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Hack dir eins

Information in eigener Sache? Lachhaft.

Die NZZ, CH Media und offenbar auch Ringier sind von einem Hackerangriff betroffen, der sich gegen die NZZ und gegen die Zeitschriften-Aboverwaltung richtete.

Der führte dazu, dass die NZZ und auch Split-Ausgaben von CH Media nur eingeschränkt erscheinen konnten. Zudem haben die Hacker offensichtlich grossflächig Daten abgeräumt, sowohl interne wie auch von Abonnenten oder Kunden.

Das räumen die Verantwortlichen der Medienhäuser scheibchenweise ein, nachdem lange abgewiegelt wurde und aus vorgeschobenen Untersuchungsgründen keine weiteren Informationen herausgerückt wurden. Die NZZ verhielt sich die ganze Zeit sehr schmallippig, CH Media räumte immerhin ein, dass es sich offensichtlich um einen rein kriminellen Angriff handelte, mit dem Lösegeld für die Daten erpresst werden sollte.

Offensichtlich, man muss hier immer mit abschwächenden Worten arbeiten, offensichtlich fanden Verhandlungen mit den Erpressern statt, die deshalb den Veröffentlichungstermin von ihnen erbeuteter Daten immer weiter in die Zukunft verschoben.

Inzwischen haben sie aber damit begonnen, Daten ins Darkweb zu stellen. Also sind die Verhandlungen gescheitert. CH Media gab ebenfalls bekannt, dass kein Lösegeld bezahlt wurde.

Neben der mehr als rudimentären Information über den Hack stellen sich doch verschärft einige Fragen:

  1. Wie ist es möglich, dass gerade Medienhäuser, die um ihre Gefährdung  durch (politisch oder rein kriminell motivierte) Angriffe wissen, dermassen verwundbar sind?
  2. Wie ist es möglich, dass ein Hackerangriff offensichtlich nicht nur reiche Datenbeute findet, sondern auch das Funktionieren der Zeitungsproduktion ernsthaft in Frage stellt?
  3. Wie ist es möglich, dass das Schliessen der Sicherheitslücke und das Reparieren der IT-Infrastruktur dermassen lange dauert? Wir sprechen hier von mindestens sechs Wochen; im IT-Bereich eine kleine Ewigkeit.
  4. Bislang wurde weder intern noch extern das genaue Ausmass der Ausbeute kommuniziert. Ebenfalls schweigen sich die Betroffenen aus, welche Schäden an der IT entstanden sind.
  5. Wer übernimmt die Kosten? Die NZZ? Wohl am ehesten, aber von welcher Summe sprechen wir hier?

Es ist eigentlich immer das Gleiche. Gerne fordern Medien Transparenz, beschweren sich über ungenügende und ungenaue Information von Firmen, kritisieren lauthals nichtssagende Medienmitteilungen – aber in eigener Sache verhalten sie sich genauso schlimm …

Wumms: Christoph* Eisenring

Die NZZ hat kompetente Wirtschaftsredaktoren. Und dann noch Eisenring.

«Scheinheiliger Aufschrei der CS-Gläubiger», so rügt Eisenring in einem Kommentar Obligationäre, die sich auf die Verbindlichkeit eines Ausgabeprospekts verlassen haben.

Er tut das am gleichen Tag, als bekannt wird, dass sich auch die Migros-Pensionskasse einer Klage von weiteren Gläubigern der Credit Suisse angeschlossen hat, die gemeinsam über 4,5 Milliarden Franken in AT1-Obligationen investiert hatten. Das sind Zwangswandelanleihen, die zur Stärkung des Eigenkapitals in Aktien umgewandelt werden können.

Die Klage wurde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, weil sie sich gegen die Anordnung der FINMA richtet, mit einem Federstrich 16 Milliarden Franken für wertlos zu erklären. Rechtsvertreter ist die Wirtschaftskanzlei Quinn Emanuel Urquart & Sullivan. Die gehört zu den Grössten auf der Welt und vertritt auch Gläubiger in den USA oder in Singapur.

Eine Kanzlei wie diese klagt nicht einfach drauflos, weil sie durchaus einen Ruf zu verlieren hat. Ausserdem dürfte eine grosse Anzahl ihrer Anwälte mehr Finanzkompetenz haben als Eisenring. Der klärt nämlich auf:

«Doch angesichts der nun drohenden gerichtlichen Auseinandersetzung sollte man das grosse Bild nicht aus den Augen verlieren. Die strittigen Anleihen hiessen nicht umsonst «Write-down Capital Notes». Sie wurden zum erweiterten Kernkapital der Bank gezählt. Schon auf der ersten Seite des Emissionsprospekts heisst es, es bestehe das Risiko, dass Investoren ihr ganzes Geld verlören, wenn es zu einem auslösenden Ereignis komme.»

Da hat er richtig abgeschrieben, nur: welche auslösenden Ereignisse sind gemeint? Auch die Koryphäe aus dem Hause NZZ räumt ein, dass der Trigger, dass die Kernkapitalquote unter 7 Prozent rutscht, bei «der Credit Suisse wohl (noch) nicht der Fall» gewesen sei. Was hier ein dämliches «noch» soll? Im Moment der Vernichtung der 16 Milliarden war die Kernkapitalquote amtlich noch über 7 Prozent. Punkt.

