Wenn die NZZ schwächelt

Die deutsche Kriegstreiberin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bekommt ein Streichelinterview.

Zwei Redakteure bietet die NZZ auf, um mit der deutschen Kriegspolitikerin mit den beiden Doppelnamen ein Interview zu führen. Benedict Neff, seines Zeichens Feuilletonchef der NZZ und vielleicht nicht der sattelfesteste Militärberichterstatter. Und Claudia Schwartz, lange Jahre für «Streaming/TV verantwortlich», dann 2020 der Wechsel ins Feuilleton. Gute Beziehungen nach ganz oben helfen immer, auch bei einer doppelseitigen Berichterstattung über ein österreichisches Wellness-Hotel, das sie zusammen mit dem Göttergatten besuchte.

Diese beiden ausgewiesenen Fachleute bieten nun Strack-Zimmermann die Gelegenheit, weitgehend unwidersprochen ihre Positionen auszubreiten. Begleitet von unverständlichen Lobhudeleien: «MarieAgnes StrackZimmermann ist eine unbestechliche Stimme, wenn es um den Krieg in der Ukraine geht.» Unbestechlich? Die Rüstungsindustrie-Lobbyistin sei unbestechlich, im Sinne von unvoreingenommen? Ein unglaublicher Schwächeanfall der NZZ.

Aber er setzt sich durchs ganze Interview hindurch fort: «Dieses Zögern und Abwarten (bei deutschen Waffenlieferungen, Red.) war ein grosser Fehler. Die Bundesrepublik hätte deutlich schneller reagieren müssen.» Sie hätte noch schneller – und im Gegensatz zur Schweiz – ihre Waffenausfuhrgesetze über Bord werfen sollen?

«Auf russischen Panzern steht «nach Berlin», … Das Nein der Schweiz hat in Deutschland die Frage aufgeworfen, wie zuverlässig die Lieferkette dringend benötigter Munition in Zukunft sein wird, wenn die Schweiz selbst bei der Verteidigung von Lebensmittelausfuhr nicht liefert, … Die Antwort liegt auf der Hand. In Zukunft sollte die Munition ausschliesslich in Nato-Staaten eingekauft beziehungsweise in Deutschland direkt hergestellt werden … Das Kanzleramt hat mir tatsächlich mal unterstellt, ich würde ein «Geschäftsmodell» daraus machen, den Kanzler zu kritisieren. Ich finde das offen gestanden geradezu zynisch … Umso unvorstellbarer ist es, dass gerade sie (Alice Schwarzer, Red.) das Leid der vergewaltigten Frauen in der Ukraine ausblendet und nicht einmal bei Demonstrationen thematisiert. Sie verrät ihre eigenen Werte … Wehrhaftigkeit ist das zentrale Thema der nächsten Generation.»

Jede Menge Stoff, um kritische Nachfragen zu stellen. Aber doch nicht die beiden Feuilletonisten der NZZ. Dann wäre ein ungeheuerliche Lügenmeldung von Strack-Zimmermann zu thematisieren gewesen:

«Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und NATO-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt. Das ist das Russland, mit dem hier einige offenkundig und absurderweise immer noch «verhandeln» wollen. Der Kreml und seine Insassen müssen sich umgehend erklären.»

Das sonderte sie direkt nach dem Einschlag einer Rakete in Polen ab. Sie ist immerhin die Vorsitzende des Deutschen Verteidigungsausschusses, und als solche müsste sie ihre Worte vorsichtig wählen. Mit dieser Behauptung betrieb sie eindeutig Kriegshetze. Was aber noch schlimmer war: als sich herausstellte, dass sie (und andere) auf ukrainische Propaganda reingefallen war, die Rakete in Wirklichkeit eine Abwehrrakete der ukrainischen Armee war, nahm Strack-Zimmermann ihre Behauptung nicht zurück, wies eine Entschuldigung dafür weit von sich.

Zudem ist sie Präsidiumsmitglied in der «Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik» (DWT). Sie ist Vizepräsidentin der «Deutschen Atlantischen Gesellschaft» (DAG), die sich trotz des allgemeinen Namens zum Ziel gesetzt hat, «das Verständnis für die Ziele des Atlantischen Bündnisses zu vertiefen und über die Politik der NATO zu informieren». Zudem ist sie Präsidiumsmitglied beim «Förderkreis Deutsches Heer» (FKH), neben der DWT die wichtigste Lobby-Gruppe der deutschen Rüstungsindustrie.

Aus all dem hätte sich vielleicht die eine oder andere kritische Frage ergeben können. Aber doch nicht vom Duo Neff/Schwartz. Und sollte jemand Kundiger in der NZZ die Nase gerümpft haben, tat er das still und leise. Denn wer will sich schon mit Schwartz anlegen? Niemand.

13 Kommentare
  1. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Die drei Mitgliedschaften sind bekannt. Alle schreiben sie einander ab. Nie genannt wird die wesentliche Tatsache, dass der Düsseldorfer Wahlkreis der Strack sich mit dem Sitz von „Rheinmetall“ deckt.

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  2. Noah Fetter
    Noah Fetter sagte:

    Wenn sich eine Frau zu Militärfragen äussert und dazu noch Strack heisst, bricht Heulen und Zähneklappern im Macho-Biotop aus: «Zurück an den Herd!», schallt es ungerufen.
    (Wir hatten in der Schweiz einmal eine Klavierlehrerin im Bundesrat; die wäre wohl einigen der Kommentatoren hier lieber gewesen.)
    Starke Frauen braucht das Land, passend zu starken Männern. Memmen und Putinversteher gibt’s genug.

