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Fakten, Fakten, Fakten

Das war das Mantra des «Focus»-Erfinders und Chefredaktors Helmut Markwort.

Der zweite Teil: «und an den Leser denken». Damit hatte er als Erster Erfolg, neben dem «Spiegel» ein zweites Nachrichtenmagazin in Deutschland zu etablieren.

Wie sieht das heutzutage aus, in den Zeiten von Fake News und dem Verschwinden der Wirklichkeit in der öffentlichen Wiedergabe der Realität?

Der zweite Teil des Erfolgsrezepts von Markwort, da ist die Analyse einfach. Kaum ein Massenmedium kümmert sich darum, dass dem Konsumenten die Ware zusagen muss, nicht dem Hersteller. Die persönliche Weltsicht des Journalisten überschattet meistens die eigentliche Aufgabe, dem berühmten mündigen Leser oder Zuschauer oder Zuhörer, Entscheidungsgrundlagen für ein besseres Weltverständnis zu liefern.

Manchmal sind solche freihändigen Interpretationen durchaus unterhaltsam, meistens aber auf dermassen erbärmlichem intellektuellem Niveau, dass sie die Leser in Scharen vertreiben. Am ungeniertesten toben sich die Egoshooter bei Tamedia aus. Dort verschwinden Meldungen hinter Meinungen, Rechthabereien, Beckmessereien und aus Frust geborenen Ratschlägen, wie man es besser machen sollte, wenn, verdammt nochmal, nur irgend jemand auf den Journalisten hören würde.

Schwieriger ist die Analyse des Umgangs mit Fakten. Fangen wir mit Banalem an. Ein Fakt ist ein nachweisbarer oder anerkannter Sachverhalt. Wobei auch hier kaum allgemein anerkannte Sachverhalte existieren. Selbst die Aussage, dass die Erde eine Kugel ist und sich um die Sonne dreht, wird nicht von allen akzeptiert.

Dass in Myanmar ein schreckliches Erdbeben stattgefunden hat, dessen Epizentrum ganz in der Nähe der Stadt Mandalay lag, ist ein Fakt. Wie viele Opfer es gefordert hat, ob die Bauweise der Häuser dazu beitrug, wie effizient die Hilfsmassnahmen sind, ob die Diktatur sie behindert oder unterstützt, da verschwimmen bereits die Fakten im Ungefähren.

Und das ist nur eine vergleichsweise nebensächliche Angelegenheit. Dass Donald Trump laut «Washington Post» schon in seiner ersten Amtszeit Tausende von nachgewiesenen Lügen von sich gegeben hat, ist kein Fakt, sondern grob aufgeblasen. Dass Trump wohl eher mehr als andere US-Präsidenten lügt, dürfte hingegen ein Fakt sein.

Dass er beispielsweise bis heute behauptet, ihm sei bei den vorletzten Präsidentschaftswahlen der Sieg gestohlen worden, ist nicht nur eine nachweisliche Lüge, sondern untergräbt zudem das Vertrauen in die US-Demokratie. Dass die peinliche Offenlegung eines strikt vertraulichen Chats zwischen höchsten Vertretern der US-Administration «Fake News» und eine «Hexenjagd» sei, ist faktenfrei.

Gesicherte Fakten brauchen vertrauenswürdige Quellen. In den guten alten Zeiten beendete der Satz «das ist amtlich» (fast) jede Diskussion über Fakten.

Heutzutage werden im grossen Abholzen der wuchernden Staatsbürokratie auch Zahlenquellen zugeschüttet. So richtig das Abstellen völlig sinnloser Geldverröstereien von USAID ist, ist beispielsweise die Einstellung des Programms Demographic and Health Surveys eine helle Katastrophe.

Glaubhafte Statistiken, Zahlenquellen, glaubhafte Vermittlung von Erkenntnissen, das ist die Basis für eine sinnvolle öffentliche Diskussion.

Findet eine solche Diskussion in der Schweiz statt? Die Frage stellen, heisst sie beantworten.

Gibt es Abhilfe? Beschränkt. Der mündige Bürger kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass Bezahlmedien für ihr Geld ihrer Aufgabe nachgehen. Also muss er sich selbst in den Weiten des Internets Informationsquellen zusammensuchen.

