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Verregneter Sonntag

Die Sonntagszeitungen rufen: bleibt im Bett!

Ein mögliches Ende der Welt sieht so aus, dass alles gleichförmig zu Staub wird. Zuvor müssen sich aber viele Dinge konvergent entwickeln. Die Sonntagszeitungen machen da grosse Schritte in diese Richtung.

Denn die aktuellen Ausgaben von NZZamSonntag und SonntagsZeitung haben so vieles gemeinsam. Sie sind langweilig, uninspiriert und gleiten einem wie Staub durch die Finger.

Oder will jemand ernsthaft behaupten, das hier löse einen Kaufrausch aus?

Man könnte höchstens anführen, dass die Redaktion ihre Antwort auf die Titelfrage geliefert hat: so wenig wie möglich.

Da will die SonntagsZeitung nicht hintanstehen:

Noch zu gut, möchte man der Redaktion der SonntagsZeitung zurufen. Sonst würde sie nicht wagen, dafür auch noch Geld zu verlangen. Denn nach dem Kauf  fühlt sich der Leser ärmer.

Und mit Sauglattismus bedrängt:

Ist so ein Shutterstock-Foto wirklich gefühlt den halben Platz einer Doppelseite wert?

Dafür arbeitet die NZZamSonntag mit Uralt-Fotos, die wir schon längst vergessen haben – und nicht unbedingt riesengross nochmals sehen wollen:

Ach, das sind Äusserlichkeiten? Auf die inneren Werte komme es an? Ja, aber wo sind sie? Ein wenig englisches Königshaus und der Krebs, ein wenig SVP-Bashing, dann spürt man förmlich, wie dankbar die Redaktion für den Anschlag bei Moskau ist, und schon wandert der erste Bund ins Altpapier.

Auf der Debattenseite dann immerhin ein kleiner Aufreger. Die bereits mehrfach verhaltensauffällig gewordene Silke Mertins aus Berlin drischt im Nachgang auf Rolf Mützenich, den Chef der SPD-Fraktion, ein. Der hatte einen klugen Satz gesagt, beziehungsweise eine vernünftige Frage in den Raum gestellt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann

Das nimmt Mertins nun sehr übel: «Die Bemühungen der Partei, kein Verein von Putin-Verstehern zu sein, hat er auf einen Schlag pulverisiert.» Als Kronzeugin zitiert sie ausgerechnet die Waffenindustrie-Lobbyistin und Kriegsgurgel Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die am liebsten höchstpersönlich den Dritten Weltkrieg auslösen möchte. Die findet diese Idee eines Kriegsendes «skandalös». Für sie sei Mützenich «ein Sinnbild aller Verfehlungen deutscher Aussenpolitik». Dieses Flintenweib spielt Opposition gegen die eigene Regierung.

Aber Mützenich hatte laut Mertens schon immer ein völlig verpeiltes Weltbild; er gehöre «zu jenen in der SPD, die mit fast religiöser Inbrunst an die Ostpolitik der sozialdemokratischen Ikone Willy Brandt glauben». Sie meint damit wohl die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion, die der Friedensnobelpreisträger vorantrieb und die BRD damit auf den Weg zur Wiedervereinigung brachte.

Nicht nur, dass Mützenich laut Mertens ein Ober-Putinversteher sei, er wird auch noch von allen falschen Leuten unterstützt: «Der Applaus, den Mützenich nun von der Rechtsaussenpartei AfD, von der Linken, dem Bündnis Sahra Wagenknecht und dann auch noch von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bekam, sind dabei auch nicht gerade hilfreich.»

Sagen wir so: dass Mertens gegen ihn keift, hilft dabei, seine Position als richtig zu beurteilen.

Und sonst? Es ist nicht sehr übertrieben, wenn man die Fortsetzung der «Verlagsserie» – also eine bezahlte Inseratekampagne von Rolex, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt – als ein herausragend interessantes Stück bezeichnet. Bei dem Umfeld …

Ist man auf Seite 60, «Leserbriefe», angekommen, fällt der frühe Abschied nicht schwer.

Nicht viel anders geht’s einem bei der SonntagsZeitung. Ein kurzes Verweilen beim Artikel «Streit um Baba News eskaliert», wo Rico Bandle verdienstvollerweise bei den Hatern der Migranten-Plattform dranbleibt, die absurderweise Workshops gegen «Hate-Speech» anbieten. Dabei aber den Zugang streng reglementieren und islamische Judenfeindlichkeit in ihrem Feldzug für Palästina konsequent ausblenden.

Die NZZ hingegen halten die beiden Macherinnen für «gefährlich», weil sie von ihr kritisiert wurden, auch der sich um Integration verdient gemachte GLP-Grossrat Alain Pichard gerät in ihr Schussfeld, ihm unterstellt Baba News «offensichtliche Muslimfeindlichkeit». Da nie mit ihm geredet wurde, beschuldigt Pichard die Baba-News-Macherinnen, «eine gezielte Rufschädigung» begangen zu haben.

Ds ist wenigstens etwas Eigenständiges. Aber sonst? Was der NZZaS ihre Rolex ist, das scheint der SoZ der Verein Agentur C zu sein, der ein etwas schräges ganzseitiges Inserat geschaltet hat:

Irgendwie erinnert dieses Inserat an diese redaktionelle Horrorseite:

Da ZACKBUM weder religiöse, noch niedrige Gefühle verletzen möchte, verzichten wir zweimal auf einen Kommentar.

Und sonst? Was sonst? Gibt es denn keinen Trost? Doch:

Auch schleimen will gelernt sein: «Prinzessin, Mutter, Ehefrau – ein Mensch». Reza Rafi, Chefredaktor, Schmachtlockenträger, Ehemann – ein Schreiberling». Aber mit Ratgeber:

Gut, wir sind getröstet. Schlimmer geht immer.

 

Wir wollen lustig

Richtig, wir  schauen in den «Blick».

Medienkritik ist eine ernste Arbeit. Frustrierend, deprimierend, ein Waten im Sumpf des Unausgegorenen, Kurzgedachten, der Welt der Menschen, deren Selbstwertgefühl und die Überzeugung der eigenen Wichtigkeit umgekehrt proportional zur Bedeutung dessen ist, womit sie die Konsumenten langweilen und vertreiben.

Aber es gibt seltene Lichtblicke. So wie die Homepage des «Blick» am Sonntag. Ein Schenkelklopfer nach dem anderen. Zuerst das reine Wunschdenken:

Der «Leiter der Journalistenschule» Peter Hossli gibt seinen Schülern ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

Ein «Porträt«. Mehr als das: ein Wunschdenken. Allerdings mit Unsicherheitsfaktor «B+». Denn zunächst lautete der Titel: «Vor Nikki Haley fürchtet sich Trump am meisten». Aber das war Hossli offenbar zu direkt, also liess er abschwächen. Auch sonst wurde am Anriss noch kräftig gebastelt:

Dann lobhudelt er sie im Text als «Hoffnungsträgerin der moderaten Republikaner. Sie ist klug und besonnen, legt in den Umfragen mächtig zu und hat Chancen, die erste US-Präsidentin zu werden – aber nur, falls Donald Trump einbricht». Ein alter Hase, ein «falls» darf eben nie fehlen. Denn am Schluss muss Hossli einräumen, dass ihr Rückstand auf Trump «laut Umfragen 50 Prozent» betrage.

Erster Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber für «Blick»-Leser, die zu blöd sind, den Fahrplan zu lesen:

Eigentlich muss man zum neuen SBB-Fahrplan nur wissen, wie man im Internet oder auf der Anzeigetafel seine Verbindung findet.

Zweiter Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber, auf den alle Lüsterne gewartet haben:

Hübscher Titel, daher nicht vom «Blick», sondern vom Werbetreibenden, der hinter diesem bezahlten Inserat steckt, das zum Verwechseln ähnlich wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt.

Dritter Schenkelklopfer.

