Wumms: Cyrill Pinto

Neutralität, kompetent erklärt.

«Cyrill Pinto ist ausgebildeter Buchhändler und hat einen Master in Kulturpublizistik der Zürcher Hochschule der Künste.»

Nicht nur das befähigt den Tamedia-Mann, uns eine Lektion in Sachen Neutralität zu erteilen: «Die Schweiz muss ihre Neutralität überdenken», dekretiert Pinto in seinem Kommentar. Wer genau? Schwer zu sagen, von einer denkenden Schweiz ist leider nichts bekannt.

Pinto weiss aber: «Immer wieder wurde das Kriegsmaterialgesetz dafür nachgeschärft und wieder gelockert. Inzwischen ist es auf 20 Seiten angewachsen, die dazugehörende Verordnung ist nochmals 28 Seiten lang.»

Das ist doch für ein Gesetz recht übersichtlich. Aber darum geht es Pinto nicht. Sondern hierum: «Auch wenn es unbequem ist, muss die Schweiz bei einem Krieg, wie dem in der Ukraine, eine klare Haltung einnehmen

Wie wäre es mit der klaren Haltung, dass die Schweiz als neutraler Staat ihre guten Dienste anbietet, obwohl sie mit der Befolgung der EU-Sanktionen bereits eine genügend unklare Haltung einnimmt? Und sich ansonsten an den Wortlaut der 48 Seiten Gesetz plus Verordnungen hält, wie es in einem Rechtsstaat Brauch ist?

Nun wird Pinto etwas wolkig und schwammig, denn  – wie einzelne Tamedia-Kollegen – einen klaren Rechtsbruch möchte er dann doch nicht vorschlagen: «Und am Ende kommt man nicht daran vorbei, eine Position zu beziehen, die auch mit dem internationalen Völkerrecht kompatibel ist. Nur so wird die Schweiz als Partner in der internationalen Staatengemeinschaft ernst genommen.»

Was genau sollte also die Schweiz machen, um endlich mal ernst genommen zu werden? Da ist guter Rat teuer, zu teuer für Pinto. Was genau ist an der aktuellen Position der Schweiz nicht mit dem «internationalen Völkerrecht» kompatibel? Statt diese Postion auch nur ansatzweise zu beschreiben, behauptet er (hoppla, muss er sich offenbar gedacht haben, Platz für Kommentar fast zu Ende): «Doch lieber versteckt sich die Schweiz – allen voran der Bundesrat – hinter einem verstaubten Verständnis von Neutralität. Das ist bequemer und einfacher, als klar Position zu beziehen.»

Vorhang geschlossen, alle Fragen offen. Hinter welchem Verständnis verstecke sich die Schweiz (und der Bundesrat)? Was wäre daran verstaubt, wenn man wüsste, was es ist? Was soll daran bequem sein? Wie würde denn eine «klare Position» aussehen? Zwei Sätze, fünf offene Fragen.

Auch ein Kommentar sollte einigermassen verständlich, folgerichtig und logisch formuliert sein. Wenn sich der Autor stattdessen hinter Gedöns und Geschwurbel versteckt, ohne dass es dem Leser möglich ist, seinen Aussagen oder Forderungen zu folgen, dann handelt es sich einwandfrei um ein Stück aus dem Tamedia-Imperium, in dem die Sonne der Kultur tief steht, Intelligenz und Sprachbeherrschung keine Voraussetzungen für eine Publikation sind – und jeder der noch nicht eingesparten Redaktoren ungehindert, unkontrolliert und unter Unterbietung jeglicher Grundansprüche an Niveau oder Inhalt loslabern darf.

5 Kommentare
    • Robert Holzer
      Robert Holzer sagte:

      Wenn ich das richtig erinnere hat auch die Anzahl der Kommentare einen Einfluss auf das Honorar, also wieviel Beachtung eine «Schreibe» seitens der gebildeten Leserschaft erhält.
      Könnte ja sein, dass alle Artikel «auf Kommentare» geschrieben werden. Weiss jemand mehr? Könnte evtl. das Recherchedesk Zackbum tätig werden?

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  1. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Wer kennt sie nicht: Leute, die E-Mails schreiben bei denen man nach dem Lesen nicht weiss, was genau die Absender eigentlich sagen wollen.
    Von vermeintlich professionellen Schreiberlingen darf man mehr erwarten als ein Patch-Work von Sätzen. Ansonsten kommt bald die lernfähige KI chatGPT zum Zug. Die wird immer wie besser.

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  2. Noah Fetter
    Noah Fetter sagte:

    Pinto schreibt auf Zeilenhonorar: Er schreibt von der «internationalen Staatengemeinschaft», die genauso pleonastisch ist wie sein «internationales Völkerrecht».
    Wenn sich irgendwelche Staaten zu irgendetwas zusammentun, entsteht eine Staatengemeinschaft – hier «international» voranzusetzen, ist ein weisser Schimmel.
    Dasselbe beim Völkerrecht. Denn Völkerrecht ist nichts anderes als internationales Recht. Was Staaten unter sich (gesetzlich, vertraglich) regeln, ist Völkerrecht; International law (engl.), Diritto internationale (ital.), Droit international public (fr.) usw.
    Aber das wird an der Zürcher Hochschule der Künste wohl nicht gelehrt. Was man dort lernt, reicht für den TagesAnzeiger allemal.

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  3. Beat Morf
    Beat Morf sagte:

    Ich kannte bisher nur “Mein Pony Pinto”; welches eindeutig besser ist als das Geschreibsel dieses Lohnschreibers Pinto.

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