Ist der «Spiegel» die neue «Bunte»?

Als die «Bunte» People-Magazin wurde, war das noch originell.

Ein merkwürdiger Name muss nicht bedeuten, dass das Blatt erfolglos sei. Die «Bunte Illustrierte» (aus Zeiten, als bunt Gedrucktes noch wow war) ist nach wie vor eines der erfolgreichsten Magazine Deutschlands. Trotz Auflagenrückgang um über 50 Prozent seit 1998 verkauft die «Bunte» immer noch über 320’000 Exemplare.

Ihre Stärke ist Klatsch und Tratsch, aber auf durchaus höherem Niveau. Mit «Bunte» und «Focus», an dessen Erfolg zunächst niemand glaubte, ist dem Burda-Verlag ein erfolgreiches Duo gelungen, das jahrelang vom Ehepaar Markwort/Riekel geführt wurde.

Eine echte Konkurrenz für «Stern» und «Spiegel», die beiden Bertelsmann-Blätter. Der «Stern» verkauft noch 314’000 Exemplare, ein Minus von 71,4 Prozent seit 1998. Der «Spiegel» hält sich vergleichsweise gut mit etwas über 700’000 verkauften Exemplaren, ein Rückgang von lediglich 33,5 Prozent seit 1998.

Während aber «Bunte» und «Focus» von den ganz grossen Skandalen verschont blieben, machte sich der «Stern» mit den «Hitler-Tagebüchern» im Jahr 1983 unsterblich lächerlich. Hinter dem Rücken der Redaktion war die Chefetage auf eher billige Fälschungen eines Konrad Kujau reingefallen. So hatte der bei einem Tagebuch gerade kein A in Frakturschrift zur Hand und ersetzte es kurzerhand durch ein F.

Wer den Schaden hat, brauchte für den Spott nicht zu sorgen, zum Beispiel für die Frage, ob das nicht die Tagebücher von Fritzli Hitler seien.

Der «Spiegel» hat sich bis heute nicht vom Fall Relotius erholt. Der mit Preisen überschüttete Star-Schreiber, dem ein Scoop nach dem anderen gelungen sein sollte, der Reportagen möglich machte, an denen andere scheiterten, musste schliesslich einräumen, dass er das Meiste erfunden, gefälscht, geflunkert, geschönt hatte. Weil er aber das Narrativ der Redaktion bediente, die sich immer mehr darauf verlegte, Thesen-Journalismus zu betreiben, die sogar im Grössenwahn ernsthaft ankündigte, Donald Trump »wegschreiben» zu wollen, kam er lange Zeit damit durch.

Edelfeder Ullrich Fichtner musste seine ganze Schreibkraft aufwenden, um diesen Skandal schönzuschreiben, der ihn die schon auf sicher geglaubte Stelle des Chefredaktors kostete. Wie an einem Mantra klammerte sich der «Spiegel» an der Aussage seines Gründers Rudolf Augstein fest, «schreiben, was ist».

Dabei ist das sowieso nicht möglich, weil Beschreiben immer eine der möglichen Perspektiven auf die Wirklichkeit eröffnet. Beim «Spiegel» wurde das immer mehr zu «schreiben, was sein soll», oder gar «herbeischreiben, wie es sein sollte». Die Wahl Trumps war für den «Spiegel» schlichtweg «Das Ende der Welt», nur notdürftig abfedert mit der Unterzeile «wie wir sie kennen». Der «Spiegel» kannte sich dann selbst nicht mehr, und seither eiert er in einer Art herum, die beelendet.

Noch schlimmer ist aber, dass sich der «Spiegel» in die Gefilde des Boulevards, des Promi-Schnickschnacks begibt. Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Serie undenkbar gewesen. Der «Spiegel» denunzierte den deutschen Comedian Luke Mockridge als mutmasslichen Vergewaltiger. Die Story basierte lediglich auf den Aussagen dessen geschiedener Frau. Der Komiker überlebte diesen Rufmord nur knapp, der «Spiegel» wurde gerichtlich gezwungen, grosse Teile seiner Behauptungen zurückzunehmen.

