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Wumms: Philippe Reichen

Die Skandal-Kreische schlägt wieder zu.

Philippe Reichen ist nicht der Mann für Zwischentöne. «Die Mauer des Schweigens bricht», so versuchte er sich als Trompeter von Jericho im Nachgang um den angeblichen Sexskandal um den Starmoderator Rochebin, dem ungezügelte Übergriffe vorgeworfen wurden. Natürlich anonym, natürlich verröchelte das nach einer ersten Aufregung.

Da griff Reichen weit in die Vergangenheit zurück und beklagte 2020 das Ende einer Talkshow des französischsprachigen Staatssenders TSR. Das fand allerdings bereits 2015 statt – wegen mangelndem Zuschauerinteresse. Aber kein Problem für Reichen, an angeblich fürchterliche Zustände zu erinnern:

«Die Verbliebenen arbeiteten bis zur Erschöpfung, schliefen kaum noch und hielten sich teils nur dank der Hilfe von Psychopharmaka auf den Beinen. Konflikte brachen auf. Man deckte sich gegenseitig mit Vorwürfen ein. Am Ende implodierte die Equipe. Nach 12 Wochen brach die Moderatorin wegen Erschöpfung zusammen. Sie war nicht mehr arbeitsfähig.»

Auch als Denunziant ist Reichen fleissig: «Einflussreiche Westschweizer Journalisten distanzieren sich kaum vom russischen Präsidenten. Trotz Krieg zeigen sie Verständnis für Putin.»

Unerhört; würden sich seine Westschweizer Kollegen so wie er von Putin distanzieren, der Krieg in der Ukraine wäre schon längst beendet.

Nun nimmt Reichen einen seiner Lieblingsfeinde auf die Hörner:

«Ueli, der Knecht des Milliardärs. Statt die Steuergerechtigkeit zu fördern, ging der Finanzminister auf den obersten Aufpasser der Bundesverwaltung los.»
Da distanziert sich Reichen deutlich von seinem Finanzminister, der aber einfach seines Amtes waltete. Denn es gab eine Beschwerde eines pauschalbesteuerten Milliardärs, der sich vom Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle in der Öffentlichkeit kujoniert sah und sich deshalb per Anwalt an den Bundesrat als Aufsichtsbehörde wandte. Wohlgemerkt alles legale Aktionen in einer funktionierenden Demokratie.
Ueli Maurer wagte es dann, dem Direktor ein Disziplinarverfahren in Aussicht zu stellen. Das hätte, völlig legal, klären sollen, ob an den Vorwürfen des Milliardärs was dran war oder nicht. Das hört sich bei Reichen allerdings so an: Maurer sehe sich eigentlich am liebsten als «Anwalt des kleinen Mannes». Alles Fassade: «Doch Maurer kann auch anders. Etwa sich schützend vor einen Milliardär zu werfen, wenn sich dieser durch allzu kritische Fragen zu seiner Pauschalbesteuerung bedrängt fühlt.»
Dass es ein Milliardär wagt, sich bedrängt zu fühlen und eine Untersuchung deswegen zu verlangen, Reichen kann es nicht fassen. Dass der Finanzminister das tatsächlich untersuchen will: ebenfalls unfassbar. Dass Maurer, nachdem er allen Beteiligten Gehör verschafft hatte, auf die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verzichtete – das schützt ihn nicht vor dem Zorn des Reichen.
Etwas schwer verständlich, holperte Reichen in seinem Kommentar eine Anklage gegen Maurer zusammen, die nun überhaupt nichts mit dem hier verhandelten Fall zu tun hat. Aber direkt kann Reichen zu seinem grössten Bedauern dem Bundesrat keinen Vorwurf machen, also versucht er es indirekt: «Doch hätte Finanzminister Maurer nicht auch die Aufgabe, die allgemeine Steuergerechtigkeit zu fördern
Wieso er dieser Aufgabe nicht obliegt, wenn er einer Kritik am Verhalten eines Chefbeamten nachgeht – das bleibt das süsse Geheimnis der Skandal-Kreische. Wieso Tamedia solche faktenlose Verunglimpfung abdruckt – ebenfalls ein süsses Geheimnis. Ein Beitrag zu «Verlässlichkeit und Mehrwert», was Tamedia-Boss Pietro Supino unablässig von seinen Journalisten fordert, während er sie zum Skelett runterspart, ist das sicherlich nicht.

