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«Unrecht darf sich nicht lohnen»

Damit hat Anwältin Rena Zulauf recht.

Das Urteil des Zuger Kantonsgerichts auf Gewinnherausgabe von rund 320’000 Franken ist Rechtsverluderung.

Rechnen mit Richtern. Im Prozess um den angeblich erzielten Gewinn mit vier Artikeln über die einschlägig bekannte Jolanda Spiess-Hegglin stellten die drei Richter das Betreten von Neuland als Rechtsgrundlage dar. Schlimmer noch: die Rechnung ist schlicht falsch.

Sie beruht darauf, dass es einen offiziellen Inserate-Tarif von Ringier von 40 Franken pro 1000 Sichtkontakte im Internet bei Werbung im Umfeld von Artikeln gibt. Daraus errechnet das Gericht einen Gewinn von insgesamt 200’000 Franken alleine für die vier Online-Artikel, die mit persönlichkeitsverletzendem Inhalt über den sexuellen Kontakt während einer Landammannfeier erschienen sind.

Kann es richtig sein, ohne gesetzliche Grundlage so zu rechnen? Schliesslich räumt das Gericht selbst ein, der Zusammenhang zwischen einer bestimmten Berichterstattung und der Gewinnerzielung lasse sich «naturgemäss nicht strikt nachweisen». Dann bezieht es sich auf ein Bundesgerichtsurteil, das mit der konkreten Berechnung rein gar nichts zu tun hat. Wer sich im 57-seitigen Urteil durch die Berechnungstabellen der Richter quält, meint, im kalkulatorischen Nirwana zu weilen.

Das Bundesgericht hob lediglich im Fall der Tennisspielerin Patty Schnyder das Urteil einer untergeordneten Instanz auf, dass deren Vater keine Gewinnherausgabe zustünde. Die Parteien einigten sich daraufhin auf einen Vergleich. Peinlich, dass die NZZ schreibt, das oberste Gericht habe «die Herausgabe des (geschätzten) Gewinns» zugesprochen. Eine konkrete Gewinnberechnung hat noch nie stattgefunden.

Das erfüllt den Tatbestand der Rechtserfindung. Denn entscheidend ist nicht eine Preisforderung, sondern das, was am Markt erzielt werden kann. Wirtschaftskunde für Anfänger: Der Anbieter kann für ein Produkt 10 oder 100 Franken fordern und das als Tarif bezeichnen. Alleinentscheidend ist, welchen Preis er am Markt dafür erzielt. Ein Haus, dass für eine Million am Markt ist, ist solange 0 Franken wert, bis es dafür einen Käufer findet. Zahlt der nur 500’000 Franken, ist das der Marktwert. Hat der Verkäufer dafür 400’000 Franken gezahlt, macht er einen Gewinn. Sonst nicht.

Ringier hat angegeben und durch ein Gutachten belegt, dass sich am Markt mit diesen vier Artikeln lediglich 4900 Franken erzielen liessen. Das Gericht stützte sich dagegen auf ein handgemachtes Gutachten eines selbsternannten Internet-Spezialisten, der sogar von bis zu 120 Franken pro 1000 Kontakte ausging und die herausgegebenen Geschäftsunterlagen dabei ignorierte. Wären die Berechnungen von Hansi Voigt richtig, würde er mit seinen eigenen Internet-Projekten wie «bajour» nicht Schiffbruch erleiden.

Wie absurd diese Unrechtssprechung ist, lässt sich auch noch auf einem zweiten Weg beweisen. Wäre dem so, würden sich die Verlage alleine im Internet mit ihren Publikationen dumm und dämlich verdienen. An einem durchschnittlichen Tag veröffentlicht blick.ch rund 100 Artikel. Selbst unter der Annahme, dass die pro Stück nicht 20’000, sondern lediglich 10’000 Franken in die Kasse spülen, wären das eine Million Franken pro Tag, 365 Millionen pro Jahr. Umsatz, nicht Gewinn. Der gesamte Umsatz des Verlags belief sich 2024 auf 918,9 Millionen Franken, der operative Gewinn auf 105,5 Millionen.

Nicht nur, dass so das Internet kein schmerzliches Verlustgeschäft wäre oder höchstens einen unbefriedigenden Return on Investment ablieferte, Ringier hätte gewaltige Profite gar nicht in seiner Konzernrechnung angegeben.

