechtsregimes erworben hat, das zudem einen schmutzigen Krieg führt, dem soll es weggenommen, verwertet und einem guten Zweck zugeführt werden.

Das gilt dann doch hoffentlich für alle, oder nicht? Oder nicht, denn bislang ist kein einziger Fall bekannt, dass einem saudischen Scheich in der Schweiz seine Besitztümer beschlagnahmt oder gar verwertet wurden. Obwohl der sein Geld auch im Umfeld eines Unrechtsregimes erworben hat, das zudem einen schmutzigen Krieg führt, und zwar schon seit acht Jahren im Jemen.

Heuchelei und Doppelmoral im Doppelpack

Wieso wird denn dann beim Scheich nicht der gleiche Massstab angelegt? Gibt es irgendwelche sachdienlichen Hinweise auf Unterschiede zum Oligarchen? Nein, es gibt keinen einzigen. Diese bodenlose Heuchelei und Doppelmoral erklärt sich nur daraus, dass Saudi-Arabien ein Verbündeter des Westens ist, dessen schmutziger Krieg mit milliardenschweren Waffenlieferungen unterstützt wird. Und von dem der Westen noch abhängiger sein wird, wenn tatsächlich ein Ölembargo gegen Russland zustande kommt.

Der wichtigste Grundpfeiler einer aufgeklärten kapitalistischen Gesellschaft wird ohne Not angesägt. Die Eigentumsgarantie ist zwar nicht unbegrenzt, aber Enteignung darf nur nach einem rechtsstaatlichen Prozedere erfolgen. Eigentlich. Beschlagnahmung ist in der Sanktionsgesetzgebung sogar vorgesehen. Aber Verwertung und Wegnahme nicht.

Warum nicht andere auch enteignen?

Sollte das passieren, hätten wir eine absurde Wiederholung der Geschichte. Nur werden diesmal nicht von Russland, sondern von der Schweiz Vermögenswerte reicher Russen geklaut.

Als Sahnehäubchen servieren uns hier alle, die für solche Sanktionen sind und die Enteignung russischer Reicher mit viel Moralinsäure fordern, einen widerlichen Anblick von Doppelmoral, von unterschiedlichen Massstäben. Denn jede Massnahme gegen eine reichen Russen, die nicht auch gegen einen reichen Saudi gerichtet ist, enthält eine Riesenportion an Heuchelei.

Und wenn wir schon dabei sind: wie wäre es denn mit der Enteignung reicher Amis? Solcher, die am schmutzigen Krieg in Vietnam verdient haben, am völkerrechtswidrigen Einfall im Irak. Am völkerrechtswidrigen Eingreifen in Ex-Jugoslawien. Oder gleich, da kämen dann noch Engländer, Franzosen und Deutsche dazu, wieso nicht Enteignung von allen Profiteuren am schmutzigen Krieg im Jemen? Das Land hätte es nach 8 Jahren Gemetzel und Zerstörung auch dringend nötig, etwas Aufbauhilfe zu bekommen.

Es ist leider zu befürchten, dass nicht alle, aber einige russische Reiche einen intakteren moralischen Kompass haben als all diese Politiker in der Schweiz, die populistisch Enteignung, Verwertung und Umnutzung von Privatvermögen fordern.

Kleine Abschlussfrage: Gibt es denn keinen einzigen Schweizer, der von Putins Regime profitiert hat? Den gibt es sicherlich, und wieso sollte der sein Vermögen behalten dürfen?