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«Blick» im Tal der Beliebigkeit

Wie macht man Boulevard ohne Boulevard?

10 Prozent. Minus. Die Auflage von «Blick» und «Sonntagsblick». Der «Blick» verkauft noch etwas mehr als 80’000 Exemplare. Bei Zahlen gibt es in der «Blick»-Familie nur zwei Varianten. Sie zeigen nach unten – oder bleiben geheim.

Einschaltquote bei «Blick TV»? Sendepause. Erfolg der Bezahlschranke «Blick+»? Geheim. Ein Bild sagt da mehr übers Elend als viele Worte:

Dafür soll im Ernst jemand zahlen? Wenn das «Das Beste» ist, man wagt sich nicht vorzustellen, was dann das Schlechteste von «Blick+» wäre.

Verunglücktes, aber schweineteures Redesign des Logos – eine Übung, die man immer macht, wenn einem nix einfällt; siehe Post, siehe Sunrise.

Ein erfolgreicher Oberchefredaktor: mit nebulöser Begründung in die Zwangsferien geschickt, dann ganz abgesägt. Als Nachfolge ein Duo mit Quotenfrau, die sicher etwas von Sport versteht. Der Chefredaktor des SoBli wirft das Handtuch und wird durch einen Mikrophonständer ersetzt.

Aber das alles könnte man noch zur Not als Begleiterscheinungen einer allgemeinen Medienmisere schönreden. Aber dann hätten wir noch den Inhalt, moderndeutsch Content. Die Marke «Blick» hat Jahrzehnte daran gearbeitet, für Boulevard zu stehen. Für grosse Buchstaben, bunte Bilder, Sex, Crime und Kampagnen. Für Aufreger, für Volkes Stimme, für die Artikulierung all dessen, wozu der Arbeiter, der Angestellte sagt: so ist es, endlich sagt’s mal einer.

«Blick» stand für: wir zeigen’s denen da oben. Wir sagen es einfach und klar. Wir halten im Zweifelsfall den feuchten Finger in den Wind und richten uns danach, was Volkes Stimme so murmelt, um das als Lautsprecher weiterzutransportieren.

Natürlich hatte der «Blick» schon früher, nach den gloriosen Zeiten von Peter Übersax, kleinere Schwächeanfälle. Unvergessen die Einrichtung eines «Feuilletons» für den lesenden Lastwagenfahrer. Dann gab es den Flop «Blick Basel», aber seit der Einfluss des Hausgespensts Frank A. Meyer schwindet, sind solche Merkwürdigkeiten nicht mehr vorgekommen. Der Leser muss nur noch seine wöchentliche Kolumne überblättern.

Viel gravierender ist, dass dem «Blick» der Markenkern zerstört worden ist. Die oberste Verantwortliche mit extrabreiter Visitenkarte, Ladina «Resilienz» Heimgartner, hat es in einem Interview gnadenlos auf den Punkt gebracht:

«Wir nennen es nicht mehr Boulevard. Wir verstehen uns als Newsplattform, die schnell ist und auch komplexe Themen sehr einfach erklären und erläutern kann. Dabei stellen wir immer den Menschen ins Zentrum – das macht uns aus, dafür stehen wir.»

Dazu gebe es hinter der Bezahlschranke viel Service und Ratgeber – obwohl das Internet vor Gratis-Ratgebern geradezu platzt.

Man kann versuchen, aus Twitter X zu machen. Das geht, wenn der Markenkern von Twitter erhalten bleibt. Man kann einen Namen ändern, wenn er verbrannt ist. Aber ein Geschäftsmodell, eine USP, einen Markenkern, durchaus auch ein Erfolgsmodell ohne Not ändern – das ist fatal.

Das verunsichert den Leser und den Inserenten. Ständige Wechsel in der Führungsetage – ohne Erklärungen – verunsichert die Redaktion. Als Leser statt verstanden belehrt werden, statt kritisch die Mächtigen begleiten eine Standleitung zur Regierung haben, statt die Vorteile des Boulevard auszuspielen, kastrierte woke Storys abliefern: das ist alles das Gegenteil von richtig.

Dazu kommt noch Intransparenz. Die Ergebnisse der gross angekündigten Untersuchung gegen den scheibchenweise gekillten Oberchefredaktor Christian Dorer: bleiben geheim. Wie die «Blick»-Familie mit diesem Personal und dieser obersten Verantwortlichen aus der Abwärtsspirale herausfinden will: geheim. Wie der «Blick» weiterhin erfühlen will, was in der Bevölkerung so vorgeht, nachdem fast alle lokalen Korrespondenten und altgedienten Boulevard-Journalisten entsorgt und durch Kindersoldaten im Newsroom ersetzt wurden: unbekannt.

Wie ein Ein-Man-Investigativteam mit einem Journalisten, der über seine eigenen Füsse stolpert, Skandale aufdecken und Aufreger produzieren will: nicht nachvollziehbar. Weinwissen und Tipps für Hobbygärtner, keine Sex-Beratung mehr, inzwischen berichtet selbst der Tagi boulevardesker als der «Blick»: das ist Desaster mit Ansage. Weiblich, grün und lieb – statt männlich, kantig und böse: den «Blick» so zu enteiern, das macht ihn zum Eunuchen. Zum Zombie. Zum komatösen Patienten auf der Intensivstation. Bis dann jemand die Geräte abschaltet.

Frauen an die Macht

«Blick», «Blick», hurra!

Ringier vermeldet das Erwartete: «Buchli und Inguscio übernehmen den Blick-Newsroom».

Genauer: «Steffi Buchli übernimmt den Bereich «Content», Sandro Inguscio den Bereich «Digital & Distribution». Beide gehören künftig der Geschäftsleitung an.»

Ach, war da nicht noch was, noch so einer, über dessen Schicksal nichts vor Ablauf seiner Auszeit am 12. September gesagt werden sollte? Doch, da war noch einer:

«Im gegenseitigen Einvernehmen und basierend auf dem Culture Audit haben die Ringier-Spitze sowie der bisherige Chefredaktor der Blick-Gruppe, Christian Dorer, entschieden, dass Dorer sein Amt nach seiner Auszeit nicht wieder aufnimmt.» Plus Packungsbeilage: In den kommenden Wochen werde «definiert, ob und in welcher journalistischen Funktion …» Die Gespräche seien «aufgenommen worden und auf gutem Weg».

Das muss man nun abschmecken. Auch auf die Gefahr hin, schon wieder als frauenfeindlich abgestempelt zu werden: eine in der Wolle gefärbte Sportjournalistin soll zukünftig für den gesamten Inhalt eines doch immer noch einigermassen relevanten Organs verantwortlich zeichnen? Hat Ringier denn das abschreckende Beispiel von Tamedia nicht zur Kenntnis genommen, was passiert, wenn nach Geschlecht befördert wird?