Es ist interessant, dass dafür kaum Hilfe angeboten wird, denn nicht jeder ist gelenkig genug, sich ein Nachrichtenportal einzurichten, das ihn zufriedenstellend versorgt. Dabei wäre Hilfe dabei eine klare Marktlücke.

Wumms: Jan-Dirk Herbermann

Der Tausendsassa und Überjournalist zieht die Schweiz in den Dreck.

Herbermann residiert in Genf. Von dort aus beliefert eine ganze Latte von deutschen und österreichischen Zeitungen. Darunter den «Standard», den «Tagesspiegel» oder «Focus». Auch Blätter von CH Media bestreicht er mit Mitteilungen aus der grossen weiten Welt wie «Hoffnung auf Grenzöffnung in Rafah». Aber zurzeit haben es ihm natürlich die Schweizer Wahlen angetan. Da berichtet er in aller nötigen Objektivität dem deutschen und österreichischen Leser im «Tagesspiegel» Folgendes:

Das Ausland ist bekanntlich der gegendarstellungsfreie Raum, und diese Möglichkeit nützt Herbermann radikal aus. Er begab sich auf Reportage, um seinen vielen Lesern in Deutschland und Österreich die Schweiz, die SVP und deren Absichten näherzubringen.

Er besuchte einen Anlass der «nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei des Kantons Nidwalden». Sozusagen ein Abstecher in das Herz der Dunkelheit. Da gibt’s den «knorrigen Rentner», der ruft «Wir sind alle für die SVP», und dann seinen Süssmost trinkt. Denn hier feiere die SVP, «eine der erfolgreichsten rechtspopulistischen Parteien Europas, aufsehenerregende Triumphe».

Wie macht sie das? «Die SVP bietet heimelige Wohlfühlstimmung … setzt routiniert auf die Furcht vor den Fremden … klassische Sündenpolitik … In der Pause erscheint ein hochgewachsener Herr, kariertes Sakko, durchdringender Blick. Er sagt: „In Deutschland würde ich die AfD wählen.“»

Irgend ein Klischee ausgelassen? Irgend eine sinnvolle Erklärung geliefert, wieso die SVP die Wahlen gewonnen hat? Aber nein, als Zugabe gibt es noch den «Zeithistoriker Damir Skenderovic». Der ist immer zur Stelle, wenn es hauchdünne Thesen über die SVP zum Besten zu geben gilt. Schon die parteipolitisch erfahrene Corona-Kreische Marc Brupbacher interviewte den Professor für Tamedia, wo er ungebremst seine Vergleiche zwischen AfD, SVP und Wurzeln im Faschismus ziehen durfte.

Hier darf Skenderovic auch ungeniert über die SVP herziehen: «Eine ernsthafte Diskussion, ob die SVP mit ihren rechtspopulistischen Positionen überhaupt in der Regierung vertreten sein soll, hat es nie wirklich gegeben.»

Womit nun auch noch der Rechtspopulismus im Kasten wäre. «Wo Angst vor Fremden schon Folklore ist», mit einem solch perfiden Untertitel disqualifiziert sich Herbermann schon als ernstzunehmender Journalist auf der Suche nach der Wirklichkeit. Blöd auch für ihn, dass sich die Realität nicht an sein Drehbuch hält. Denn statt «aufsehenerregende Triumphe» kassierte die SVP in ihrer «Hochburg» eine Niederlage, ihr Kandidat für den Nationalrat scheiterte.

Noch radikaler, aber durchaus im Sinne des Autors schenkt «Focus» den Beitrag ein:

Rechtsextrem, nationalkonservativ, rechtspopulistisch, Sündenbock … Wenn man bedenkt, dass der Mann das Schweizbild von Hunderttausenden von Lesern massgeblich prägt, dann muss man sich nicht mehr wundern, wieso es in Deutschland oder Österreich eine etwas verzerrte Sicht auf die Eidgenossen gibt.

Dass eine solche Schande des Journalismus allerdings auch bei Schweizer Blättern, bei CH Media in Lohn und Brot steht, ist dann doch befremdlich.

Ist der «Spiegel» die neue «Bunte»?

Als die «Bunte» People-Magazin wurde, war das noch originell.

