Zahlen lügen nicht

Zwei Strategien scheitern, zwei funktionieren.

So einfach sind die neusten Zahlen der Studie «Mach Basic» der Wemf. Abgesehen davon, dass die Bude immer mal wieder die Kriterien ändert, was beispielsweise die aktuellen Zahlen der «Schweiz am Wochenende» nicht mit denen des Vorjahrs vergleichen lässt: klare Ergebnisse der neusten Reichweitemessung.

«20 Minuten» in der Deutschschweiz: minus 10 Prozent, «Tages-Anzeiger» sogar minus 13 Prozent, «SonntagsZeitung» minus 1 Prozent.

Parallel dazu: «Blick» minus 10 Prozent, «SonntagsBlick» minus 10 Prozent. «Beobachter» minus 10 Prozent, «Schweizer Illustrierte» minus 10 Prozent, sogar die «Glückspost» minus 10 Prozent.

Also Tamedia und Ringier verlieren happig Leser im zweistelligen Bereich. Bevor da von allgemeinen Umständen, schwierigen Zeiten und unbeständigem Wetter gefaselt wird, im besten CS-Stil:

«NZZ» plus 6 Prozent, «Schweiz am Wochenende» mit 992’000 Lesern die meistgelesen Zeitung der Deutschschweiz. Dazu hält sich die NZZaS einigermassen, die SoZ auch, während der SoBli abschmiert.

Wir sprechen hier ausschliesslich vom Print, da die Wemf die Zahlen für «total audience», also Print und Online, nur gegen Bezahlung rausrückt.

Aber im Printbereich kann man eindeutig sagen, dass sich CH Media einigermassen hält und die NZZ deutlich zulegt. Während bei Tamedia «20 Minuten» und vor allem der «Tages-Anzeiger» schwächeln, hält sich immerhin die SoZ auf Vorjahresniveau.

Durchs Band schmiert hingegen die «Blick»-Familie ab. Nun haben solche Entwicklungen immer Verantwortliche, und die sind nicht unbedingt auf der Ebene Chefredaktion zu suchen, sondern bei der Geschäftsleitung. Das wäre bei Ringier also Ladina Heimgartner, die offensichtlich mit Blitzstrahlen und einem zur Denunziation einladenden «Cultural Audit» davon ablenken will, dass ihre Strategie, dem «Blick» alle Zähne zu ziehen und ihn weiblicher, dafür viel weniger boulevardesk zu machen, krachend gescheitert ist.

Bei Tamedia musste der zuständige Geschäftsführer Marco Boselli bereits die Konsequenzen verspüren. Er wurde kurz spitz entsorgt. Sein Nachfolger a.i. hat allerdings durchaus Ähnlichkeiten mit Heimgartner: ein Schwulstschwätzer ohne Leistungsausweis.

Die Frage ist nun, ob diese desaströsen Zahlen in zwei Verlagen, im Gegensatz zu stabilen oder sogar positiven Zahlen in zwei anderen Verlagen, irgendwelche Konsequenzen haben werden. Leserschwund in zweistelliger Zahl, das ist normalerweise ein Alarmzeichen, auf das reagiert werden muss. Die Auswechslung von Geschäftsleitung und Chefredaktion drängt sich dabei normalerweise auf.

Nun hat Heimgartner, wenn auch aus anderem Grund, den Oberchefredaktor der «Blick»-Familie in eine Auszeit ohne Wiederkehr geschickt. Auch der Oberchefredaktor bei Tamedia musste ins Glied zurücktreten, sozusagen. Während die Nachfolge beim «Blick» noch völlig unklar ist, lässt die Regelung beim «Tages-Anzeiger» Übles ahnen.

Währenddessen zeigen Patrik Müller und Eric Gujer, beide auch in der Geschäftsleitung, dass die gute alte Idee, dem Leser für sein Geld auch einen Gegenwert zu bieten, durchaus Sinn macht. CH Media (und die NZZ) sind das Thema Pandemie viel weniger kreischig und unverhohlen regierungsgläubig angegangen, haben viel weniger gegen angebliche Corona-Leugner ausgeteilt.