Und Inguscio wäre dann nur sozusagen für das Formale zuständig, also den Inhalt auch gebührend unter die Leute zu bringen, natürlich vor allem «Blick+». Mission impossible, muss man leider jetzt schon sagen. Immerhin, Buchli ist nicht etwa Chefredaktor geworden, sondern wurde eher seitwärts befördert. Denn vorher war sie das ad Interim, nun ist sie «Chief Content Officer». Das ist Management-Blabla und hat eigentlich nichts mit Journalismus zu tun.

Schliesslich wurde die Entscheidung, Dorer begründungslos endgültig zu entsorgen (etwas anderes ist das ja nicht, vielleicht bekommt er noch einen Job als «besondere Aufgaben»-Mann), von der «Ringier-Spitze» gefällt. Wer das wohl ist? Die direkte Verantwortliche Ladina Heimgartner? CEO Marc Walder? Michael Ringier himself? Alle zusammen?

Hier scheint es ja ein gröberes Problem zu geben. Hätte der «Culture Audit», was immer das sein mag, ein nachweisbares Fehlverhalten von Dorer zu Tage gefördert, hätte das wohl erwähnt werden müssen. Denn für nix und wieder nix sägt man doch nicht von einem Tag auf den anderen den erfolgreichen «Blick»-Oberchefredaktor ab, der immerhin sechs Jahre lang das Schiff recht skandalfrei durch die Wellen steuerte und auch alle hinderlichen Zwischenrufe von weiter oben solidarisch überhörte.

Aber statt Erklärungen folgt nur noch das übliche Gewäsch. « … sind gut aufgestellt … Position weiter ausbauen und festigen … Christian Dorer danke ich im Namen der Blick-Gruppe, aber auch des Ringier Group Executive Boards …»

Der arme Dorer kann sich nur das hier abringen: «In den vergangenen sechs Jahren hatte ich das Privileg …»

Aha. Und wie ist das nun genau mit der bevorzugten Behandlung einer bestimmten Mitarbeiter-Gruppe und nicht genügende Trennung von Privat und Geschäft? Das habe doch lückenlos und brutalstmöglich aufgearbeitet und aufgeklärt gehört, tönte damals Ringier. Und jetzt? Ist wohl das ähnliche Hornberger Schiessen wie die «Aufklärung» der anonymen Vorwürfe von 78 Tamedia-Frauen. Grosse Kriegstänze – dann gehen alle friedlich nach Hause.

Gegen diesen Abgang von Dorer ist selbst das Bauernopfer Arthur Rutishauser noch anständig abgesägt worden. Es gab nie auch nur im Ansatz konkrete Vorwürfe gegen Dorer (ausser, man will seine sexuelle Orientierung gegen ihn ins Feld führen), es gab in den vergangenen Monaten kein Sterbenswörtchen gegen ihn, was in den klatschsüchtigen Medien was heissen will. Also hätte er sich in der Illusion wiegen können, dass eine entscheidungsoffene Untersuchung ihn genauso ent- wie belasten könnte.

Aber das wäre mit einem Gesichtsverlust seiner direkten Vorgesetzten verbunden gewesen, die ihn auf diese grausame Weise exekutierte. Ein guter Mann weg, eine überforderte Führungskraft mit dem richtigen Geschlecht als Ersatz, eine Hilfsstütze an der Seite, der Titel Chefredaktor wird immerhin nicht mal in den Mund genommen, ein heruntergewirtschaftetes Blatt ohne Boulevard, Kanten und Ecken, ein kastrierter SoBli mit einem Mikrophonständer als Chefredaktor, das werden gloriose Zeiten für die glückliche «Blick»-Familie.

Selbstkritik. Immer

ZACKBUM räumt ein: wir brechen Versprechen.

Bis Christian Dorer auch offiziell nie mehr zurückkehrt, wollten wir ein Schweigegelübde zur «Blick»-Familie einhalten. Aber wir sind schwach, schwankend, können Versuchungen nicht widerstehen. Denn es gibt eine Art von Publikumsverarsche, deren Schamlosigkeit einem (fast) den Atem verschlägt. Die zeigt sich hier:

Schlimmer noch: der Mann, den wir hier nie mehr erwähnen wollten, hat mal wieder höchstpersönlich das Mikrophon hingehalten. Ein Chefredaktor als Mikrophonständer, so tief kann man sinken. Nach dem Gefälligkeitsinterview mit dem Rammstein-Anwalt nun da capo mit dem SRG-Chef Gilles Marchand. Der lanciere «den Kampf gegen Halbierungsinitiative», indem er lässig im Freischwinger sitzt und bedeutungsvoll die Finger vor der weissen Hemdbrust verschränkt.

Gleich den Titel plus vier Seiten räumt der SoBli dem nicht unumstrittenen SRG-Boss (Jahreseinkommen weit über eine halbe Million) ein. Inhalt? Vorläufig nebensächlich. Denn das Gefälligkeitsinterview beginnt – wir müssen den Namen wieder nennen – Reza Rafi mit «zwei Erzählungen», die es über den «öffentlichen Rundfunk in der Schweiz gebe». Eine dritte in eigener Sache enthält er aber dem SoBli-Leser vor.

Die ginge so: seit 2017 arbeiten Ringier und die SRG im «Bereich tagesaktueller Videoinhalte» zusammen. 2020 wechselte Ladina Heimgartner, zuvor stellvertretende Generaldirektorin SRG SSR und Direktorin RTR, zu Ringier und ist dort nicht nur in der Geschäftsleitung, sondern auch für die «Blick»-Gruppe zuständig.

Schon seit 2015 betrieb Ringier einen Zusammenschluss in der Werbevermarktung zwischen SRG, Swisscom und dem Medienhaus. Daraus entstand dann 2016 Admeira, ein vielkritisierter Zusammenschluss. Bereits 2018 kauften Swisscom und Ringier der SRG ihren 33,3-Prozent-Anteil ab; 2020 stieg auch Swisscom wieder aus und Ringier übernahm Admeira zu 100 Prozent. Admeira vermarktet weiterhin das Swisscom-Inventar im Internet. Plus das Werbeinventar von SRG SSR, von MySports und natürlich von «Blick TV». 2021 wurde der Vertrag zwischen SRG und Ringiers Admeira bis 2025 verlängert.

Vielleicht hätte es dem SoBli-Leser geholfen, mit dieser Erzählung das Interview besser einzuordnen.