Darüber hinaus ist das Fehlurteil eine Gefährdung für alle Medien in der Schweiz. Jedes Verlagshaus müsste damit rechnen, dass nach der Feststellung einer Persönlichkeitsverletzung Forderungen nach Gewinnherausgabe in absurder Höhe gestellt werden könnten.

Immerhin hat das Gericht die genauso absurde Honorarforderung von Anwältin Zulauf auf 60’000 Franken zurechtgestutzt; wir wollen nicht erahnen, was ihre Mandantin ihr zahlen muss. Dass die beklagte Partei zudem noch das Gutachten der Klägerin mit über 70’000 Franken entschädigen muss, ist dann noch das Sahnehäubchen. Ringier hat angekündigt, das Urteil ans Zuger Obergericht weiterzuziehen; der Fall wird sicherlich beim Bundesgericht enden.

Natürlich ist es schwierig, den tatsächlich durch die Publikation von Artikeln – Print oder online – erzielten Profit zu berechnen. Wenn das aber mit einem fundamentalen und für jeden nachvollziehbaren Rechenfehler bewerkstelligt wird, werden falsche Überlegungen als Auslegung des Rechts verkauft.

Ladina Heimgartner, CEO von Ringier Schweiz, ist daher zuzustimmen:

«Das Gericht ignoriert in seinem erstinstanzlichen Urteil die von Ringier offengelegten Geschäftszahlen und den eingereichten Gutachten von PwC weitgehend. Hätten wir 2014 (als das Online-Geschäft noch bei Weitem nicht so entwickelt war wie heute) solche Gewinne erzielt, hätten wir heute keine Finanzierungskrise der Medien.»

Und auch ihrer Schlussfolgerung: «Dieses erstinstanzliche Urteil gefährdet die Medienfreiheit in unserem Land.» Dass die anfängliche Berichterstattung der «Blick»-Gruppe keine Sternstunde des Journalismus war, ist unbestritten; der Group CEO Marc Walder hatte sich dafür öffentlich entschuldigt. Dieses Urteil hingegen ist unentschuldbar.

Zum Ersten, zum Zweiten, zum «Blick»

Ist es ein medizinischer Test? Oder einfach Blödheit?

Der «Blick» hat furchtbar viele Häuptlinge. Was sich da unter der Oberleitung von Ladina Heimgartner alles mit Federschmuck brüsten darf, unglaublich. Es wimmelt von Chiefs, Officers, Chefs, Teamleitern und anderen wichtigen Führungspersonal.

Da bleiben vielleicht nicht mehr allzu viel Indianer übrig, um in der Hölle des Newsrooms in ihren Verrichtungsboxen für Content zu sorgen. Apropos Box, wie wirkt das hier auf den ersten Blick?

Wie der wissenschaftliche Selbstversuch eines «Blick»-Journalisten, nicht wahr? Aber hoppla:

Das ist ein Beitrag des «Box-Teams». Das «HAT PARTNERSCHAFTEN, SODASS WIR EINEN ANTEIL AN DEN EINNAHMEN AUS DEINEM KAUF ERHALTEN». Also kommt ein gnadenloser Tester zum überraschenden Ergebnis: «Das Dagsmejan-Pyjama hat sich in kürzester Zeit zu einem festen Bestandteil meiner Nachtroutine entwickelt. Ich lege es gerne schon ein paar Stunden vor dem Schlafengehen an und trage es auch am Morgen noch eine Weile lang.» Da soll noch einer sagen, Journalisten seien keine Schlafmützen. Schlurfen im Pyjama in den Newsroom.

Hat das noch irgend etwas mit Journalismus zu tun, auch nur in Spurenelementen? Trägt das dazu bei, die Glaubwürdigkeit der übrigen Artikel auf der Webseite von «Blick» zu stärken? Bitte nicht zu laut herausprusten beim Lachen.

Es gibt noch einen weiteren wissenschaftlichen Test von «Blick» anders lässt sich das nicht erklären. ZACKBUM nennt das «zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten», und es sieht so aus:

Man beachte das angepriesene Ferienhaus rechts. Gesehen? Und vergessen? Keine Bange:

Schwups, das ist es doch schon wieder. Kann doch mal passieren? Nun ja, das lässt sich aber noch steigern:

Man beachte die beiden Jungs rechts. Zum Ersten.

Zum Zweiten.

Und zum Dritten.