Dann ein Dreierschlag, damit die Oberschenkel brennen:

Interessiert noch jemand, an welchen Schuldgefühlen der abgehalfterte «Mr. Corona» leidet, was er über seine «neue Ehefrau» zu sagen hat? Lachhaft. Kündigung wegen Eigenbedarf, der dann nicht vorhanden war. Lachhaft unwichtig. Aber Frank A. Meyer, der Grossdenker im Taschenformat, ruft den «Klassenkampf» aus. Als überzeugter Jaguar-Fahrer sieht er den bei all den Grünen ausgebrochen, die nicht nur Zürich in «eine wahrhaft linksgrüne, weil autobefreite Stadt» verwandeln wollen.

Richtig erheiternd dann seine Lobeshymne auf das Auto: «Das Auto ist mehr als das Auto! Es ist Freiheit! Weil Mittel der Fortbewegung, wann immer ich will, wohin ich will. Ja, das Auto ist, was sein Name sagt: das Selbst. Das Ich

Wahnsinn, dafür müsste er einen Jaguar ehrenhalber bekommen, dieser kleine Platon. Wenn er noch geradeaus fahren kann. Wenn man ihn das noch tun lässt.

Nächster Schenkelklopfer.

Dann schon der nächste Ratgeber:

Aber leider, leider: «Jede Woche stellen wir im SonntagsBlick eine wichtige Frage. Dieses Mal wollen wir wissen, wie du Familienstreit während der Feiertage vermeidest. Die besten Rückmeldungen werden im SonntagsBlick Magazin vom 17. Dezember 2023 gedruckt.» Alles muss der Leser selber erledigen, unglaublich.

Schon wieder ein Schenkelklopfer.

Das hier ist unschlagbare Realsatire:

Die armen Schenkel.

Chefredaktor-Imitator Reza Rafi hat hingegen, vielleicht animiert vom eigenen Namen, einen Stabreim gefunden:

Hammer. Kellnern mit Keller-Suter. Kassieren mit Cassis. Animieren mit Amherd. Panaschieren mit Parmelin. Röhren mit Rösti. Beenden mit Berset. Bohren mit Baume-Schneider. Die nächsten Titel sind gesetzt.

Ach du Schenkel.

Diese People-Meldung ist dem «Blick» offenbar so wichtig, dass sie seit gefühlt einem Monat zuoberst steht.

Der Arm erlahmt.

Geht noch ein letzter Heuler? Natürlich, Auftritt des Mannes mit dem eingewachsenen finsteren Gesichtsausdruck. ZACKBUM weiss inzwischen, wieso der so grimmig schaut: Lukas Bärfuss muss ja seine eigenen Texte lesen! Das tut weh.

Anlass zum letzten Schenkelklopfer: die Bezahlschranke schützt den Leser davor.

Tiefdruckgebiet Sonntag

Dabei wäre die Weltlage doch so interessant …

Aber die «SonntagsZeitung» setzt mal wieder ihre eigenen Prioritäten:

Sie adressiert die wichtigsten Fragen der Menschheit zurzeit. Die da wären: «Hilft die Glukosemessung beim Abnehmen?», «Das sind die besten Spaghetti», «Eine 84-Jährige, die am liebsten in Jugis schläft», «Darf man noch schimpfen?» und «UNO: Schweiz auf der Seite der Israel-Kritiker». Das ist zwar Berichterstattung über den Nahen Osten, bezieht sich aber auf eine längst abgefrühstückte und im Übrigen bedeutungs- und sinnlose Abstimmung in der UNO-Vollversammlung.

Dann will Glättli überraschungsfrei nicht Bundesrat werden (umgekehrt wäre es eine frontwürdige Meldung), herrscht beim Bau der zweiten Gotthardröhre Vorsicht, und ganz unten rechts (!) noch die Meldung «Moskau einfach». Nein, «Kommunisten sehen sich im Aufwind». Sehen sich, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Mal im Ernst, wurde nun auch der letzte zurechnungsfähige Blattmacher entlassen? Kann sich jemand vorstellen, dass eine solche Front am Kiosk einen unbezähmbaren «muss ich kaufen»-Reflex auslöst?

Wer dem tatsächlich nachgegeben hat oder zu den zwangsbeglückten Abonnenten gehört, wird auch auf der nächsten Doppelseite unsanft in den Schlaf gewiegt. Arthur Rutishauser hat einen patenten Lösungsvorschlag für den nahen Osten, der angeschlagene Obergrüne Glättli wird doch allen Ernstes gefragt, ob er sich Chancen auf einen grünen Bundesrat ausrechne, dann noch etwas Schlaumeierei «Angriff der Grünen setzt SP unter Druck, nicht die FDP», und schon erlöst ein Inserat den Leser. Aber nur kurzfristig. Die nächste Seite ist wieder putzig.

Oben wird die Schweiz gebasht, dass sie einer UNO-Resolution für eine «humanitäre Waffenruhe» zugestimmt habe. Der israelische UNO-Botschafter, nie um harsche Worte verlegen («UNO-Generalsekretär muss zurücktreten»), beschimpft das als «Schande». Auch die SoZ muss die Schweiz darauf hinweisen, dass jeglicher Hinweis auf die Verursacher der Eskalation in der Resolution fehle. Noch schlimmer: die Liste der Urheberländer mache «hellhörig».

Denn neben dem Haupturheber Jordanien gebe es da viele arabische Länder und, Gottseibeiuns, «zweifelhafte Nationen wie Nordkorea, Russland und Venezuela». Pfuibäh, wenn die für irgendwas sind, muss man dagegen sein, egal, was es ist. Aber eigentlich sind wohl alle 120 Nationen, die dieser Resolution zustimmten, irgendwie zweifelhaft und sollten sich am besten auflösen. Anhaltend hohes Niveau der intellektuellen Durchdringung, auch bei der SoZ.

Aber dann wird es ganz heikel: «Tausende liefen an Kundgebungen mit», an «Pro-Palästinenser-Demos». Fast bedauernd meldet die SoZ: sie «blieben friedlich», und offenbar ist es den Veranstaltern gelungen, Hamas-Wahnsinnige und «from the river to the sea»-Idioten auszugrenzen. Ausser in Basel, dort wurde ein solches Transparent gezeigt. Zudem waren es mehr als erwartet, in solchen Fällen spricht man dann von «mehreren Tausenden».

Der unverwüstliche Alt-Nationalrat Geri Müller zeigte in Bern seine schönsten Selfies. Nein, er wies darauf hin, dass dieser Spruch keineswegs antisemitisch sei, sondern nur fordere, dass Palästinenser zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer frei leben könnten. Kleine Märchenstunde.

Da es aber keinen Vorfall gab, der Anlass für richtig verbale Dresche geboten hätte, ist der Artikel scheu mit (SDA/SZ) gezeichnet. Da wollte sich kein Redaktor die Finger dran verbrennen.

Dann ein Bericht, der uns alle mehr aufrütteln sollte als die Gefahren, die vom Islamismus ausgehen: «In diesem Berner Büro planen sie die Weltrevolution». Schluck, schon wieder? Doch, doch: «Die Regierungen der Kapitalisten müssen von der vereinten Arbeiterklasse gestürzt werden». Jö. Es gibt in der Schweiz auch Nostalgiker, die den Alpöhi zurückwollen. In Österreich trauern manche dem Kaiser nach. Aber eine Seite und dieser Titel für Revolutions-Nostalgiker?

Dann muss aber jedem linientreuen Tamedia-Journi das Halbeli hochkommen, das er sich am Samstag gönnte, um den Frust über die neuen Entlassungswellen runterzuspülen. Ein positives Porträt über Nina Fehr Düsel. Frisch gewählte Nationalrätin und Tochter von Hans Fehr. Ja, dem Fehr von SVP. Und sie ist auch in dieser fremdenfeindlichen Hetzerpartei. Dabei heisse es über sie, sie «sei konstruktiv, tolerant, ja «liebenswürdig»». Und das muss man in der SoZ lesen, da platzt so manche Gesinnungsblase.

