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Volles Rohr gegen «Inside Paradeplatz»

Die Credit Suisse hat nichts Besseres zu tun.

Eines der grossen Probleme im aktuellen Elendsjournalismus ist die Verrechtlichung medialer Arbeit. Schon immer versuchten Opfer oder Objekte medialer Aufmerksamkeit, mit dem Gang zum Kadi unliebsame Berichterstattung zu verhindern, zu unterdrücken, zu bestrafen.

Aber in den letzten Jahren ist das endemisch geworden. Einzelne Betroffene versuchen es mit einer Zangenbewegung, einer zivilrechtlichen Klage und einer Strafanzeige. Auch ZACKBUM ist Opfer dieser Unsitte. Die Absicht dahinter ist klar erkennbar. Es geht häufig nicht um die Wiederherstellung von Gerechtigkeit, auch nicht um die Ahndung eines Unrechts. Es geht schlichtweg darum, ein Organ durch die entstehenden Kosten fertigzumachen.

Auch grosse Medienhäuser ducken sich immer häufiger feige weg, wenn mit juristischen Schritten gedroht wird. Der Tamedia-Konzern machte dem Autor dieser Zeilen schon mal anheischig, einen ohne dessen Kenntnis aus dem Netz genommenen Artikel wieder online zu stellen – wenn der kleine Journalist für den grossen Konzern das Prozessrisiko übernehmen würde. Auch das «Tagblatt» aus St. Gallen löschte einen unangreifbar recherchierten Artikel aus dem Netz – ohne dass der Autor vorab darüber informiert worden wäre. Ein reicher in St. Gallen beheimateter Clan hatte einen Büttel auf die Redaktion geschickt, der zum Ausdruck brachte, dass die Sherkatis nicht amüsiert seien. Das reichte.

Wie gross das Prozessrisiko war, bewies dann «Die Ostschweiz». Sie publizierte den unveränderten Artikel aufs Neue – ohne Reaktion der Betroffenen.

Drohungen mit finanziellen Forderungen nehmen heutzutage Überhand. So versucht eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet schon seit Längerem, den Ringier-Verlag zu einer Gewinnherausgabe zu zwingen, den er angeblich mit Artikeln über sie erzielt habe.

Genau diese Nummer probiert nun auch die grosse Credit Suisse gegen den kleinen Finanzblog «Inside Paradeplatz». Es geht um einen Streitwert von mindestens Fr. 300’000.- und die Herausgabe des Gewinns, den Lukas Hässig mit seiner unermüdlichen Berichterstattung über die Abwärtsspirale dieser Bank erzielt haben könnte.

Laut seiner Darstellung umfasst die Klageschrift satte 265 Seiten, plus Beilagen. Wie er konservativ ausrechnet, dürfte alleine das Erstellen externe Anwaltskosten von einer Viertelmillion verursacht haben.

Diese «Monster-Klage» richte sich gegen 52 Beiträge auf IP, also alle, die zwischen Ende Juli und Ende Oktober erschienen seien und das Wort CS enthielten. Die Persönlichkeitsrechte der Kläger, also der CS Group, der CS AG und der CS Schweiz AG, seien durch den Autor, durch Gastautoren oder durch Leserkommentare verletzt worden.

Natürlich wird auch Geschäftsschädigung ins Feld geführt, in der Schweiz umständlich als Verstoss gegen das Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) abgehandelt. Um die Gewinnherausgabe beziffern zu können, verlangt die CS zudem die Gesamtumsätze und die «Umsatzrendite», also einen vollständigen Einblick in die finanziellen Verhältnisse von IP.

Präventiv singt die CS zunächst das hohe Lied der Pressefreiheit, wie IP zitiert: «Die Klägerinnen sind dezidiert für die freie Presse und anerkennen die Medien als vierte Gewalt im Staat.» Dann kommt das dicke Aber: «Die Führungsequipe und damit die Klägerinnen werden der Lächerlichkeit preisgegeben, mit Beleidigungen überzogen und blossgestellt, und die Bankengruppe wird verächtlich gemacht, ja schlichtweg totgeschrieben, Kunden und Mitarbeiter werden gar aktiv zum Verlassen der Bank animiert.»

Damit will die Bankengruppe den aufmüpfigen Finanzblog totklagen. Als ob IP für den Niedergang der CS ursächlich verantwortlich wäre. Seit über 10 Jahren betreibt Hässig seine Plattform und hat in dieser Zeit eine beeindruckende Menge von Primeurs gesammelt. Unvergessen die Aufdeckung der Millionenabfindung für Vasella, einzig und allein dafür, dass der nicht bei einer anderen Pharma-Bude anheure. Dann der Skandal um den Starbanker Pierin Vincenz, den Hässig sozusagen im Alleingang zu Fall brachte, während die anderen Wirtschaftsmedien lange Zeit mit offenem Mund zuschauten. Dafür wurde Hässig zu recht als «Journalist des Jahres» ausgezeichnet, als dieser Preis noch etwas bedeutete.

Es ist richtig, dass Hässig in vielen seiner Artikel an die Grenzen des Erlaubten schreibt, das Wort Borderline-Journalismus fällt einem ein. Es ist auch richtig, dass sich frustrierte Banker unter Pseudonym in den Kommentaren austoben, dass es eine Unart hat. Leider ist der Betreiber einer Plattform – wenn es kein Social Media wie Facebook ist – auch für den Inhalt der Kommentare haftbar.

Einerseits ist es verständlich, dass es der CS mal den Nuggi herausgehauen hat, der von der UBS eingewechselte juristische Mastermind Markus Diethelm ist der wohl beste Legal Council, über den der Finanzplatz Schweiz verfügt. Auf der anderen Seite müsste man meinen, dass eine Bank, die in der gleichen Zeit, die ihre Klage bestreicht, nochmals 45 Prozent ihres Aktienwerts verlor und sich zeitweise auf dem Weg zum Billigpapier von unter drei Franken befand (von einmal über 90 Franken!), eine Bank, die von einem Skandal zur nächsten Bussenzahlung und zum nächsten Milliardenverlust wankt, eine Bank, die mit Asset-Abflüssen im Multimilliardenbereich zu kämpfen hat, eine Bank, deren Führungscrew nicht zu erkennen gibt, wie sie aus dieser Abwärtsspirale herausfinden will, eine Bank, bei der eigentlich nur noch die Boni üppig fliessen, dass eine solche Bank Wichtigeres zu tun hätte als ihren Frust an einem Finanzblog auszulassen.