«Blick» will hier offenbar austesten, wie viele seiner Leser das Problem haben, dass sie einen Artikel sofort wieder vergessen, sobald sie ihn gelesen haben. Für dieses Zielpublikum (Problem Überalterung, nicht wahr) werden Artikel einmal oder mehrfach wiederholt. Merken die doch nicht.

ZACKBUM muss allerdings tadeln. Denn bei uns kommt das nie vor. Obwohl unser «Chief Content Officer», «Chief Digital Officer», «Head of Digital RMS», «Head of Growth Management», sogar die «Co-Heads of Media Creation Hub RMS» und der «Head of Content Hub RMS» den gleichen Namen trägt. Und dabei haben wir gar noch nicht von der «Tagesleitung Newsroom», den «Blattmachern Digital» und den «Blattmachern Print» gesprochen. Oder von der «Co-Leitung Desk», was immer das sein mag. Aber gut, wir (Pluralis Majestatis) sitzen auch an einem Desk, also sind wir doch auch eine Co-Leitung Schreibtisch.

Auf jeden Fall fehlt dem «Blick» dringlich ein weiterer Häuptling. Sein Titel: «Chief Continuity and Non-Repetition Officer», abgekürzt CCNRO.

Auf jeden Fall fehlt dem «Blick» dringlich ein weiterer Häuptling. Sein Titel: «Chief Continuity and Non-Repetition Officer», abgekürzt CCNRO.

Hoppla, da sind wir doch in «Blick»-Modus geraten. Hoppla, da sind wir …

Notbremse.

 

Nur Trottel zahlen

«Blick» und die tiefergelegte Bezahlschranke.

Man erinnert sich: nachdem «Bild» eine Bezahlschranke einführte und das «Bild+» nannte, dachte die gesamte Schar von Chiefs, Officers, Leaders. Leitern und Chefs bei Ringier scharf und lange nach. Und kam dann auf die originelle Idee: wieso führen wir keine Bezahlschranke ein und nennen das «Blick+»?

Dann kam allerdings die Werbebude auf eine Idee, die «Bild» nie gehabt hätte. Sie nannte das Ganze «plussen». Das war dann so bescheuert, dass es fast noch schneller in der Versenkung verschwand als das vorletzte Redesign des Logos. Das mit dem Regenrohr.

Nun gibt es zwar furchtbare viele Häuptlinge bei «Blick», aber Indianer oder Leistungsträger sind eine aussterbende Spezies. Also werden Artikel auch aus anderen Organen des Hauses Ringier übernommen. Gerne aus der «Schweizer Illustrierte», auch mal aus der «GlücksPost», und nicht zuletzt aus der «Handelszeitung». Das wird dann so ausgewiesen:

Man beachte den Satz: «Blick+-Nutzer haben exklusiven Zugriff im Rahmen ihres Abonnements.» Da ist der Plusser dann richtig stolz darauf, einen so exklusiven Einblick in die Geheimnisse der Finanzwelt zu bekommen. Bis ihm sein Kollege, der nicht plusst, trocken mitteilt: ich kann den Artikel aber auch lesen.

Das ist dann etwas ernüchternd für den Besitzer eines Abos. Selbst das war zeitweise für einen Monat gratis, nun ist’s aber wieder so:

Ausser, man benützt eines der unzähligen Sonderangebote; aktuell mal wieder zwei für eins:

Statt ein Monat gratis, nun mal wieder zwei Monate zum Preis von einem. Erinnert irgendwie an die verzweifelten Versuche der «Republik», die Zahl der Abonnenten, Pardon, «Verleger», aufzuhübschen.

Dafür gibt’s dann jede Menge Guetzli:

200 exklusive Storys. Ratgeber satt. Analysen vom Sport-Team. Exklusive Events. Zugriff auf Inhalte «unserer Partner». Boah, wow, megakrass.

Was sind den die aktuellen Highlights von «Blick+»?

Die Sache mit Trump und Putin erfreut die Leser bereits seit Tagen. Ebenso die Story über das Ferienland Spanien, wobei die Überschwemmungen vielleicht einen Tick mehr interessieren würden.

Das ist schon mal sehr verlockend. Dann suchte ZACKBUM am 13. November nach Ratgebern. Und suchte und suchte und suchte. Da ist guter Rat teuer: wo sind sie denn? Oder soll das hier etwa einer sein?

