Neidvolles Gewäffel

Deutsche Medien schäumen über die Schweiz.

Die FAZ ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Seit der genialen Werbekampagne «Dahinter steckt immer ein kluger Kopf» steckt nun doch viel Kleinkopfiges im Blatt.

Der gebürtige Schweizer und Verantwortliche «für Aussenpolitik» Nikolas Busse ledert über die Schweiz ab:

Da er schon lange in Deutschland lebt, hat er den teutonischen Oberlehrertonfall verinnerlicht und veräusserlicht: «Man sollte in Berlin darauf achten, dass die Zusammenarbeit auf Gegenseitigkeit beruht.» Anlass für seine Philippika ist die Absichtserklärung der Schweizer Verteidigungsministerin, an einem europäischen Projekt zur Luftverteidigung teilzunehmen.

Da macht Busse nun haarfeine Unterschiede aus: «Die Neutralität, die man dort stets ins Felde führt, wenn es um die militärische Unterstützung der Ukraine geht, schließt eine Zusammenarbeit mit anderen Ländern offenbar nicht aus, wenn es um die eigene Sicherheit geht.»

Dann galoppiert Busse richtig los: «Letztlich profitiert sie von der Stabilität, welche die NATO seit Langem in Europa garantiert, genauso wie ein Mitglied. Dass sie nun gerade in einer Schicksalsfrage des Kontinents meint, sich heraushalten zu müssen, ist ihr gutes Recht als souveräner Nationalstaat, hat aber etwas von Trittbrettfahrerei.»

Gehen wir mal den krummen Gedanken Busses nach. Berlin solle auf Gegenseitigkeit achten? Diesen Ratschlag könnte Busse auch Bern geben, denn worin besteht genau die Gegenseitigkeit bei den Milliardenzahlungen der Schweiz für die sogenannte «Kohäsion»? Welcher andere Wirtschaftsraum verlangt dermassen unverschämt die Übernahme seiner Regeln wie die EU? Wer hat die Schweizerische Nationalbank mit seinem absaufenden Euro dazu gezwungen, ihre Bilanz über Gebühr aufzublasen?

Aber gut, wer 250 Millionen in eine abgeblasene Autobahn-Maut verbrät, sollte vielleicht lieber bei sich selber aufräumen, statt sich Sorgen über Gegenseitigkeit mit der Schweiz zu machen.

Es ist inzwischen altbekannt, dass Deutschland fast identische Waffenausfuhrgesetze hat wie die Schweiz. Kleiner Unterschied: die Schweiz hält sich an ihre. Und wieso sollte das die Zusammenarbeit mit anderen Ländern ausschliessen? Hat die Schweiz, bewaffnet mit Hellebarden und Morgensternen, Deutschland dazu gezwungen, sie am «European Sky Schild» zu beteiligen? Sind dort die harten Fränkli etwa nicht willkommen?

«Schicksalsfrage des Kontinents»? Eine Nummer kleiner hat es ein Deutscher selten. Fast immer geht es ums Schicksal, um den Kontinent, um alles, wie der Deutsche Constantin Seibt in der «Republik» sagen würde. Aber dass die FAZ auf das Niveau eines solchen Schwurbelmagazins absinkt?

Dann verrutscht Busse in der Erregung noch die Logik ins Absurde. Dass sich die Schweiz bei dieser angeblichen «Schicksalsfrage» heraushalte, also den Regeln ihrer Neutralität folgt, habe «etwas von Trittbrettfahrerei». Hä? Indem sie sich heraushält, fährt sie auf dem Trittbrett? Das Trittbrett des Heraushaltens?

Offenbar wird bei der FAZ leider auch am Korrektorat oder Lektorat gespart. Und was soll eigentlich «meint, sich heraushalten zu müssen»? Das ist bloss so eine Meinung, eine Laune der Schweiz? Könnte das neutrale Land auch anders sehen? Und was wäre, wenn sich die Schweiz nicht heraushielte? Sie befolgt doch schon brav sämtliche Sanktionen, die die EU beschliesst – unbesehen davon, dass die rechtsstaatlich mehr als fragwürdig sind, gegen fundamentale Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Eigentumsgarantie verstossen.

Wie es die FAZ zulassen kann, dass ein solcher Stuss erscheint? Sicherlich, es ist ein Kommentar. Aber auch da müsste es ein Niveau geben, dass das Blatt der ehemals klugen Köpfe nicht verlassen sollte. Oder meint die FAZ, es verlassen zu müssen? Wie bei der NZZ geht es ja nicht ums allgemeine Niveau. Das ist beimSchweizer Organ weitgehend, aber nicht ausnahmslos – man denke nur an den «Russland»-Irrwisch Ulrich Schmid – weiterhin hoch. Aber die NZZ gewinnt nicht zuletzt in Deutschland zunehmend Leser, weil die FAZ ganz allgemein schwächelt. Was für die NZZ gut, für die FAZ bedenklich ist.

6 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Es gäbe eigentlich viel berechtigte Kritik am Herumeiern der Zweibeiner im Bundeshaus was die Neutralität betrifft, aber ganz bestimmt nicht die Kritik im Sinne von N. Busse.

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  2. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Der Unterschied zwischen Schweizern und Deutschen im Ausland:
    Die Schweizer machen inmer die Schweiz schlecht, die Deutschen immer ihr Gastland!

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