Stattdessen darf Marchand seitenlang das sagen, was er schon immer mal zur Halbierungsintiative sagen wollte, wie heutzutage üblich begleitet von pseudokritischen Fragen, auf die er dann souverän sein Wording abspulen darf, ohne in die Zange genommen zu werden: «Diese Initiative ist radikal. Mit 700 Millionen Franken im Jahr müssten wir die Hälfte abbauen, wir stünden vor einer ganz neuen Situation. Diese Initiative ist eine Attacke auf die Schweiz und ihre Vielfalt … Denn wir spüren, dass die Bevölkerung uns unterstützt, dass sie den Zusammenhalt des Landes extrem schätzt, für den wir stehen Die privaten Medien haben eine schwierige Zeit, das ist mir klar, ich war selber Medienmanager, übrigens auch bei Ringier. Aber wir als SRG müssen da sein, wo unser Publikum ist. Und ein grosser Teil, gerade die Jungen, orientiert sich nun mal online.»

Dann darf Marchand nochmals das Märchen der Einsparung von 100 Millionen auftischen und überhaupt alle Kritik, die ihm Rafi auf dem Silbertablett serviert, abtischen.

Eine Frage zu den exorbitanten Gehältern, zur Anzahl Sesselfurzer, zum Riesenbudget, dazu, dass der Staatsfunk, Pardon, der Zwangsgebührensender, im Tessin der grösste Arbeitgeber ist und auch in Chur ein völlig überdimensioniertes Hauptquartier unterhält, eine Frage zur Ukraine-Berichterstattung oder zum Riesenflop vorletzte US-Präsidentschaftswahlen, eine Frage zu so vielem, was bei der SRG im Argen liegt? Eine Frage dazu, dass SRF Meteo konsequent bis zu 7 Grad zu hohe Temperaturen prognostiziert? Aber doch nicht im SoBli.

Dann sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Oder wollen Sie von den beiden Herren rechts einen Preis verliehen bekommen?

An einem Anlass namens «Dîner républicain» in Ascona, zu dem Frank A. Meyer und seine Lebensgefährtin Lilith Frey auf Kosten von Ringier laden. Früher nahmen jeweils illustre Gäste teil, aber seitdem der Ringier-Berater und Freund «lupenreiner Demokraten» Gerhard Schröder etwas in Ungnade gefallen ist, reicht es nur mehr für die zweite Garnitur wie einen «stellvertretenden NATO-Generalsekretär», einen früheren deutschen Bundespräsidenten mit leerem Terminkalender, natürlich Marco Solari und Livia Leu.

Selbst dem Hofberichterstatter des SoBli ist die Sache so peinlich, dass er auf eine Zeichnung des Artikels mit seinem Namen gerne verzichtet. Oder aber, er war sauer, weil er nicht mitessen durfte.

Auf der nächsten Seite gibt es nochmal Frank A. Meyer, aber abgesehen davon, dass auch der hier nicht mehr vorkommen soll: das wäre zu viel für unsere Leser, wir haben da eine gewisse Fürsorgepflicht.

Dann weiss der SoBli: «Hunderte Ukrainer verlassen die Schweiz jeden Monat» und kehrten zurück. Damit wird die Zahl der rund 85’000 ukrainischer Asylbewerber sicherlich dramatisch abnehmen. Wobei ein nicht bekannter Prozentsatz sich im hochkorrupten Land für rund 2500 Franken den Pass zuerst gekauft hat.

Garniert wird die Story mit einer Grafik:

Das ist nun lustig. Die «Schweizer Flüchtlingshilfe», nicht gerade als fremdenfeindlich bekannt, spricht von 84’000 Gesuchen um Erhalt des Schutzstatus S seit Februar 2022 bis Juni 2023. Das sackseriöse Portal «Statista» verzeichnet Ende Juni 2023 «65’725 ukrainische Personen im Asylprozess der Schweiz».

Selbst das Schwesterblatt «Blick» schreibt von «rund 66’000 Ukrainerinnen und Ukrainern», die derzeit «über einen aktiven Schutzstatus S» verfügten. Vielleicht könnte sich die «Blick»-Familie mal miteinander austauschen, welche Grafik man zukünftig herstellen will und wie man die Zahlen gerne manipulieren möchte. Der Titel des «Blick»-Artikels vom Mai dieses Jahres lautete übrigens: «14’000 Ukrainer kehrten der Schweiz den Rücken».

Tja, auch demagogische Verdrehung der Realität will gelernt sein.

Das Ein-Mann-Investigativteam des SoBli hat dann auch wieder zugeschlagen. Fabian Eberhard warnt: «Scientology-Anhänger betreiben Kita in Zürich». In der Kindertagesstätte «Schlümpfli» würden «bis zu zwölf Kinder betreut», weiss Eberhard. Hat er das knallhart selber investigiert? Nicht wirklich, er ist über einen Blog-Beitrag von Anti-Scientology-Aktivisten gestolpert, die auf diese Kita hinweisen.

Natürlich wehrt sich die umstrittene Sekte gegen jegliche Vorwürfe, wie Eberhard pflichtschuldig vermeldet. Dagegen schneidet er aber die Aussagen eines «Sektenexperten» und einer Aussteigerin aus der Hubbard-Gesellschaft. Was man etwas vermisst, damit das ein richtiger Skandal werden könnte: und was passiert mit den dort betreuten Kindern? Aber Reportagen vor Ort bei Kitas, das ist weder die Sache der «Republik», noch von Eberhard. Die Spürnase hat ja nicht mal die Büroräumlichkeiten des Internet-Radios «Kontrafunk» gefunden.

Ach, wenn wir schon bei Schleimspuren sind:

Überraschenderweise hat nicht Marc Walder persönlich das Interview gemacht. Es ist Zeit, berauschende Mittel oder mindestens einen Kamillentee zu nehmen, denn nun kommt noch das SVP-Schaf auf einer Doppelseite zu seiner Würdigung.

Spätestens hier bereut ZACKBUM endgültig seinen Rückfall, seine gebrochenen Versprechen. Denn:

Sie sei «das schwarze Schaf der Schweizer Politik, genau wie Christoph Blocher», behauptet die «junge muslimische Frau mit Migrationshintergrund». An Selbstbewusstsein mangelt es der Bachelorette der Politik nicht, sie spricht immer gerne mit dem SoBli. Wird sie allerdings von ZACKBUM gefragt, ob sie ihre schlagzeilenträchtige Behauptung, sie bekomme bis zu 100 Hassmails am Tag, vielleicht mit ein, zwei Beispielen belegen könne, verstummt sie.

ZACKBUM gesteht: wer Versprechen bricht, geht dann durch die Hölle. Oder watet im Sumpf. Und braucht einen Gimlet. Oder zwei. Oder drei. Wobei: schönsaufen ist auch keine Lösung. Aber es hilft.

 

Reza Reinfall

Sprecht nicht mit diesem Mann!

Wer mit dem frischgebackenen Chefredaktor des «SonntagsBlick» ein paar Worte wechselt, tut das auf eigene Gefahr. Während seine Oberchefin Ladina Heimgartner gerade Loblieder auf die neue Bezahlschranke beim «Blick» singt, weil die angeblich Qualität garantieren würde, benimmt sich Reza Rafi – im Duett mit seiner interimistischen Chefin Steffi Buchli – qualitätslos unanständig.