Ein merkwürdiger Name muss nicht bedeuten, dass das Blatt erfolglos sei. Die «Bunte Illustrierte» (aus Zeiten, als bunt Gedrucktes noch wow war) ist nach wie vor eines der erfolgreichsten Magazine Deutschlands. Trotz Auflagenrückgang um über 50 Prozent seit 1998 verkauft die «Bunte» immer noch über 320’000 Exemplare.

Ihre Stärke ist Klatsch und Tratsch, aber auf durchaus höherem Niveau. Mit «Bunte» und «Focus», an dessen Erfolg zunächst niemand glaubte, ist dem Burda-Verlag ein erfolgreiches Duo gelungen, das jahrelang vom Ehepaar Markwort/Riekel geführt wurde.

Eine echte Konkurrenz für «Stern» und «Spiegel», die beiden Bertelsmann-Blätter. Der «Stern» verkauft noch 314’000 Exemplare, ein Minus von 71,4 Prozent seit 1998. Der «Spiegel» hält sich vergleichsweise gut mit etwas über 700’000 verkauften Exemplaren, ein Rückgang von lediglich 33,5 Prozent seit 1998.

Während aber «Bunte» und «Focus» von den ganz grossen Skandalen verschont blieben, machte sich der «Stern» mit den «Hitler-Tagebüchern» im Jahr 1983 unsterblich lächerlich. Hinter dem Rücken der Redaktion war die Chefetage auf eher billige Fälschungen eines Konrad Kujau reingefallen. So hatte der bei einem Tagebuch gerade kein A in Frakturschrift zur Hand und ersetzte es kurzerhand durch ein F.

Wer den Schaden hat, brauchte für den Spott nicht zu sorgen, zum Beispiel für die Frage, ob das nicht die Tagebücher von Fritzli Hitler seien.

Der «Spiegel» hat sich bis heute nicht vom Fall Relotius erholt. Der mit Preisen überschüttete Star-Schreiber, dem ein Scoop nach dem anderen gelungen sein sollte, der Reportagen möglich machte, an denen andere scheiterten, musste schliesslich einräumen, dass er das Meiste erfunden, gefälscht, geflunkert, geschönt hatte. Weil er aber das Narrativ der Redaktion bediente, die sich immer mehr darauf verlegte, Thesen-Journalismus zu betreiben, die sogar im Grössenwahn ernsthaft ankündigte, Donald Trump »wegschreiben» zu wollen, kam er lange Zeit damit durch.

Edelfeder Ullrich Fichtner musste seine ganze Schreibkraft aufwenden, um diesen Skandal schönzuschreiben, der ihn die schon auf sicher geglaubte Stelle des Chefredaktors kostete. Wie an einem Mantra klammerte sich der «Spiegel» an der Aussage seines Gründers Rudolf Augstein fest, «schreiben, was ist».

Dabei ist das sowieso nicht möglich, weil Beschreiben immer eine der möglichen Perspektiven auf die Wirklichkeit eröffnet. Beim «Spiegel» wurde das immer mehr zu «schreiben, was sein soll», oder gar «herbeischreiben, wie es sein sollte». Die Wahl Trumps war für den «Spiegel» schlichtweg «Das Ende der Welt», nur notdürftig abfedert mit der Unterzeile «wie wir sie kennen». Der «Spiegel» kannte sich dann selbst nicht mehr, und seither eiert er in einer Art herum, die beelendet.

Noch schlimmer ist aber, dass sich der «Spiegel» in die Gefilde des Boulevards, des Promi-Schnickschnacks begibt. Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Serie undenkbar gewesen. Der «Spiegel» denunzierte den deutschen Comedian Luke Mockridge als mutmasslichen Vergewaltiger. Die Story basierte lediglich auf den Aussagen dessen geschiedener Frau. Der Komiker überlebte diesen Rufmord nur knapp, der «Spiegel» wurde gerichtlich gezwungen, grosse Teile seiner Behauptungen zurückzunehmen.

Es folgte eine «Enthüllung» über den «Bild»-Chef Julian Reichelt. Dem schloss sich eine Breitseite gegen Mathias Döpfner an, den Chef des Springer-Verlags. Der auf billigen Medienhype angelegte «Enthüllungsroman» des PR-Genies Benjamin Stuckrad-Barre war dem «Spiegel» eine Titelstory wert.