Dann, da war doch was, eine Seite Ukraine. Aber gerade nach der jüngsten Ausdünnung der Work Force stammt der Artikel natürlich von der «Süddeutschen Zeitung», what else?

So geht’s dann auch weiter. Eine Seite Gemischtes, Abhandlung über gefährlichen Häuserkampf und Abhandlung über Sahra Wagenknecht. Beides ist der SZ nicht ganz geheuer, wie die beiden Autoren aus München zum Ausdruck bringen, was dem SoZ-Leser frisch aufgewärmt serviert wird. Ach, vielleicht eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der frischgegründeten Partei Wagenknechts? I wo, eine Glosse darüber, dass deren provisorisches Kürzel BSW schon von anderen gebraucht werde, darunter dem «Bundesverband Schwimmbad & Wellness». Ist das vielleicht zum Brüllen komisch.

Aber nicht nur im Nahen Osten geht es strub zu und her: «160’000 Schweizer Kinder erhalten Ohrfeigen». Die «Präsidentin von Kinderschutz Schweiz» mahnt: «Jeder Fall ist tragisch, gopf. Jedes Kind kann eine langfristige Schädigung davontragen.» Von den Kindern in Israel und im Gazastreifen ganz zu schweigen.

Aber dann müssen alle Klimaretter, die es aktuell sowieso nicht so leicht haben, dank Greta, eine weitere eiskalte Dusche über sich ergehen lassen: ein Arktisforscher behauptet doch unwidersprochen: «Der Weltuntergang ist nicht nahe». Wenn das die Klimakleber wüssten.

Sonst noch was? Rutishauser entgeht ja in der Wirtschaft nichts, auch nicht: «Globus sucht nach neuen Investoren». Das ist zwar ungefähr so überraschend wie «Trump ist gar nicht so reich, wie er tut». Aber immerhin, mit Riesenfoto von René Benko mit Gattin Nathalie füllt das die erste Seite und zweite Seite des Wirtschafts-Bundes.

Aber immer noch relevanter als die Titelstory bei «Leben & Kultur»: «Abnehmen und fitter werden dank Blutzuckertracker?» Ein Selbstversuch, immer wieder beliebt. Resultat: war nix. Ausser: zwei Seiten gefüllt.

Dass es die SoZ allerdings nicht fertigbringt, mit eigenen Kräften den neusten Asterix zu besprechen, sondern das auch von München erledigen lässt, ein Armutszeugnis. Die spinnen, die an der Werdstrasse.

Aber dann der Test, auf den die Welt gewartet hat, der vor allem in Italien mit angehaltenem Atem gelesen wird: die besten Spaghetti. Erstaunliches Resultat: mit einem halben Kochtopf Vorsprung gewinnen die Migros-Spaghetti. Wohlgemerkt die von M-Budget. Wahnsinn. Darf man den Kalauer machen, dass der Name einer der beiden Autorinnen gut zum Thema passt? Claudia Salzmann

Ach, einer geht noch, was macht der «SonntagsBlick»? Nun, es gibt ihn noch, was ja schon mal eine Nachricht ist. Er ignoriert auf der Front die Welt, lobt natürlich Gut-Behrami und macht mit einem Interview auf. Mit dem Gottseibeiuns Christoph Blocher. Und bevor er den interviewt, topft Reza Rafi auch noch die Grünen ein «Es ist bittere Ironie, dass die Grünen ausgerechnet mit einer Bundesratskandidatur ihr Unreife für eine Regierungsbeteiligung darlegen». Na ja, «darlegen», aber inhaltlich für einmal nichts zu meckern.

Nur das Hausgespenst bleibt sich treu und irrlichtert etwas über die SVP, diese «Schweizer Rechtspopulisten, Anti-Europäer aus tiefster Seele». Aber immerhin, er schreibt nicht «schwarzer Seele», und den «Führer aus Herrliberg» lässt er auch mal weg. Dafür drischt er in eine neue Richtung: «Für die Siege der Rechtspopulisten trägt die Linke die Verantwortung.» Da schau an.

 

Rafi rhabarbert

Wenn ein Mikrophonständer Pfeifgeräusche macht.

Wer vielleicht meint, der Titel seines Machwerks sei unverständlich, der hat noch nicht versucht, sich durch dieses Gestrüpp von wirren Gedankensplittern zu kämpfen.

Dem nachgerutschten Chefredaktor des «SonntagsBlick» sei eine Mailadresse ans Herz gelegt: gazawestbank@eda.admin. Dort könnte er sich erkundigen, wieso die staatliche Organisation Deza dort ein Büro unterhält – und Schweizer Steuerfranken ausgibt. Auch das HEKS will dort eine «starke Zivilgesellschaft für Frieden und Gerechtigkeit» unterstützen. Allesamt und insgesamt mit Millionen.

Mit grosser Kelle richtet auch Deutschland an: 350 Millionen Euro Zahlungen an Palästinensergebiete sind für 2024 vorgesehen. Bis in die SP, die Grünen oder die Grünliberalen hinein – politische Bewegungen, denen der SoBli nicht ablehnend gegenübersteht – gibt es Solidaritätsbesoffene mit der palästinensischen Sache.

Denn selbstverständlich beinhaltet das israelische Vorgehen innerhalb Israels und in den völkerrechtswidrig besetzten und besiedelten Gebieten Verbrechen. Oder wie das Reza Rafi formuliert: «Man soll die Sünden der israelischen Regierung, deren Siedlungspolitik, das Sägen am Rechtsstaat und anderes nicht verschweigen.»

Das ist aber auch schon der einzig zurechnungsfähige Satz in seinem Elaborat. Nach dem verabscheuungswürdigen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel wäre vielleicht von einem Chefredaktor Einordnung, Analyse, Erklärung verlangt. Aber doch nicht der Mikrophonständer. Der übersieht den Balken im linken Auge und missbraucht die Gelegenheit, ein Narrativ zu schärfen, an dem auch Amoks in der NZZ basteln:

«Die palästinensischen Fundamentalisten unterhalten nicht nur beste Beziehungen zu Teheran, sondern auch zu Moskau.» So wie Israel nicht nur beste Beziehungen zu den USA, sondern zum gesamten Westen unterhält, der es bei reinen Lippenbekenntnissen belässt, wenn Israel beispielsweise mit seiner illegalen Siedlungspolitik fortfährt.

Aber Rafi sieht einäugig die ganz grossen Zusammenhänge: «Russlands Kriegstreiber Putin versteht es bestens, auf dieser Welle zu reiten und die Staaten von Brasilien bis Indien, von China bis Iran zu einer vermeintlich stabilen Achse zu formen, zu einem Parvenu der Weltpolitik, einer antiamerikanischen Internationale.»

Nun ist es bekannt, dass es im Westen natürlich immer jede Menge nützliche Idioten gibt: «Unterstützt wird diese Bewegung im Westen von einer Phalanx aus Pazifismus-Parlierern und Klappentextphilosophen, zusammengesetzt aus rechtsnationalen und linksideologischen Publizisten im moralischen Niemandsland

Dazu gehören sicherlich auch diese Manifestanten in Zürich, über die vor zwei Jahren das Investigativteam Fabian Eberhard recht neutral berichtete: «Zürich, Bern, Basel: Mehrere Schweizer Städte erlebten am Samstag Solidaritätskundgebungen für Palästina. In Zürich zogen gegen tausend Menschen durch die Innenstadt, darunter viele Jugendliche.»

Wer den ganz grossen Hammer schwingt und gegen «Pazifismus-Parlierer» poltert und behauptet, dieser «Parvenu der Weltpolitik» werde von Publizisten im «moralischen Niemandsland» unterstützt, wäre gut beraten, dafür vielleicht ein, zwei Beispiele anzuführen. Gehört da schon jemand dazu, der jegliche Gewaltanwendung im Nahen Osten verurteilt? Ist jemand ein Unterstützer Putins, wenn er auf der Einhaltung von UN-Resolutionen beharrt? Oder ein Befürworter dieser «Achse», wer das Existenzrecht eines palästinensischen Staats einfordert?

