Lalü, lala. Läderach …

Ein Medien-Trauerspiel.

Die über 1800 Mitarbeiter des Schoggi-Herstellers Läderach können nichts für die religiösen Abirrungen ihres ehemaligen Patrons. Die jetzt amtierende dritte Generation Läderach auch nicht. Sowohl Läderach Senior wie seine Söhne haben sich vom Wirken der Sekte distanziert, in deren Geist ein Internat mit rund 50 Schülern betrieben wurde.

Die Übergriffe, die dort stattfanden, sind längst durch einen vom Internat selbst in Auftrag gegebenen und radikal-offenen Untersuchungsbericht belegt, bereut, klargestellt. Weil sich bislang kein einziger Schüler fand, der nicht nur von einem Regime der Angst und körperlichen Züchtigungen berichtete, sondern deswegen Strafanzeige eingereicht hätte, gibt es keine Strafuntersuchung. Wobei davon auszugehen ist, dass die meisten Vorfälle längst verjährt sind.

Gibt es also irgend einen Grund, Läderach-Schokolade zu boykottieren, noch mehr Aufklärung zu fordern, nicht nur Entschuldigungen, sondern auch Entschädigungen? Wohl kaum.

Was manche überraschen mag: Läderach-Schoggi essen oder nicht essen, ist eine völlig freie Entscheidung. Es gibt auch genügend Ausweichmöglichkeiten in jedem Preissegment.

Hat Läderach Senior nicht nur von diesen Zuständen in der Schule gewusst, sondern auch selbst geschlagen? Das behauptet ein Ex-Zögling in der SRF-Dok. Gegen ihn hat Läderach Senior Strafanzeige eingereicht; er bestreitet das vehement.

Inzwischen treiben Tamedia und «Inside Paradeplatz» den Begriff Sippenhaft in ungeahnte Tiefen. Der Tagi vermeldet, dass «zwei voneinander unabhängige Quellen» bestätigen würden, dass «drei der sechs Läderach-Kinder mit Nachkommen von Friedel Stegen verheiratet» seien. Der wiederum ist der Bruder des kürzlich verstorbenen Sektengründers Erlo Stegen, der in Südafrika wirkte. Und Lukas Hässig berichtet, dass es zwischen den Brüdern vor vier Jahren zum Bruch gekommen sei. Dennoch, oh Graus: Der Grossvater des aktuellen Läderach-Direktors für England sei ein Enkel von Friedel Stegen. Der 2021 verstorben ist.

Was wollen uns diese beiden Ahnenforscher damit sagen? Die Nachkommen von Friedel Stegen wie auch die Nachkommen von Jürg Läderach sind genetisch bedingt denen in ihren Auffassungen ähnlich? Enkel haften für die Grossväter? Wer Enkel eines Faschisten ist, steht im Verdacht, deswegen selbst Faschist zu sein? Wer mit einem Enkel eines Verbrechers verheiratet ist, begeht selbst Verbrechen? Viel übler geht’s eigentlich nicht mehr.

Die einzige wirklich offene Fragen sind:

– Wieso hat das Zurich Film Festival binnen 24 Stunden auf dem Absatz kehrt gemacht, seine Solidaritätserklärung mit Läderach vom Freitag am Samstag in eine Boykotterklärung, getarnt als «Beendigung der Partnerschaft», verwandelt?

– Wieso schrecken die SBB vor einer weiteren Anpreisung eines Ausflugs ins Läderachland zurück?

– Und die wichtigste Frage: kann SRF für den entstandenen Reputationsschaden und eine eventuelle Umsatzeinbusse haftbar gemacht werden, und wenn nein, warum nicht?

Was inzwischen auch zum Läderach-Skandal gehört, der in erster Linie ein Medienskandal ist: die katholische Kirche konnte wenigstens eine Zeitlang in aller Ruhe Schokolade lutschen, Gott sei Dank wird jemand anders geprügelt.

Und ist es nicht fast eine göttliche Fügung, dass nach dem Läderach-Skandal vor der Maximilian-Schell-Affäre ist? Dem verstorbenen grossen deutschen Schauspieler wird nach vielen Jahrzehnten vorgeworfen, er habe sich an einer Nichte, seiner eigenen Tochter und auch einem minderjährigen Kindermädchen vergangen. Auch hier waren die Opfer jahrzehntelang nicht in der Lage, darüber zu sprechen. Erst, als es darum ging, einen eher schleppenden Buchverkauf anzukurbeln, wurde es möglich.