Marco Rima machte den Fehler, mit Buchli und Rafi mehr als ein paar Worte zu wechseln, genauer, ein Interview zu führen. Rima ist nicht nur einer der erfolgreichsten Komiker der Schweiz, sondern wurde als Kritiker der Corona-Massnahmen vom «Blick» kräftig gebasht. Denn bekanntlich sorgte die Standleitung zwischen Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset dafür, dass all dessen Fehlentscheide angehimmelt wurden, dagegen wurde Rima als angeblicher «Corona-Leugner», Verschwörungstheoretiker und auf Abwege geratener Irrwisch beschimpft.

Also dachte sich Rima, der leider an das Gute im Menschen glaubt, dass Ringier ihm hier eine Gelegenheit geben wollte, ein paar Dinge klarzustellen, schliesslich wurde ihm zugesichert, dass er frei reden dürfe und nicht zensiert werde.

Bei der Orthografie helfen Korrekturprogramme. Gedankenleere ist allerdings nicht korrigierbar. Zum banalen Anfängerwissen gehört, wie man ein mündlich auf Schweizerdeutsch geführtes Interview verschriftlicht. Das ist keine Kunst, sondern biederes Handwerk.

Manche Interviewpartner sprechen druckreif, andere mäandern, umkreisen eine Antwort, brechen ab, setzen neu an. Wie es halt in einem Gespräch üblich ist. Die Aufgabe des Journalisten ist dann, daraus eine schriftliche, lesenswerte Fassung zu destillieren, die den Wesensgehalt der Antwort möglichst nahe am Sprachgebrauch des Interviewten wiedergibt.

Das lernt der Journalist in Anfängerkursen. Falls er keine besucht hat, bringt es ihm ein erfahrener Kollege, ein Textchef, ein Produzent bei.

Wenn gleich zwei Chefs den Ständeratskandidaten Rima interviewen, sollte das Resultat chefwürdig sein. Insbesondere, da die Ausgangslage komplex ist. Hier Ringier mit seinem direkten Draht zum damaligen Gesundheitsminister Berset, mit seiner beflissenen und lobhudelnden Unterstützung aller staatlicher Massnahmen während der Pandemie.

Dort Rima, der sich vom Comedian zum besorgten Kritiker dieser Massnahmen wandelte. Dafür vom «Blick» mit Anlauf in die Pfanne gehauen und gebasht wurde. Als angeblicher Heuchler, der Corona-Entschädigungen bezog, aber die Regierung kritisiere. Dass es sich lediglich um eine ungenügende Ausfallsumme handelte, die allen Zuger Künstlern ausbezahlt wurde und mit der lediglich 80 Prozent des durch die Massnahmen entstandenen Schadens gedeckt wurde, verschwieg «Blick».

Bei dieser Vorgeschichte hätte man besondere Sorgfalt bei der Verschriftlichung erwarten dürfen. Schon alleine deswegen, weil Buchli und Rafi wussten, dass Rima ihre Fassung zum Autorisieren bekommt.

ZACKBUM konnte Einblick in die SoBli-Fassung nehmen. Es ist erschütternd. Es ist eine Verschriftlichung auf einem Niveau, die jedem Praktikanten um die Ohren geschlagen würde, begleitet von der Frage, ob er sich nicht vielleicht einen anderen Beruf suchen möchte.

Man will den beiden «Blick»-Heros fast zubilligen, dass sie absichtlich und bösartig mit dieser Holper-Stolper-Fassung Rima als Depp darstellen wollten. Es ist aber wohl noch schlimmer: sie können es nicht besser.

Ein Chefredaktor muss nicht schreiben können. Aber wenn er es tut, dann sollte er ein gewisses Vorbild sein. Ein Chefredaktor muss nicht interviewen können. Sollte er es tun, muss das Resultat Minimalansprüchen an Niveau und handwerklicher Beherrschung genügen.

Kostprobe? Bitte sehr. Die Eingangsfrage lautete, ob Rima wirklich Lust habe, sich als Ständerat in komplizierte Dossiers einzuarbeiten. Seine Antwort in der «Blick»-Version:

«Erstens müsste ich mich in gewisse Themen einlesen. Zweitens reagiere ich auf gewisse Entscheide, die gerade eben im Ständerat gefällt wurden. Windkraft in den Bergen, zu Null Stimmen! Aber ich komme von woanders her, ich bin nicht der klassische Politiker. Ich komme von einem Ort her, an dem die Familie zuvorderst steht. Die Familie ist der Anfang der Politik. Die Familie ist die Kinderstube, in der die Auseinandersetzung, der Umgang miteinander gelehrt wird.»

So ging’s dann holterdipolter weiter. Kein Wunder, dass dem Komiker hier der Hut hoch und der Humor verloren ging. Also redigierte er kräftig, was erlaubt ist. Zudem strich er Passagen und ersetzte sie durch ihm wichtigere Anliegen. Was grenzwertig ist.

Im professionellen Journalismus, das räumt sogar der SoBli ein, ist das durchaus üblich. Oder anders gesagt: wäre der Interviewtext so vom Kommunikationsfuzzi von Berset zurückgekommen, hätte der «SoBli» ihn ehrfürchtig unverändert abgedruckt.

Normalerweise greift sonst der Interviewer zum Telefonhörer und rauft sich mit dem Interviewten in einem manchmal länglichen und strapaziösen Gespräch zusammen. Ein Geben und Nehmen. Nur ganz, ganz selten gelingt das nicht.

Hier aber bekam Rima die trockene Antwort: «Nein, wir wollen dieses Interview nicht veröffentlichen.» Mit der freundlichen Bitte um Verständnis. Okay, dachte sich Rima, dann halt nicht. Wir haben’s probiert, hat nicht funktioniert. Shit happens. Deckel drauf.

Das dachte er solange, bis er am Sonntag das Schmierenblatt aufschlug und dort auf zwei Seiten eine Hinrichtung lesen musste. Er habe wild herumgefuhrwerkt im Text, verändert, so gehe das nicht. Auf einer Seite wurde nochmals mit ihm abgerechnet, was ein Leichtes ist, wenn das Opfer nicht widersprechen kann. Rima sei vom «Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs» geworden, wird er angepflaumt.

Das ist schon mal unanständig. Widerwärtig wird’s, wenn das ausgelassen wird, was in den ganz seltenen Fällen sonst passiert, wenn eine Redaktion den Nicht-Abdruck eines Gesprächs publik macht und begründet. Dann wird das mit Beispielen untermauert, wieso solche massiven Veränderungen nicht akzeptiert werden konnten und auch keine Einigung über eine gemeinsame Fassung möglich war.