Und das soll eine der wertvollen «Analysen des Sport-Teams» sein:

Aber der «Blick» lässt nie eine Gelegenheit aus, den Leser zu erheitern. Denn da hätten wir mal das hier:

Interessiert zwar den «Blick»-Leser herzlich wenig, muss aber prominent oben gehalten werden, weil der Herr links auf dem Bild ist CEO Marc Walder. Was interessiert denn dann den «Blick»-Leser?

Blut, Wetter und nackte Frauen. So schaut’s aus. Wobei die ersten Fotos des Pirelli-Kalenders noch bis kurz vor diesem Screenshot auf Platz eins standen. Aber da muss dann wohl Ladina Heimgartner persönlich eingegriffen haben. Denn die Dame mit der extrabreiten Visitenkarte hatte verkündet, dass der «Blick» nicht mehr Boulevard sein soll. Also nicht mehr Blut, Busen und Büsis bewirtschaften. Sondern News und Ratgeber, das sei die Zukunft.

Bloss: das will der Leser überhaupt nicht. Und er ist schwererziehbar, das ist bekannt und merkt auch der Tagi immer wieder schmerzlich.

Und was News betrifft, da ist die Auswahl auch etwas, nun ja, eigen. Aufmacher Schweiz:

 

Aufmacher Ausland:

Aber sehen wir’s positiv. Der ganze «Blick» ist eigentlich ein Ratgeber. Wirklich wahr. Zum Thema:

Leserverarsche, aber richtig und mit Anlauf.

 

Tra, ra, Trump

Wenn der «Blick» diesen Mann nicht hätte …

… dann wäre sein Online-Auftritt leerer als das Themen-Truckeli seiner Redaktion.

Wir zählen mal durch:

Ist er nicht zum Knutschen, ein richtiger Knuddelbär. Man beachte auch, dass Donald Trump seine Tränensäcke von der Behandlung mit Bräunungscreme ausnimmt.

Dann geht es weiter Schlag auf Schlag:

Vielleicht hat ZACKBUM auch noch ein paarmal Fotos des schütteren blondierten Haupthaars übersehen. Aber das sind mal immerhin acht Auftritte des designierten Präsidenten, der erst am 20. Januar 2025 sein Amt antreten wird.

«Blick» bringt ihn so häufig, dass sogar der Bildredaktion die Fotos ausgehen und eines gleich auch rezykliert wird. Allerdings muss ZACKBUM als Anhänger der Geschlechtergerechtigkeit eine schwere Klage deponieren. So viel Trump, aber wo bleibt Kamala Harris? Hä? Wurde doch bis vor Kurzem noch als die grosse dunkle Hoffnung bejubelt. Und jetzt? Vergessen, weggeworfen, typisch Macho-Sexismus des Boulevard, obwohl der doch gar kein Boulevard mehr sein darf und will.

Was sagt Steffi Buchli dazu? Und wo bleibt Ladina Heimgartner, die neben vielen anderen Aufgaben ja schliesslich auch über den Niedergang des «Blick» wacht? In einem Verlag, der sich doch auf die Fahne geschrieben hat, mit «EqualVoice» die Sichtbarkeit von Frauen zu erhöhen. Und zwar nicht länger als Seite-3-Girls, sondern als ernstzunehmende Teilhaber an der Gesellschaft. Ja, ja, Wort und Tat, da klafft mal wieder ein Abgrund, und der ist männlich.

Ringier-Leute, fürchtet euch!

Wenn das Management im Wolkenkuckucksheim schwebt …

Der «Blick» zitiert Bundesrat Rösti. Der zeige sich besorgt über den Sparkurs bei den Medien. «In den letzten 15 Jahren haben sich die Zeitungsauflagen in der Schweiz halbiert», sagte der Medienminister in Lausanne.

«Mein Glaube und meine Freude an Print bleiben ungebrochen. Die neusten Leserschaftszahlen bestätigen dies», behauptet Ladina Heimgartner, wir holen tief Luft «Head Ringier Media & CEO Ringier Medien Schweiz – Member of the Ringier Group Executive Board bei Ringier AG».

Wie bitte? Diesen Ausflug in die Wunschwunderwelt muss man im Original geniessen:

Die Dame mit der extrabreiten Visitenkarte versucht, den alten Militärspruch zu übertreffen: vorwärts, wir ziehen uns zurück.