Aufmerksamkeit erregen, auch um jeden Preis, das ist erlaubt. Wer schamfrei dabei ist, ist sicher im Vorteil. Wieso aber die Medien nichts aus den Fällen Kevin Spacey und Till Lindemann (und diversen anderen) lernen? Die einzige sinnvolle Konsequenz wird vom bekannten deutschen Juristen und Bestsellerautor Ferdinand von Schirach gefordert: drakonische Strafen für Medien, die eine solche Anschuldigung veröffentlichen, wenn die sich im Nachhinein als falsch herausstellt.

Denn bislang erfolgen diese Rufmorde verantwortungs-, haftungs- und kostenfrei. Im schlimmsten Fall enden sie mit einer möglichst kleinen Meldung, dass alle Strafuntersuchungen eingestellt worden seien, Gerichtsverfahren zu Gunsten des Angeklagten. Damit es nicht zu peinlich wird, entblöden sich die Hetzmedien nicht, an diesen Urteilen oder Entscheidungen Zweifel zu äussern.

Nach der Devise: mit viel Geld und guten Anwälten davongekommen. Aber im Zweifel gegen den Angeschuldigten: dennoch wird doch wohl was dran sein an den Vorwürfen, diese Scharen von Denunzianten oder Denunziantinnen können sich doch nicht alle geirrt haben.

Mittelalterliche Zustände, wo der Mob oft entscheiden durfte, ob jemand schuldig sei oder nicht. Und dann auch gleich das Handwerk des Scharfrichters übernahm. Damals wurde geschlagen, gesteinigt, gelyncht, in Stücke gerissen. Das wird heute unblutig medial erledigt. Allerdings mit den gleichen Folgen für den Betroffenen. Er lebt zwar noch, ist aber ruiniert, ausgegrenzt, stigmatisiert und auf ewig mit diesen falschen Anschuldigungen verknüpft.

Wie wäre es, wenn die sogenannten Qualitätsmedien nicht immer nur von Verantwortung, Wächterfunktion, Kontrolle und ähnlichem aufgeblasen Zeugs reden würden – sondern das mal ernst nähmen?

7 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Mittelalter mit Internet-Tempo.
    Und künstlicher ‹Intelligenz› Zensur.
    Plus wäffiger Moral, bis wir weniger und der verbleibende Rest glücklich gestellt sind.

    Aufgehetzte, verängstigte und ver(w)irrte Menschen sind leichter zu gängeln.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    TA ist wie Renmin Ribao, Chinesische Volkszeitung. Über fragwürdige Internas wird nicht oder nur scheibchenweise berichtet, Brief der 78 Nesthäckchen, Vorgänge beim «Magazin». Dafür wird gern aussen geprügelt, Lindemann, Läderach oder gegen die Präsidentin der SVP Winterthur. Hetze als Journalismus getarnt!

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  3. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Geshitstormed und gecancelt zu werden von einem wildgewordenen Mob zeigt die Misere in diesen verantwortungslosen Medien.

    Ein Musterprozess gegen die SRF wäre wirklich prüfenswert. Diese Hetz-Treibjagd gegen diesen Schokoladenunternehmer verdient eine rasche Klärung.

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    • Beth Sager
      Beth Sager sagte:

      Auch der Laden von Chocolatier Läderach an den Bahnhofstrasse in Zürich muss endlich den umfänglichen Schutz der Stadt Zürich bekommen.

      Die ständigen Farbanschläge und Zertrümmerung ihrer Lokalitäten in Zürich, kann man nicht hinnehmen. Passiert ja nicht bloss an der 1. Mai-Demo.

      Die an Rufmord grenzende Hetze gegen Läderach ist unerträglich geworden. Die Verfassung in der Schweiz garantiert ja Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit. Selbst bei jedem Mörder und Vergewaltiger wird nach einer Verurteilung die Familie dadurch geschützt, dass keine Namensnennung erfolgt.

      Auch wenn die Familie Evangelikal ist und sich gegen Abtreibung wehrt, so darf dies nicht als Alibi gelten für diese unmögliche Hetzjagd. Das friedliche Zusammenleben darf nicht von einem instrumentalisierten Mob zerstört werden.

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      • Gerold Ott
        Gerold Ott sagte:

        Beth Sager drückt es klar aus, danke.

        Warte immer noch auf ein deutliches Wort von Stapi Corine Barbara Mauch. Diese Anschläge gegen Chocolatier Läderach sind wirklich unerträglich. Jetzt müssen die Läden gar durch Sicherheitsleute geschützt werden. Die resultierende Kostenfolge würde ich der Stadt Zürich auftragen.

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  4. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Sie haben recht, das ist der Geist des Mittelalters. Wer hätte gedacht, dass wir einmal selber erleben dürfen, wie es damals zu und her ging. Interessant.

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