Trigger zwei: «Sollte der Staat der Bank ausserordentliche Hilfe gewähren, um eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, können die Behörden ebenfalls die völlige Abschreibung einleiten.» Nun hatten aber die Nationalbank und die FINMA noch am Mittwoch, also vier Tage vor der Abschreibung, mit treuem Augenaufschlag versichert, dass die CS sowohl solvent wie liquide sei, kein Grund zur Panik. Darauf vertrauend kauften Anleger weiter diese AT1-Bonds.

Es ist also, im Gegensatz zur Darstellung von Eisenring, überhaupt nicht eindeutig erwiesen, dass die FINMA rechtens handelte. Seine weiteren Begründungen ragen dann schwer ins Reich der Fantasie: «Die Schweiz muss sich von gewieften angelsächsischen Kanzleien nicht ins Bockshorn jagen lassen. Diese Klagen sind der Preis dafür, dass man für die Rettung die Aktionäre und Gläubiger heranzieht und nicht alle Risiken beim Steuerzahler ablädt

Risiken beim Steuerzahler abladen? Was für ein Unfug, die 16 Milliarden wären in den Büchern der UBS gelandet, womit der Steuerzahler glücklicherweise (noch) nichts zu tun hätte. Stattdessen hat die FINMA der UBS ein 16-Milliarden-Geschenk gemacht, während der Steuerzahler das Prozess- und Haftungsrisiko aufs Auge gedrückt bekam. Also genau das Gegenteil der Behauptungen von Eisenring ist richtig.

Dann behauptet Eisenring noch: «Hohe Renditen signalisieren stets hohes Risiko – das sich im Fall der Credit Suisse für einmal materialisiert hat.» Der erste Teil des Satzes stimmt; allerdings sind Renditen von bis zu 10 Prozent noch keineswegs Casino- oder Wucherzinsen, sondern für eine Kapitalanlage bei der früher einmal stockseriösen CS durchaus im Rahmen.

Völlig absurd ist dann seine Behauptung: «Dass Anleihengläubiger bei einer Bankenrettung in die Pflicht genommen werden, ist deshalb richtig. Banken, die entsprechende Anleihen emittieren, müssen nun zwar mehr bezahlen als vor der Credit-Suisse-Episode. Aber die Neubepreisung von Risiken ist ein reinigendes Gewitter, das über dem Bankenmarkt niedergegangen ist.»

Ein mehr als fragwürdiger Entscheid einer Staatsbehörde soll eine «Neueinpreisung von Risiken» bedeuten? Nein, das ist ein Kollateralschaden einer von Anfang an mehr als umstrittenen Entscheidung einer Behörde, deren Kompetenz schon vorher mehr als fragwürdig war.

Rechthaberei ist eine Sache, Juristerei eine andere. Aber es gibt ja glücklicherweise ausserhalb der NZZ und der FINMA so etwas wie eine Wirklichkeit. Und Logik. Die besagt glasklar: die CS erfüllte zum Zeitpunkt des Abschreibers laut der gleichen FINMA allen regulatorische Kapitalanforderungen. Also musste keine Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden. Das wäre aber der einzige Grund gewesen, die 16 Milliarden auf null abschreiben zu können. Ohne Auslöser kein Abschreiber. Wenn doch Abschreiber, dann zumindest Haftungsproblem des Staates.

Quod erat demonstrandum. Aber vielleicht kann Eisenring auch kein Latein.

*Nach Leserhinweis korrigiert … ZACKBUM schämt sich mal wieder.

NZZ: Frauen an die Macht

Nun auch die alte Tante: sie hat eine VR-Präsidentin.

«Isabelle Welton ist Inhaberin der Rubidia GmbH, einem Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt Unternehmenskultur und Veränderungsprozesse.» So die Selbstdarstellung. Welton ist seit 2013 im VR der NZZ AG und  fiel dort in diesen zehn Jahren – durch nichts auf.

Nun hat sie ihre Antrittsrede gehalten und fiel darin – durch nichts auf. ZACKBUM nennt solche Leerformeln gebackene Luft, und davon lieferte Welton wie ein Heissluftfön ab.

«Angesichts der laufenden Entwicklungen … auch in Zukunft in jeder Minute gefordert. Wir müssen selbstkritisch und erfinderisch bleiben. Wir müssen unternehmerische Chancen packen und dabei auch Risiken eingehen … Wir werden in den nächsten Jahren die Weiterentwicklung unserer Angebote gezielt vorantreiben. Unternehmerisches Denken und Handeln muss gefördert und der gegenseitige Austausch intensiviert werden … ich werde deshalb diesem Thema hohe Priorität einräumen.»

Welchem Thema? Ist doch egal. Hat man schon mal von einem Unternehmen gehört, das seine Angebote ungezielt vorantreibt? Nicht gefordert ist? Nicht unternehmerisches Denken fördern will? Auf dies und das nicht mit höherer Priorität eingeht?

Dann scheint sich Welton ein wenig Ladina Heimgartner von Ringier zum Vorbild genommen haben. Die kommt bekanntlich mit dem Wort «Resilienz» und etwas Feminismus weit herum und in die höchsten Positionen. Welton versucht’s nun mit «Purpose». Jedes Unternehmen muss seinen Zweck haben, eine wahrhaft umwerfende Erkenntnis. Die im Übrigen schon seit einigen Jahren kursiere. Also eigentlich, seit es Unternehmen gibt, und das ist schon ziemlich lange so.