In ihrer Version: «Sehr erfreulich: Der Rückgang der Leserschaftszahlen ist bei vielen unserer Publikationen im Mehrjahresvergleich deutlich geringer als zuvor.» Im Mehrjahresvergleich ist der Rückgang bspw. der «Blick»-Familie desaströs. Abgesehen davon: versteht jemand die Aussage dieses Satzes des Heads? «Im Mehrjahresvergleich geringer als zuvor»? Zuvor wann? Geringer als was? Aber vielleicht muss man zum obersten Management bei Ringier gehören, um solchem Nonsens Sinn abzuringen.

Aber sie legt noch nach, mit Feiersmiley und allem: «Einfach super: in einigen Segmenten konnten neue Leserinnen und Leser gewinnen». Der Satz würde mit einem zusätzlichen «wir» deutlich gewinnen. Da hätten wir mal die «Bilanz» mit «+10.1 %». Wunderbar, nur: das Blatt hat eine Auflage von 31’599 Exemplaren. Da sind zehn Prozent sehr relativ. Dann hätten wir PME mit «+3.1%». Muss man nicht kennen. «l’illustré» mit «+2.6%» (Auflage 65’625) und schliesslich, Tatä, die «Landliebe» mit sagenhaften «+1.0 %». Das sind bei einer Auflage von 115’259 gigantische 1153 Exemplare mehr.

Kein Wort zum «Blick»-Desaster, kein Wort zu allen anderen Printorganen, wo der Rückgang vielleicht «deutlich geringer als zuvor» ist. Oder auch deutlich stärker. Oder was auch immer.

Der Head, CEO und das Member hat – trotz Glaube und Freude – den desaströsen Niedergang des Ringier-Flaggschiffs «Blick» mitsamt «SonntagsBlick» zu verantworten. Da beispielsweise die übrige Sonntagspresse einen viel geringeren Rückgang im Print zu verschmerzen hat, ist völlig klar, dass der Absturz des SoBli nicht irgendwelchen Umständen, sondern einer verfehlten Strategie geschuldet ist.

Wer Toilettenschüsseln mit Henkel innen anbietet, muss sich halt nicht wundern, wenn sich die Nachfrage in Grenzen hält.

Natürlich muss jeder Manager die Kunst beherrschen, Katastrophen in laue Luft umzuschwatzen. Wenn aber jemand dermassen den Kontakt zur Realität verloren hat, dann gilt nicht nur für die «Blick»-Leute, sondern ganz allgemein für die Ringier-Print-Leute: fürchtet euch! Zaget und wehklaget. Die Printer selbst, also die Drucker, haben es schon hinter sich. Begleitet von ein paar bedauernden Geräuschen wurde das Stammhaus von Ringier, die Druckerei in Zofingen, geschlossen. Aus, fertig, Ende. So viel zum Glauben an Print im Hause Ringier.

Wer allerdings den Glauben an die Zukunft von Print als Angestellter behält, der muss sehr viel Glaubensstärke haben. Denn bislang sind alle Versuche gescheitert, die Einnahmeverluste durch wegfallende Inserate und Print-Abonnenten zu ersetzen. «Blick+» ist ein Witz, aber kein guter. Ratgeber und Service, das können so viele andere auch und besser.

Oder wer braucht das?

Das hier ist wohl mehr in eigener Sache zu verstehen:

Und noch eine Antwort auf eine Frage, die uns alle umtreibt:

Richtige Antwort: nein, sie müssen getragen werden. Kleiner Scherz. Aber es gibt natürlich auch Storys, an denen die ganze Schweiz Anteil nimmt:

Und wer’s verträgt, noch ein Absackerchen als Doppelpack:

Sagen wir so: wie viele Arbeitnehmende (grässlich, diese Korrekt-Sprache-Vergewaltigung) bei Ringier werden demnächst keine Lohn-, sondern Abfindungsgespräche führen? Aber im festen Glauben an Print und an die Fähigkeiten des leitenden Managements …

Dabei wäre es doch so einfach. Man müsste nur der eigenen Statistik vertrauen:

Katastrophe, Tragödie und Sex. Plus Büsis. Wäre eigentlich gar nicht so schwer.

«Blick»-Leute, fürchtet euch!

Euer Chief Content Officer ist ratlos.

Zum «Kleinreport» sagt Steffi Buchli einen denkwürdigen Satz: «Die jüngsten Leserschaftszahlen seien «bedauerlich», so die Content-Chefin, sie bedeuteten aber nicht, dass die Inhalte nicht ankämen.»

