Fakten und Fiktion
Fake News vom Auslandchef des Tagi.
Das Ausland ist bekanntlich der gegendarstellungsfreie Raum. Selten wurde das so schamlos ausgenützt wie in einem Kommentar des Auslandchefs des Tamedia-Qualitätskonzerns:
Das sind 4428 Anschläge gegen Faktentreue und Tatsachen. Nun könnte man einwenden, dass ein Kommentar ja nicht unbedingt die Wirklichkeit abbilden sollte. Im Falle Taiwans plapperte Christof Münger längst gemachte Feststellungen nach, weil er zuvor wohl seine wohlverdienten Ferien genoss. Hier nimmt er es mit der Realität nicht genau.
Ebenso wenig mit der Logik, was er schon mit dem ersten Satz unter Beweis stellt: «Die amerikanische Demokratie ist angeschlagen. Das jüngste Anzeichen dafür ist die Razzia in Donald Trump Schloss Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida.» Dem stellt er am Schluss die Feststellung entgegen: «Der FBI-Einsatz ist deshalb ein Lebenszeichen des amerikanischen Rechtsstaats.» Des angeschlagenen, wohlgemerkt. Und wie man diese geschmacklose Ansammlung von Anwesen Schloss nennen kann …
Den Anlass für die Razzia beschreibt Münger kurvenreich; Trump zitierend behauptet er: «Nur in einem «kaputten Land der Dritten Welt» ist denkbar, dass ein abtretender Staatschef vertrauliche Dokumente mit nach Hause nimmt.» Um sich gleich einzubremsen: «Trumps mutmassliches Fehlverhalten – auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung – erinnert tatsächlich an Autokraten in Afrika.» Während die Verwendung der Unschuldsvermutung durch Münger eigentlich an nichts erinnert.
Das aber sind alles sozusagen noch lässliche Sünden. Nun setzt Münger aber zu einem faktenfreien Loblied auf das FBI an: «Die traditionsreiche US-Behörde gilt als unbestechlich, unparteiisch und vor allem unpolitisch.» War da nicht mal was mit E-Mails der ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Clinton? Aber Schlamm drüber, wieso soll sich ein Auslandchef an frühere Politskandale des FBI erinnern.
Aber einmal in Fahrt, schreibt Münger weiter Geschichte um: «Noch stärker an ein «kaputtes Drittweltland» erinnern bereits der Sturm aufs Capitol und der nur knapp abgewendete Putschversuch des abgewählten US-Präsidenten am 6. Januar 2021.» Diese Schande war zwar für die US-Demokratie peinlich, aber ein «knapp abgewendeter Putschversuch» war das in keiner Weise.
Nun schäumen natürlich Trump-Anhänger und auch Exponenten der republikanischen Partei gegen diese Razzia, hinter der sie den Versuch vermuten, Trump von einer weiteren Kandidatur abzuhalten. Was ausserhalb von Drittweltländern ihr gutes, demokratisches Recht ist. Das ihnen aber Münger absprechen möchte: «Drohende soziale Unruhen und sogar politische Gewalt nehmen sie in Kauf.»
Nach diesem wilden Ritt durch ein Paralleluniversum setzt Münger mit seiner Schlusspointe noch dem Fass die Krone auf: «Angesichts dieser Gefahr auf die Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago zu verzichten, wäre jedoch einer Kapitulation vor Trump und seiner antidemokratischen Bewegung gleichgekommen.»
Ausser Münger sieht eigentlich niemand eine drohende Gefahr von politischer Gewalt, oder meint er, Trump würde nun erneut zu einem «Putschversuch» ansetzen? Und wieso hätte das FBI vor einer «antidemokratischen Bewegung kapitulieren» sollen? Wir werden sicherlich noch erfahren, ob es genügend Anlass für diese Aktion gab. Denn der Eingriff in die Privatsphäre eines Bürgers, ob Präsident oder Strassenreiniger, ist im angelsächsischen Raum mit hohen Hürden bewehrt.
Zuerst Sendepause, dann zwei Knall-Kommentare hintereinander; vielleicht wäre es wirklich besser, das Ausland vollständig der «Süddeutschen» zu überlassen. Deren Kommentare sind zwar auch nicht besser, aber dann kommen sie wenigstens aus dem Ausland …
Münger, der auf dem Abstellgleis des Tagis gelandete Superanalyst, versucht den eigenen Abstieg durch wildes Umsichschlagen und viel «Haltung» etwas abbremsen zu wollen. Dass man die Meinungsmacher der Süddeutschen den eigenen vorzieht, findet der in letzter Zeit etwas aufgedunsen wirkende Münger wohl eher nicht so cool. Das sind aber die Folgen, wenn man als Journalist nur noch das schreibt, was man glaubt schreiben zu müssen und nicht mehr das, was man eigentlich schreiben sollte.