Sicher kann man von einer Antrittsrede nicht erwarten, dass hier Pflöcke eingeschlagen werden, konkrete Strategien auf den Tisch gelegt, Ziele formuliert. Oder vielleicht doch, denn auch die NZZ ist tatsächlich gewaltigen Herausforderungen und Problemen ausgesetzt; wie will sie alleine weiter überleben, wie will sie ihr (geschrumpftes) Vermögen sinnvoll einsetzen? Wo soll’s hingehen mit dem Content, wie soll der dargeboten werden?

Da wären ein paar Hinweise durchaus willkommen gewesen. Aber vielleicht kann man den Purpose der NZZ nun so umschreiben: die neue VR-Präsidentin unbeschädigt überleben

Tamedias tiefes Schweigen

Die Tx Group in Österreichs Korruptionssumpf?

Immerhin gibt es noch etwas Konkurrenzkampf im Schweizer Mediensumpf. So böllerte CH Media am 6. April:

Felix Austria, kann man nur sagen. Denn dort löst ein saftiger Skandal den nächsten ab, so geht das schon seit Jahren und Jahrzehnten.

Immer wieder für Schlagzeilen sorgt der gefallene Politstar und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Denn dessen kometenhafter Aufstieg scheint mit einigen Hilfsraketen erfolgt zu sein, deren Verwendung – selbst für österreichische Verhältnisse – nicht ganz legal war.

Wie es sich für die Wiener Kaffeehaus-Klatschkultur gehört, gibt es einen Mitarbeiter, der auspackt. Der langjährige Kabinetts-Chef Thomas Schmid lässt die Justiz seine rund 300’000 Nachrichten auf dem Handy auswerten. Und dabei kommt Kunterbuntes heraus.

Zum Beispiel, dass die Gratis-Zeitung «heute» (und nicht nur sie) den damaligen Bundeskanzler im besten Licht darstellte, als Gegenleistung für grosszügige staatlich bezahlte Inserate. Das betrifft auch die berüchtigte «Kronen Zeitung». Beide Blätter gehören zum Imperium der Dichands, seit Jahrzehnten die gekrönten Zeitungskönige in Österreich. Hans Dichand begründete das Imperium, das seit dessen Tod im Jahr 2010 von seinem Sohn Christoph Dichand und dessen Ehegattin Eva regiert wird.

Das Ganze wird nun sehr österreichisch saftig-kompliziert, daher die Zusammenfassung aus Wikipedia: Dem «Ehepaar Dichand wird (von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Red.) zur Last gelegt, von Amtsträgern Inserate sowie Änderungen am Privatstiftungsgesetz gefordert zu haben und im Gegenzug dafür wohlwollende Berichterstattung in Heute und der Kronen Zeitung in Aussicht gestellt zu haben.»

Bis hierher wäre das eine innerösterreichische Angelegenheit. Ab hier nicht mehr, wie CH Media schreibt: «Das grösste Schweizer Verlagshaus, die Zürcher TX Group (ehemals Tamedia), ist über eine Beteiligungsgesellschaft mit 25,5 Prozent an der AHHV GmbH beteiligt. Das Digitalgeschäft der «Heute»-Verlagsgruppe, darunter Österreichs reichweitenstärkstes Newsportal «heute.at», ist in der DJ Digitale Medien GmbH gebündelt. Hier ist die TX Group mit 51 Prozent sogar Mehrheitseignerin.»

Natürlich sondert die Tx Group auf Anfrage von CH Media Staatstragendes ab: ««Heute» sowie der Eigentümerschaft sei an einer vollumfänglichen Kooperation mit den Ermittlungsbehörden und einer raschen Aufklärung des Sachverhalts gelegen. Der TX Group liegen «Stand heute keine Hinweise vor, die die erhobenen Anschuldigungen bestätigen». Ihr seien die redaktionelle Unabhängigkeit sowie die Qualität ihrer Medien sehr wichtig.»

Nun wird’s wieder lustig. Lediglich die NZZ nahm diese Meldung auf. Sie rekapituliert den Skandal und schreibt: «Indirekt betroffen ist auch die Schweizer TX Group, die Herausgeberin des «Tages-Anzeigers»». Ausser einer Bestätigung der Besitzverhältnisse, wie sie bereits CH Media darstellte, ist der NZZ aber die Verwicklung von Tamedia keine weitere Zeile wert.

Diesem Schweigen hat sich auch Ringier angeschlossen; der «Blick» übergeht die ganze Affäre, obwohl für den Boulevard wie gemacht, mit einer Stille wie aus der Kapuzinergruft.

Dass Tx, sorry, Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger» nichts dazu sagt, verwundert weniger. Bis sich Chefredaktorin Birrer in die Thematik eingelesen hätte, wäre die Publizistik doch längere Zeit führerlos. Pardon, führerinnenlos.

 

Fremdschämen

Einfache Aufgabe: Tiefpunkte suchen.

Wer qualitativ Hochstehendes aufspüren will, hat’s in den Schweizer Medien schwer. Bei der Suche nach Tiefergelegtem hat man die Qual der Wahl …

Als Opener Lebenshilfe im Gratis-Segment von «20 Minuten».

Da kann auch «nau.ch» locker mithalten. Geheimnis Autositz, gaaaanz einfach erklärt.