Aber für Rafi, wie für jeden undifferenzierten Haudrauf, der nicht Gedanken ausdrücken will, sondern Gefühle massieren, geht es schnell und bei jeder Gelegenheit immer um alles. Um das Ganze, wie das Constantin Seibt so unübertroffen einfältig formuliert. Dem stimmt Rafi als Mikrophonständer, als Meinungsbüttel vollkommen zu: «Es gibt nur eine Wahl: jene zwischen der freien Welt und der unfreien

Das ist ungefähr so beknackt wie die Behauptung: Es gibt nur eine Wahl: jene zwischen Tag und Nacht. Zwischen Griessbrei oder Birchermüesli. Zwischen Pest und Cholera. Zwischen Mann und Frau.

 

La, La, Läderach

Wie schlägt sich Johannes Läderach im kleinen Orkan?

Klarer Fall für Krisenkommunikation. Es war ein Sturm mit Ansage. Spätestens, als die SRG Vater Läderach mit Vorwürfen konfrontierte, an der evangelikalen Privatschule «Domino Servite» habe es Gewalt gegen Zöglinge gegeben und gar einen Vergewaltigungsfall unter Schülern, wusste CEO Johannes Läderach, dass sich Gewitterwolken zusammenballten. Und konnte mit den Vorbereitungsarbeiten beginnen.

Vergangenen Donnerstag schlug dann der Blitz ein, die Doku wurde ausgestrahlt. Inzwischen zählt das SMD (Stand Montagmittag) bereits 274 Treffer für das Stichwort Läderach. Natürlich sind sehr viele Doubletten dabei, weil die Schweizer Medienszene überwiegend aus Kopfblättern von Tamedia und CH Media besteht, in denen jeweils die gleiche Einheitssauce auf die Leser geschüttet wird.

Am Donnerstag vermeldete SRF die Resultate einer zweieinhalbjährigen Recherche. Darunter diese Aussage eines M.: «Er sei dabei gewesen, als Jürg Läderach seine Mitschüler mit seinem Gurt gezüchtigt habe, erzählt M, der anfangs 2000 auf dem «Hof Oberkirch» zur Schule ging.»

Dagegen steht: «Jürg Läderach dementiert. In einer eidesstattlichen Erklärung lässt er notariell festhalten, dass er «niemals Schülerinnen oder Schüler geschlagen oder anderweitig misshandelt habe»

Das ist die Ausgangslage. Unbestritten ist wohl, dass es in der Schule zu Schlägen und körperlichen Bestrafungen kam; wieweit Sexuelles dabei eine Rolle spielte, ist unklar. Umstritten ist hingegen, ob Läderach Senior selbst auch geschlagen hat, wobei zumindest klare Indizien darauf hinweisen, dass er von körperlichen Züchtigungen wusste.

Nun ist die Firma Läderach nicht irgendwer, sondern Arbeitgeber von rund 1800 Angestellten, laut Aussage des aktuellen CEO und Sohnes des im Feuer stehenden Läderach. Zwei Produktionsstandorte, weltweit 140 Läden, ein Schoggi-Museum in Bilten, für 50 Franken kann man eine geführte Tour inkl. Degustation, Schokoladenbrunnen und selbstdekorierter Schokolade buchen. Umsatz rund 180 Millionen Franken im Jahr. Ein Zwerg im Vergleich zu Lindt & Sprüngli (rund 5 Milliarden Franken Umsatz), aber immerhin.

Also ging es am Donnerstag los: «Happige Vorwürfe gegen Ex-Schoggi-König Jürg Läderach», titelte Tamedia flächendeckend. ««Kinder gezüchtigt»: schwere Vorwürfe gegen Chocolatier Jürg Läderach», echote der «Blick». Etwas gemässigter die SDA: «Vorerst keine Untersuchung von Christlicher Privatschule». Auch CH Media stimmt in den Chor ein: «Schwere Vorwürfe gegen Ex-Chocolatier Jürg Läderach: Auch er soll «Domino Servite»-Schüler gezüchtigt haben

Dann natürlich der Sektenexperte, Fragen nach der Auswirkung auf das Image, wie steht es mit der Partnerschaft mit dem Zurich Film Festival (ZFF). Eher ausgewogen neutral meldete sich die NZZ mit etwas Verspätung zu Wort: «Vorwürfe gegen Ex-Patron von Läderach».

Während das ZFF noch am Freitag tapfer zu Läderach stand, machte es am Samstag kehrtum und beendete die Zusammenarbeit mit der Schokoladenfirma.

Das war die Ausgangslage. Es war völlig klar, dass sich CEO Läderach zwischen zwei Optionen entscheiden musste, nachdem er in einer ersten Stellungnahme die Distanz zwischen Firma und Vater betont hatte und dass die dritte Generation Läderach «keinerlei Verbindungen zu der Kirche» mehr habe.

Entweder es dabei bewenden lassen, Kopf einziehen und abwarten, dass auch dieser Sturm – wie alle anderen auch – mal vorbeigehe. Oder offensiv werden und sich in der Sonntagspresse melden. Auch da ist die Auswahl sehr überschaubar. SonntagsBlick kam eher nicht in Frage, keine angemessene Plattform. NZZaS wäre natürlich eine Option gewesen, aber offensichtlich konnte man sich nicht über die Rahmenbedingungen einigen.

Also kam Rico Bandle von der SoZ zum Handkuss, das grosse Interview. Über die Entstehungsgeschichte, die Vereinbarungen und Absprachen ist natürlich nichts bekannt. Es war aber sicherlich nicht so, dass sich Bandle und Läderach bei einer Schokolade zusammensetzten, dann drückte er auf die Aufnahmetaste, und los ging’s. Dafür stand für Läderach zu viel auf dem Spiel.

Also wurden sicherlich die Themengebiete abgesteckt, die Grenzen der Veränderung bei der Autorisierung auch. Ob das Interview mündlich oder gleich schriftlich geführt wurde, weiss man auch nicht. Auf jeden Fall sind entscheidende Antworten von einer eleganten Glätte, die es fast ausgeschlossen erscheinen lassen, dass ein gestresster Läderach sie so druckfertig äusserte.

Am Samstag hatte noch Tamedia nachgelegt: «Läderach und der Reputationsschaden». Ein vermeintlich schlauer «Marketingexperte» gab Flachheiten zum Besten: «Es ist nun wichtig, dass Läderach proaktiv das Vertrauen bei den Kunden und Geschäftspartnern raschmöglichst wiederherstellt.» Wie er das anstellen soll – vielleicht mit Gratis-Schoggi für alle? – verrät das Marketing-Genie aber nicht.

Aus dem fernen Peru meldet sich Pensionär Alex Baur markig in der «Weltwoche» zu Wort: «SRF betreibt mit dem Läderach-«Dok» Kloaken-Journalismus übelster Machart.». Da ist ihm beim Schreiben etwas die Klobürste in den Weg gekommen.

Dann also Läderach im Interview. Der beste Satz: «Ich plädiere dafür, dass man das Unternehmen nach den Menschen beurteilt, die jetzt die Verantwortung tragen. Und vor allem nach den 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sie machen den grossen Teil der Arbeit, sie sind der Grund für unseren Erfolg.»

Im Niveau etwas liefergelegt machte sich dann auch Reza Rafi, der Mikrofonhalter vom SoBli, so seine Gedanken. Er verwies auf den Fall der Pastamarke Barilla, deren Patron gesagt hatte, dass er niemals mit einem homosexuellen Paar einen Werbespot drehen werde. Er unterschätzte etwas den Aufschrei und musste zu Kreuze kriechen und viel Geld für Schadensbegrenzung ausgeben. Und einen Spot mit einem lesbischen Paar drehen.

Was hat das mit den aktuellen Problemen von Läderach zu tun? Genau nix. Macht nix.