Aber vielleicht ist das genau das Problem. Wenn’s im Grossen harzt und knarzt, wenn die Bank ständig mediale Prügel von grossen Finanzblättern wie der «Financial Times» oder dem «Wall Street Journal» einstecken muss, dann kommt sie auf die Idee, ihr Mütchen an einem kleinen Player zu kühlen.

Das hilft der CS in keiner Art und Weise aus der Krise. Viel Hirnschmalz, interne Ressourcen und die Dienste einer Grosskanzlei zu bemühen, um akkurat Dutzende von angeblichen Regelverstössen aufzuführen, das ist schlichtweg schäbig. Ärmlich. Und noch einiges mehr, was hier nicht formuliert werden kann, weil ZACKBUM nicht das Schicksal von IP teilen möchte.

Nicht nur, weil René Zeyer immer mal wieder (auch über die CS) auf IP schreibt, seien auch ZACKBUM-Leser dazu aufgefordert, kräftig auf das Konto zu spenden, das Hässig sicherlich demnächst veröffentlichen wird. Hier machen Spenden, im Gegensatz zu linken Furzprojekten, wirklich Sinn. Dass zumindest einzelne Kommentatoren mindestens die Grenzen des guten Geschmacks weit hinter sich gelassen haben – und dass Hässig ihnen eine Plattform bietet –, ist leider unbestreitbar.

Sollte es aber der CS gelingen, diese Perle der Wirtschaftsberichterstattung mundtot zu machen, wäre die Medienlandschaft der Schweiz deutlich ärmer und die Wirtschaftsberichterstattung noch lausiger, als sie es ohnehin schon ist.

 

Ach, Credit Saudi

«Inside Paradeplatz» spricht Klartext, die anderen eiern.

Am Donnerstag wurde die lang erwartete «neue Strategie» der zweitgrössten Bank der Schweiz verkündet. Nur die «Weltwoche» löste das Problem der Berichterstattung souverän: nach wiederholten Lobhudelei-Interviews mit dem Versagerrat Urs Rohner verfällt sie in tiefes Schweigen.

Aber alle anderen Medien müssen ja wohl oder übel etwas zur üblen Lage sagen. Immerhin 12 Meldungen (inkl. auf Französisch) widmet der «Blick» dem Thema. Sein Wirtschaftsredaktor Christian Kolbe ist nicht amüsiert: «Die Schweiz im Namen schafft international Vertrauen – das darf die Credit Suisse nie vergessen!», kommentiert er. Gleichzeitig wirft er der Bank vor: «Um die tiefe Krise zu überwinden, hätte die Bank jedoch noch radikaler vorgehen müssen.» Was er allerdings mit diesen beiden Ratschlägen sagen will und wie man das anwenden könnte, da schweigt des Sängers Höflichkeit, bzw. endet dann doch das Fachwissen.

9 Meldungen ist das CS-Desaster der NZZ wert. Auch sie bleibt sich treu und kommentiert mit einem veritablen «einerseits – andererseits»: «Der Umbau ist riskant und wird Jahre dauern. Aber die Bank hat den richtigen ersten Schritt getan.» Mit einer solchen Aussage ist man eigentlich nie auf der falschen Seite. Muss die CS demnächst Staatshilfe verlangen, war’s halt zu riskant. Röchelt sie weiter vor sich hin, hat sie immerhin einen richtigen Schritt getan.

Keine sonderliche Bemerkung ist der alten Tante wert, dass mit der Saudi Bank nun ein weiterer übler Investor an Bord kommen wird, womit arabische Fonds dann mal 20 Prozent der CS halten werden. Natürlich stinkt Geld nicht, aber ob es umbedingt ein Investor sein muss, der auch vor der ruchlosen Ermordung von Dissidenten in einer eigenen Botschaft nicht zurückschreckt, in dessen Land trotz gegenteiligen Ankündigungen immer noch in der Geschlechterfrage mittelalterliche Zustände herrschen – und der seit Jahren in einen schmutzigen Krieg im Jemen verwickelt ist, in den er ohne Not hineinstolperte – nun ja.

Immerhin ist der NZZ ein nicht unwichtiges Detail nicht entgangen, im Zusammenhang mit dem Teilverkauf des Verbriefungsgeschäfts «an den Vermögensverwalter Pimco und an die Private-Equity-Firma Apollo Global Management. Die CS-Verwaltungsrätin Blythe Masters wirkt seit 2021 auch bei Apollo als Beraterin. Auch hier gilt: Alle Beteiligten müssen weiterhin Vorkehrungen treffen, dass die Interessen sauber getrennt bleiben».

Wie da allerdings eine saubere Trennung der Interessen funktionieren soll, verrät die NZZ nicht.

Sehr bedeckt hält sich hingegen Niklaus Vontobel von CH Media. Auch ihm ist der Einstieg eines weiteren unappetitlichen arabischen Diktators keine Zeile wert, dafür kommentiert er: «Ob die neue «radikale» Strategie nun unter den gegebenen Umständen das Beste ist für die Credit Suisse oder nicht, das vermögen Ausstehende nicht wirklich zu beurteilen.»

Super, dabei dachte der Leser immer, verstehen, analysieren und einordnen seien drei Dinge, für die er Geld bezahlt. Aber nicht für Sätze, die er selbst gratis auch von sich geben könnte.

Etwas mehr aus dem Fenster lehnt sich Holger Alich für Tamedia: «Der Plan der CS ist zu knapp kalkuliert». Was will er uns damit sagen? «Allein die Umsetzung des geplanten Umbaus der Bank wird für anhaltende Unruhe sorgen. Weitere Sorgen um die Kapitalausstattung kann sich die Bank vor diesem Hintergrund nicht erlauben. Der am Donnerstag vorgestellte Plan droht hier zu kurz zu springen.»

Ein Plan droht, zu kurz zu springen? Tja, wer solche Nonsens-Sätze von sich gibt, springt auch nicht gerade souverän über die Hürde der Verständlichkeit.

Es ist schon verblüffend, dass es immer wieder nur einen gibt, der die Sachlage knackig, richtig und auf den Punkt formuliert. Dabei hat der keine Wirtschaftsredaktion zur Seite und bietet seine Erkenntnisse sogar gratis an. Eigentlich sollten sich die übrigen Wirtschaftsjournis eins schämen, wenn sie einen solchen Titel und Lead bei «Inside Paradeplatz»* lesen:

«CS wird Credit Saudi. Öl-Scheichs übernehmen 10 Prozent der Escher-Bank, null Hemmung vor Brutalo-Herrscher vom Golf. 4 Mrd. Verlust, Kapital kracht, 9’000 Jobs weg.»