Aber auch im Bezahl-Bereich wird’s nicht viel besser, wie CH Media beweist. Was sich heutzutage Essay nennen darf …

Der «Blick» versucht’s mangels News mit Nicht-News …

Die neuen Kolumnisten bei Tamedia hangeln sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt.

Das Problem von Benimm-Ratgebern ist, dass das Thema bereits so ausgelutscht ist, dass nicht einmal der NZZ noch was Originelles einfällt.

Wer allerdings vom Zwangsgebühren-TV SRF qualitativ höherstehende Lebenshilfe erwartet, wird enttäuscht.

Natürlich haben wir uns den absoluten Tiefpunkt bis zum Schluss aufgespart, er stinkt, wie sollte es anders sein, aus «watson».

 

NZZ und die IT

Eigentlich ist die alte Tante bei IT vornedran. Eigentlich.

Die NZZ hatte als Erste ein eigenes Korrekturprogramm für Texte entwickelt. Als Erste ihre Ausgaben auf CDs (das sind so silbrig glänzende Scheiben) zugänglich gemacht. Und war sowieso ziemlich vorne dabei bei allem, was mit IT zu tun hat.

Sie überlebte sogar das unselige Wirken eines Peter Hogenkamp, der mit vollmundigen Ankündigungen einstieg und dann nach mieser Performance einen unheimlich schwachen Abgang hinlegte.

Zurzeit sieht es aber so aus, als sei die IT-Infrastruktur an der Falkenstrasse doch nicht über jeden Zweifel erhaben. Die NZZ ist Opfer eines Cyberangriffs geworden. Das ist heutzutage leider normal. In der bösen weiten Welt des Internets sind jede Menge Black Hats unterwegs. Es gibt die Fraktion, die bezahlt Schaden anrichtet. Den Teil, der damit Geld verdient. Und schliesslich Hacker, die es aus purem Spass an der Freud machen.

Ein beliebtes Vorgehen besteht darin, sich in das CMS oder die IT-Plattform eines Unternehmens zu hacken und dort dann wichtige Teile zu verschlüsseln. Um wieder Zugang zu erlangen, wird dem Unternehmen Lösegeld abgepresst. Das ist weltweit ein Multimilliardengeschäft.

Im Gegensatz zur althergebrachten Methode, ein Familienmitglied wird entführt und gegen Lösegeld wieder freigelassen, ist dieser Ransom-Angriff  viel ungefährlicher für den Kriminellen. Es gibt keinen Direktkontakt, das Lösegeld wird in einer Kryptowährung bezahlt, mit einem Countdown bis zur Zerstörung der gesperrten Inhalte kann Druck aufgebaut werden.

Normalerweise wird ein solcher Überfall innert Tagen geregelt. Bei der NZZ scheinen die IT-Probleme, von denen auch CH Media betroffen ist, aber seit inzwischen zwei Wochen anzudauern. Was in der digitalen Welt eine kleine Ewigkeit ist.

SDA will wissen, dass eine Lösegeldforderung gestellt wurde; der Verleger von CH Media, die ebenfalls IT-Dienstleistungen von der NZZ bezieht und auch nur in reduziertem Umfang erscheint, hatte das noch vor Kurzem dementiert.

Die NZZ teilt hingegen schmallippig mit, dass man mit externen Spezialisten an einer Behebung des Problems arbeite. Aufgrund einer «rollenden Entwicklung» könne man aber nicht sagen, wie lange das noch dauern werde.

Nun ist natürlich kein System unknackbar, und die IT-Infrastruktur eines Verlags ist durchaus eine komplexe Sache. Hier gibt es alleine über E-Mail unzählige mögliche Einfallstore. Allerdings ist normalerweise der Kern eines solchen Systems speziell und aufwendig geschützt. Zu den Selbstverständlichkeiten gehört, dass die Inhalte ständig gespiegelt werden, also ein oder mehrere Back-ups existieren. Selbst wenn sich ein Trojaner mitspiegeln lässt, kann so normalerweise durch ein Reset der Zustand vor der Attacke wieder hergestellt werden. Auch hier ist alles eine Frage von Aufwand und Ertrag.

In der Annahme, dass die NZZ durchaus vorne dabei ist, was Sicherheitsmassnahmen im IT-Bereich betrifft, ist also die Frage, wer einen solchen Aufwand betreibt, um dann im Vergleich zu einer wirklich reichen Firma ausgerechnet bei der NZZ Lösegeld einzufordern.

Aber da die alte Tante natürlich aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte erteilt, sind das alles Spekulationen. Wer auch immer der Angreifer ist: die anhaltende Beeinträchtigung – so musste anscheinend die Samstags-Ausgabe bereits am Donnerstag produziert werden, damit das ganze System heruntergefahren werden konnte – belegt einmal mehr, wie unglaublich abhängig faktisch alle Unternehmen von IT und Internet sind.

Es ist offenbar nicht einmal möglich, einen vergleichsweise einfachen Prozess wie das Herstellen druckfertiger Vorlagen aus Text und Bild zu substituieren, wenn die IT ausfällt oder angeschlagen ist.

Zahlen lügen nicht

Zwei Strategien scheitern, zwei funktionieren.

So einfach sind die neusten Zahlen der Studie «Mach Basic» der Wemf. Abgesehen davon, dass die Bude immer mal wieder die Kriterien ändert, was beispielsweise die aktuellen Zahlen der «Schweiz am Wochenende» nicht mit denen des Vorjahrs vergleichen lässt: klare Ergebnisse der neusten Reichweitemessung.