Es folgte eine «Enthüllung» über den «Bild»-Chef Julian Reichelt. Dem schloss sich eine Breitseite gegen Mathias Döpfner an, den Chef des Springer-Verlags. Der auf billigen Medienhype angelegte «Enthüllungsroman» des PR-Genies Benjamin Stuckrad-Barre war dem «Spiegel» eine Titelstory wert.

Dann gab das Nachrichtenmagazin seiner Ex-Mitarbeiterin Anushka Roshani ungeprüft die Möglichkeit, einen Rufmord zu begehen, ihren ehemaligen «Magazin»-Chef als üblen Mobber und sexistischen Quälgeist zu beschimpfen, sich über mangelhaften Schutz des Tamedia-Verlags zu beschweren. Die Rache einer Frau, die es selbst mit Mobbing und Denunziationen nicht geschafft hatte, ihren Chef vom Sessel zu lupfen, den sie selbst gerne erklettert hätte. Stattdessen wurde sie gefeuert, der «Spiegel» war nicht in der Lage, dieses offenkundige Motiv für eine Abrechnung zu durchschauen.

Diverse Prozesse laufen. Aktuell ist der deutsche Schauspieler Til Schweiger dran; wie immer gespeist aus anonymen Quellen wird ihm ein gröberes Alkoholproblem vorgeworfen. Und bereits wird ein Drei-Sterne-Koch auf die Rampe geschoben, der sich in seiner Küche ungebührlich benommen haben soll.

Das alles bedient das Narrativ von toxischer Männlichkeit, von Frauendiskriminierung im Nachhall der «#me too»-Bewegung, deren erste Exponentin später selbst sexueller Übergriffe beschuldigt wurde.

Nicht nur ältere «Spiegel»-Mitarbeiter sind sich einig: das wäre in früheren Zeiten, unter dem letzten beeindruckenden Chefredaktor Stefan Aust nicht möglich gewesen. Inzwischen gilt:

Wenn Würstchen an die Macht kommen, wird der Senf rationiert.

Statt beeindruckender Enthüllungen wie früher, Stichwort Neue Heimat, Stichwort Parteispenden, folgt nun eine billige Fertigmacher-Story ad personam nach der anderen. Aus Schweizer Sicht ist der Fall Roshani besonders peinlich. Denn spätestens seit dem akkurat recherchierten Buch von Roger Schawinski ist klar, was auch ZACKBUM als eines der ganz wenigen Organe schon von Anfang an kritisierte: Canonica ist hier nicht der Täter, sondern das Opfer, und die Medien machten sich allesamt zu willigen Helfershelfern einer Frau auf dem Rachetrip. Sie übernahmen ungeprüft ihre Behauptungen, schmückten sie sogar mit weiteren, erfundenen anonymen Aussagen aus, schwiegen dann verkniffen, als sich immer mehr offenkundige Widersprüchlichkeiten und gar grobe Erfindungen herausstellten.

Besonders peinlich dabei das Verhalten der «Magazin»-Redaktion, eine Versammlung von Gutmenschen, darunter der Lebensgefährte der Kampffeministin Franziska Schutzbach, die jahrelang mit höchster Sensibilität Missbrauch und alles, was gegen Gutmenschentum verstiess, aufs schärfste verurteilten. Aber in eigener Sache Zeugnis abzulegen, Zivilcourage zu beweisen, dazu Stellung zu nehmen, dass sie von Roshani als Zeugen für angeblich öffentliche Ausfälligkeiten von Canonica aufgeführt wurden – da verordneten sie sich feiges Schweigen, tiefer als die Omertà der Mafia.

Aber all das wird unterboten vom Niedergang des «Spiegel», der nicht einmal mehr schreibt, was sein soll. Sondern sogar, was gar nicht ist.

 

4 Kommentare
  1. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    Wollen sich die Deutschen und die Nato noch einmal bis auf die Knochen blamieren?

