Journalismus lebt an den Rändern

«Infosperber» gegen Tamedia: 1 : 0.

Es wird immer auffälliger: Kleinmedien und Einzelkämpfer machen knochenharten Journalismus und trocknen immer wieder die grossen Elefanten im Schweizer Medienzirkus ab. Oder sollte man Dinosaurier sagen?

Gemeint ist damit das Trio Tamedia, CH Media und die «Blick»-Gruppe. Alleine der Einzelkämpfer Lukas Hässig hat mit seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz» mehr Primeurs aufgedeckt als die versammelten Wirtschaftsjournis der grossen Konzerne. Die sind so neidisch auf ihn, dass sich ihre Solidarität mit ihm, wo ihn nun die Krisen-CS schwer in den Hintern beissen will, in überschaubaren Grenzen hält.

Zu diesen Medien gehört auch der nicht ganz so kleine «Infosperber». Gegründet und geführt von Urs P. Gasche, hat er immer wieder Trouvaillen und Recherchierstücke, die man bei den grossen Medien schmerzlich vermisst. Vielleicht müsste man hier auch die NZZ dazuzählen, aber die spielt einfach in einer anderen Liga.

Ein konkretes Beispiel gefällig? Bitte sehr. Anfang Februar lobhuldete einer der letzten überlebenden Tagi-Korrespondenten Dominique Eigenmann die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie sei die «mächtigste Gegenspielerin» des deutschen Bundeskanzlers Scholz. Sie kritisiere «Scholz› Zögerlichkeit schärfer als jede Opposition». Dazu sei sie «schlagfertig, streitbar und kompetent».

Man könnte besser sagen, sie ist eine wahre Kriegsgurgel, die Deutschland «in eine militärische Auseinandersetzung hineinrede». Das sagt der«bekennende Pazifist Rolf Münzenich»; nein, das «ätzt» er, wie Eigenmann im schlechtesten «Spiegel»-Stil abwertet.

Nun werde versucht, rümpft Eigenmann die Nase, «sie als Lobbyistin der Rüstungsindustrie zu diffamieren», der «Blick» will aber wissen: «Beweise dafür gibt es allerdings nicht.» Nun, wenn der Tagi und der «Blick» ihre journalistischen Muskeln anspannen, dann sollte man nicht zu viel Gewicht auflegen.

Zunächst ist Strack-Zimmermann, immerhin Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, schnell mit Fehlurteilen zur Hand. Verantwortungslos witterte sie nach dem Einschlag einer Rakete auf polnischem Staatsgebiet:

«Nicht nur haben russische Raketen offenbar Polen und NATO-Gebiet getroffen, sondern auch zu Toten geführt. Das ist das Russland, mit dem hier einige offenkundig und absurderweise immer noch «verhandeln» wollen. Der Kreml und seine Insassen müssen sich umgehend erklären.»

Umgehend erklären hätte sich allerdings diese verantwortungslose Brandstifterin müssen. Denn sie wollte hier offenbar einen Verteidigungsfall herbeizeuseln, die NATO in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland treiben. Indem sie einer Propaganda-Lüge des ukrainischen Präsidenten Selenskyj aufsass. Denn in Wirklichkeit handelte es sich zwar um eine Rakete aus russischer Produktion, die aber von der Ukraine als Abwehrmassnahme abgeschossen worden war.

Nachdem das zweifellos geklärt worden war, hielt aber Selenskyj selbst gegen die Meinung seines eigenen Verteidigungsministers an dieser Lüge fest. Und Strack-Zimmermann blieb auch unbelehrbar: «Ich bereue diesen Tweet nicht

Also ist sie verantwortungslos, kriegstreiberisch und inkompetent, dazu unbelehrbar. Aber ist sie auch mit der Rüstungsindustrie verbandelt? Oder ist das nur Diffamierung, bzw. sind das beweislose Anschwärzungen?

Urs P. Gasche erledigt im «Infosperber» die Recherchierarbeit, für die Tagi und «Blick» zu faul, zu blöd oder beides waren. Dafür musste Gasche nicht einmal sonderlich tief graben, denn die Verbindungen liegen auf der Hand und wurden schon einige Male ausführlich beschrieben.

Die Politikerin ist Präsidiumsmitglied in der «Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik» (DWT). Sie ist Vizepräsidentin der «Deutschen Atlantischen Gesellschaft» (DAG), die sich trotz des allgemeinen Namens zum Ziel gesetzt hat, «das Verständnis für die Ziele des Atlantischen Bündnisses zu vertiefen und über die Politik der NATO zu informieren». Zudem ist sie Präsidiumsmitglied beim «Förderkreis Deutsches Heer» (FKH), neben der DWT die wichtigste Lobby-Gruppe der deutschen Rüstungsindustrie.

All das hätte man mit einem Blick auf die Webseiten von «Lobbypedia», «Abgeordnetenwatch» oder «Transparency International» herausfinden können.

Es ist verdienstvoll von Gasche, dass er auf diese offenkundigen Zusammenhänge hinweist. Es ist beelendend, dass die beiden Grosskonzerne nicht mal mehr zu oberflächlichen Recherchen in der Lage sind, die ihr Narrativ stören würden.

Es ist ja Eigenmann und dem «Blick» unbenommen, Strack-Zimmermann toll zu finden und ihre verantwortungslose Kriegsrhetorik zu bejubeln. Aber zu behaupten, es sei diffamierend, angeblich nicht existente Verbindungen zur deutschen Rüstungsindustrie zu erwähnen, das ist billiger Schmierenjournalismus. Dafür noch Geld zu verlangen, das ist unverschämt.

Bei solchen Leistungen zu behaupten, diese Medien seien Bestandteil der Vierten Gewalt und unbedingt mit Staatssubventionen zu unterstützen, weil sie eine dermassen wichtige Rolle in der Demokratie spielten, das ist pure Heuchelei. Das ist ein Narrativ, das der Stimmbürger diesen Blättern schon länger nicht mehr abnimmt. Besonders, wenn es von Pietro Supino, dem Big Boss von Tamedia gesungen wird, der nicht mal seinen eigenen Laden im Griff hat.

4 Kommentare
  1. Dave
    Dave sagte:

    Der Blick ist ein so unglaublich verlogenes und abgrundtief heuchlerisches Schmierenblatt mit so vielen weichgespülten linksverblendeten Bücklingen die sich in einer unglaublichen Arroganz und Selbstherrlichkeit Journalisten nennen.
    Blöd, blöder, blick.

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  2. Raphael Stein
    Raphael Stein sagte:

    Schaut man gern aus sicherer Distanz dem grossen ver(w)irrten Nachbarn zu, kann ich Küppersbusch TV auf YT gelagert, empfehlen.

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  3. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    In Deutschland werden gerade mehrere Zeitschriften von Gruner und Jahr eingestellt. Dabei werden 700 Stellen gestrichen. Der berühmte Stern kämpft ums Überleben. Weshalb? Die Leute haben von einem „Journalismus“ die Schnauze voll, welcher die Leser mit ideologischer „Haltung“ statt mit Fakten und recherchierten Geschichten beliefert. So wie hier zu Lande exemplarisch der Tages-Anzeiger und das Schweizer Fernsehen mit seinen überwiegend rot-grün-woken Journis. Auch hier werden die Konsequenzen nicht ausbleiben.

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  4. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Damit ist ja noch gar nicht fertig recherchiert. Der Wahlkreis der Dame deckt sich mit dem Einzugsgebiet der Arbeitnehmerschaft von „Rheinmetall“, der grössten deutschen Waffenschmiede.

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