Am Montag war das Thema immer noch so heiss, dass es über 50 Treffer für Läderach im SMD gibt. Es wird allerdings weitgehend an alter Schokolade gelutscht. Das ZFF stellt die Zusammenarbeit ein, der Läderach-Sohn büsse für angebliche Taten des Vaters, «Inside Paradeplatz» will wissen, dass er weiter «mit umstrittenem Vater» geschäfte.

Baur legt in der WeWo noch einen drauf: «Die von SRF befeuerte Cancel-Orgie tritt so ziemlich alles mit Füssen, was uns seit der Aufklärung heilig sein sollte. Sie setzt auf Sippenhaft, hetzt gegen religiöse Minderheiten und verstösst gegen die Unschuldsvermutung. Mehr Verlogenheit, mehr Doppelmoral ist kaum noch möglich.»

Gegen den Strom schwimmen muss nicht immer zielführend sein.

Der «Blick» zieht einen weiteren «Reputationsexperten» aus dem Hut: «Die Marke ist stark beschädigt.» Vielleicht, weil sie nicht «proaktiv» vorgeht. Woher er das wissen will, wie er das misst: das bleibt Amtsgeheimnis.

Geradezu brüllend komisch ist die Schlusspointe im «Blick»: «Bleibt die Frage, ob allein der zu erwartende Umsatzrückgang in der Schweiz reicht, damit sich die Firma klar und deutlich von den Ansichten und dem Verhalten der Familie distanziert.»

Abgesehen davon, dass sich der aktuelle CEO bereits überdeutlich von den Ansichten seines Vaters distanziert hat: die Firma gehört der Familie, bzw. CEO Johannes Läderach  …

Ob Schokoladessen schlau macht, Christian Kolbe?

Ach, und das Schicksal von Hunderttausenden von Kindern, die in den Kakaofarmen in Westafrika schuften müssen, denen Gegenwart und Zukunft gestohlen wird, die misshandelt werden, auch missbraucht – in all den rund 300 aufgeregten Artikeln zum Thema kein Wort dazu. Das ist echt erbärmlich.

 

 

 

Bliblüblö

ZACKBUM fragt verzagt: wer soll das denn kaufen?

Eigentlich könnte man es mit der Ankündigung bewenden lassen: ohne Worte.

Sicher, wenn man für ein Blatt arbeiten müsste, dass ein Regenrohr im Logo hat, neben dem ein komischer Strich steht, und in einem irgendwie nicht dazu passenden Kasten obendrüber steht «Sonntags», dann käme wohl nur bei Masochisten Stimmung auf.

Denn irgendwann ist in einem Skandalthema der Titel «Neue Vorwürfe gegen …» abgenudelt. «Jetzt rede ich», albgenudelt, auch wenn es die Tierschutzpräsidentin ist, die zuerst mal vom SoBli angerempelt wurde. So schafft man sich Storys.

«Alle Vögel sind wieder da», echt jetzt? Plus ein Interview mit einer «Nati-Legende». Das ist so wie ein Interview mit der Politik-Legende Dölf Ogi. Nur hat der im Gegensatz zu Alex Frei auch etwas zu sagen.

Wollen wir umblättern? Ungern, aber was muss, das muss. Die Sonntagspredigt hält wie meist Reza Rafi. Zunächst findet er salbungsvolle Worte: «Gott ist noch lange nicht tot.» Oh, aber irgendwann stirbt er mal? Nicht grübeln, wie lebt er denn heute? «In einer Phase weltweit zunehmender Unfreiheit, apokalyptischer Umweltnachrichten und radikalen Islams gibt die Institution Kirche vielen Zeitgenossen Halt. Die Predigten spenden Trost im Weihrauchduft.»

Huch, hat Rafi einen kleinen Lyriker gefrühstückt? Trost im Weihrauchduft? Prost im Notdurftduft?

Aber jetzt das, aus heiterem Himmel die Missbrauchsvorwürfe. Gott, o Gott: «Diese Wunden werden nur langsam heilen, das zerstörte Vertrauen wird nicht über Nacht zurückkehren.» Nein, aber wenn man stark im Glauben ist, Herr Rafi, vielleicht geht’s dann.

Das ist aber nur die Einleitung zu einer seiner Eskapaden ins Nebensächliche. Hier: Mitte-Präsident Gerhard Pfister sage, obwohl da ja die katholische CVP drinsteckt, nix. Aus wahltaktischen Gründen. Aber, donnert Rafi von der Kanzel: «Die Parteispitze verspielt damit eine historische Chance.» Welche Chance das wäre, das verrät er allerdings nicht. Aus einem ganz weltlichen Grund: Ende Gelände, Platz im Editorial alle.

Genau da dachte ZACKBUM: richtig, das ist der ideale Ort für einen unheimlich starken Abgang.

Und die Hetzer in den Medien?

Wegducken und so tun, als war da nix. Denn es ist ein Medienskandal.

Shelby Lynn hat ihre 15 Minuten Ruhm bekommen. Das schaffte sie mit einem Video, in dem sie ein paar blaue Flecken zeigte. Und erklärte, dass sie sich an deren Entstehen nicht erinnern könne, aber an einer After-Show-Party von Rammstein teilgenommen habe. Sie insinuierte zudem, dass man sie möglicherweise unter Drogen gesetzt habe. Dummerweise ergaben aber alle Drogentests im Nachhinein nichts.

Schliesslich reichte sie noch bei der Staatsanwaltschaft Vilnius eine Strafanzeige ein. Wie in solchen Fällen üblich, meldeten sich einige weitere Frauen, die unter dem Schutz der Anonymität Reportern weitere Geschichten von unerwünschter Anmache erzählten.

Besonders hervor tat sich die Youtuberin «Kayla Shyx», die aufgeregt wilde Storys verbreitete, die ihr angeblich zugetragen wurden oder die sie selbst erlebt haben wollte. Damit erhöhte sie ihre Einschaltquote gigantisch. Ihr wurde dann aber schnell der Stecker gezogen.

Das war die übliche verantwortungslose Keiferei auf den asozialen Medien. Das wurde ergänzt durch die inzwischen ebenfalls übliche verantwortungslose Hetzerei auch in seriösen Medien. Die NZZ sprach sogar von einem «Täter», löschte den Begriff dann aber schleunigst. «Blick» war nicht schnell genug und musste einen ganzen Artikel löschen, zu Kreuze kriechen und sogar ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers veröffentlichen, wofür sich Mikrophonständer Reza Rafi hergab.

Das ehemalige Nachrichtenmagazin «Spiegel» widmete der Hysterie sogar eine Titelgeschichte. Sie kochte dann nochmal hoch, als vermeldet werden konnte, dass bei der Staatsanwaltschaft Berlin mehrere Anzeigen eingegangen seien. Endlich, denn alle anonymen und die wenigen angeblichen Opfer, die mit Namen hinstanden, hatten es allesamt unterlassen, zur Polizei zu gehen.

Es endete, wie es auch nicht allzu selten endet: keine Staatsanwaltschaft sah einen Anfangsverdacht, um Ermittlungen aufzunehmen.

Nun dreht Sänger Till Lindemann offenbar den Spiess um. Die Staatsanwaltschaft in Vilnius, weiss die deutsche «Bild», ermittelt gegen diese Shelley Lynn wegen des Verdachts auf Verleumdung.

Das wird wohl auch mit einer Einstellung enden. Denn die Dame hatte wohlweislich darauf verzichtet, Lindemann irgendwelcher Straftaten zu bezichtigen. Da sie behauptet, eigentlich pleite zu sein, ist zu hoffen, dass es keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen sie geben wird.

Das gilt aber leider auch für alle Hetzer in den Medien, die sich wieder mal mit Vorverurteilungen überschlagen haben. Ein Amok im «Tages-Anzeiger» forderte sogar, dass die Berner Konzerte abgesagt werden müssten.