Dann gab das Nachrichtenmagazin seiner Ex-Mitarbeiterin Anushka Roshani ungeprüft die Möglichkeit, einen Rufmord zu begehen, ihren ehemaligen «Magazin»-Chef als üblen Mobber und sexistischen Quälgeist zu beschimpfen, sich über mangelhaften Schutz des Tamedia-Verlags zu beschweren. Die Rache einer Frau, die es selbst mit Mobbing und Denunziationen nicht geschafft hatte, ihren Chef vom Sessel zu lupfen, den sie selbst gerne erklettert hätte. Stattdessen wurde sie gefeuert, der «Spiegel» war nicht in der Lage, dieses offenkundige Motiv für eine Abrechnung zu durchschauen.

Diverse Prozesse laufen. Aktuell ist der deutsche Schauspieler Til Schweiger dran; wie immer gespeist aus anonymen Quellen wird ihm ein gröberes Alkoholproblem vorgeworfen. Und bereits wird ein Drei-Sterne-Koch auf die Rampe geschoben, der sich in seiner Küche ungebührlich benommen haben soll.

Das alles bedient das Narrativ von toxischer Männlichkeit, von Frauendiskriminierung im Nachhall der «#me too»-Bewegung, deren erste Exponentin später selbst sexueller Übergriffe beschuldigt wurde.

Nicht nur ältere «Spiegel»-Mitarbeiter sind sich einig: das wäre in früheren Zeiten, unter dem letzten beeindruckenden Chefredaktor Stefan Aust nicht möglich gewesen. Inzwischen gilt:

Wenn Würstchen an die Macht kommen, wird der Senf rationiert.

Statt beeindruckender Enthüllungen wie früher, Stichwort Neue Heimat, Stichwort Parteispenden, folgt nun eine billige Fertigmacher-Story ad personam nach der anderen. Aus Schweizer Sicht ist der Fall Roshani besonders peinlich. Denn spätestens seit dem akkurat recherchierten Buch von Roger Schawinski ist klar, was auch ZACKBUM als eines der ganz wenigen Organe schon von Anfang an kritisierte: Canonica ist hier nicht der Täter, sondern das Opfer, und die Medien machten sich allesamt zu willigen Helfershelfern einer Frau auf dem Rachetrip. Sie übernahmen ungeprüft ihre Behauptungen, schmückten sie sogar mit weiteren, erfundenen anonymen Aussagen aus, schwiegen dann verkniffen, als sich immer mehr offenkundige Widersprüchlichkeiten und gar grobe Erfindungen herausstellten.

Besonders peinlich dabei das Verhalten der «Magazin»-Redaktion, eine Versammlung von Gutmenschen, darunter der Lebensgefährte der Kampffeministin Franziska Schutzbach, die jahrelang mit höchster Sensibilität Missbrauch und alles, was gegen Gutmenschentum verstiess, aufs schärfste verurteilten. Aber in eigener Sache Zeugnis abzulegen, Zivilcourage zu beweisen, dazu Stellung zu nehmen, dass sie von Roshani als Zeugen für angeblich öffentliche Ausfälligkeiten von Canonica aufgeführt wurden – da verordneten sie sich feiges Schweigen, tiefer als die Omertà der Mafia.

Aber all das wird unterboten vom Niedergang des «Spiegel», der nicht einmal mehr schreibt, was sein soll. Sondern sogar, was gar nicht ist.

 

Das Ende der glücklichen Zeiten

Dem Internet sei Dank: Jeder kann Zeitung.

Da liegt es nahe, mit einem Gegenprogramm aufzutrumpfen: Nur positive Nachrichten statt des ewigen Protokoll des Elends. Die schlechte Nachricht: Lesen will das niemand. Ein Schweizer Portal hat gerade erst aufgegeben.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der medialen Lawine an schlechten Nachrichten, die uns täglich überrollt und der Zunahme psychischer Erkrankungen? Mit Sicherheit wurde das bereits untersucht. Aber auch Laienpsychologen können zum Schluss kommen: Der Seele tut es nicht gut, dauernd zu lesen, dass alles schlechter wird. Und das ist ja so, wenn man den angestammten Medien glauben will. Es will eben einfach keiner lesen, wie viele Flugzeuge heute nicht abgestürzt sind. Es ist die Ausnahme, die das Lesevergnügen bereitet.

