Zwei Gescheiterte

Nicht einmal ein Interview können die Helden vom «Blick».

Normales Handwerk. Zwei Redaktoren empfangen einen Gesprächspartner zum Interview. Aus der mündlichen Aufzeichnung entsteht eine schriftliche Fassung. Im deutschen Sprachraum (im angelsächsischen nicht) wird die dem Interviewten zur Autorisierung vorgelegt.

Nun ist es das Normalste der Welt, dass die Verschriftlichung eine verdichtete, zusammengefasste Variante der Aufzeichnung darstellt. Normales Handwerk. Es ist auch normal, vor allem bei Kontroversen, dass der Interviewte an der ihm vorgelegten Fassung Änderungen vornehmen möchte.

Unter Profis macht man deswegen ab: es gilt das gesprochene Wort. Allerdings liegt das Recht an diesem Wort, wie das Recht am Bild, beim Sprecher. Also ist es eine Frage des Handwerks, dass man sich bei Änderungswünschen zusammenrauft.

Ausser, die interimistische Oberchefredaktorin Steffi Buchli und der frischgebackene SoBli-Chefredaktor Reza Rafi tun sich zusammen:

Auch das kommt ab und an vor. Normalerweise schmeisst man dann das Manuskript in den Papierkorb, bzw. versenkt es im elektronischen Archiv. Aber doch nicht die Restenverwertungsanstalt «Blick».

Wenn schon diese beiden Koryphäen ihre wertvolle Zeit aufwendeten, wenn schon Buchli ein gestelltes Blick TV-Interview mit Marco Rima machte, in der Abteilung Sauglattismus, wenn man dann eine geschlagene Stunde miteinander sprach (was normalerweise für eine Seite gedrucktes Interview reichen würde; beim SoBli wäre es sicherlich auf mindestens drei Seiten ausgewalzt worden), dann kann man dieses welterschütternde Ereignis dem Leser nicht vorenthalten.

Dann erzählt man gerne und hemmungslos die Geschichte des eigenen Versagens. Im Print steht nur Rafi als Autor da, online gesellt sich noch Buchli dazu, obwohl sich am Text nichts geändert hat.

Eingeleitet wird die Story eines gecancelten Interviews mit Nachtreten: «Die Mutation vom Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs war nicht mehr zu stoppen.» Welch schiefes Bild, welche Bösartigkeit.

Aber das ist erst der Vorspann: «Am Abend meldete sich seine Frau und Managerin Cristina: So könne man das Stück unmöglich freigeben, ihr Mann werde absolut unvorteilhaft und oberflächlich dargestellt.»

Auch diese Reaktion ist nicht unbekannt, wie der SoBli sogar selber einräumt: «So weit, so gewöhnlich im Medienbetrieb. SonntagsBlick wartete die autorisierte Fassung ab. Am Samstag lag sie vor. Doch fanden sich im abgeänderten Manuskript wohlformulierte Sätze im Polit-Jargon, die der Befragte so nie gesagt hatte. Das ist bei Interviews nicht unüblich, allerdings eher bekannt von Bundesräten oder Firmenchefs; PR-Arbeit eben

Dann die Schlusspointe: «Die SonntagsBlick-Redaktion respektiert das – hält es aber für wenig sinnvoll, ein Gespräch abzudrucken, aus dem die streitbarsten Passagen nachträglich entfernt wurden

Auch das ist erlaubt. Rima darf – wenn eben keine professionellen Abmachungen getroffen wurden – am gesprochenen Wort rumfummeln. Der SoBli darf auf den Abdruck verzichten (was er bei einem Bundesrat zum Beispiel, wenn dessen Nachnamen mit B. beginnt – nein, nicht B wie Blocher – niemals tun würde).

Jetzt kommt aber das Problem. Der SoBli enthält dem Leser vor, worum es hier geht. Hat sich das Umfeld von Rima zu recht über eine unvorteilhafte und oberflächliche Darstellung aufgeregt? Hat Rima mit wohlformulierten Sätzen im Politjargon geglättet?

Man weiss es nicht, man erfährt es nicht.

Problem: bei der mangelnden Glaubwürdigkeit, die sich der SoBli mit viel Arbeit erwirtschaftet hat, nimmt doch kein mündiger Leser diese Erklärung ab. Abgesehen davon, dass ein solches Scheitern nicht dem Interviewpartner anzulasten ist.

Dass gleich zwei Chefredaktoren sich nicht entblöden, das eigene Versagen öffentlich zu machen, ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten. Oder doch, durch das Editorial von Rafi. Aber das wäre dann eine echte Überdosis. Wir denken an die Gesundheit unserer Leser und lassen das.

Und dieses Bild ist so was von gestellt
(man beachte das Ladekabel).

6 Kommentare
  1. Ludwig Detusch
    Ludwig Detusch sagte:

    Es bleibt mir unerfindlich, warum sich ein gesunder und vernünftiger Mensch mit Mitarbeitern eines Mistblatts abgeben sollte, das ein Regenrohr im Logo hat.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Scheitern bei Blick und SonntagsBlick unmöglich. Der einzige Grund unfreiwilig das Unternehmen zu verlassen ist Mobbing, Dorer.
    Gescheiterte sind an der Werdstrasse willkommen. Beispiel Raphael Rauch, schimpft sich Wirtschaftsjournalist, ist Vielschreiber. Aktuell hat er Art Basel 2023 im Visier. Da macht er ein Interview mit der unbekannten Künstlerin Anna Genger, die Schüchterne, damals 36, behauptet von einem Sammler und einem Kurator 2014 verbal sexuell belästigt worden. Die Frau will sich wahrscheinlich mittels #MeToo Aufmerksamkeit verschaffen. Namen nennt sie nicht. Mit 45 immer noch zu schüchtern und feige
    In einem weiteren Artikel bietet er der Künstlerin Ursina Roesch vom Kunstvereins Fatart ein Forum, die Frau stösst sich daran das Art Basel von BewerberInnen ein Ganzkörperfoto, bekleidet, verlangt. Sektierischer Journalismus ausgerechnet von der Dufourstrasse nur peinlich!

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  3. René Küng
    René Küng sagte:

    Fortgeschrittene Variante von canceln oder verschweigen = Denunzieren & Diffamieren im Blanco-Interview, es sprechen nur die Hetzer.
    Absicht und Endlösung elend transparent (für Blick-Leser ???):
    Vernichtung eines Parlaments-Kandidaten, der noch getraut zu denken und widersprechen.

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  4. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Es wurde sowieso die Büchse der Pandora geöffnet indem gleich alle rausgelassen wurden: Rafi, Bärfuss und Meyer. Ich habs überflogen und bin fast abgestürzt.

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