Genauso flott geht’s bei Lukas Hässig auch weiter:

«Die Credit Suisse verkauft heute ihre Seele. Nach 4 Milliarden Verlust im dritten Quartal verramscht sie 9,9 Prozent an die Saudi National Bank. Dort herrscht mit Mohammed bin Salman einer der brutalsten Weltleader, der nicht vor Mord an Kritikern zurückschreckt

Bis hin zum bitteren, aber logischen Fazit:

«Der Preis für die Cash-Infusion in extremis ist der Ausverkauf einer einst glorreichen Zürcher Paradeplatz-Bank 166 Jahre nach ihrer Gründung nach Arabien. What a shame.»

Der Schreiber des beliebtesten Kommentars auf IP bringt es nochmal glasklar auf den Punkt: «Bravo Herr Rohner, bravo Thiam, Dougan und all ihr Komplettversager. Millionen kassiert und die Bank zugrunde gerichtet.»

Gegenüber diesem Klartext ist alles Geschwurbel in den Mainstream-Medien wirklich kläglich. Was auch kein Wunder ist. Denn wo regeln wohl die grossen Medienkonzerne ihren Finanzhaushalt? Bei der Alternativen Bank? Beim Sparhafen? Bei der Hypothekarbank Lenzburg? Eben.

*Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt gelegentlich für «Inside Paradeplatz».

Die Corona-Kreische ist zurück

Marc Brupbacher läuft wieder zur Höchstform auf.

Mit Gesundheitsminister Berset ist der Tamedia-Redaktor «schon längst fertig», den Gesamtbundesrat bezeichnete er auch schon mal als «völlig übergeschnappt». Unablässig warnte Brupbacher vor apokalyptischen Zuständen in der Schweiz. Überlastete Intensiv-Stationen, viele, viele Tote. Zögerliche Behörden, unfähige Beamte, nachlässige Bevölkerung, er wurde immer verzweifelter, weil niemand auf ihn hören mochte. Und weil sich all seine Ankündigungen des Corona-Weltuntergangs nicht bewahrheiteten.

Seit diesem Frühling köchelte er etwas auf kleinerem Feuer, aber jetzt ist er wieder zurück. Und ansteckend, denn weitere Tamedia-Redaktoren haben sich seinen neuen Befürchtungen vor einer Riesen-Corona-Sommerwelle angeschlossen. Die aber natürlich nur der Vorbote einer noch riesigeren Herbstwelle ist. Und von der Winterwelle wollen wir noch gar nicht reden, sonst kriegen wir alle Gänsehaut vor Schiss.

Eine volle Doppelseite lässt Tamedia auf seine nichtsahnenden Leser los:

Ein Gemeinschaftswerk von mehreren «Corona-Taliban», wie das Lukas Hässig auf seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz» launig nennt. Brupbacher hatte vor ein paar Tagen bereits vorgelegt:

Nun aber kommt das volle Programm:

Da gibt es nur eins:

Also ein Booster für den Booster. Am besten immer wieder; in Deutschland sind bereits viele bei der vierten Impfung angelangt und überlegen sich die fünfte. Obwohl die Wirkung, gelinde gesagt, nicht wirklich erwiesen ist.

Das Merkwürdige an der Riesensommerwelle, deren Höhepunkt noch gar nicht erreicht ist: die Spitäler merken nichts davon. Triage vor Intensivstationen, alle Plätze belegt, Notfall im Notfall? Nein.

Will Tamedia tatsächlich wieder eine neue Impfwelle herbeischreiben? Mit Panikmache die Behörden vor sich hertreiben? Gibt es auch hier keine Qualitätskontrolle mehr, die Brupbacher und Konsorten einen Riegel schiebt? Werden nächstens Impfunwillige wieder übel beschimpft? Wird wieder gefordert, dass sie gefälligst zwangsweise zur Impfung verdonnert werden sollten?

Verabschiedet sich Tamedia nun endgültig vom verantwortungsbewussten Journalismus? Sicherlich ist nicht die ganze Redaktion (und Führungsmannschaft) auf der Linie der Corona-Kreische Brupbacher. Aber man lässt ihn gewähren.

Statt nochmals – und offensichtlich vergeblich – mit gesundem Menschenverstand und kritischer Analyse diesen Wahnsinn zu bekämpfen, macht ZACKBUM einfach auf den Artikel 258 des Schweizerischen Strafgesetzbuches aufmerksam.

Der besagt:

«Schreckung der Bevölkerung. Wer die Bevölkerung durch Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum in Schrecken versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Als juristischer Laie hält ZACKBUM den Straftatbestand für erfüllt …

IP: `tschuldigung

Inhalt richtig, blöde Sprüche falsch. Muss man mal hinkriegen.

Der Finanzblog «Inside Paradeplatz» hat sich das Geschäftsmodell von ElleXX vorgeknöpft.Und dort angepriesene Geldanlagemöglichkeiten völlig zu recht kritisiert. Daraufhin forderte die Mitbetreiberin Patrizia Laeri mit Hilfe der nicht gerade erfolgsverwöhnten Anwältin Rena Zulauf die sofortige Löschung des Beitrags. Sicherheitshalber vor zwei Gerichten gleichzeitig, was dann die fast übliche Doppelklatsche ergab: Anträge abgeschmettert.

Auf ihr zugestellte Fragen hatte die ehemalige Journalistin Laeri nicht zu antworten geruht, also lautete das Fazit der von ihr angepriesenen Fonds: «elleXX Gender Equality Basket» verbindet gnadenlos schlechte Performance mit üppigen Gebühren. Die in ihm enthaltenen Unternehmen sollen frauenfreundlich sein. Sind sie aber nicht besonders.

Allerdings konnte es der Autor Beni Frenkel nicht lassen, den Artikel mit sexistischen Sprüchen aus der unteren Schublade zu garnieren. Damit schaffte er es, dass Laeri das eigentliche Thema und Problem aus der Debatte bugsieren konnte und sich darauf stürzen, dass sie hier als Frau übel angemacht worden sei.

Ihre merkwürdigen Geschäftspraktiken waren auch auf ZACKBUM Thema einer kleinen Artikelserie. Auch hier verzichtete sie darauf, auf höflich gestellte Fragen zu antworten; inhaltlich fand sie keinen Anlass, rechtlich vorzugehen.

Nun muss sich IP für diese Schlötterlinge ein paar Tage lang auf seiner Homepage entschuldigen:

Damit nicht genug, 2500 Franken fliessen, und oberpeinlich ist, dass auch eine banale Wirtschaftszahl im Artikel falsch war.