«20 Minuten» in der Deutschschweiz: minus 10 Prozent, «Tages-Anzeiger» sogar minus 13 Prozent, «SonntagsZeitung» minus 1 Prozent.

Parallel dazu: «Blick» minus 10 Prozent, «SonntagsBlick» minus 10 Prozent. «Beobachter» minus 10 Prozent, «Schweizer Illustrierte» minus 10 Prozent, sogar die «Glückspost» minus 10 Prozent.

Also Tamedia und Ringier verlieren happig Leser im zweistelligen Bereich. Bevor da von allgemeinen Umständen, schwierigen Zeiten und unbeständigem Wetter gefaselt wird, im besten CS-Stil:

«NZZ» plus 6 Prozent, «Schweiz am Wochenende» mit 992’000 Lesern die meistgelesen Zeitung der Deutschschweiz. Dazu hält sich die NZZaS einigermassen, die SoZ auch, während der SoBli abschmiert.

Wir sprechen hier ausschliesslich vom Print, da die Wemf die Zahlen für «total audience», also Print und Online, nur gegen Bezahlung rausrückt.

Aber im Printbereich kann man eindeutig sagen, dass sich CH Media einigermassen hält und die NZZ deutlich zulegt. Während bei Tamedia «20 Minuten» und vor allem der «Tages-Anzeiger» schwächeln, hält sich immerhin die SoZ auf Vorjahresniveau.

Durchs Band schmiert hingegen die «Blick»-Familie ab. Nun haben solche Entwicklungen immer Verantwortliche, und die sind nicht unbedingt auf der Ebene Chefredaktion zu suchen, sondern bei der Geschäftsleitung. Das wäre bei Ringier also Ladina Heimgartner, die offensichtlich mit Blitzstrahlen und einem zur Denunziation einladenden «Cultural Audit» davon ablenken will, dass ihre Strategie, dem «Blick» alle Zähne zu ziehen und ihn weiblicher, dafür viel weniger boulevardesk zu machen, krachend gescheitert ist.

Bei Tamedia musste der zuständige Geschäftsführer Marco Boselli bereits die Konsequenzen verspüren. Er wurde kurz spitz entsorgt. Sein Nachfolger a.i. hat allerdings durchaus Ähnlichkeiten mit Heimgartner: ein Schwulstschwätzer ohne Leistungsausweis.

Die Frage ist nun, ob diese desaströsen Zahlen in zwei Verlagen, im Gegensatz zu stabilen oder sogar positiven Zahlen in zwei anderen Verlagen, irgendwelche Konsequenzen haben werden. Leserschwund in zweistelliger Zahl, das ist normalerweise ein Alarmzeichen, auf das reagiert werden muss. Die Auswechslung von Geschäftsleitung und Chefredaktion drängt sich dabei normalerweise auf.

Nun hat Heimgartner, wenn auch aus anderem Grund, den Oberchefredaktor der «Blick»-Familie in eine Auszeit ohne Wiederkehr geschickt. Auch der Oberchefredaktor bei Tamedia musste ins Glied zurücktreten, sozusagen. Während die Nachfolge beim «Blick» noch völlig unklar ist, lässt die Regelung beim «Tages-Anzeiger» Übles ahnen.

Währenddessen zeigen Patrik Müller und Eric Gujer, beide auch in der Geschäftsleitung, dass die gute alte Idee, dem Leser für sein Geld auch einen Gegenwert zu bieten, durchaus Sinn macht. CH Media (und die NZZ) sind das Thema Pandemie viel weniger kreischig und unverhohlen regierungsgläubig angegangen, haben viel weniger gegen angebliche Corona-Leugner ausgeteilt.

Natürlich spielt die NZZ inzwischen in einer eigenen Liga, was die Breite des Angebots, die Qualität des Angebotenen und die klare Positionierung betrifft. Aber genau da liegt die Achillesferse sowohl von Ringier wie von Tamedia. Die Hauptpublikationen lassen jedes Profil vermissen. Es ist Wischiwaschi, Weichgespültes, allzu häufig sind es Bauchnabelbetrachtungen der Redakteure.

Bei Tamedia nimmt der Anteil von Artikeln aus der «Süddeutschen Zeitung» in München überhand, bei Ringier fehlt es zunehmend an journalistischen Eigenleistungen im Boulevard. Dass ein längst pensionierter Vic Dammann immer noch die einzigen Krimalstorys mit Hand und Fuss beim «Blick» schreibt, dass Tamedia überhaupt keinen profilierten Schreiber mehr hat, das ist ein klares Indiz der Misere.

Wie schon Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Kolumne empfahl, der Tagi sollte sich einfach mal klar positionieren. Als das, was aus ihm geworden ist. Ein Blatt für ein wokes, urbanes, eher linkes Publikum der Besserverdienenden, denen das Schicksal von Prekariatsmitgliedern eher egal ist. Die ihre Kinder in Privatschulen schicken und somit nichts von den Auswirkungen der Masseneinwanderung im staatlichen Schulsystem mitkriegen. Die hedonistisch in Genuss schwelgen, in der Stadt mit dem E-Scooter herumglühen, aber in den Ferien gerne mal auf den Malediven entspannen.