Fakten und Fiktion

Fake News vom Auslandchef des Tagi.

Das Ausland ist bekanntlich der gegendarstellungsfreie Raum. Selten wurde das so schamlos ausgenützt wie in einem Kommentar des Auslandchefs des Tamedia-Qualitätskonzerns:

Das sind 4428 Anschläge gegen Faktentreue und Tatsachen. Nun könnte man einwenden, dass ein Kommentar ja nicht unbedingt die Wirklichkeit abbilden sollte. Im Falle Taiwans plapperte Christof Münger längst gemachte Feststellungen nach, weil er zuvor wohl seine wohlverdienten Ferien genoss. Hier nimmt er es mit der Realität nicht genau.

Ebenso wenig mit der Logik, was er schon mit dem ersten Satz unter Beweis stellt: «Die amerikanische Demokratie ist angeschlagen. Das jüngste Anzeichen dafür ist die Razzia in Donald Trump Schloss Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida.» Dem stellt er am Schluss die Feststellung entgegen: «Der FBI-Einsatz ist deshalb ein Lebenszeichen des amerikanischen Rechtsstaats.» Des angeschlagenen, wohlgemerkt. Und wie man diese geschmacklose Ansammlung von Anwesen Schloss nennen kann …

Den Anlass für die Razzia beschreibt Münger kurvenreich; Trump zitierend behauptet er: «Nur in einem «kaputten Land der Dritten Welt» ist denkbar, dass ein abtretender Staatschef vertrauliche Dokumente mit nach Hause nimmt.» Um sich gleich einzubremsen: «Trumps mutmassliches Fehlverhalten – auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung – erinnert tatsächlich an Autokraten in Afrika.» Während die Verwendung der Unschuldsvermutung durch Münger eigentlich an nichts erinnert.

Das aber sind alles sozusagen noch lässliche Sünden. Nun setzt Münger aber zu einem faktenfreien Loblied auf das FBI an: «Die traditionsreiche US-Behörde gilt als unbestechlich, unparteiisch und vor allem unpolitisch.» War da nicht mal was mit E-Mails der ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Clinton? Aber Schlamm drüber, wieso soll sich ein Auslandchef an frühere Politskandale des FBI erinnern.

Aber einmal in Fahrt, schreibt Münger weiter Geschichte um: «Noch stärker an ein «kaputtes Drittweltland» erinnern bereits der Sturm aufs Capitol und der nur knapp abgewendete Putschversuch des abgewählten US-Präsidenten am 6. Januar 2021.» Diese Schande war zwar für die US-Demokratie peinlich, aber ein «knapp abgewendeter Putschversuch» war das in keiner Weise.

Nun schäumen natürlich Trump-Anhänger und auch Exponenten der republikanischen Partei gegen diese Razzia, hinter der sie den Versuch vermuten, Trump von einer weiteren Kandidatur abzuhalten. Was ausserhalb von Drittweltländern ihr gutes, demokratisches Recht ist. Das ihnen aber Münger absprechen möchte: «Drohende soziale Unruhen und sogar politische Gewalt nehmen sie in Kauf.»

Nach diesem wilden Ritt durch ein Paralleluniversum setzt Münger mit seiner Schlusspointe noch dem Fass die Krone auf: «Angesichts dieser Gefahr auf die Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago zu verzichten, wäre jedoch einer Kapitulation vor Trump und seiner antidemokratischen Bewegung gleichgekommen

Ausser Münger sieht eigentlich niemand eine drohende Gefahr von politischer Gewalt, oder meint er, Trump würde nun erneut zu einem «Putschversuch» ansetzen? Und wieso hätte das FBI vor einer «antidemokratischen Bewegung kapitulieren» sollen? Wir werden sicherlich noch erfahren, ob es genügend Anlass für diese Aktion gab. Denn der Eingriff in die Privatsphäre eines Bürgers, ob Präsident oder Strassenreiniger, ist im angelsächsischen Raum mit hohen Hürden bewehrt.

Zuerst Sendepause, dann zwei Knall-Kommentare hintereinander; vielleicht wäre es wirklich besser, das Ausland vollständig der «Süddeutschen» zu überlassen. Deren Kommentare sind zwar auch nicht besser, aber dann kommen sie wenigstens aus dem Ausland …