Dennoch gibt es Verleger – wir sind grosszügig mit dem Begriff -, die finden, dass es ihre Aufgabe ist, positive News zu verbreiten, sich also auf das bisschen Stoff zu konzentrieren, der uns das Gefühl gibt, es sei noch nicht alles verloren. Allein im deutschsprachigen Raum sind es einige Dutzend Onlinezeitungen, die sich das zur Aufgabe gemacht haben.

Labor statt Fleisch

Wie sieht das konkret aus? Zum Beispiel bei nur-positive-nachrichten.de? Da erfahren wir, wie viele Tonnen Plastik kürzlich aus dem Meer gefischt wurden. Das Problem: Um sich darüber richtig zu freuen, muss man auch darauf hinweisen, wie viele Tonnen da immer noch drin liegen. Positiv ist anders. Oder dass der Fastfoodriese KFC Hühnerfleischzellen aus dem Labor testet: Auch das klingt vielversprechend. Es fehlt allerdings der sanfte Hinweis, dass es vermutlich Jahre gehen wird, bis daraus etwas wird, und auch dann wird KFC den Teufel tun und dem echten Fleisch abschwören. Schlicht, weil der typische Kunde gern richtiges Fleisch isst.

In der Schweiz war es happytimes.ch, das diesem Konzept folgte. War. Denn just im vergangenen Juli haben die Macher nach über zehn Jahren die Segel gestrichen. Dass die Idee solange Bestand hatte, ist beachtlich und vermutlich einem Engagement nahe an der Selbstaufgabe zu verdanken. Denn wirklich einträglich ist das Geschäft mit good news nicht. Ausser, man macht es wie «Happy times», das unter positiven Meldungen auch klar als verkaufte Werbung erkennbare Autotests verstand.

Nackt am Mäher

Mehr als 10’000 Artikel habe man in dieser Zeit publiziert, heisst es im eigenen Abgesang. Und macht auch gleich klar, was wirklich gut lief: Die «Kornkreis-Fotostorys mit exklusiven Fotos direkt aus den sagenumwobenen Kornkreisen sowie bunte, fröhliche Foto-Reportagen von der Streetparade Zürich.» Was für Klicks sorgte, waren also besoffene Studenten, die sich nachts als Mutprobe an der Mähmaschine vergriffen und Bildergalerien von halbnackten Leuten. Klingt plausibel.

Vielversprechender ist vielleicht der Ansatz einiger eingesessener Medien, die sich eine Rubrik mit positiven Meldungen leisten. focus.de zum Beispiel führt einen «Gute-Nachrichten-Ticker». Das ist eine billige Lösung: Beiträge, die ohnehin publiziert werden, weist man mit einem Klick dieser Rubrik zu, erledigt. Wobei man darüber diskutieren kann, ob das Porträt eines Mannes, der seinem Vater die Ermordung der Mutter verzeiht, besonders stimmungsaufhellend ist. Es muss ja zuerst jemand ermordet werden, bevor man verzeihen kann.

Die meisten dieser «Alles ist gut»-Zeitungen finanzieren sich durch Werbeeinblendungen, die nur einschenken, wenn die ganze Welt plötzlich wissen will, wie toll das Leben doch eigentlich ist. Und einige verkaufen Mitgliedschaften, mit denen sich diese Werbung ausblenden lässt. Bei nur-positive-nachrichten.de kann man das für ein Jahr mit Summen zwischen 24 und 100 Euro erledigen, je nach Spendierlaune. Dafür erhält man dann einen Titel wie «Chenoa» (Friedenstaube) oder Macawi, was bei den Sioux so viel wie Grosszügigkeit bedeutet.

Dumm ist das nicht. Vermutlich spricht die Zielgruppe der Positivdenker drauf an.

 

Von Stefan Millius. Er ist Chefredaktor «Die Ostschweiz».

 

Packungsbeilage: Der ZACKBUM.ch-Redaktor René Zeyer publiziert auf «Die Ostschweiz».