Wo ist denn der Rücktritt?
«Blick» ballert weiter gegen den CS-Präsidenten. Gut so.
Materiell hat das Boulevardblatt seine Munitionskiste offenbar geleert. Da gibt es nur noch Rehash. Rückkehr aus London im Privatjet, damals zehntätige Quarantäne als Folge, aber nur drei Tage später muss der der Jetsetter schon weiter.
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Mit Zwischenstopp in Europa, dann nach New York. Wichtige Sitzung des Verwaltungsrats. An der nehmen zwar auch andere per Zuschaltung teil, aber António Horta-Osório liebt offenbar den Geruch nach Kerosin und Wichtigkeit. Und wenn man schon auf Firmenkosten wichtig durch die Welt düsen darf, wieso nicht.
Besonders animiert dürfte der Bankenlenker allerdings nicht im Flieger gesessen haben. Im Gegenteil, er hatte Zeit, den Schaden zu betrachten, den seine Kommunikationsberater bereits angerichtet haben.
«Verghona» auf Portugiesisch. Aber nicht im Wortschatz eines Bankers.
Zunächst die Lachnummer, dass er nicht gewusst habe, was Quarantäne bedeute. Also man dürfe zwar sein Haus nicht verlassen, aber echt jetzt, nicht mal einen Privatjet darf man besteigen? Das müsste einem ja extra gesagt werden, wirklich wahr.
Darüber konnte sich der «Blick» schon im Aufmacherartikel lustig machen. Die Rücktrittsforderung einer Arbeitsethikerin steht auch schon im Raum. Was macht man da als Nachzug?
Bum-Bum-«Blick» verbeisst sich in den CS-Boss.
Gleich drei Kräfte wirft der wiederbelebte «Blick» am nächsten Tag in die Schlacht. Deren Aufgabenverteilung war klar. Einer kaut die bekannten Tatsachen nochmal durch. Der zweite bauchpinselt den «Blick» mit einem Blick auf die internationale Resonanz, die die Story gefunden hat. Von der FAZ über Bloomberg, Reuters bis zur «Financial Times»: überall schüttelt man den Kopf über das Verhalten des Wichtigbankers, natürlich mit Erwähnung des Blatts, das die ganze Affäre publik gemacht hat.
Wie hält man die Story am Köcheln?
Aber nach der Story ist vor der Story, Ablecken der Lorbeeren und Wiederholung des Bekannten ist das eine. What’s next, wie der Ami so richtig sagt, wie geht’s denn nun weiter?
Da zeigt Lukas Hässig von «Inside Paradeplatz», wie man klotzt, nicht kleckert:
Auch im Text ballert er aus allen Rohren. Man habe bei der CS auf eine Wende gehofft, auf einen Aufräumer, aber:
«Nun haben sie einen Luftibus im Haus, der nicht weiss, wie blöd er tun soll. Wärs keine Tragödie, wärs zum Schiessen. Ein Frauenheld, ein Jet-Setter, ein Bullshit-Erzähler, der von Walk the Talk spricht und sich selbst kein bischen im Griff hat.»
Das nennt man volles Rohr. Etwas, einiges dezenter hält’s der «Blick». Er verbeisst sich in die Frage, wieso Horta-Osório behauptet, er habe «unwissentlich» gegen die Quarantäne verstossen. Schlussfolgerung: «Hätte er dabei zugeben, dass er wissentlich gegen die Quarantäne verstossen hatte, hätte er die Einleitung eines Enforcement-Verfahrens riskiert. Um seinen Kopf zu retten, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als Nichtwissen als Grund für den Verstoss anzugeben.»
Kann man Horta-Osório zurücktreten?
Damit bezieht sich der «Blick» darauf, dass wir im Prinzip eine Überwachungsbehörde für den Finanzplatz haben. Allerdings hat die FINMA noch nie einen Grossen ernsthaft geärgert. Alle Schweinereien, die die CS bislang anstellte, hatten noch nie Sanktionen zur Folge, persönliche Konsequenzen. Obwohl die FINMA die sogenannte Gewähr entziehen kann, also die Lizenz zum Banking in höheren Kreisen. Und ohne diese Gewähr muss der Banker zurücktreten.
Nun ist es aber mit dem Rücktritt so eine Sache. Während jedes Geschäftsleitungsmitglied vom Verwaltungsrat gefeuert werden kann, ist es bei seinen Mitgliedern schwieriger. Das entschied schon den Machtkampf zwischen Tidjane Thiam und Urs Rohner. Der konnte feuern, konnte aber nicht gefeuert werden.
Schöne Sammlung des «Blick».
Das kann bei einem VR nur das Gremium, das ihn gewählt hat. Also die Generalversammlung der Aktionäre. Das ist noch nie geschehen bei einer Grossbank, und es wäre auch äusserst unwahrscheinlich, dass eine ausserordentliche Versammlung mit einem Traktandum einberufen würde und dann erst noch eine Mehrheit für Abschuss zustande käme.
Also befindet sich die CS in der ungemütlichen Lage, dass der VR seinen Präsidenten höchstens beknien kann, für das Ganze, für den Ruf, angesichts der Umstände, unter Verdankung der geleisteten Dienste («wir werden dann auch ausdrücklich unseren Respekt bekunden, gell António») – freiwillig zurückzutreten.
Rücktritt oder klammern: beides ist fatal
Auch das ist kitzlig. Denn ob Horta-Osório diesem Ansinnen folgen würde oder nicht: Was ist von einer Bank zu halten, in der ihr Präsident zum Rücktritt gedrängt wird? Oder was ist von einer Bank zu halten, deren Präsident sich an seinem Stuhl festklammert?
Da hat Hässig schon recht, er formuliert, was sich der «Blick» noch aufspart:
«Horta-Osório hat CS maximalen Schaden zugefügt.»
Man darf gespannt sein, ob spätestens der SoBli nachlegt. Der versemmelte ja seine Berichterstattung über den Ex-VRP von Raiffeisen. Da wäre Wiedergutmachung gefragt. Und natürlich hofft jeder der wenigen verbliebenen Chefredaktoren in der Schweiz darauf, den Blattschuss ansetzen zu können.
Ach, und wieso hat eigentlich der CS-Boss diese Dummheit begangen? Dafür muss man kein Diplompsychologe sein. Weil er’s kann. Weil er sich zu wichtig nimmt. Weil er annahm, dass das sowieso nicht rauskommt. Weil er den möglichen Schaden völlig falsch einschätzte.
Oder ganz einfach: weil er ein Banker ist.
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