Die Schell-Schmiere

Wer meint, die Journaille könne sich nicht mehr tieferlegen …

Da gab es den Medienskandal um Kevin Spacey. Dann gab es den Medienskandal um Till Lindemann. Um Til Schweiger. Um einen Sternekoch. Um einen ehemaligen «Magazin»-Chefredaktor. Um einen Reporter, der bei der WoZ und der «Republik» arbeitete.

Ach, und dann gibt es noch den Ukrainekrieg (gähn) und die Missbrauchsvorwürfe gegen die katholische Kirche (gähn). Eigentlich gäbe es die Inflation, die Altersvorsorge, die Krankenkassenprämien, die steigenden Lebensmittelpreise, den Energieschock, die Mieten. Die Heizkosten, die Masseneinwanderung, die Flüchtlingskrise. Aber alles etwas komplexere Themen, die ein Minimum an Kenntnissen voraussetzen. Also nix für die Journaille.

Die ist glücklich, wenn sich der selbstgemachte Läderach-Skandal nicht weiter auslutschen lässt, dass eine mässig begabte und bekannte Schauspielerin ihrer erlahmenden Karriere und dem schleppen Buchverkauf Schub geben möchte. Was eignet sich dafür besser als Mann, berühmt, tot. Was eignet sich dafür besser als Mutter, berühmt, tot. Also macht die Nichte von Maximilian Schell zunächst dunkle Andeutungen, um dann zu bestätigen, was jeder herauslesen konnte: ja, es war Schauspieler Schell, der mich missbrauchte.

Also findet sich sofort auch noch die Tochter, die das auch erlebt haben will. Tote können sich nicht mehr wehren, das ist sehr praktisch. Die Taten sind längst verjährt, das ist auch praktisch. Verleumdung eines Toten, wer will dagegen klagen oder vorgehen?

Die Witwe des 2014 verstorbenen Schauspielers sagt wohl das Nötige und Gültige zu dieser Schmiere:

«Ich finde es nur immer sehr problematisch, mit solchen Anschuldigungen nach so vielen Jahren an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn der Beschuldigte bereits seit 10 Jahren verstorben ist, sich nicht mehr dazu äussern und wehren kann und gleichzeitig die Promotion für ein neues Buch gestartet wird. Es hätte sicher Momente zu seinen Lebzeiten gegeben, ihn damit zu konfrontieren.»

Man kann es auch weniger höflich formulieren: das ist schlichtweg widerwärtig, unappetitlich, schamlos und entwürdigend für alle Beteiligten. Es ist diese ausgeleierte Nummer: Jahrzehntelang war es dem angeblichen Opfer nicht möglich, über die schrecklichen Vorfälle zu sprechen, geschweige denn, Strafanzeige zu stellen. Aber als Werbung für ein Buch ist der richtige Moment gekommen. Gesteigert wird diese Schmiere nur noch durch einem Skandal, Klickzahlen und Aufmerksamkeit alle Prinzipien opfernde Medien.

Als Begründung für das sehr späte Coming-Out wird immer die gleiche Ausrede missbraucht: das angebliche Opfer habe vorher nicht gekonnt, aber jetzt wolle es allen anderen Opfern Mut machen.

Wenn selbst die ehrwürdige NZZ einer mediengeilen Prostituierten ihre Spalten opfert und deren Lebensgefährten unwidersprochen von einem «Schicksalsschlag» schwafeln lässt, der in Wirklichkeit aus der Veröffentlichung eines verleumderischen Buchs mit unwahren und unappetitlichen Anschuldigungen bestand, dann muss sich ZACKBUM fragen, ob man fürderhin nicht ausschliesslich angelsächsische Medien lesen sollte. Denn selbst in der Schmiere ist ein «Daily Mirror» allem überlegen, was auf Deutsch erscheint. Und oberhalb davon gibt es mindestens ein Dutzend Qualitätsblätter, die diesen Namen auch verdienen.

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