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    • Ruedi Rudolf
      Ruedi Rudolf sagte:

      Genau, mit kurzen Füssen kann man ja auch näher am Herd stehen. Und vor allem auf dem Bau, Handwerk und bei der Müllabfuhr braucht es starke Hände. Gute Arbeitsplätze – auch für Quoten-Frauen.

      Wollen die Frauen nur Schoggi-Pöschteli (Abusadoras) das man da so wenig Frauen sieht? – Nur so wegen der von den Frauen immer wieder laut eingeforderten Gleichberechtigung.

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  3. Heinz Meier
    Heinz Meier sagte:

    Liesa Fietz (Kabarettistin) graunte, sie hätte sich nie für die Emanzipation der Frau eingesetzt, wenn sie gewusst hätte, dass als Ergebnis solche „Flintenweiber“(Zitat Fietz) wie Strack-Zimmermann und Baerbock herauskommen.

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  4. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Ach die Strackzi!
    Geht es um Profitmaximierung der Rüstungsindustrie, werden selbst
    gewisse Weiber zu Hyänen.

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  5. Heribert Seifert
    Heribert Seifert sagte:

    Chapeau Herr Zeyer. Endlich nehmen Sie Die NZZ ins Visier. Deren publizistische Leistung in Sachen Ukraine-Krieg ist unterirdisch. Erschreckend , wie das „Framing“ in allen Ressorts und allen Beiträgen durchgesetzt wird, keine Abweichung ist erlaubt.Erlaubt ist dagegen wohl infamer antirussischer Rassismus, der gleich die ganze russische Kultur in den Senkel stellt, im Feuilleton. Da gibt es offenbar niemanden mehr, der „Die letzten Tage der Menschheit“ gelesen hat. Aber der Krieg ist nicht das einzige Thema, auf dem die „alte Tante“ komplett versagt: die Chinaberichterstattung kann man vergessen, die US-Innenpolitik wird immer noch aus der Perspektive von Trump-Hassern dargestellt, globalpolitisch übt man sich in bedingungsloser Treue zum transatlantischen Imperium, die gesellschaftspolitischen Eruptionen in verschiedenen westeuropäischen Ländern werden mit dem Neandertaler-Begriff des“Populismus“ zurecht geprügelt. Einen Vorteil hat das alles: man ist in weniger als 10 Minuten mit der Lektüre fertig.

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    • Reinhard Meier
      Reinhard Meier sagte:

      Man wundert sich nicht über die Qualität Ihres Urteils, wenn sie die Zeitung in weniger als zehn Minuten gelesen haben. Haben Sie nicht früher einmal für das Blatt geschrieben? Welches Trauma wuchert da in der verbitterten Seele?

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  6. René Küng
    René Küng sagte:

    Hab gemeint auf den russischen Panzern stehe ein ‹Z›?
    Wir erkennen die Gefahr erst jetzt, zuerst perfid die CS, dann geht’s direkt gen Zwieürich und zur Nachspeise sogar noch die .ZZ – denn der Russe wittert hinter jedem N die asows…..

    Es ist viel zu tragisch, um über dieses Hächeln noch Witzchen zu machen, wenn ich allein an die zu vielen Argen Marielis in allen Etagen der Schweiz denke – die g eifern diesem ReinenMetall Weib nach, sogar ohne mit zu kassieren an den Rüstungs-Profiten wie diese ‹Dame›, wo mir als einziger Respekt dieser bleibt: grosser Respekt vor schlimmster Gefahr.

    Bei Eric Gujer muss ein tiefes Trauma sitzen, das 180° entgegen gesetzt liegen dürfte wie dieses hier:
    https://globalbridge.ch/der-wehrmachtsoffizier-der-seinem-land-die-niederlage-wuenschte-recherche-der-kriegsroute-meines-grossvaters/

    Sehr interessante Beiträge von Leo Ensel, auch 2.Teil jetzt abrufbar.
    Für alle die Lust auf Krieg haben…….

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    • Ruedi Rudolf
      Ruedi Rudolf sagte:

      Hab es gelesen. Hass und Krieg ist das schrecklichste was Menschen sich gegenseitig antun können. Es sollte wirklich “alles“ unternommen werden, um Kriege zu verhindern, oder laufende Kriege zu stoppen, egal wo.

      Vor allem die Politiker und Medien sind in der Pflicht – sich mit aller Kraft für denn Frieden einzusetzen!

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  7. Raphael Stein
    Raphael Stein sagte:

    Während der eine nicht den sattelfesteste Militärberichterstatter darstellt, hat die andere noch den Weichspühler der Wellness Oase in den Haaren.
    So wird das offenbar nichts mit kritischen Fragen. Für die Schülerzeitung reicht’s aus, für die NZZ stellt das Interview mit dem Drachen der Rüstungsindustrie eine weitere Niederlage dar.

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  8. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Frau Marie-Agnes Strack-Zimmermann erinnert mit ihrer Rethorik an längst vergessen geglaubte deutsche Figuren der 30er und 40er Jahre.

    Dass die der FDP nahestehende NZZ im Ukraine-Krieg den Kompass total verlorenen hat, ist irgendwie symptomatisch.

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