Natürlich spielt die NZZ inzwischen in einer eigenen Liga, was die Breite des Angebots, die Qualität des Angebotenen und die klare Positionierung betrifft. Aber genau da liegt die Achillesferse sowohl von Ringier wie von Tamedia. Die Hauptpublikationen lassen jedes Profil vermissen. Es ist Wischiwaschi, Weichgespültes, allzu häufig sind es Bauchnabelbetrachtungen der Redakteure.

Bei Tamedia nimmt der Anteil von Artikeln aus der «Süddeutschen Zeitung» in München überhand, bei Ringier fehlt es zunehmend an journalistischen Eigenleistungen im Boulevard. Dass ein längst pensionierter Vic Dammann immer noch die einzigen Krimalstorys mit Hand und Fuss beim «Blick» schreibt, dass Tamedia überhaupt keinen profilierten Schreiber mehr hat, das ist ein klares Indiz der Misere.

Wie schon Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Kolumne empfahl, der Tagi sollte sich einfach mal klar positionieren. Als das, was aus ihm geworden ist. Ein Blatt für ein wokes, urbanes, eher linkes Publikum der Besserverdienenden, denen das Schicksal von Prekariatsmitgliedern eher egal ist. Die ihre Kinder in Privatschulen schicken und somit nichts von den Auswirkungen der Masseneinwanderung im staatlichen Schulsystem mitkriegen. Die hedonistisch in Genuss schwelgen, in der Stadt mit dem E-Scooter herumglühen, aber in den Ferien gerne mal auf den Malediven entspannen.

Der «Blick» hingegen müsste dringend zum althergebrachten Konzept «Blut, Busen, Büsis» zurückkehren. Denn das gehört zum Boulevard wie die Kampagne, die anzüglichen Berichte über Sexskandale, über die vielen Fehltritte der B- und C-Prominenz.

Debatten über Gendersterne, inkludierende Sprache, Sprachreinigung, Geschimpfe über Mohrenköpfe, das alles interessiert das Publikum weder beim Tagi noch beim «Blick».

Also Abhilfe wäre denkbar. Aber die wäre auch bei der CS möglich gewesen. Nur sind lediglich durch ihr intrigantes Geschick an höhere Positionen geratene Personen meistens sehr clever im Verteidigen des erkletterten Pöstchens. Aber Impulse, Strategien, Ideen, das alles sind nicht so ihre starken Seiten. Zudem sind sie aus Unsicherheit meistens beratungsresistent und schmeissen lieber einen Haufen Geld für externe Beratung hinaus.

 

9 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Empfehlung als positiver, konstruktiver Beitrag zum Tag:
    heute spazieren gehen, anstatt (fast notwendiger) Schnaps schon nach dem Zmorge.

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    CH Media sind das Thema Pandemie viel weniger kreischig und unverhohlen regierungsgläubig angegangen, haben viel weniger gegen angebliche Corona-Leugner ausgeteilt.
    ????
    Hä? Pure Geschichtsfälschung jetzt auch auf zackbum?
    ‹kreischig und unverhohlen regierungsgläubig› und genau so unanständig wie die Andern, der durchgeknallte Wolf bis heute, der patriarchale Wanner autoritär wie vorvorgestern.
    Stilistisch das oberflächlich plump Blöde einfach durch doppelseitigen (und mehr) Lehrer-schulmeisterlichen Zeigefinger-Terror mit viel bürgerlichem Gewicht beschwert.
    Dazu ausschliesslich vom BIP geschmierte Wissenshaft.
    Igitt.
    Die Verbrechen harren immer noch der Aufarbeitung.

    Und wer Milde bei der NZZ walten lassen will, soll nicht vergessen, dass die den (fast) Einzigen bei Sinnen in den dunkelsten Virus-Zeiten zackbum rausmatuschiert haben.
    Und jetzt wieder gnadenlos auf Kriegskurs sind, wie immer wenn das Kapital auf Leichenbergen noch mehr Profite scheffeln will.
    Verdammt noch mal.
    (falls Stampf ablassen heut auch bei Lesern franco ist).

    So lange durch Angstmacherei die ‹guten Bürger› mit Blindheit beschlagen werden,
    laufen die Geschäfte&Profitgier allen Bemühungen um eine friedlichere Koexistenz der Menschen alleweil den Rang ab.