Aber sämtliche ebenfalls geforderten Löschungen der inhaltlichen Kritik am von ElleXX angepriesenen Produkt wurden gerichtlich abgeschmettert und bleiben im Artikel. Nur interessiert das keinen mehr.

Leider ist das bei Frenkel kein Einzelfall. Sei jüngster Flop, die Zuschauerzahl bei «Blick TV» mit 25 anzugeben, führte rasch zur völligen Löschung des Artikels. Es ist bedauerlich, wenn gute und wichtige Kritik an solchen Anfängerfehlern scheitert.

Gut, gibt es die FT

Denn die «Financial Times» erledigt nebenbei die Hausaufgaben in der Schweiz.

Selten war die Fallhöhe zwischen kompetenter Berichterstattung und Amateurliga so eklatant sichtbar wie im Fall der russischen Verwicklungen der Credit Suisse.

Tamedia-Oberchefredaktor Arthur Rutishauser führt ein Interview mit dem als CS-VR zurückgetreten Roche-CEO Severin Schwan. Nach vielen Fragen, die sich verständlicherweise auf den Pharma-Konzern und seine Geschäfte im Osten beziehen, kommt dann tatsächlich noch diese Frage: «Gibt es bei der CS Russland-Risiken?» Antwort:

«Ja, wir haben proaktiv kommuniziert, wie hoch sie sind und dass sie beherrschbar sind.»

Das sollte, dürfte, müsste man nicht so stehenlassen. Ausser, man betreibt Journalismus in kurzen Hosen. Einiges härter recherchiert hier wie meistens der Ein-Mann-Finanzblog «Inside Paradeplatz». Lukas Hässig liest nämlich regelmässig die «Financial Times».

Die hat gerade vermeldet (Artikel hinter Bezahlschranke): «US-Parlamentarier haben verlangt, dass die Credit Suisse Einzelheiten über ihren Umgang mit Sanktionen gegen russische Oligarchen offenlegt, nachdem die Bank Investoren aufgefordert hatte, Dokumente im Zusammenhang mit Vermögenswerten ihrer reichsten Kunden zu vernichten.»

Hässig legt nun nach und nimmt sich die Russland-Connection der CS nochmals zur Brust: «Babak Dastmaltschi ist einer der absoluten Bigshots der Credit Suisse. Der Chef für Russland hat der Grossbank am Paradeplatz Jahr für Jahr Millionen an Einnahmen beschert.»

Kredite für Jachten und Jets; auf den Bermudas muss die CS eine Schadenersatzzahlung von 500 Millionen Dollar an Russenkunden befürchten, die von einem CS-Mitarbeiter abgezockt worden waren.

Die Nerven liegen bei der CS blank

Dass gegenüber Hässig die Nerven blank liegen, belegt er selbst mit dem Zitat aus einem Mahnschreiben der bewährten Kanzlei Wartmann Merker. Wenn man von denen Post kriegt, weiss man, dass man auf einer richtigen Fährte ist. Hier wollen sie jede Erwähnung des Namens des «Chairman of Strategic Client Partners and Co-Head of Investment Banking Advisory» untersagen, der sei keine Person der Zeitgeschichte:

«Damit wäre eine namentliche oder anderweitige personenbezogenen Nennung von Herrn Dastmaltschi auf Inside Paradeplatz rechtswidrig.»

FT, IP, und dann kommt lange, lange gar nichts in der Schweiz. Ausser Elend und Wüste. Und das scheinheilige Wundern, wieso man denn ständig zahlende Leser verliere.

 

 

 

Wumms: Lukas Hässig

Der Ritterschlag: ein Porträt in der NZZ

Noch besser für den Betreiber des Finanzblogs «Inside Paradeplatz»: vom Titel an ist es ein nicht unkritisches, aber freundliches Porträt geworden. «Recherchen und Krawall – Lukas Hässig ist der Schrecken der Mächtigen, aber sein Übermut bringt ihn oft in Schwierigkeiten».

Das hat was, aber Hässig fährt seit zehn Jahren einen scharfen Reifen mit seiner Enthüllungsplattform. Dass dabei manchmal Gummi liegenbleibt, ist sozusagen Geschäftsrisiko.

Die Liste seiner Erfolge ist zudem lang und beeindruckend. Pierin Vincenz stünde ohne ihn nicht vor Gericht. Tidjane Thiam wäre vielleicht immer noch CEO der Credit Suisse. Daniel Vasella hätte sich an einer Abgangsentschädigung von 72 Millionen für Nichtstun erfreuen können.

Aktuell ist Hässig lediglich von Patrizia Laeri eingeklagt; dafür gleich zweimal, aber ohne grosse Aussichten, dass sie mit ihren Vorwürfen von Sexismus und Rufschädigung durchkommt.

So nebenbei ist Hässig auch gegen das Medienpaket, wie die Reaktion der NZZ. Daher wird ihm am Schluss ein verdientes Kränzchen gewunden:

«Sein Portal will er auch künftig allein über Werbung und Beiträge für einzelne Artikel finanzieren. Dies, obwohl er mehr Skandale aufgedeckt und mehr zur Kontrolle der Mächtigen beigetragen hat, als alle kapitalismuskritischen Zeitungen und Online-Portale zusammen, die derzeit am lautesten nach staatlicher Förderung schreien.»

 

Packungsbeilage: René Zeyer publiziert ab und an auf «Inside Paradeplatz».

 

Nicht mit Hässig

Meist keine gute Idee, ihn einzuklagen. Der besinnliche Sonntagstext.

Schon viele Finanzhäuser mussten die bittere Erfahrung machen: kommt man Lukas Hässig und seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz»* juristisch, stellt er sich auf die Hinterbeine.

Die Absicht solcher Klagen ist meistens glasklar: Es geht gar nicht um den eingeklagten Anlass. Sondern darum, einen Blogbetreiber mit Gerichts-und Anwaltskosten in die Knie zu zwingen.

Das ist leider der neue Ansatz von Angegriffenen. Grosse Medienhäuser neigen inzwischen dazu, schnell einzuknicken, wenn ein Kritisierter mit einer einschlägig bekannten (und teuren) Anwaltskanzlei winkt.

Da wird dann schnell zu Kreuze gekrochen. ZACKBUM-Autor René Zeyer erlebte mal als Höhepunkt, dass ihn der grosse Tamedia-Konzern vor die Wahl stellte: wenn er das Prozessrisiko übernähme, dann würde die SoZ seinen Artikel nicht löschen.

