Wumms: Christoph* Eisenring
Die NZZ hat kompetente Wirtschaftsredaktoren. Und dann noch Eisenring.
«Scheinheiliger Aufschrei der CS-Gläubiger», so rügt Eisenring in einem Kommentar Obligationäre, die sich auf die Verbindlichkeit eines Ausgabeprospekts verlassen haben.
Er tut das am gleichen Tag, als bekannt wird, dass sich auch die Migros-Pensionskasse einer Klage von weiteren Gläubigern der Credit Suisse angeschlossen hat, die gemeinsam über 4,5 Milliarden Franken in AT1-Obligationen investiert hatten. Das sind Zwangswandelanleihen, die zur Stärkung des Eigenkapitals in Aktien umgewandelt werden können.
Die Klage wurde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, weil sie sich gegen die Anordnung der FINMA richtet, mit einem Federstrich 16 Milliarden Franken für wertlos zu erklären. Rechtsvertreter ist die Wirtschaftskanzlei Quinn Emanuel Urquart & Sullivan. Die gehört zu den Grössten auf der Welt und vertritt auch Gläubiger in den USA oder in Singapur.
Eine Kanzlei wie diese klagt nicht einfach drauflos, weil sie durchaus einen Ruf zu verlieren hat. Ausserdem dürfte eine grosse Anzahl ihrer Anwälte mehr Finanzkompetenz haben als Eisenring. Der klärt nämlich auf:
«Doch angesichts der nun drohenden gerichtlichen Auseinandersetzung sollte man das grosse Bild nicht aus den Augen verlieren. Die strittigen Anleihen hiessen nicht umsonst «Write-down Capital Notes». Sie wurden zum erweiterten Kernkapital der Bank gezählt. Schon auf der ersten Seite des Emissionsprospekts heisst es, es bestehe das Risiko, dass Investoren ihr ganzes Geld verlören, wenn es zu einem auslösenden Ereignis komme.»
Da hat er richtig abgeschrieben, nur: welche auslösenden Ereignisse sind gemeint? Auch die Koryphäe aus dem Hause NZZ räumt ein, dass der Trigger, dass die Kernkapitalquote unter 7 Prozent rutscht, bei «der Credit Suisse wohl (noch) nicht der Fall» gewesen sei. Was hier ein dämliches «noch» soll? Im Moment der Vernichtung der 16 Milliarden war die Kernkapitalquote amtlich noch über 7 Prozent. Punkt.
Trigger zwei: «Sollte der Staat der Bank ausserordentliche Hilfe gewähren, um eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, können die Behörden ebenfalls die völlige Abschreibung einleiten.» Nun hatten aber die Nationalbank und die FINMA noch am Mittwoch, also vier Tage vor der Abschreibung, mit treuem Augenaufschlag versichert, dass die CS sowohl solvent wie liquide sei, kein Grund zur Panik. Darauf vertrauend kauften Anleger weiter diese AT1-Bonds.
Es ist also, im Gegensatz zur Darstellung von Eisenring, überhaupt nicht eindeutig erwiesen, dass die FINMA rechtens handelte. Seine weiteren Begründungen ragen dann schwer ins Reich der Fantasie: «Die Schweiz muss sich von gewieften angelsächsischen Kanzleien nicht ins Bockshorn jagen lassen. Diese Klagen sind der Preis dafür, dass man für die Rettung die Aktionäre und Gläubiger heranzieht und nicht alle Risiken beim Steuerzahler ablädt.»
Risiken beim Steuerzahler abladen? Was für ein Unfug, die 16 Milliarden wären in den Büchern der UBS gelandet, womit der Steuerzahler glücklicherweise (noch) nichts zu tun hätte. Stattdessen hat die FINMA der UBS ein 16-Milliarden-Geschenk gemacht, während der Steuerzahler das Prozess- und Haftungsrisiko aufs Auge gedrückt bekam. Also genau das Gegenteil der Behauptungen von Eisenring ist richtig.
Dann behauptet Eisenring noch: «Hohe Renditen signalisieren stets hohes Risiko – das sich im Fall der Credit Suisse für einmal materialisiert hat.» Der erste Teil des Satzes stimmt; allerdings sind Renditen von bis zu 10 Prozent noch keineswegs Casino- oder Wucherzinsen, sondern für eine Kapitalanlage bei der früher einmal stockseriösen CS durchaus im Rahmen.
Völlig absurd ist dann seine Behauptung: «Dass Anleihengläubiger bei einer Bankenrettung in die Pflicht genommen werden, ist deshalb richtig. Banken, die entsprechende Anleihen emittieren, müssen nun zwar mehr bezahlen als vor der Credit-Suisse-Episode. Aber die Neubepreisung von Risiken ist ein reinigendes Gewitter, das über dem Bankenmarkt niedergegangen ist.»
Ein mehr als fragwürdiger Entscheid einer Staatsbehörde soll eine «Neueinpreisung von Risiken» bedeuten? Nein, das ist ein Kollateralschaden einer von Anfang an mehr als umstrittenen Entscheidung einer Behörde, deren Kompetenz schon vorher mehr als fragwürdig war.
Rechthaberei ist eine Sache, Juristerei eine andere. Aber es gibt ja glücklicherweise ausserhalb der NZZ und der FINMA so etwas wie eine Wirklichkeit. Und Logik. Die besagt glasklar: die CS erfüllte zum Zeitpunkt des Abschreibers laut der gleichen FINMA allen regulatorische Kapitalanforderungen. Also musste keine Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden. Das wäre aber der einzige Grund gewesen, die 16 Milliarden auf null abschreiben zu können. Ohne Auslöser kein Abschreiber. Wenn doch Abschreiber, dann zumindest Haftungsproblem des Staates.
Quod erat demonstrandum. Aber vielleicht kann Eisenring auch kein Latein.
*Nach Leserhinweis korrigiert … ZACKBUM schämt sich mal wieder.
“Man ist verwirrt! – Wer von allen Beteiligten ist denn jetzt der Bankräuber“
“Ba-Ba-Banküberfall“
https://www.youtube.com/watch?v=rXUlmP5MvnE
Räuber unter Räubern.
Oder wie’s ein anderer geschrieben hat, die Bänker sind dem Menschen ein Wolf.
Mit Staatsgarantie.
Das sollte uns zu denken geben.
Der NZZ-Redaktor heisst Christoph Eisenring