Der «Blick» hingegen müsste dringend zum althergebrachten Konzept «Blut, Busen, Büsis» zurückkehren. Denn das gehört zum Boulevard wie die Kampagne, die anzüglichen Berichte über Sexskandale, über die vielen Fehltritte der B- und C-Prominenz.

Debatten über Gendersterne, inkludierende Sprache, Sprachreinigung, Geschimpfe über Mohrenköpfe, das alles interessiert das Publikum weder beim Tagi noch beim «Blick».

Also Abhilfe wäre denkbar. Aber die wäre auch bei der CS möglich gewesen. Nur sind lediglich durch ihr intrigantes Geschick an höhere Positionen geratene Personen meistens sehr clever im Verteidigen des erkletterten Pöstchens. Aber Impulse, Strategien, Ideen, das alles sind nicht so ihre starken Seiten. Zudem sind sie aus Unsicherheit meistens beratungsresistent und schmeissen lieber einen Haufen Geld für externe Beratung hinaus.

 

Wenn die NZZ schwächelt

Die deutsche Kriegstreiberin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bekommt ein Streichelinterview.

Zwei Redakteure bietet die NZZ auf, um mit der deutschen Kriegspolitikerin mit den beiden Doppelnamen ein Interview zu führen. Benedict Neff, seines Zeichens Feuilletonchef der NZZ und vielleicht nicht der sattelfesteste Militärberichterstatter. Und Claudia Schwartz, lange Jahre für «Streaming/TV verantwortlich», dann 2020 der Wechsel ins Feuilleton. Gute Beziehungen nach ganz oben helfen immer, auch bei einer doppelseitigen Berichterstattung über ein österreichisches Wellness-Hotel, das sie zusammen mit dem Göttergatten besuchte.

Diese beiden ausgewiesenen Fachleute bieten nun Strack-Zimmermann die Gelegenheit, weitgehend unwidersprochen ihre Positionen auszubreiten. Begleitet von unverständlichen Lobhudeleien: «MarieAgnes StrackZimmermann ist eine unbestechliche Stimme, wenn es um den Krieg in der Ukraine geht.» Unbestechlich? Die Rüstungsindustrie-Lobbyistin sei unbestechlich, im Sinne von unvoreingenommen? Ein unglaublicher Schwächeanfall der NZZ.

Aber er setzt sich durchs ganze Interview hindurch fort: «Dieses Zögern und Abwarten (bei deutschen Waffenlieferungen, Red.) war ein grosser Fehler. Die Bundesrepublik hätte deutlich schneller reagieren müssen.» Sie hätte noch schneller – und im Gegensatz zur Schweiz – ihre Waffenausfuhrgesetze über Bord werfen sollen?

«Auf russischen Panzern steht «nach Berlin», … Das Nein der Schweiz hat in Deutschland die Frage aufgeworfen, wie zuverlässig die Lieferkette dringend benötigter Munition in Zukunft sein wird, wenn die Schweiz selbst bei der Verteidigung von Lebensmittelausfuhr nicht liefert, … Die Antwort liegt auf der Hand. In Zukunft sollte die Munition ausschliesslich in Nato-Staaten eingekauft beziehungsweise in Deutschland direkt hergestellt werden … Das Kanzleramt hat mir tatsächlich mal unterstellt, ich würde ein «Geschäftsmodell» daraus machen, den Kanzler zu kritisieren. Ich finde das offen gestanden geradezu zynisch … Umso unvorstellbarer ist es, dass gerade sie (Alice Schwarzer, Red.) das Leid der vergewaltigten Frauen in der Ukraine ausblendet und nicht einmal bei Demonstrationen thematisiert. Sie verrät ihre eigenen Werte … Wehrhaftigkeit ist das zentrale Thema der nächsten Generation.»

Jede Menge Stoff, um kritische Nachfragen zu stellen. Aber doch nicht die beiden Feuilletonisten der NZZ. Dann wäre ein ungeheuerliche Lügenmeldung von Strack-Zimmermann zu thematisieren gewesen:

«Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und NATO-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt. Das ist das Russland, mit dem hier einige offenkundig und absurderweise immer noch «verhandeln» wollen. Der Kreml und seine Insassen müssen sich umgehend erklären.»

Das sonderte sie direkt nach dem Einschlag einer Rakete in Polen ab. Sie ist immerhin die Vorsitzende des Deutschen Verteidigungsausschusses, und als solche müsste sie ihre Worte vorsichtig wählen. Mit dieser Behauptung betrieb sie eindeutig Kriegshetze. Was aber noch schlimmer war: als sich herausstellte, dass sie (und andere) auf ukrainische Propaganda reingefallen war, die Rakete in Wirklichkeit eine Abwehrrakete der ukrainischen Armee war, nahm Strack-Zimmermann ihre Behauptung nicht zurück, wies eine Entschuldigung dafür weit von sich.

Zudem ist sie Präsidiumsmitglied in der «Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik» (DWT). Sie ist Vizepräsidentin der «Deutschen Atlantischen Gesellschaft» (DAG), die sich trotz des allgemeinen Namens zum Ziel gesetzt hat, «das Verständnis für die Ziele des Atlantischen Bündnisses zu vertiefen und über die Politik der NATO zu informieren». Zudem ist sie Präsidiumsmitglied beim «Förderkreis Deutsches Heer» (FKH), neben der DWT die wichtigste Lobby-Gruppe der deutschen Rüstungsindustrie.