Auch bei CH Media geht’s nicht viel anders zu; so löschte das «Tagblatt» einen kritischen Artikel über den Sherkati-Clan mit Sitz in St. Gallen – ohne den Autor auch nur vorab darüber zu informieren oder ihm Gelegenheit zur Gegenwehr zu geben. Denn im Artikel stimmte absolut alles – bis auf die Verwechslung eines Nach- und Vornamens.

Nebenbei: Dass der Artikel dennoch bis heute auffindbar ist, verdanken wir «Die Ostschweiz»*. Während aber das «Tagblatt» von der zusätzlichen Medienmilliarde profitieren würde, bekäme die «Ostschweiz» keinen Rappen.

Wenn’s inhaltlich stimmt, schwinge die Sexismus-Keule

Zurück zu Hässig. Einer seiner Zuschreiber wagte es, das neuste Projekt der Medienfrau Patrizia Laeri zu kritisieren. Dabei verwendete er auch durchaus despektierliche Ausdrücke über sie selbst. Über Geschmack lässt sich streiten.

Laeri brachte aber sofort die einschlägig bekannte Anwältin Rena Zulauf in Stellung. Die überzog «Inside Paradeplatz» gleich mit zwei Klagen. Eine vor dem Bezirks-, die andere vor dem Handelsgericht. Persönlichkeitsverletzung und Rufschädigung, bei Firmen heisst das «Verstoss gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb».

Am liebsten hätte Laeri die sofortige und vollständige Löschung des kritischen Artikels gewünscht. Aber dafür hätte sie sich vielleicht eine bessere Anwältin suchen sollen. Wurde alles abgeschmettert, die Zuständigkeiten der Gerichte wurden ohne Not zum Problem gemacht, am Schluss blieben vier Passagen, die entfernt werden mussten.

Aber das weckte Hässigs Kampfgeist. Zunächst legte er in eigener Sache nach, nun legt er noch einen drauf:

Genüsslich berichtet er über einen tatsächlich merkwürdigen Einkauf eines neuen Aktionärs. Während das angepriesene Finanzvehikel für «Anfängerinnen» leise absäuft. Seit Start netto minus 8 Prozent.

Was macht elleXX genau?

Einen heiklen Punkt hat Hässig auch aus der Munitionskiste geholt:

«elleXX verfügt über keine Finma-Lizenzierung, sie ist in keinem Register eingetragen. Unter „Zweck“ findet sich im Handelsregister-Eintrag der elleXX das Wort „Finanzberatung“ nicht, sondern dort ist nur die Rede von „Beratungsdienstleistungen“.»

Die angefragte Anwältin, die «IP» verklagt, meint schmallippig: «Die Tätigkeit von elleXX als ‚Investment Advisor‘ umfasst einzig die Aufgabe, die Investment-Managerin Migros Bank bei der Titelselektion des Gender Equality Basket im Hinblick auf die genderspezifischen Kriterien zu beraten.“»

Da bleibt die Frage, obdas wirklich eine Scheibe von 0,3 Prozent wert ist. So viel kostet normalerweise ein ETF, all in. Der ist nicht gemanagt, verteilt das Risiko auch schön – und performt meistens besser, weil schon mal seine Gebühren niedriger sind.

Im Tennis würde man sagen: Aufschlag Hässig, Return Laeri, aber der erste Satz ging schon mal an «IP». Das Problem bleibt: muss sich Hässig an den Rechtskosten beteiligen, haut das ins Kontor, denn natürlich hat die Anwältin den bei ihr üblichen Streitwert auf 100’000 Franken festgelegt. Bei beiden Verfahren.

 

Denn es geht auch hier nur in zweiter Linie um Recht oder gar Gerechtigkeit.

*Packungsbeilage: René Zeyer publiziert gelegentlich auf «Inside Paradeplatz» und regelmässig auf «Die Ostschweiz».

 

Wie aus Kübeln

Aburteilung vor dem Prozess: armer Vincenz.

Sicherlich ist der tief gefallene Bankerstar von Raiffeisen persönlich nicht gerade ein Sympathieträger. Obwohl er perfekt den jovialen, volksnahen Banker spielte, dafür auch extra die letzten hundert Meter zu Versammlungen im sportlichen Berglerschritt zurücklegte: privat liess er es gewaltig krachen. Und die Anfahrt legte Pierin Vincenz im Audi A8 mit Chauffeur zurück, gerne auch mal im Helikopter.

Dabei hatte er offenbar eine unselige Vorliebe für drittklassige Striplokale und auch ihre weiblichen Angestellten. Eine Terminkollision führte nicht nur zu einem demolierten Hotelzimmer, sondern auch zu dringendem Finanzbedarf, um eines der beteiligten Girls ruhigzustellen.

Bankfiliale à la Vincenz.

Nicht mal das gelang ihm wirklich, zudem scheint er einer der schlechtesten Aktienspekulanten der jüngeren Zeit zu sein. Das ist das eine.

Dass er aus einer verschnarchten Versammlung von Bauern- und Ofenbänklein, eifersüchtig kontrolliert von Lokalfürsten, die Nummer drei im Schweizer Banking machte, ist das andere.

Letzte Welle vor dem Beginn des Prozesses

Beides ändert nichts daran, dass er eine Anklage am Füdli hat, die von ungetreuer Geschäftsführung über Spesenbetrug zu qualifiziertem Betrug umgemöpselt wurde. Es ändert nichts daran, dass fast drei Jahre lang intime Details aus der Untersuchung an die Öffentlichkeit durchgestochen wurden, inklusive vollständige Anklagschrift. Ein Skandal.

Es ändert nichts daran, dass wohl selten bis nie die Unschuldsvermutung dermassen ins Absurde geführt wurde, ins Lächerliche gezogen.

Am Dienstag beginnt nun der Prozess; vier Jahre nach Beginn der Affäre. Im Vorfeld legen die Medien noch Sonderschichten ein. Herausragend der «Blick».

Mit gleich vier Artikel als Online-Aufmacher heizt er die Stimmung an:

Vorverurteilung mit Sozialneid.

Dabei kündigt er an, dass das erst mal der Anfang sei, die Vorspeise sozusagen. Nachdem ein serbischer Tennisspieler mit seinen Einreiseproblemen in Australien abgetischt ist, wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Im Sinne des zurückhaltenden und ausgewogenen Journalismus, dem sich die «Blick»-Familie angeblich verschrieben hat.