Rafi und Buchli verzichteten aber konsequent auf Beispiele. Wer die Originalversion gesehen hat, versteht, warum. Rafi und Buchli verzichteten auch darauf, mit Rima in den Clinch zu gehen, welche Veränderungen akzeptabel seien und welche nicht. Sie baten um Verständnis für ihren Entscheid – und hatten zeitgleich bereits die öffentliche Hinrichtung Rimas auf dem Schirm.

Das ist kein Beitrag zur Qualitätssteigerung. Das ist handwerklich ein Pfusch. Das ist zudem hinterfotzig und bösartig. Rima zitiert in diesem Zusammenhang einen grossartigen Gedanken des amerikanischen Verlegers Joseph Pulitzer, dessen Preis niemals in diesem Leben und im nächsten ein «Blick»-Schreiberling bekommen wird:

«Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst

Daran arbeitet der Ringier-Verlag unermüdlich. Angeführt von Figuren wie Rafi und Buchli, denen man jegliche Kenntnis journalistischer Ehre absprechen muss. Dass sie Meinungsbüttel sind, ist nicht ihre schlimmste Eigenschaft. Sie beherrschen nicht einmal ihr Handwerk, sollten als Chefredaktor aber Vorbild sein.

Eigentlich müssten beide nach einer gewissen Schamfrist entlassen werden. Das wäre endlich mal ein Entscheid von Ladina Heimgartner, Marc Walder oder Michael Ringier, dem man aus vollem Herzen applaudieren könnte.

«Blick» plustert, reloaded

Ladina Heimgartner gewährt ein Interview. Es darf gelacht werden.

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Was der Tagi im Allgemeinen ist, ist persoenlich.com im Speziellen, im Kommunikationsbereich. Wer eine gewisse Bedeutung hat und ein Interview geben will, in dem er unbelästigt von kritischen Fragen was sagen möchte, ist hier richtig.

Also stellte sich Ladina Heimgartner (die Dame mit der extrabreiten Visitenkarte dank Ämterakkumulation) den Wattebauschfragen von Nick Lüthi (ehemals «Medienwoche», dann kä Luscht).

Immerhin, während es bei Tamedia häufig ärgerlich ist, kommt hier der Humor nicht zu kurz. Allerdings der unfreiwillige. Wieso habe denn der «Blick» so lange gezögert, eine Bezahlschranke einzuführen? «Die Zeit war bis jetzt einfach nicht reif. … Je mehr oben in den Trichter reinkommt, desto grösser ist die Chance, dass unten etwas hängenbleibt.»

Hä? Wodurch ist denn die Zeit reif geworden? Was unterscheidet die reife Zeit von der unreifen? Ist ein Trichter ein Gefäss, bei dem unten etwas hängenbleibt? Wieso kennen wir diese Art von Trichter bislang nicht? Gibt es vielleicht eine Zeichnung davon? So wie vom Yeti?

Wie reifte denn die Entscheidung? Heimgartner habe sich umgeschaut und umgehört: «alle haben uns gesagt: «Macht das, habt keine Angst!» Diesen Ratschlag bekamen wir überall.» Als furchtlose Kämpferin für Resilienz, dabei verantwortlich für den grössten Auflageschwund im Schweizer Medienmarkt, hat Heimgartner dann die Bezahlschranke hochgezogen.

Aber damit ist sie noch nicht am Ende des Lateins, wohl weil sie Romanisch kann. Denn sie fragt sich – wohl im Meyerschen Sinne –, was denn die Aufgaben der Medien seien: «Früher war die Antwort ganz klar: informieren und unterhalten. Heute sollten grosse Medientitel – und der Blick ist nun mal einer der grössten – Begleiter in allen Lebenslagen sein.» Sagen wir mal so: dass der «Blick» immer kleiner wird, ist Heimgartners Verantwortung …

Begleiter, Service, da wagt selbst Lüthi die kritische Frage, ob das Internet nicht jetzt schon von Service-Angeboten und Lebenshilfe überquelle. Erst noch gratis. Nun darf man sich bereits die Lachtränen abwischen: «Bei uns steht ein Qualitätsstempel drauf. Da stehe ich zu 100 Prozent hinter Blick. Wir bieten eine Qualität, die einfach verständlich und sehr nah bei den Menschen ist. Das unterscheidet uns von anderen.»

Aber wieso sollte denn nun ein Abo gekauft werden? «Wer sich kurz informieren will, kann das weiterhin genauso tun wie bisher auf Blick.ch. Wer aber in ein Thema eintauchen möchte, kauft ein Abo.» In ein Thema eintauchen, beim «Blick»? Gröl.

Was für Veränderungen ergeben sich sonst noch aus dem «Blick+»? «Blick bleibt Blick, egal ob ein Artikel kostet oder nicht. Da müssen wir den genau gleichen Qualitätsanspruch haben.» Kicher.

Nun kommt aber der Überhammer, so ganz nebenbei. Sei das ein weiterer Schritt weg vom Boulevard? «Genau, wir nennen es nicht mehr Boulevard. Wir verstehen uns als Newsplattform, die schnell ist und auch komplexe Themen sehr einfach erklären und erläutern kann. Dabei stellen wir immer den Menschen ins Zentrum – das macht uns aus, dafür stehen wir.»

«Blick» ist Boulevard. ZACKBUM will nun Heimgartner nicht erklären müssen, was Boulevard ist. Das verstünde sie sowieso nicht. Aber sagen wir so: Boulevard, das macht den «Blick» resilient.

Dann, clever ist die Dame, kommt noch der finanzielle Abbinder: «Natürlich haben wir einen soliden Businessplan. Aber wenn wir zum Beispiel in drei Jahren nicht den Break-even erreichen, hören wir nicht auf mit Blick+. Es geht ja nicht nur darum, ob es ein Digitalabo gibt oder nicht, sondern um ein ganzes Ökosystem

Aha. Es gibt einen stabilen Businessplan. Wenn der dann aber nicht so stabil wäre, macht’s auch nix. Wobei noch die (ungestellte) Frage wäre, was Heimgartner eigentlich unter «Break-even» versteht. Dass der «Blick» mit Bezahlschranke online nicht weniger Geld macht als ohne? Dass er mehr Geld verdient? Wenn ja, wie? Aber wir wollen doch nicht grübeln.

Dann wird Lüthi, immerhin, doch noch etwas fies und fragt, wie das «werteorientierte» Unternehmen Ringier, dass einen verdienten Chefredaktor schon deswegen in den Zwangsurlaub schickt, weil der angeblich «eine gewisse Mitarbeitergruppe bevorzugt behandelt haben» soll, mit Werten wie Gleichstellung oder LGBTQ beispielsweise in Serbien umgehe.