Aus all dem hätte sich vielleicht die eine oder andere kritische Frage ergeben können. Aber doch nicht vom Duo Neff/Schwartz. Und sollte jemand Kundiger in der NZZ die Nase gerümpft haben, tat er das still und leise. Denn wer will sich schon mit Schwartz anlegen? Niemand.

Hyperventilieren ist nicht gesund

Banken, Ukraine, Rentenreform. Himmels willen …

Für die modernen Sparmedien gibt es zwei Ausnahmezustände. Der eine: es ist nichts los. Es ist wirklich nichts los. Dieser Ausnahmezustand wird dann mit einer ausführlichen Betrachtung und Beschreibung des eigenen Bauchnabels bewältigt. Der Leser bekommt ungefragt Beziehungsprobleme, Essgewohnheiten, Alltagserlebnisse, Kindergeburtstage und andere Nebensächlichkeiten serviert. Soweit tiefe Einblicke in die physische und psychische Verfassung des Journalisten.

Die gehobenere Form besteht darin, der Schweiz, der EU, der Ukraine, Russland, China, ja überhaupt der ganzen Welt mal wieder zu geigen, was sie zu tun und zu lassen hätte. Was sie falsch macht (fast alles) und was sie richtig macht (sehr wenig).

Beide Themen werden jeweils mit dieser gravitätischen Unwucht der eigenen Bedeutungsschwere abgehandelt. Das ist leider eine zunehmende Erkrankung vieler Schriftwerke. Umso unbedeutender, unwichtiger die Meinungsäusserungen von Journalisten werden, desto mehr pumpen sie ihre Werke mit vermeintlicher Wichtigkeit auf, geraten schnell in den Diskant, werden kreischig, behaupten wie der Irrwisch Seibt, dass es nun um alles gehe, um wirklich alles.

Dabei geht es meistens nur darum, im Print Spalten zu füllen und im Digitalen den Eindruck einer Themenfülle zu erwecken, die gar nicht existiert.

Der zweite Ausnahmezustand besteht darin, dass mehr als ein grosses Ereignis zeitgleich passiert. Denn seit mehr als einem Jahr ist der Grundbrummton durch den Ukrainekrieg gegeben. Wenn dann noch ein Erdbeben in der Türkei dazukommt, ist schnell einmal die Belastungsgrenze des normalen Journalisten erreicht.

Glücklicherweise haben es Erdbeben aber so an sich, dass sie schnell stattfinden, ihre Verheerungen aus dem Stehsatz beschrieben werden können, der Reigen von Fachleuten, Betroffenen, Schuldigen und überlebenden wird vorgeführt, und dann ist auch wieder gut.

So etwas wie die neuste Rentenreform ist schon sperriger. Eher kompliziertes Thema, irgendwie bedeutend, aber wo soll man noch Platz finden neben der Ukraine? Vor allem, wenn ja wie immer aus heiterem Himmel ein völlig unerwartetes Problem über uns hereingebrochen ist: der Credit Suisse geht es nicht so gut.

Da tut zum Beispiel Tamedia, verflixt, das heisst doch «Tages-Anzeiger», auch in Bern oder Basel, also da tun die Organe des Coninx-Clans das, was für sie inzwischen das Höchste der Gefühle ist. Sie richten einen «News-Ticker» ein, damit der überforderte Redaktor die Agenturmeldungen einfach per copy/paste ins Internet rammen kann.

Und es wird ein eigenes «Gefäss» mit eigenem Titel und eigenem Auftritt geschaffen. Hier heisst es originellerweise «Krise bei der Credit Suisse». Bei der UBS wäre es dann wohl «Unfall bei der UBS», bei den Genossenschaftern «Reibungen bei Raiffeisen», bei der Post «Panik bei Postfinance» und bei der ZKB als letzte der systemrelevanten Banken vielleicht «Zackbum bei ZKB». Dagegen würden wir natürlich energisch Einsprache erheben.

Aber auch bei der «Krise bei der Credit Suisse» wird getan, was man kann. Also nicht viel. Bei Tamedia (wir wollen uns diese Bezeichnung, auch Priska Amstutz zu Ehren, nicht abgewöhnen) gibt’s das obligaten Interview mit dem Fachmann, die «Antworten zur Rettung der Credit Suisse», die bange Frage «Bahnt sich eine Finanzkrise an?» und den kritischen Titel «Der Bundesrat tagt – und schweigt».

Dafür werden gleich zwei Koryphäen in die Schlacht geworfen. Aber Markus Brotschi (Bundeshausredaktor) und Charlotte Walser (promovierte Philosophin aus dem «Bundeshausteam») haben die undankbare Aufgabe, aus einem schweigenden Bundesrat einen Artikel zu melken. ZACKBUM kann eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen:

«Im Bundeshaus herrschte am Donnerstag so etwas wie knisternde Anspannung.» Das ist schon mal gut, ein starker Anfang. Nennen wir es gebremstes Tremolo, denn es ist ja nur «so etwas» wie angespanntes Knistern. Und die Frage stand im Raum, schwebte unter der Parlamentskuppel, trieb die Volksvertreter durch die Wandelhalle: «Wie würde der Bundesrat reagieren

Um diese Frage zu beantworten, muss das Bundeshausteam seine Muskeln anspannen, die Ohren spitzen, Beziehungen ausnützen, um berichten zu können: «Tatsächlich traf sich die Landesregierung, wie im Lauf des Tages ruchbar wurde, am Nachmittag zu einer Krisensitzung

Trommelwirbel, nun muss aber der Knaller kommen: «Über den Inhalt der Sitzung werde nicht informiert, schreibt die Bundeskanzlei.» Das ist natürlich bitter, aber dem findigen Journi fällt schon noch etwas ein, denn sonst wäre der Artikel ja fertig: «Im Parlament sorgt die Nicht-Reaktion der Exekutive für Verunsicherung. Parlamentarier formulieren gegenüber dieser Zeitung zunächst ihre Irritation, wollen sich später dann aber nicht zitieren lassen.» Ist das aber nochmal ein Pech. Zuerst sagt der Bundesrat nix, dann sagen die Parlamentarier was, wollen aber doch nix gesagt haben.