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    • Gerold Ott
      Gerold Ott sagte:

      Bekanntmachung: Auf Kriegs- und Regierungskurs ist die «Komsomolskaya Pravda» in Москва.

      Die NZZ ordnet bloss ein mit klugen Gedanken..

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  3. Sam Thaier
    Sam Thaier sagte:

    Es ist wie mit einer Beiz, die schleichend schlechter und mieser wird………bis sich die Türen für immer schliessen………. Könnte gleichermassen an den Türen der Werd- und Dufourstrasse passieren, wenn die SELBSTWAHRNEHMUNG weiterhin versagt.

    50000 weniger Leser beim Tagesanzeiger innert einem Jahr ist besorgniserregend. Die Kannibalisierung durch ihr Produkt 20 Minuten immer augenfälliger. Eine Fusion liegt mittelfristig gar in der Luft…….. Diese selbstgewählte Annabellisierung™ mit doofen feministischen Genderstern-Debatten, hedonistischen Dolce Vita-Inszenierungen und lächerlichen Mohrenkopf-Schulmeistereien haben den ganzen TA-Apparat verstümmelt. Interessant auch, dass diese abgehobene Zürcher TA-Leserklientel gerne im hippen Kreis 4 und 5 leben. Sobald sie Kinder im Schulalter haben, ziehen sie sich in Gegenden mit geringem Ausländeranteil zurück. Kurt W. Zimmermann hat vollkommen recht mit seiner Einschätzung dieser Doppelmoral.

    Der BLICK gibt sich wie eine Gratiszeitung, obwohl es keine ist. Haben eine intensive storytelling- rewrite-Abteilung wo interessante Artikel aus anderen Zeitungen im In- und Ausland sofort neu verpackt und aufbereitet werden. Müssen früh aufstehen,für das repacking. Bereits vor 8h sind die abgekupferten Beitrage (teilweise mit Quellenangabe) auf dem BLICK online. Lesen auch gerne die Englischen Tageszeitungen wie Daily Mail, Telegraph und Sun, auf der Suche nach journalistischen Juwelen. Der Ukraine-Krieg wird meistens über diese englischen Quellen bestritten. Wäre nicht überrascht, wenn sie das Abonnement auf Keystone-SDA nicht mehr erneuert haben.

    Die NZZ bleibt einziger Hoffnungsschimmer. Hier geht’s um Journalismus, Neugierde und qualitativen Mehrwert. Feministische Zelebrationen mit Beispielen wie von «Organspenderinnen und Organspender», «Endkundinnen und Endkunden» und «Hardlinerinnen und Hardliner» überlässt die Falkenstrasse den Medien, die sich gerne ständig selber feiern müssen.

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    • Mario Sacco
      Mario Sacco sagte:

      Diese Auswüchse gut beschrieben.
      Ein solches exzessive Repacking wie beim BLICK, ist normalerweise bloss den Billigst-Verwertungsanstalten (Gratismedien!) vorbehalten.

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      • Paul Kramer
        Paul Kramer sagte:

        Kann auch der «Corriere della Sera» sein, wenn es um den aktuellen Gesundheitszustand von Silvio Berlusconi geht.

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    • Georg Saner
      Georg Saner sagte:

      Richtig. Die Kannibalisierung beim einstigen „Qualitätsorgan“ Tagesanzeiger geht in die nächste Runde. Die Demographie dreht unaufhörlich sein Ding. Die Jugend bleibt eben auch später bei den Gratis-Medien. Einige werden wenn schon, denn schon zur NZZ wechseln.

      Die jetzige Positionierung des Tagesanzeigers als teures Billigprodukt ist eben unmöglich.

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      • Victor Brunner
        Victor Brunner sagte:

        Gebe der «ausgezeichneten Führungskraft» mit ihrem doktrinären Bevormundungskurs 3 Jahre und dann muss Supino wieder die Reissleine ziehen. Bis dann 20% weniger Abonnenten!

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    • Eveline Maier
      Eveline Maier sagte:

      Auch die NZZ sollte besser nicht selbstzufrieden werden. Das Abo kostet schliesslich monatlich CHF 82.25. (online und Printausgabe inklusive NZZ am Sonntag)

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