Es ist unerträglich, welchen Reputations- und Rufschaden verantwortungslose Journalisten verschulden können – haftungsfrei, uneinsichtig und unbelehrbar. Sogar heute noch schwurbeln Feinde des Rechtsstaats wie Marc Brupbacher herum: «Viele feiern Lindemann nun als unschuldig. Dabei hat keine einzige Frau Anklage erhoben. Warum nicht? Weil sie wissen, was sie erwartet hätte.»

Das ist zwar ziemlich wirr, soll aber wohl heissen, dass er in Wirklichkeit gar nicht so unschuldig sei, aber geschützt durch Macht und Geld. Das entscheiden inzwischen selbsternannte Scharfrichter in den Medien und scheuen auch so früh wie möglich nicht vor einer Namensnennung zurück. Denn erst das gibt ihrer schlaffen Story den gewünschten Pep.

Ganz anders sieht das aber aus, wenn es einen der Ihren erwischt. Obwohl ja inzwischen wohl jeder weiss, um wen es sich handelt, verschweigt die Journaille eisern den Namen eines Freigestellten, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden.

Das ist zwar im Prinzip richtig, denn auch hier gilt – selten so gelacht – die Unschuldsvermutung. Was aber nicht gilt, ist die Vermutung, dass die Medienschaffenden wenigstens öffentlich bereuen könnten, wie sie sich wieder einmal vergaloppiert haben, auf effekthascherische Erzählungen anonymer Trittbrettfahrerinnen hereinfielen, das dem Leser als brandheisse, tiefenrecherchierte News verkauften.

In einem anderen Fall wurde der Name sowohl des Beschuldigten wie auch der Beschuldigerin von ihr selbst in die Öffentlichkeit gebracht. Dumm nur, dass sich fast alle Anschuldigungen nicht erhärten liessen. Dumm nur, dass Augen- und Ohrenzeugen ein Schweigeglübde abgelegt hatten, darunter der Chefredaktor der Gutmenschenpostille «Republik». Dumm nur, dass unfähige Journalistinnen immer wieder anonyme Zeugenaussagen heraustrompeten, dass alles noch viel schlimmer gewesen sein sollte.

Die Untersuchung gegen diese Lynn wird wohl eingestellt werden. Auch die ist durch die Art, mit der sie sich ihre 15 Minuten Ruhm abholte, stigmatisiert.

Was aber unerträglich wird, ist die Haftungsfreiheit all der Journalisten, die losgebelfert haben, heulend wie Jagdhunde Fährten erschnupperten und verbellten. Um dann kurz zu vermelden, dass da wohl doch nix dran war. Aber je nun, Musik und Groupies, Männerdominanz, Abhängigkeiten, man wisse es ja.

Dann ein paar verlogene Krokodilstränen verdrückt («sind wir vielleicht ein wenig zu weit gegangen? Antwort: nö»), und das war’s. Keine Entschuldigung, kein Gelöbnis der Besserung, keine neu eigenbauten Sicherungen.

Wetten, dass der nächste Fall Lindemann schon um die Ecke lauert, wenn die Missbräuche der katholischen Kirche abgefrühstückt sind?

 

Immer wieder geht die Sonne auf

Das tröstet nach einer Lektüre des SoBli.

Nachdem Christian Dorer  definitiv nicht mehr an seine angestammte Stelle zurückkehrt, schauen wir mal, was der Mikrophonständer Reza Rafi so alles mit dem «SonntagsBlick» anstellt.

Das hier:

Was trägt er selbst zu diesem Desaster bei? Ein «Editorial», in dem er die Vertretung eines Geber-Kantons im Bundesrat fordert. Also Jositsch oder ein Basler, eine Baslerin. Ist originell, ist speziell, wird bei den Wahlen keine Rolle spielen. Aber, «Editorial»: check.

«Missbrauchsskandal erschüttert Kirche». Dem SoBli, ist – von wem wohl – ein Schreiben von Nicolas Betticher zugespielt worden, in dem der katholischen Seelsorgern vorwirft, an Missbrauchsfällen beteiligt gewesen zu sein oder sie vertuscht zu haben. Eine Story etwa so originell wie der Bericht, dass es schon wieder ziemlich heiss war. Betticher wettert schon lange in Interviews und wo auch immer gegen die Vertuschungen in der katholischen Kirche. Hier sagt er fromm: «Ich nehme zur Kenntnis, dass meine Anzeige an die Medien gelangt ist.» Humor hat der Mann. Aber, «Aufreger»: check.

«Tierschutz-Präsidentin bezog fürstliche Spesen». Oh, noch ein zweiter Aufreger? Nun,dagegen sprechen zwei Dinge. «... verstiess mutmasslich gegen …» Immer, wenn in einem journalistischen Text dieses Wort auftaucht, oder «Recherchen zeigen», oder wenn der oder die Kritisierte via ihren PR-Fuzzi im Artikel selbst kräftig Contra geben dürfen, ist Misstrauen angebracht. Wenn zudem der Autor Fabian Eberhard heisst, muss es sich zu höchstem Misstrauen steigern. Denn der findet nicht mal die Büros eines Internet-Radios in einem überschaubar grossen Bürohaus.

Dann geht nochmal der Mikrophonständer ans Werk: ««Blochers Ziehsohn» wird Vater». Oh, ein Politstück über den SVP-Politiker Thomas Aeschi? Aber nein, der wird «Anfang nächsten Jahres Vater», konnte der SoBli «in Erfahrung bringen». Knallhart damit konfrontiert, knickte Aeschi ein: ««Ja, es stimmt», bestätigte er auf Anfrage». Herz-Schmerz-Story: check.

«Weil alles teurer wird, rutschen immer mehr Menschen in die Armut». Hier wird mit Gummibegriffen wie «armutsbetroffen», «Working Poor» oder gar «armutsgefährdet» gearbeitet. Da erzählt Lisa Aeschlimann die traurige Geschichte von Amelia Ventura, alleinerziehende Mutter zweier Kinder, eines davon leidet unter Zerebralparese, ein Gehirnschaden. So tragisch das Schicksal auch sicher ist: das kann ja wohl kein repräsentatives Beispiel für die These des Artikels sein. Sozialporno: check.

Dann war «Blick»-Redaktorin Sara Belgeri dabei, wie sich zwei Klimakleber in der Wohnung des Mexikoreisenden Max Voegtli auf eine Aktion im KKL vorbereiten. Sie wollen sich absurderweise ans Dirigentenpodest kleben, während einer Aufführung von Bruckners 4. Symphonie im KKL Luzern. Was daran klimaschädlich sein soll, erklärt Balgeri allerdings nicht. Gaga-Reportage: check.

Wir kommen zur Seite des Hausgespensts, dessen Namen wir hier nicht mehr nennen wollen. Dafür aber den Schluss seiner Kolumne: «Unpolitik ist Unfreiheit». Hä? «Freisinn ist Politik – oder er ist nicht!» Hä? «Freiheit ist Politik – oder sie ist nicht.» Hä? Hä-Geschwurbel: check.

Lässt sich das noch steigern? Sicher, durch eine Kolumne von Aline Trede, Grünen-Nationalrätin: «Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass sich die Situation für werktätige Eltern verbessert.» Immerhin befleissigt sie sich hier einer gepflegteren Sprache als sonst … «Stoppt dieses Scheissbuch», das ist ihr Umgangston auf X.  Politiker-Gelaber: check.

Dann darf Raiffeisen-Porsche, Pardon, Raiffeisen-Boss Heinz Huber etwas für seine zwei Millionen Gehalt tun, und im Interview wegschwaflen, dass die exorbitanten Gewinne der Genossenschaftsbank auf Kosten der Kunden gar nicht so exorbitant seien und auch überhaupt nicht auf Kosten der Kunden gingen. Das Einzige, was bei diesem Gefälligkeits-Interview auffällt: Reza Rafi war nicht dabei. Kritisiertem Boss eine Plattform zur Verteidigung bieten: check.

Dafür verlangt der SoBli stolze Fr. 5.20. Absurder Preis: check.