Was kann da noch helfen? «Ein Insider spekuliert …», das ist immer das Ende jeder ernstzunehmenden Berichterstattung. Aber hier geht’s doch weiter: «Doch nun müsse man «gesetzgeberisch vorsorgen, dass so etwas nie mehr vorkommt», betonte Co-Präsident Cédric Wermuth». Wunderbar, der Vielschwätzer ist immer mit einer Stellungnahme zur Hand, und so bleibt uns allen ein Zitat von Fabian Molina erspart.

Das gibt natürlich Reaktionen: ««Die SP ist vorgeprescht», sagt (Mitte-Präsident, Red.) Pfister.» Damit ist ein Fass aufgemacht: «FDP-Präsident Thierry Burkart ist ebenfalls der Ansicht …», selbstredend «Für den Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter hat die CS nun die Hauptaufgabe …». Nur: offenbar haben es die Grünen und die Grünliberalen nicht rechtzeitig geschafft, etwas in die Mikrophone zu murmeln.

Dürfen wir kurz zusammenfassen: der Credit Suisse geht es schlecht, sie benützt die Kreditlimite von 50 Milliarden, die ihr bei der SNB zusteht. Der Bundesrat hat sich darüber informieren lassen und sagt nichts. Die Parteien sagen das, was sie meistens sagen.

ZACKBUM fragt aber: Wenn dieser Artikel das Niveau der Berichterstattung illustriert, kann man da dem Hause Tamedia die Kompetenz zutrauen, sinnvoll über die Ukraine, die Türkei, China, Russland, die USA und überhaupt die Welt zu berichten? Sieht das bei CH Media besser aus? Oder bei Ringier? Bei den Randgruppen-Postillen? Wenn man die NZZ als Ausnahme gelten lässt: ist das nicht ein unvorstellbares Elend?

Wumms: Katharina Fontana

Frau, kompetent, stabile Schreiberin: auch das gibt’s.

«Ältere und Kinder haben unnötig gelitten, Milliarden wurden verpulvert, und die Behörden reagierten oft manipulativ.» Das ist Klartext in der Retrospektive über die Corona-Politik der Schweiz. Natürlich muss niemand mit der Ansicht der NZZ-Inlandredaktorin Fontana einverstanden sein.

Aber ihre Kompetenz, Analysefähigkeit und schnörkellose Sprache legen ein Niveau vor, von dem Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», na ja, also das ungeliebte Medienkind des Coninx-Clans, nur träumen kann. Wenn man alleine diesen Kommentar und was an Wissen dahintersteckt mit dem kurzatmigen Gebabbel einer Raphaela Birrer, einer Kerstin Hasse vergleicht, dann kann man nur tiefes Mitleid mit den wenigen verbliebenen kompetenten Journalisten bei Tamedia empfinden, Pardon, aber was soll’s, wir nennen das Ding weiterhin so, wieso soll man auch die x-te Umbenennung mitmachen, nächstens heisst’s vielleicht wieder Tamedia. Oder Txlein, oder Tagitagi.

Alleine das ist schon ein Symptom für Orientierungslosigkeit: wer sein Produkt alle Naselang umbenennt, weiss doch gar nicht, was er damit anfangen will.

Die NZZ heisst immerhin seit 1821 so, und es sieht nicht danach aus, als ob sie daran bald etwas ändern wollte. Wieso auch, hat sich soweit bewährt. Während Tamedia von der x-ten Umpositionierung schwafelt, macht die NZZ einfach das, wofür Konsumenten durchaus bereit sind, Geld zu bezahlen.

Es ist nämlich gar nicht so schwer. Ein Autor (kann auch eine Autorin sein) hat Sachkompetenz akkumuliert, nimmt sich ein Thema vor, durchdringt es und fasst seine Erkenntnisse in einem komprimierten Artikel zusammen. In dem kein einziges Mal das Wort «ich» vorkommt. In dem die Befindlichkeit des Autors (kann auch eine Autorin sein) keine Rolle spielt. In dem keine Generallinie nachgebetet werden muss. In dem keine Sätze stehen, die schneller verwehen als man sie lesen kann.

Noch vor zwanzig Jahren hätte sich der ZACKBUM-Leser hier beschweren können, dass das wohl Selbstverständlichkeiten seien. Heute muss man ihm mitteilen: nein, sind es nicht mehr. Oder man nenne spontan einen einzigen Artikel aus jüngster Zeit von Tamedia, der diesen Kriterien genügt. Wir loben dafür Finderlohn aus. In der sicheren Annahme, dass wir das Portemonnaie geschlossen halten können.