Da braucht Heimgartner zwei Anläufe: «Ringier ist auch sehr unternehmerisch getrieben und die Managements in den verschiedenen Ländern sind weitgehend autonom.» Das reicht dann wohl nicht, muss sie sich gesagt haben: «Ringier Serbien steht hinter unseren Werten, etwa in Sachen LGBTQ oder sie positionieren sich klar im Russland-Ukraine-Kontext, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.» Hier braucht der Leser ein neues Taschentuch, aber ein grosses, für die Lachtränen. Und der schlecht vorbereitete Lüthi haut ihr hier keine Schlagzeilen von Blic-Serbien um die Ohren.

Aber immerhin hakt er nach, wie das denn konkret bei Blic in Serbien aussehe. Heimgartner rudert resilient vor sich hin; das Blatt bilde eine «breite Perspektive an Ansichten ab. Darunter auch Positionen, über die wir hier in der Schweiz vielleicht die Nase rümpfen würden oder die wir aus unserer Sicht sogar verurteilen, etwa beim Umgang mit Kosovo

Man könne halt nicht alles durch die Schweizer Brille betrachten, meint Heimgartner staatsfraulich. Hier wird’s nun echt peinlich, wie schlecht ausgerüstet Lüthi ins Interview ging.

Dass CEO Marc Walder im letzten Moment als «Key Note» Speaker bei der Verleihung des Zürcher Journalistenpreises kniff, um vom serbischen Präsidenten Vucic eine Ehrenmedaille umgehängt zu kriegen? Dass der Blic ungehemmt Regierungspropaganda betreibt, Titel produziert wie «Russland wärmt sich in der Ukraine gerade auf», einen Artikel über den gestählten Kämpfer Putin mit dessen Zitat über die G7-Führer überschreibt «Wenn sie sich ausziehen würden, wäre das ein ekelhafter Anblick»?

Gut, kann man vielleicht nicht durch die Brille des Schweizer «Blick» betrachten, der seinerseits Selenskyj zum Kriegshelden hochhudelt.

Den grössten Elefanten lässt Lüthi allerdings unkommentiert im Raum stehen. Wie verhält es sich mit den Inseraten hinter der Bezahlschranke? Wieso schafft es Ringier nicht, wenigstens hier nur selbst abzukassieren? Was unternimmt man gegen Google-Ads? Da verstummt Lüthi.

Dass eine deutlich überforderte Steffi Buchli den Tennis-Star anlässlich der Wirren um dessen Einreise nach Australien als «Und täglich grüsst der Drama-King» beschimpfte, während der Blic Serbien schäumt, Djokovic  aus dem Land zu schmeissen sei «einer der grössten Sportskandale des 21 Jahrhunderts», wäre das nicht auch eine Frage wert gewesen?

Aber vielleicht ist das ja gelebte Meinungsvielfalt. Was aber Heimgartner betrifft: keine Meinung haben und sie nicht ausdrücken können, das erlaubt ihr auch nur persoenlich.com.

 

Quotenfrauen

Sagen, was ist: Frauenquoten sind Mist.

Tamedia ist immer vorne dabei, wenn es darum geht, gendermässig Unsinn zu machen. Da gab es doch das Schreiben von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen. Sie beklagten unerträglich sexistische Zustände, Mobbing, Diskriminierung und eine demotivierende Atmosphäre.

Illustriert war der Brandbrief, der für internen Gebrauch gedacht war, aber ausgerechnet via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde, mit rund 60 angeblichen Beispielen. Anonymisiert, ohne Orts- oder Zeitangabe. Daraufhin kündigte Tamedia eine strenge Untersuchung an, der damalige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser entschuldigte sich präventiv, der Oberboss Pietro Supino war tief «betroffen».

Seither hat man davon nichts mehr gehört. Liess sich auch nur ein einziger der Vorwürfe erhärten? Gab es disziplinarische Massnahmen? Genaues weiss man nicht. Aber Marco Boselli, inzwischen entsorgt, kündigte ebenfalls betroffen an, dass man nun eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent anstrebe, auf allen Hierarchiestufen.

Inzwischen hat es einige Quotenfrauen in die Chefetage gespült. Dafür haben einige fähige Mitarbeiter das Haus verlassen, weil sie als Pimmelträger keine Aufstiegschancen mehr sahen. Nur traut sich natürlich kaum jemand, offen und öffentlich auszusprechen, was offenkundig ist.

Seit Raphaela Birrer die Oberchefredaktorin von Tamedia ist, geht’s sichtbar bergab. Redakteure leben ihre Spleens aus, schreiben über gendern, über Schneeflocken-Phantomschmerzen, schreiben völlig am Publikum vorbei. Ein Irrwisch fordert gar, zwei Konzerte zu canceln, das sei aber keine Cancel-Kultur. Er will vorverurteilen, besteht aber auf der Unschuldsvermutung. Er will ein Berufsverbot, er will, dass der Konzertveranstalter Bankrott erklären muss. Er will Zehntausende von erwachsenen Fans bevormunden, sie sollen das Geld, das sie bereits für die ausverkauften Konzerte ausgegeben haben, in die Tonne treten.

Wer so etwas zulässt, ist fehl am Platz. Wer als Chef zulässt, dass immer mehr Redakteure am Zielpublikum vorbeischreiben, statt recherchieren räsonieren, und das noch ohne Verstand, der ist fehl am Platz. Wer behauptet, es ginge ihm um Qualität, aber gleichzeitig ein Millionensparprogramm durchziehen muss, ist als schlechter Kommunikator fehl am Platz. Immerhin kann man das Kerstin Hasse, ebenfalls in die Chefredaktion gequotet, nicht vorwerfen. Sie ist dort schlicht unsichtbar, inexistent.

Statt das «digital Storytelling» voranzubringen, führt sie in einem launigen Video durch die neuen Redaktionsräume. Ohne rot zu werden, zeigt sie, dass es noch Steigerungsformen zur bislang gepflegten Käftigtierhaltung in der Hölle des Newsrooms gibt.

Aber auch Ringier hat sein Päckchen in Gestalt von Ladina Heimgartner zu tragen. Die will den von ihr verantworteten dramatischen Auflagerückgang bei der «Blick»-Familie mit der Köpfung von Chefredaktoren überspielen. Christian Dorer, der Schwiegermuttertraum (fall sie tolerant sein Werben um ihren Sohn akzeptiert), wurde ohne nachvollziehbare Begründung in den Zwangsurlaub geschickt. SoBli-Chef Gieri Cavelty legt Wert auf die Feststellung, dass er freiwillig gegangen sei.

Sein Nachfolger glänzt schon in seinem ersten Stück in neuer Funktion durch völlige Unkenntnis der Niederlassungsregeln der Schweiz. Anschliessend gesteht er öffentlich seine Unfähigkeit ein, ein Interview zu führen. Dabei sekundiert von der interimistischen Oberchefredaktorin Steffi Buchli, Kernkompetenz Sport.

Heimgartner beweist, dass man mit etwas Feminismus und dem Wörtchen Resilienz zwar heutzutage als Quotenfrau aufsteigen kann, dann aber nur verbrannte Erde hinterlässt.