Berset out, KKS in

Lustige Wendungen beim SoBli.

Der übrige Inhalt ist wie meist völlig unerheblich. Aber eine Personalie lässt aufhorchen. Bundesrat Alain Berset war durch die ganze Corona-Zeit hindurch die Knutschkugel der «Blick»-Familie. Kein Wunder, es stellte sich heraus, dass es eine Art Standleitung zwischen dem Ringier-CEO Marc Walder, der eher hysterisch auf die Pandemie reagiert hatte, und dem Gesundheitsminister gab.

Also fand der «Blick» mal prinzipiell alles toll, was Berset so einfiel und wurde brav mit Primeurs belohnt. Im Boulevard-Geschäft nichts Neues. Seit einiger Zeit aber wird Berset immer mal wieder abgewatscht, zuletzt für seinen angeblichen Wunsch, mal mit einem F/A-18-Kampfjet eine Runde zu drehen. Schon seine Hobbyfliegerei, die ihm eine unangenehme Begegnung mit der französischen Luftüberwachung einbrockte, wurde ihm um die Ohren gehauen; Motto: «Wasser predigen, Kerosin tanken».

Alte Boulevard-Regel: wir begleiten dich auf dem Weg nach oben und himmeln dich an. Anschliessend sind wir unterwegs nach unten auch dabei und treten nach.

Aber sobald der eine Star verglüht ist, braucht’s den nächsten. Und da hat sich der SoBli jemand ganz Merkwürdigen ausgesucht. Man kann die Wahl nur mit einer Übererfüllung der Quotenfrau-Regel erklären. Trommelwirbel, SoBli stellt vor: die mächtigste Frau der Schweiz:

Also die «mächtigste Frau in Bundesbern», zumindest. Karin Keller-Sutter (KKS)  habe eigenhändig ihren Parteichef Thierry Burkart gestoppt. Der habe wie «ein Zampano mit seinem Ansinnen hausiert», schreibt Mikrophonständer Reza Rafi launig. Nämlich mit der Rettung der Credit Suisse Schweiz. Aber: «Also fackelte die FDP-Bundesrätin nicht lange und stoppte ihren tollkühnen Parteichef

Nun setzt Rafi zu einer Lobeshymne an, bei der es wohl selbst Kim Jong Un leicht übel würde:

«Zuvor hatte sie (KKS, Red.) zwischen Washington, London, Brüssel und Riad die Fäden zusammengehalten, um die Weltwirtschaft vor einem Crash zu bewahren. Sie jonglierte in akzentfreiem Englisch zwischen Regierungen und Notenbanken, sie disziplinierte die Bankmanager mit ihren Ego-Spielen und Animositäten – und scheinbar nebenbei schaute sie in den Niederungen der Parteipolitik zum Rechten; Karin Keller-Sutter, in der Bundesstadt kurz KKS genannt, verliert auch in hektischen Phasen die Bundesberner Machtmechanismen nie aus den Augen.»

Das sei die «Patin der FDP»? Ach was, das ist Superwoman, sie hat die Welt vor einem Crash bewahrt, jongliert und diszipliniert und parliert, Wahnsinn. Superwoman wäre vielleicht sowieso besser gewesen, oder weiss Rafi nicht, was ein Pate, eine Patin in diesem Zusammenhang ist? Will er etwa die FDP mit der Mafia vergleichen? Ts, ts.

Wie legt man auf eine Schleimspur eine zweite? Kein Problem für Rafi: «Sie bringt sich an Fraktionssitzungen ein, betrachtet Themen aus taktischer Sicht, denkt über Dossiergrenzen hinweg. Kein anderes Bundesratsmitglied greift so stark in die eigenen Parteigeschicke ein wie sie.»

Wie legt man da noch eine drauf? Bitte sehr:

«Den grössten Triumph ihrer politischen Karriere feierte sie vor drei Wochen. Am 11. August verkündete UBS-Chef Sergio Ermotti (63), dass man die 109-Milliarden-Garantie nicht mehr nötig habe, die der Bund im März unter Keller-Sutters Federführung gesprochen hatte. Für sie war die Nachricht der Befreiungsschlag, nun geht sie als jene in die Geschichte ein, die im Credit-Suisse-Drama die Finanzwelt vor dem Schlimmsten verschonte. Die Kritik an ihr – das Durchregieren per Notrecht, das Verhökern der CS zum Schleuderpreis an die Rivalin, die Enteignung der Aktionäre – verblasst

Damit hat sich nun Rafi eindeutig als möglicher neuer Chefredaktor der nordkoreanischen Parteizeitung Rodung Sinmun in Spiel gebracht. So viel Realitätsverzicht, so viel Umdeutung, so viel Schönschreibung, so viel Lobhudelei, wird dort geschätzt.

Die Wirklichkeit in der Schweiz sieht anders aus. Mit ihrem berüchtigten Satz «this is not a bail-out» hat KKS dem Schweizer Steuerzahler möglicherweise Milliarden aus der Tasche gezogen. Der auf Geheiss des Bundesrats erfolgte 16-Milliarden-Abschreiber bei der CS hat eine Prozesslawine ausgelöst. Genau wie die ruppige Festlegung des Übernahmepreises auf Ramschniveau und damit eine gewaltige Minderung des Aktienwerts der CS.

Natürlich konnte Ermotti fröhlich Verzicht bekanntgeben; bei einem Sondergewinn von 25 Milliarden durch den Kauf zum Schnäppchenpreis platzt die UBS aus allen Nähten. Zudem macht Ermotti so gut Wetter für die Massenentlassungen und Filialschliessungen in der Schweiz. Das Handeln mit Notrecht, unter Zeitdruck, das Verscherbeln der CS, ohne Alternativen genügend zu prüfen, gar das nachträgliche Verändern von Notrecht-Verfügungen, rückwirkende Verordnungen, ein No-Go in jedem Rechtsstaat, das alles wird der Schweiz, der Regierung, insbesondere der Bundesrätin KKS noch schwer auf die Füsse fallen.

Nun ist klar, dass Rafi sich seine Meinung im Chefbüro abholt; genau, wie er ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers machen musste, um schlimmere Folgen für eine Fehlleistung des «Blick» abzuwenden, greift er nun in die Harfe und lobt KKS in den Himmel.

Vielleicht wird man gelegentlich erfahren, welchen Interessen von Ringier das dient.

 

 

Selbstkritik. Immer

ZACKBUM räumt ein: wir brechen Versprechen.

Bis Christian Dorer auch offiziell nie mehr zurückkehrt, wollten wir ein Schweigegelübde zur «Blick»-Familie einhalten. Aber wir sind schwach, schwankend, können Versuchungen nicht widerstehen. Denn es gibt eine Art von Publikumsverarsche, deren Schamlosigkeit einem (fast) den Atem verschlägt. Die zeigt sich hier:

Schlimmer noch: der Mann, den wir hier nie mehr erwähnen wollten, hat mal wieder höchstpersönlich das Mikrophon hingehalten. Ein Chefredaktor als Mikrophonständer, so tief kann man sinken. Nach dem Gefälligkeitsinterview mit dem Rammstein-Anwalt nun da capo mit dem SRG-Chef Gilles Marchand. Der lanciere «den Kampf gegen Halbierungsinitiative», indem er lässig im Freischwinger sitzt und bedeutungsvoll die Finger vor der weissen Hemdbrust verschränkt.

Gleich den Titel plus vier Seiten räumt der SoBli dem nicht unumstrittenen SRG-Boss (Jahreseinkommen weit über eine halbe Million) ein. Inhalt? Vorläufig nebensächlich. Denn das Gefälligkeitsinterview beginnt – wir müssen den Namen wieder nennen – Reza Rafi mit «zwei Erzählungen», die es über den «öffentlichen Rundfunk in der Schweiz gebe». Eine dritte in eigener Sache enthält er aber dem SoBli-Leser vor.

