Evergrande? Ach ja

Fällt da gerade ein Reissack in China um? Oder geht es um Grösseres?

Wir alle kennen die Fotos von Hochhäusern in unüberblickbarer Zahl, die in China überall aus dem Boden gestampft werden. Evergrande Group ist der zweitgrösste Immobilienkonzern im Reich der Mitte. Rund 125’000 Mitarbeiter, 60 Milliarden Franken Umsatz. Schon vor zwei Jahren wies das Unternehmen Schulden in der Höhe von 247 Milliarden Euro aus. Der Berg ist inzwischen auf über 300 Milliarden Euro gestiegen.

Eine tickende Zeitbombe. Seit zwei Jahren krebst der Gigant vor sich hin, hangelt sich von einer Bankrottvermeidung zur nächsten. Er ist zum Symbol für die strukturellen Probleme der chinesischen Wirtschaft geworden. Es wurden Wohnungen verkauft, die noch gar nicht gebaut waren. Mit diesem Geld wurden Löcher in aktuellen Projekten gestopft, Neugeld wurde mit Kreditaufnahme hereingeschaufelt. Sollte der Koloss zusammenbrechen, würde das Schockwellen durch die chinesische Wirtschaft senden, hätte das weltweite Auswirkungen, hätte das Auswirkungen auf die chinesische Gesellschaft, weil Abertausende damit ihre Vorauszahlung für eine Wohnung loswären.

Also ein Problem, das in seiner Dimension nicht weit von der Klimaerwärmung entfernt ist. Aber ausser der «Financial Times» und anderen angelsächsischen Qualitätstiteln interessiert das im Normalfall niemanden so wirklich.

Nun hat Evergrande in den USA Gläubigerschutz beantragt, nach Chapter 15. Das dient normalerweise dazu, einem kriselnden Unternehmen Luft zu verschaffen, damit es sich allenfalls wieder aufrappeln kann.

Das wiederum hat zur Voraussetzung, dass es sich um einen Liquiditätsengpass handelt, nicht um ein Solvenzproblem. Aber nach eigenem Bekunden hat Evergrande – nicht zuletzt wegen Corona – in den letzten Jahren 81 Milliarden Dollar Verlust gemacht. Das, die gigantischen Schulden im Vergleich zum Umsatz, und vor allem diese Art von Schneeballsystem als Geschäftsmodell machen eine Rettung von Evergrande sehr unwahrscheinlich. Sollte nicht der chinesische Staat eingreifen, was er schon mehrfach ausgeschlossen hat.

Also Anlass zu tiefer Besorgnis, welche Auswirkungen ein Bankrott haben könnte, welchen Krater der Fall in China, in der ganzen Weltwirtschaft verursachen würde.

Im stetigen Bemühen der Qualitätstitel nach Einordnung und Unterscheidung von Wichtigem gegen Unwichtiges sollte sich das sicherlich widerspiegeln. In der Mediendatenbank für die Schweiz findet man auch in den letzten 2 Jahren 3600 Treffer für Evergrande.

Allerdings: 12’000 für «Klimaerwärmung». 47’000 für «Hitze». Und 100’000 für «Klima». Der Journalismus geht vor die Hunde. Oder sagten wir das schon? Aber halt: das «Klimalabor» der «Republik» wird’s dann rausreissen. Garantiert. Irgendwann. Irgendwie.

2 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Erst diesen Monat haben auch drei namhafte deutsche Immobilienentwickler die Insolvenz angemeldet. Das Problem ist demnach nicht nur auf China begrenzt. Zugegeben, Evergrande ist eine Nummer für sich, aber ich denke nicht, dass der chinesische Staat millionen von geprellten künftigen Eigenheimbesitzern im Regen stehen lassen wird. Ich bin gespannt auf die chinesische Lösung dieses Problems, zumal ja auch die Banken stark involviert sind.

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Ich versteh ja nichts von Buchhaltung.
    Aber die Chinesen was von Sun Zun. Und i glaub, die halten immer noch mehr als ein Sparschweinchen voll mit übel riechenden $.

    Irgendwie lustig, wenn eine Chinesische Staatsfehlplanung ‹Gläubigerschutz› in den U$A beantragt, passt doch perfekt.
    Aber was wollen wir mitreden, wenn Solvenz und Liquidität für Otto und Karin Normalschweizer sowas wie Alkaseltzer sind.
    Also bleiben wir bei den offiziellen Statements: völlig ausgeschlossen.

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