    Mitte Juni 1944 führte die Rote Armee an der Ostfront eine der stärksten Offensiven des Zweiten Weltkriegs durch. Die Operation Bagratión bedeutete die fast vollständige Vernichtung des Rückgrats der deutschen Armee im Osten – und das war nur der Anfang der sogenannten sowjetischen Dampfwalze.

    Zur gleichen Zeit, am: 17. Juni 1944, fand ein weiteres ungewöhnliches Ereignis statt:

    Im Zentrum Moskaus fand eines der symbolträchtigsten und erschütterndsten Ereignisse des Krieges statt. Als 57.000 deutsche Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS zum Erstaunen vieler Moskauer auf den Balkonen ihrer Häuser und in den Hauptstraßen der sowjetischen Hauptstadt aufmarschierten. Doch anders als sie es sich einst erträumt hatten, marschierten sie nicht als Sieger, sondern als Besiegte durch Moskau.

    Die sogenannte Operation Großer Walzer, war für die Sowjets eine der symbolträchtigsten Episoden des Großen Vaterländischen Krieges. Da es sich um eine der eindrucksvollsten Demütigungen handelte, die eine Nation jemals der gegnerischen Armee zugefügt hat. Heute erfahren wir alle Einzelheiten darüber, wie die «Parade der Besiegten» im Sommer 1944 ablief.

    Die Parade der Besiegten! – Als 57 000 deutsche Kriegs-Gefangene mit ihren Offizieren und Generälen in Moskau noch vor Ende des 2ten Weltkriegs paradierten. Zwei Generäle wurden danach für ihre Kriegs-Verbrechen zum Tode Verurteilt. Die anderen Kriegsgefangenen kamen nach der Parade in Sowjetische Gefangenen-Lager.

    Dabei hatten die Deutschen Kriegsgefangenen das Glück den Krieg zu überleben. Und nicht wie die Menschen, welche vom Nazi-Regime in deutsche Vernichtungs-Lager, Konzentrations-Lager kamen. Wo das Gnadenlose Massenhafte töten, ermorden von Menschen auf Fabrikmäßigen, Industrialisiertem Standart stattfand. Vergasen, Verbrennen, oder bis zum Tode ohne ausreichend Nahrung als Sklave arbeiten.

    Dank den Russen wurde das beendet, als sie bei der Verteidigung von Russland gegen den Deutschen Terror, bis nach Berlin durchmarschierten. Winston Churchill hat die Russen darum gebeten – an den Russischen Grenzen nicht zu stoppen. Dafür muss man Russland uneingeschränkt dankbar sein, mehr als 20 Millionen Russen haben sich dafür geopfert – sind dabei umgekommen.

    Doku: “Als 57 000 deutsche Gefangene in Moskau paradierten | Die Parade der Besiegten“
    https://www.youtube.com/watch?v=pcUcKN8dwVs

    Zugabe: “Erste Allgemeine Verunsicherung – Dummheit an die Macht“
    https://www.youtube.com/watch?v=-msmOkcGkP0

    “Und dieses Liedchen ist Selenski (Elendski) und seiner Gefolgschaft gewidmet“

    EAV – Einmal möchte ich ein Böser sein
    https://www.youtube.com/watch?v=dtAXMW3kyOM

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  2. Felix Abt
    Felix Abt sagte:

    Natürlich haben die Spiegel-Redakteure ihre geistigen Pickelhauben aufgesetzt und sich in den Schützengräben in Hamburg verschanzt, von wo aus sie scharf auf alles schießen, was dem Verteidigungsbündnis der Gutmenschen, auch NATO genannt, im Wege steht. Dazu gehört natürlich auch Russland. Der in Petersburg lebende deutsche Journalist Thomas Roeper beobachtet die Propagandasoldaten des ehemaligen Nachrichtenmagazins mit Argusaugen und hat zum Beispiel deren genüssliche «Berichterstattung» über den angeblichen Abschuss aller russischen Überschallraketen durch die heldenhafte ukrainische Armee hier kommentiert:
    https://www.anti-spiegel.ru/2023/der-spiegel-und-die-abgeschossenen-hyperschallraketen/

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