Etwas komplizierter ist es beim Wanner-Clan, der CH Media beherrscht. Dessen gnadenloses Streben nach Qualität zeigt sich zum Beispiel in der niveauvollen Serie «Mein peinlichster Sex-Unfall», ausgestrahlt auf TV25. Tochter Anna Wanner ist «Co-Leiterin» des Inlandteams der Mantelredaktion von CH Media. Bruder Michael Wanner ist CEO, Bruder Florian leitet die elektronischen Medien, obwohl er sich beim Thema UKW-Abschaltung lächerlich machte.

Tochter Wanner fällt allerdings durch gelegentliche Merkwürdig-Kommentare auf, die natürlich niemand zu kritisieren wagt («Eva Herzog ist die Richtige»). Dass der Clan zu lange den Spiess-Hegglin-Büttel Pascal Hollenstein an leitender Stelle beschäftigte, ist nicht nur Anna, sondern allen Wanners anzulasten.

Weitgehend quotenfraufrei kommt die NZZ daher. Sicher reiner Zufall, dass es diesem Unternehmen ziemlich gut geht. Hier zeigen Kommentatorinnen wie Birgit Schmid oder Katharina Fontana, was elegant-niveauvolle Schreibe ist, während Tiefflieger wie Ueli Bernays mit ihren Vorverurteilungen («Künstler als Täter») höchstwahrscheinlich sogar für juristischen Ärger sorgen.

Natürlich soll man (oder frau oder divers oder hybrid) nicht unbedingt verallgemeinern. Aber der Konzern, der sich am meisten Mühe gibt, nach Geschlecht, nicht nach Kompetenz zu befördern, produziert die meisten Flops. Führende Frauen produzieren Flops, da sollte man nur das Rote Kreuz fragen.

Das ist so, das lässt sich nicht wegschreiben.

 

Eine Frau sieht rot

Das grosse Aufräumen in der glücklichen «Blick»-Familie.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. «Blick» und «SonntagsBlick» sind die einzigen beiden Schwesterorgane in der Schweizer Medienlandschaft, die beide 10 Prozent ihrer Leser verloren haben. Das ist weder den Markumständen, noch der Pandemie, noch dem unerforschlichen Ratschlag der Götter geschuldet.

Sondern das Ergebnis einer zum Scheitern verurteilten Strategie einer überforderten Quotenfrau. Ladina Heimgartner meinte, mit dem Wort «Resilienz» plus einigen kampffeministischen Versatzstücken durchzukommen. Dem «Blick» wurde ein völlig verunglücktes Redesign verpasst (neu mit Regenrohr im Logo, das aus Klötzchen zusammengesetzt ist). Schlimmer noch war, dass das Boulevard-Medium kastriert wurde. «Blut, Busen, Büsis», von diesem alten Erfolgsrezept überlebten knapp die Büsis.

Inzwischen berichtet sogar der Tagi boulevardesker als der «Blick», der seinerseits seine Leser mit Gutmenschen-Attitüde, nachgewiesener Staatsnähe und willfährigem Nachplappern der offiziellen Corona-Politik quält.

Da liegt also strukturell einiges im Argen; es bräuchte dringend eine Neujustierung der Strategie, um den dramatische Leser- und Bedeutungsschwund zu stoppen. Im Verlag des Mitbesitzers Springer zeigt das die «Bild»-Zeitung exemplarisch, man müsste nur das Know-how dort abholen und auf Schweizer Gepflogenheiten anpassen. Aber das würde ja strategisches Denken und andere Fähigkeiten voraussetzen, über die Heimgartner nicht verfügt.

Aber sie weiss, wie man versuchen kann, vom eigenen Versagen abzulenken. Also köpfte sie aus heiterem Himmel den Oberchefredaktor Christian Dorer – aus nichtigem Anlass. Denn dessen Vorliebe für eine gewisse Schicht Mitarbeiter war schon seit seinen Zeiten bei CH Media bekannt – und gab niemals Anlass zu Beschwerden, denn er achtete bei seinen Annäherungen immer sorgfältig darauf, seine Machtposition als Vorgesetzter nicht auszunützen.

Er konnte noch nicht einmal als Sündenbock hinhalten, denn er sorgte für eine reibungslose und skandalfreie Umsetzung einer falschen Strategie. Das tat auch Gieri Cavelty in unverbrüchlicher Loyalität zu den linksgrünen Vorlieben im Hause. Er führte den SoBli mit einer Rumpfmannschaft und schwindenden Ressourcen skandalfrei und erlaubte dem Recherchegenie Fabian Eberhard, einen Flop nach dem anderen zu landen, bei dem die Gesinnung stimmte, wenn auch sonst nicht viel. Da Heimgartner anhaltend unfähig ist, neue Strategien zu entwickeln, geht das Köpfen halt weiter.

Nun darf Reza Rafi ans Gerät. Der hingegen ist einschlägig bekannt als Meinungsbüttel, der wunschgemäss Denunziatorisches abliefert, Duftmarke: «Nationalräte der SVP überbieten sich gegenseitig mit Trychler-Huldigungen. Der grösste Fan ist und bleibt indes Finanzminister Ueli Maurer.»

Von ihm kann man mit Fug und Recht eine grosse Flexibilität erwarten, was seine Meinung betrifft. Allerdings ist auch Rafi noch nie in seiner Funktion als Stellvertreter durch einen gestalterischen Muskel aufgefallen. Er ist einfach der nächste Verwalter des Elends. Bis es einen weiteren Kopf braucht, der fallen muss, damit weiter oben nichts fällt.

Hier irrte ZACKBUM

Traurig, aber wahr: wir sind nicht unfehlbar.

Beim Blättern in früheren Meldungen – immer lohnenswert –, sind wir auf einen Artikel vom 20. Oktober 2021 gestossen: «Bild!» Chef! Weg!.

Darin äussert sich ZACKBUM kritisch zum Medienecho auf die Entlassung des «Bild»-Chefs Reichelt. Dieser Teil ist von ewiger Wahrheit und aktueller als das meiste, was bei Tamedia, CH Media oder «Blick» erscheint.

Allerdings packte uns am Schluss der reine Übermut, und das ist nie gut:

Sonst noch was? Ach ja, Christian Dorer könnte das garantiert nicht passieren. Ausgeschlossen. Für diesen Schwiegergmuttertraum legen wir die Hand ins Feuer. Vorstellbar wäre ein abruptes Ende höchstens, wenn der Hobbybusfahrer auf dem Fussgängerstreifen einen Rentner mit Rollator totfahren täte.

ZACKBUM räumt ein: so kann man sich täuschen. Wir bleiben dabei: Dorer ist ein Schwiegermuttertraum (vorausgesetzt, sie hat nichts gegen gleichgeschlechtliche Liebe einzuwenden). Aber Dorer hat ein abruptes Ende ereilt, ohne dass er einen Rentner mit Rollator niedergestreckt hätte.