Dass «Inside Paradeplatz» gleich mit sechs Artikeln zum Thema vertreten ist, kann man hingegen verstehen. Denn Lukas Hässig war der Erste – und lange Zeit der Einzige –, der auf Merkwürdigkeiten im Finanzhaushalt von Vincenz aufmerksam machte.

«watson» erklärt’s für Dummies.

Vom gefeierten Star zum Watschenmann

Aber damals war der Bündner Naturbursche noch der gefeierte Star, der Banker zum Anfassen, schlagfertig und witzig bei den Staatskomikern Giacobbo und Müller, gerne gesehen an öffentlichen Promi-Anlässen, eng mit Ringiers Marc Walder. Damals erschienen noch Lobhudel-Artikel en masse, konnte gar nicht dick genug aufgetragen werden, was für ein toller Hecht Vincenz doch sei – und dabei Mensch geblieben, dem Einfachen zugetan.

Aber es ist eine alte Boulevard-Regel, dass Hochgeschriebene tief fallen. Wohl allerdings nicht ohne Rücksprache mit den Bossen des Verlags …

Bei allem Spass an saftigen und den Sozialneid fördernden Spesenritterdetails: fände es Marc Walder komisch, wenn die Öffentlichkeit Einblick in seine Spesenabrechnungen nehmen könnte? Würde es Pietro Supino gefallen, wenn unablässig Details aus seinem Privat- und Geschäftsleben an die Medien durchgestochen würden?

Fände es der Coninx-Clan komisch, wenn auch ausserhalb der «Weltwoche» seine Kunstsammlung kritisch unter die Lupe genommen würde? Wäre die NZZ amüsiert, wenn das Ferienverhalten des Ehepaars Gujer ausserhalb von ZACKBUM gewürdigt würde?

Auf Jahrmärkten beliebt: der Watschenmann.

Vincenz und Beat Stocker haben zudem den Fehler gemacht, eisern zu schweigen. Vincenz wendete sich in all den Jahren ein einziges Mal an die Öffentlichkeit, als er aus der über dreimonatigen U-Haft entlassen wurde. Diese Erfahrung wünsche er niemandem, teilte er offenbar angeschlagen mit, und dass er sich mit allen Mitteln gegen die Anschuldigungen wehren werde.

Falsch beraten und Pech gehabt

Sein Kompagnon schwieg ebenfalls, liess sich unwidersprochen von der «Bilanz» als «Schattenmann» und Strippenzieher und Mastermind vorführen. Bis er dann Anfang Jahr der NZZaS ein Interview gab, das bewies, dass er sehr, sehr schlecht beraten ist und hoffentlich bessere Anwälte als PR-Menschen um sich hat.

Beide haben offenbar dreifaches Pech. Sie sind einem Staatsanwalt in die Hände gefallen, der gegen Ende seiner nicht gerade erfolgreichen Karriere noch einen Treffer landen will. Sie stehen vor einem Gericht, das zuerst über ein Jahr über der Anklage brütete, um dann kurz vor Beginn des Prozesses rumzueiern. Auch hier ist wohl zum letzten Mal Richter Aeppli vor seiner Pensionierung am Gerät; und wie.

Hämisch berichtet Hässig:

«Schon jetzt ist klar, dass Aepplis Verhandlungs-Planung ein Desaster ist. Der erfahrene Richter hat viel zu wenig Sitzungstage einberechnet. Nun sucht er verzweifelt Zusatztage im März – über Doodle machte er gestern 10 Vorschläge.
Damit droht ein Scherbenhaufen: Die Zeit läuft dem Gericht und der Anklage davon. Im April verjährt einer der vier geheimen Vorab-Investments von Pierin Vincenz und Co.»

Ruf restlos ruiniert, jahrelang in den Medien durchs Schlammbad gezogen, Unschuldsvermutung der Lächerlichkeit preisgegeben – und das eigentliche Kampffeld verschwindet hinter diesem Nebel.

Bei einer vertraulichen Einvernahmen abgeschossen …

Denn eigentlich geht es um über 100 Millionen Franken, um die sich Raiffeisen auf der einen Seite, Vincenz und Stocker auf der anderen streiten. Aber das interessiert kein Qualitätsmedium.

 

Wo ist denn der Rücktritt?

«Blick» ballert weiter gegen den CS-Präsidenten. Gut so.

Materiell hat das Boulevardblatt seine Munitionskiste offenbar geleert. Da gibt es nur noch Rehash. Rückkehr aus London im Privatjet, damals zehntätige Quarantäne als Folge, aber nur drei Tage später muss der der Jetsetter schon weiter.

Mit Zwischenstopp in Europa, dann nach New York. Wichtige Sitzung des Verwaltungsrats. An der nehmen zwar auch andere per Zuschaltung teil, aber António Horta-Osório liebt offenbar den Geruch nach Kerosin und Wichtigkeit. Und wenn man schon auf Firmenkosten wichtig durch die Welt düsen darf, wieso nicht.

Besonders animiert dürfte der Bankenlenker allerdings nicht im Flieger gesessen haben. Im Gegenteil, er hatte Zeit, den Schaden zu betrachten, den seine Kommunikationsberater bereits angerichtet haben.

«Verghona» auf Portugiesisch. Aber nicht im Wortschatz eines Bankers.

Zunächst die Lachnummer, dass er nicht gewusst habe, was Quarantäne bedeute. Also man dürfe zwar sein Haus nicht verlassen, aber echt jetzt, nicht mal einen Privatjet darf man besteigen? Das müsste einem ja extra gesagt werden, wirklich wahr.

Darüber konnte sich der «Blick» schon im Aufmacherartikel lustig machen. Die Rücktrittsforderung einer Arbeitsethikerin steht auch schon im Raum. Was macht man da als Nachzug?

Bum-Bum-«Blick» verbeisst sich in den CS-Boss.

Gleich drei Kräfte wirft der wiederbelebte «Blick» am nächsten Tag in die Schlacht. Deren Aufgabenverteilung war klar. Einer kaut die bekannten Tatsachen nochmal durch. Der zweite bauchpinselt den «Blick» mit einem Blick auf die internationale Resonanz, die die Story gefunden hat. Von der FAZ über Bloomberg, Reuters  bis zur «Financial Times»: überall schüttelt man den Kopf über das Verhalten des Wichtigbankers, natürlich mit Erwähnung des Blatts, das die ganze Affäre publik gemacht hat.

Wie hält man die Story am Köcheln?

Aber nach der Story ist vor der Story, Ablecken der Lorbeeren und Wiederholung des Bekannten ist das eine. What’s next, wie der Ami so richtig sagt, wie geht’s denn nun weiter?