Die ginge so: seit 2017 arbeiten Ringier und die SRG im «Bereich tagesaktueller Videoinhalte» zusammen. 2020 wechselte Ladina Heimgartner, zuvor stellvertretende Generaldirektorin SRG SSR und Direktorin RTR, zu Ringier und ist dort nicht nur in der Geschäftsleitung, sondern auch für die «Blick»-Gruppe zuständig.

Schon seit 2015 betrieb Ringier einen Zusammenschluss in der Werbevermarktung zwischen SRG, Swisscom und dem Medienhaus. Daraus entstand dann 2016 Admeira, ein vielkritisierter Zusammenschluss. Bereits 2018 kauften Swisscom und Ringier der SRG ihren 33,3-Prozent-Anteil ab; 2020 stieg auch Swisscom wieder aus und Ringier übernahm Admeira zu 100 Prozent. Admeira vermarktet weiterhin das Swisscom-Inventar im Internet. Plus das Werbeinventar von SRG SSR, von MySports und natürlich von «Blick TV». 2021 wurde der Vertrag zwischen SRG und Ringiers Admeira bis 2025 verlängert.

Vielleicht hätte es dem SoBli-Leser geholfen, mit dieser Erzählung das Interview besser einzuordnen.

Stattdessen darf Marchand seitenlang das sagen, was er schon immer mal zur Halbierungsintiative sagen wollte, wie heutzutage üblich begleitet von pseudokritischen Fragen, auf die er dann souverän sein Wording abspulen darf, ohne in die Zange genommen zu werden: «Diese Initiative ist radikal. Mit 700 Millionen Franken im Jahr müssten wir die Hälfte abbauen, wir stünden vor einer ganz neuen Situation. Diese Initiative ist eine Attacke auf die Schweiz und ihre Vielfalt … Denn wir spüren, dass die Bevölkerung uns unterstützt, dass sie den Zusammenhalt des Landes extrem schätzt, für den wir stehen Die privaten Medien haben eine schwierige Zeit, das ist mir klar, ich war selber Medienmanager, übrigens auch bei Ringier. Aber wir als SRG müssen da sein, wo unser Publikum ist. Und ein grosser Teil, gerade die Jungen, orientiert sich nun mal online.»

Dann darf Marchand nochmals das Märchen der Einsparung von 100 Millionen auftischen und überhaupt alle Kritik, die ihm Rafi auf dem Silbertablett serviert, abtischen.

Eine Frage zu den exorbitanten Gehältern, zur Anzahl Sesselfurzer, zum Riesenbudget, dazu, dass der Staatsfunk, Pardon, der Zwangsgebührensender, im Tessin der grösste Arbeitgeber ist und auch in Chur ein völlig überdimensioniertes Hauptquartier unterhält, eine Frage zur Ukraine-Berichterstattung oder zum Riesenflop vorletzte US-Präsidentschaftswahlen, eine Frage zu so vielem, was bei der SRG im Argen liegt? Eine Frage dazu, dass SRF Meteo konsequent bis zu 7 Grad zu hohe Temperaturen prognostiziert? Aber doch nicht im SoBli.

Dann sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Oder wollen Sie von den beiden Herren rechts einen Preis verliehen bekommen?

An einem Anlass namens «Dîner républicain» in Ascona, zu dem Frank A. Meyer und seine Lebensgefährtin Lilith Frey auf Kosten von Ringier laden. Früher nahmen jeweils illustre Gäste teil, aber seitdem der Ringier-Berater und Freund «lupenreiner Demokraten» Gerhard Schröder etwas in Ungnade gefallen ist, reicht es nur mehr für die zweite Garnitur wie einen «stellvertretenden NATO-Generalsekretär», einen früheren deutschen Bundespräsidenten mit leerem Terminkalender, natürlich Marco Solari und Livia Leu.

Selbst dem Hofberichterstatter des SoBli ist die Sache so peinlich, dass er auf eine Zeichnung des Artikels mit seinem Namen gerne verzichtet. Oder aber, er war sauer, weil er nicht mitessen durfte.

Auf der nächsten Seite gibt es nochmal Frank A. Meyer, aber abgesehen davon, dass auch der hier nicht mehr vorkommen soll: das wäre zu viel für unsere Leser, wir haben da eine gewisse Fürsorgepflicht.

Dann weiss der SoBli: «Hunderte Ukrainer verlassen die Schweiz jeden Monat» und kehrten zurück. Damit wird die Zahl der rund 85’000 ukrainischer Asylbewerber sicherlich dramatisch abnehmen. Wobei ein nicht bekannter Prozentsatz sich im hochkorrupten Land für rund 2500 Franken den Pass zuerst gekauft hat.

Garniert wird die Story mit einer Grafik:

Das ist nun lustig. Die «Schweizer Flüchtlingshilfe», nicht gerade als fremdenfeindlich bekannt, spricht von 84’000 Gesuchen um Erhalt des Schutzstatus S seit Februar 2022 bis Juni 2023. Das sackseriöse Portal «Statista» verzeichnet Ende Juni 2023 «65’725 ukrainische Personen im Asylprozess der Schweiz».

Selbst das Schwesterblatt «Blick» schreibt von «rund 66’000 Ukrainerinnen und Ukrainern», die derzeit «über einen aktiven Schutzstatus S» verfügten. Vielleicht könnte sich die «Blick»-Familie mal miteinander austauschen, welche Grafik man zukünftig herstellen will und wie man die Zahlen gerne manipulieren möchte. Der Titel des «Blick»-Artikels vom Mai dieses Jahres lautete übrigens: «14’000 Ukrainer kehrten der Schweiz den Rücken».

Tja, auch demagogische Verdrehung der Realität will gelernt sein.

Das Ein-Mann-Investigativteam des SoBli hat dann auch wieder zugeschlagen. Fabian Eberhard warnt: «Scientology-Anhänger betreiben Kita in Zürich». In der Kindertagesstätte «Schlümpfli» würden «bis zu zwölf Kinder betreut», weiss Eberhard. Hat er das knallhart selber investigiert? Nicht wirklich, er ist über einen Blog-Beitrag von Anti-Scientology-Aktivisten gestolpert, die auf diese Kita hinweisen.

Natürlich wehrt sich die umstrittene Sekte gegen jegliche Vorwürfe, wie Eberhard pflichtschuldig vermeldet. Dagegen schneidet er aber die Aussagen eines «Sektenexperten» und einer Aussteigerin aus der Hubbard-Gesellschaft. Was man etwas vermisst, damit das ein richtiger Skandal werden könnte: und was passiert mit den dort betreuten Kindern? Aber Reportagen vor Ort bei Kitas, das ist weder die Sache der «Republik», noch von Eberhard. Die Spürnase hat ja nicht mal die Büroräumlichkeiten des Internet-Radios «Kontrafunk» gefunden.

Ach, wenn wir schon bei Schleimspuren sind:

Überraschenderweise hat nicht Marc Walder persönlich das Interview gemacht. Es ist Zeit, berauschende Mittel oder mindestens einen Kamillentee zu nehmen, denn nun kommt noch das SVP-Schaf auf einer Doppelseite zu seiner Würdigung.

Spätestens hier bereut ZACKBUM endgültig seinen Rückfall, seine gebrochenen Versprechen. Denn:

Sie sei «das schwarze Schaf der Schweizer Politik, genau wie Christoph Blocher», behauptet die «junge muslimische Frau mit Migrationshintergrund». An Selbstbewusstsein mangelt es der Bachelorette der Politik nicht, sie spricht immer gerne mit dem SoBli. Wird sie allerdings von ZACKBUM gefragt, ob sie ihre schlagzeilenträchtige Behauptung, sie bekomme bis zu 100 Hassmails am Tag, vielleicht mit ein, zwei Beispielen belegen könne, verstummt sie.

ZACKBUM gesteht: wer Versprechen bricht, geht dann durch die Hölle. Oder watet im Sumpf. Und braucht einen Gimlet. Oder zwei. Oder drei. Wobei: schönsaufen ist auch keine Lösung. Aber es hilft.