Stattdessen wurde er auf Geheiss von Ladina Heimgartner selber abserviert. Offiziell zu sechs Monaten Pause verdonnert. Begründung: wolkig, sehr wolkig. Die Motivlage von Heimgartner ist hingegen klar: sie will damit von den desaströsen Zahlen ablenken, die die von ihr verantwortete «Blick»-Gruppe produzierte; Leserschwund in zweistelligem Prozentsatz für «Blick» und «SonntagsBlick». Katastrophe.

Das hat natürlich direkt mit der von ihr zu verantwortenden Verweiblichung und Verweichlichung dieser Boulevard-Medien zu tun. Zudem liess sie sich ein Redesign aufschwatzen, das an Beknacktheit höchstens von der neuen Werbekampagne für die «Schweizer Illustrierte» überboten wird.

Das «Blick»-Logo wurde mit einem Regenrohr verunziert, bei der SI-Kampagne studieren Leser Schwingerhosen oder glotzen auf eine Film-Klappe. Kein Wunder, stammt alles vom selben Werbe-Fuzzi.

Das alles ändert aber nix daran, dass wir unsere Hand etwas angebrutzelt aus dem Feuer nehmen.

Drei Frauen, drei Schlagwörter

Im Zirkus nennt man das ein «one-trick pony».

Also ein Zugpferd, das aber nur einen einzigen Trick kann. Diesem Prinzip haben sich auch drei weibliche Führungsfiguren verschrieben. Es gibt dann noch einige Möchtegerns wie beispielsweise Kerstin Hasse, aber die müssen noch viel üben, sind nicht so fokussiert.

Nehmen wir sie per Dienstalter. Da hätten wir zuerst Ladina Heimgartner. Sie braucht eine extrabreite Visitenkarte, denn sie ist Mitglied des Executive Board der Ringier AG, Head of Global Media und noch CEO der «Blick»-Gruppe.

In diese Positionen ist sie mit der Verwendung des Wortes «Resilienz» gekommen. Man könnte das auch die Fähigkeit nennen, Krisen zu überwinden. Oder schlichtweg Widerstandsfähigkeit. Aber zugegeben, Resilienz ist doch viel schicker. Dazu noch einen Sprutz Feminismus und die Fähigkeit, im richtigen Moment auf den Abzug zu drücken: the sky is the limit, wie der Ami so sagt.

Dann hätten wir Isabelle Welton. Die braucht keine übergrosse Visitenkarte. Sondern versüsst sich das Leben durch einige VR-Mandate und die «Rubidia GmbH», die irgendwie bei Unternehmenskultur und Veränderungsprozessen berät. Nachdem sie unauffällig zehn Jahre im NZZ-Verwaltungsrat sass, ist sie nun zur Präsidentin gewählt worden. In dieser neuen Funktion hat sie gleich Pflöcke eingeschlagen, indem sie auf das Wort «Purpose» hinweist. Purpose hört sich natürlich viel gewichtiger an als Zweck. Sagte man, jedes Unternehmen muss einen Zweck erfüllen, bestünde Gähn-Alarm. Aber ein Unternehmen braucht einen «Purpose», aber hallo.

Erst in den Startlöchern steht Jessica Peppel-Schulz. Sie wird, bestens ausgeruht und schlecht vorbereitet nach zwei Jahren Sabbatical, im September in die Position des CEO bei Tamedia eingearbeitet werden. Als Gastgeschenk hat sie das Wort «Empowerment» dabei. Selbstermächtigung, Vertrauen auf eigene Fähigkeiten. Wunderbar, bedeutet eigentlich nix, hört sich aber so schön geschwollen an, wenn man’s auf Englisch ausspricht.

Nun stellen wir uns die drei Damen in einer Gesprächsrunde vor. «Resilienz», «Purpose», «Empowerment». «Empowerment, Purpose, Resilienz». Wer das länger als zwei Runden durchhält, bekommt den Verdienstorden für die erfolgreiche Unterdrückung des Gähnreflexes und des Kopfschüttelns.

NZZ: Frauen an die Macht

Nun auch die alte Tante: sie hat eine VR-Präsidentin.

«Isabelle Welton ist Inhaberin der Rubidia GmbH, einem Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt Unternehmenskultur und Veränderungsprozesse.» So die Selbstdarstellung. Welton ist seit 2013 im VR der NZZ AG und  fiel dort in diesen zehn Jahren – durch nichts auf.

Nun hat sie ihre Antrittsrede gehalten und fiel darin – durch nichts auf. ZACKBUM nennt solche Leerformeln gebackene Luft, und davon lieferte Welton wie ein Heissluftfön ab.

«Angesichts der laufenden Entwicklungen … auch in Zukunft in jeder Minute gefordert. Wir müssen selbstkritisch und erfinderisch bleiben. Wir müssen unternehmerische Chancen packen und dabei auch Risiken eingehen … Wir werden in den nächsten Jahren die Weiterentwicklung unserer Angebote gezielt vorantreiben. Unternehmerisches Denken und Handeln muss gefördert und der gegenseitige Austausch intensiviert werden … ich werde deshalb diesem Thema hohe Priorität einräumen.»

Welchem Thema? Ist doch egal. Hat man schon mal von einem Unternehmen gehört, das seine Angebote ungezielt vorantreibt? Nicht gefordert ist? Nicht unternehmerisches Denken fördern will? Auf dies und das nicht mit höherer Priorität eingeht?

Dann scheint sich Welton ein wenig Ladina Heimgartner von Ringier zum Vorbild genommen haben. Die kommt bekanntlich mit dem Wort «Resilienz» und etwas Feminismus weit herum und in die höchsten Positionen. Welton versucht’s nun mit «Purpose». Jedes Unternehmen muss seinen Zweck haben, eine wahrhaft umwerfende Erkenntnis. Die im Übrigen schon seit einigen Jahren kursiere. Also eigentlich, seit es Unternehmen gibt, und das ist schon ziemlich lange so.

Sicher kann man von einer Antrittsrede nicht erwarten, dass hier Pflöcke eingeschlagen werden, konkrete Strategien auf den Tisch gelegt, Ziele formuliert. Oder vielleicht doch, denn auch die NZZ ist tatsächlich gewaltigen Herausforderungen und Problemen ausgesetzt; wie will sie alleine weiter überleben, wie will sie ihr (geschrumpftes) Vermögen sinnvoll einsetzen? Wo soll’s hingehen mit dem Content, wie soll der dargeboten werden?

Da wären ein paar Hinweise durchaus willkommen gewesen. Aber vielleicht kann man den Purpose der NZZ nun so umschreiben: die neue VR-Präsidentin unbeschädigt überleben