Da zeigt Lukas Hässig von «Inside Paradeplatz», wie man klotzt, nicht kleckert:

Auch im Text ballert er aus allen Rohren. Man habe bei der CS auf eine Wende gehofft, auf einen Aufräumer, aber:

«Nun haben sie einen Luftibus im Haus, der nicht weiss, wie blöd er tun soll. Wärs keine Tragödie, wärs zum Schiessen. Ein Frauenheld, ein Jet-Setter, ein Bullshit-Erzähler, der von Walk the Talk spricht und sich selbst kein bischen im Griff hat.»

Das nennt man volles Rohr. Etwas, einiges dezenter hält’s der «Blick». Er verbeisst sich in die Frage, wieso Horta-Osório behauptet, er habe «unwissentlich» gegen die Quarantäne verstossen. Schlussfolgerung: «Hätte er dabei zugeben, dass er wissentlich gegen die Quarantäne verstossen hatte, hätte er die Einleitung eines Enforcement-Verfahrens riskiert. Um seinen Kopf zu retten, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als Nichtwissen als Grund für den Verstoss anzugeben.»

Kann man Horta-Osório zurücktreten?

Damit bezieht sich der «Blick» darauf, dass wir im Prinzip eine Überwachungsbehörde für den Finanzplatz haben. Allerdings hat die FINMA noch nie einen Grossen ernsthaft geärgert. Alle Schweinereien, die die CS bislang anstellte, hatten noch nie Sanktionen zur Folge, persönliche Konsequenzen. Obwohl die FINMA die sogenannte Gewähr entziehen kann, also die Lizenz zum Banking in höheren Kreisen. Und ohne diese Gewähr muss der Banker zurücktreten.

Nun ist es aber mit dem Rücktritt so eine Sache. Während jedes Geschäftsleitungsmitglied vom Verwaltungsrat gefeuert werden kann, ist es bei seinen Mitgliedern schwieriger. Das entschied schon den Machtkampf zwischen Tidjane Thiam und Urs Rohner. Der konnte feuern, konnte aber nicht gefeuert werden.

Schöne Sammlung des «Blick».

Das kann bei einem VR nur das Gremium, das ihn gewählt hat. Also die Generalversammlung der Aktionäre. Das ist noch nie geschehen bei einer Grossbank, und es wäre auch äusserst unwahrscheinlich, dass eine ausserordentliche Versammlung mit einem Traktandum einberufen würde und dann erst noch eine Mehrheit für Abschuss zustande käme.

Also befindet sich die CS in der ungemütlichen Lage, dass der VR seinen Präsidenten höchstens beknien kann, für das Ganze, für den Ruf, angesichts der Umstände, unter Verdankung der geleisteten Dienste («wir werden dann auch ausdrücklich unseren Respekt bekunden, gell António») – freiwillig zurückzutreten.

Rücktritt oder klammern: beides ist fatal

Auch das ist kitzlig. Denn ob Horta-Osório diesem Ansinnen folgen würde oder nicht: Was ist von einer Bank zu halten, in der ihr Präsident zum Rücktritt gedrängt wird? Oder was ist von einer Bank zu halten, deren Präsident sich an seinem Stuhl festklammert?

Da hat Hässig schon recht, er formuliert, was sich der «Blick» noch aufspart:

«Horta-Osório hat CS maximalen Schaden zugefügt.»

Man darf gespannt sein, ob spätestens der SoBli nachlegt. Der versemmelte ja seine Berichterstattung über den Ex-VRP von Raiffeisen. Da wäre Wiedergutmachung gefragt. Und natürlich hofft jeder der wenigen verbliebenen Chefredaktoren in der Schweiz darauf, den Blattschuss ansetzen zu können.

Ach, und wieso hat eigentlich der CS-Boss diese Dummheit begangen? Dafür muss man kein Diplompsychologe sein. Weil er’s kann. Weil er sich zu wichtig nimmt. Weil er annahm, dass das sowieso nicht rauskommt. Weil er den möglichen Schaden völlig falsch einschätzte.

Oder ganz einfach: weil er ein Banker ist.

 

 

 

«Dichte an Schwachsinn»

Diesem Kommentar zu David Kleins neustem Schmierenstück auf «Inside Paradeplatz» ist zuzustimmen.

Leider lehnte es Lukas Hässig ab, folgende dringend nötige Replik auf seinem Finanzblog zu veröffentlichen.

Die Nazizeit. Flüchtende Juden müssen sich von ihren Besitztümern trennen, meistens leicht transportable Gemälde. Profiteure nützen diese Notlage skrupellos aus. Übler geht’s nicht. Doch. Wenn diese verworfenen Subjekte für billiges Geld diese Kunstwerke erwerben, das sie mit Waffenverkäufen gemacht haben. Unter anderem mit Lieferungen an die Faschisten in Europa.

Also ist der «Kriegsgewinnler und Nazi-Kollaborateur Emil C. Bührle» sowohl moralisch wie menschlich gesehen das Allerletzte. Schande seines Angedenkens, hoffentlich haben seine Nachkommen den Nachnamen gewechselt.

Aber es ist schlimmer: Die Debatte um die Ausstellung seiner Gemälde im Neubau des Kunsthauses Zürich sei «eine moralische Bankrotterklärung», schäumt David Klein. Er hat’s keine Nummer kleiner, und in seinem ewigen Furor vergreift er sich ständig im Ton – und an den Fakten.

Mit dem Furor eines Grossinquisitors

Das fängt bei Banalem an, der Mann hiess Emil G. (wie Georg) Bührle (inzwischen auf meinen Hinweis hin korrigiert), hört aber bei Grösserem nicht auf. Wie jeder Fanatiker verfolgt Klein mit grossem Zorn alle, die nicht haargenau seine Auffassungen teilen. Denn seine sind unbezweifelbar richtig, daher moralisch überlegen, daher berechtigen sie ihn, allen unanständig in die Eier zu treten, die sie nicht teilen.

Da wäre Peter Rothenbühler, der die Ausstellung als Kunstgenuss begrüsst; der diene sich dem Direktor der Bührle-Stiftung an und bemühe «als leuchtendes Beispiel der Moral» den «berüchtigten Kunst-Baron und Wahlschweizer Thyssen-Bornemiza». Kleiner Schönheitsfehler: Rothenbühler tut weder das eine, noch das andere. Könnte man nachlesen, wenn man wollte.

Blut an der roten Weste des Knaben von Cézanne?

Dann vergleicht Klein in seiner Raserei die Untaten der Familien Thyssen und Krupp im Deutschland der Nazizeit mit denen Bührles in der Schweiz. Die Relativierung von Untaten ist immer ein schwieriges Geschäft, aber die Waffenschmieden in Deutschland und die Hitler-Unterstützer Thyssen und Krupp mit Bührle zu vergleichen, das ist kein starkes Stück mehr, das ist zutiefst unanständig, demagogisch, unverhältnismässig.

Aber all diese schrägen Ausflüge in die Geschichte, wie Klein sie sieht, dienen nur dazu, Rothenbühler kräftig eine reinzuwürgen: «„Stopp“ rufen sollte man eher bei Rothenbühlers unqalifizierter, empathieloser und unmoralischer Täter-Opfer-Umkehr-Analyse der Causa Bührle.»

«Stopp» ruft schon keiner mehr bei Klein, weil man weiss, dass niemand diesen Amok bei seinen Brandrodungen aufhalten kann. Mit denen er seinem eigentlichen Anliegen, historische Gerechtigkeit durch die Suche nach Wahrhaftigkeit herzustellen, einen Bärendienst erweist.

Einer nach dem anderen wird abgewatscht

Klein nimmt sich nun der Reihe nach jeden Publizisten vor, der es wagt, die Bührle-Sammlung im Kunsthaus anders als ein Schandmal zu Unrecht erworbener Raubkunst zu sehen. Dazu gehört auch Gottlieb F. Höpli, der es «noch derber im Nebelspalter» treibe. Das erweckt bei Klein «Erinnerungen». Woran? «An Rainer Werner Fassbinders Theaterstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ und dessen antisemitisch konnotierte Hauptfigur, ein skrupelloser jüdischer Immobilienspekulant (wie wenn es keine nichtjüdischen geben würde).»

Was hat dieses Werk des deutschen Regiegenies mit Höpli zu tun? Das habe damals einen Skandal ausgelöst, während heute «Höplis Geraune nicht einmal ein Schulterzucken» zeitige. Ausser bei Klein, natürlich. Der behauptet kühn, dass ein Stück über einen jüdischen Spekulanten impliziere, dass es keine nichtjüdischen gebe. «Dichte an Schwachsinn», knapper kann man das nicht sagen.

Geht’s noch tiefer hinunter? Allerdings:

«Im tiefsten Morast der Immoralität fischt Rico Bandle beim Tages-Anzeiger, indem er mit dem „legendären Kunsthändler“ Walter Feilchenfeldt einen jüdischen Kronzeugen gegen die Historiker in Position bringt.»

Das entfacht Weissglut bei Klein, denn Bandle hat den Sohn des Kunsthändlers ausfindig gemacht, der damals den jüdischen Kaufmann Emden beim Verkauf seines Bildes an Bührle beriet. Eine der angeblich bis heute umstrittenen Notverkäufe unter Ausnützung der lebensbedrohlichen Situation von Juden. Nur widerspricht dem Feilchenfeldt Junior entschieden; sein Vater sei mit Emden auch nach 1945 in Kontakt geblieben und habe von dem nie etwas anderes als Dankbarkeit gegenüber Bührle vernommen.

Weiss, wovon er spricht: Kunsthändler Feilchenfeldt.

So geht es natürlich nicht; besonders perfid von Bandle, hier einen «jüdischen Kronzeugen in Position» zu bringen: «Dass Feilchenfeldt jüdischer Abstammung ist, macht ihn in seinem Urteil zur Raubkunst jedoch ebensowenig zur unfehlbaren Instanz, wie den AfD-Politiker Björn Höcke in seinem Urteil zu Deutschland, nur weil er Deutscher ist.» Welch geschmackvoller Vergleich.

Die Balken im eigenen Auge sieht Klein nicht

Dass das dann auch für Klein selbst gilt, auf diese naheliegende Idee kommt er in seinem Feldzug nicht. Er steigert sich aber noch, wie meist, zum abschliessenden Crescendo, masslos, sinnlos, den Leser fassungslos zurücklassend:

«„Es kommt auf die Qualität der Sammlung an, nicht auf die Person des Sammlers“, doziert Feilchenfeldt. Nun, was wäre, wenn der rechtsextreme Massenmörder Anders Breivik ein begeisterter und begnadeter Kunstsammler gewesen wäre?

Oder Josef Fritzl, der seine Tochter 24 Jahre im Keller gefangen hielt, sie unzählige Male vergewaltigte und mit ihr in Inzucht sechs Kinder zeugte, von denen eines starb, dessen Leiche er im Zentralheizungsofen verbrannte?

Würde man deren Sammlungen auch bedenkenlos ausstellen? Und warum nennt man diese Raubkunst-Sammlungen von „Qualität“ nicht einfach Göring- oder Hitler-Sammlung, wenn die „Person des Sammlers“ doch überhaupt keine Rolle spielt?»

Das wollen wir unkommentiert lassen. Denn wir führen zwar einen Doktortitel, aber nicht als Arzt.

Wir stellen nur eine – unabhängig von der Religionszugehörigkeit des Autors – bislang unbestrittene und somit richtige Feststellung dagegen:

«Von den 203 Werken der Bührle-Sammlung haben 37 im weitesten Sinne einen Zusammenhang mit NS-Verfolgung, hatten also deutsch-jüdische Vorbesitzer. 26 davon erwarb Bührle erst nach Kriegsende. Laut aktuellem Forschungsstand stammen alle Bilder aus unproblematischer Herkunft, oder man hat sich längst mit den früheren Eigentümern verständigt. Bisher konnte niemand etwas anderes nachweisen.»

Der Verkäufer dieses Monet war Bührle dankbar.

Wenn der Kunsthändler Feilchenfeldt, ebenfalls unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit, aufgrund seiner Generationen umfassenden Erfahrung mit Kunsthandel etwas sagt, sollte sich das der Nachgeborene Klein hinter die Ohren schreiben:

«Ich fände es völlig unmoralisch, das Bild zurückzufordern.» Was ein Nachkomme von Emden tut. Und:

«Die meisten dieser Historiker und Journalisten haben leider keine Ahnung, wie der Kunstmarkt zu jener Zeit funktionierte.»

Übrigens hängt auch ein Toulouse-Lautrec in der Sammlung im Kunsthaus, den sein Vater damals an Bührle verkaufte: ««Das erhaltene Geld war für meine Eltern von existenzieller Bedeutung.» Sie seien Bührle dankbar gewesen.» Wagt Feilchenfeldt zu sagen.

Über solche Verirrungen, Fehlmeinungen kann Klein nur verzweifelt den Kopf schütteln. Aber keiner kann ihm helfen.