Bedauerlich? Innert fünf Jahren haben 40 Prozent der Printleser beim Abschied leise servus gesagt. Und dabei gilt nicht einmal die übliche Entschuldigung. Die Umstände, die Inserate, das Leseverhalten und Blabla. Denn die überlebenden Konkurrenzblätter SoZ und NZZaS haben bei weitem nicht einen solchen Einbruch zu verzeichnen.

Also ist eigentlich Alarmstufe rot, nur nicht für Buchli: «Der ‚SonntagsBlick‘ liefert jede Woche starke Recherchen, spannende Geschichten und setzt nationale Themen, wie zuletzt mit dem Fall von GLP-Politikerin Sanija Ameti, den Ungereimtheiten um die Forschungsarbeiten von Adriano Aguzzi an der Uni Zürich oder die Fifa-Zuschüsse für Giovanni Infantino», fantasiert sie völlig losgelöst von der Wirklichkeit.

Um noch einen draufzusetzen: ««Massnahmen zur Stabilisierung und Neugewinnung von Lesern und Leserinnen» seien «eingeleitet» worden, so Steffi Buchli weiter gegenüber dem Klein Report.»

Damit meint sie wahrscheinlich die Einstellung des «Magazins» vom SoBli, womit das Angebot noch flachbrüstiger wird.

Nun sind Krisen auch immer Chancen, wie es im schönsten Manager-Bullshit-Talk heisst. Wenn sich die Nachfrage nach einem Angebot im freien Fall befindet, die Mitbewerber mit ähnlichen Angeboten aber durchaus stabile Verkäufe zu verzeichnen haben, dann liegt die Schlussfolgerung auf der Hand: beim SoBli, überhaupt beim «Blick» läuft etwas furchtbar falsch.

Was falsch läuft, lässt sich eindeutig benennen und zeitlich verorten. Da ist der 8. März 2023. An diesem Tag wurde bekannt, dass der «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer in eine sechsmonatige Auszeit geschickt wurde. Mit nebulöser Begründung und der Ankündigung einer Untersuchung, deren Ergebnisse niemals bekannt gegeben wurden.

Dabei war der eigentliche Grund klar. Dorer stand jemand anderem in der Sonne, zudem musste ein Sündenbock für eine völlig verfehlte Strategie her. ZACKBUM nannte das das «Tal der Beliebigkeit». Oder wie das die Dame mit der extrabreiten Visitenkarte so unnachahmlich formulierte:

«Wir nennen es nicht mehr Boulevard. Wir verstehen uns als Newsplattform, die schnell ist und auch komplexe Themen sehr einfach erklären und erläutern kann. Dabei stellen wir immer den Menschen ins Zentrum – das macht uns aus, dafür stehen wir.»

Plus Bezahlschranke und dahinter viel Ratgeber und Service. Plus eine neue Führungsstruktur mit einem Kopfsalat von Heads, Chiefs, Teamleitern und überhaupt furchtbar vielen Häuptlingen. Plus ein verunglücktes Redesign nach dem anderen. Wobei man immerhin sagen muss, dass Regenrohr und Kästchenlogo schnell wieder verschwunden sind. Wobei man nicht wissen möchte, was der angebliche Starwerber Frank Bodin dafür kassierte. Aber immerhin konnte er sicherlich mit dem Geld eine neue geschäftliche Bruchlandung vermeiden.

Allerdings ist die Wurzel der Probleme von «Blick» und SoBli nicht in der Überbevölkerung auf der Kommandobrücke zu suchen. Sondern der steile Absturz ist einer völlig verfehlten Strategie geschuldet, die von einer Managerin entwickelt wurde, die von Print, Newsmedien oder der DNA des «Blick» ungefähr so viel Ahnung hat wie eine Stubenfliege von Quantenphysik.

Wenn ein Manager einen Gewaltsflop zu verantworten hat, der eindeutig und einwandfrei seiner Kette von Fehlentscheiden anzulasten ist, dann wird er normalerweise entsorgt. Mehr oder weniger höflich. Er wird nicht direkt gefeuert, sondern damit betraut, die Entwicklung des Lesermarkts in Schwarzafrika ganz vertieft zu untersuchen. Oder so.

Bei Ringier läuft das anders, die Managerin wird befördert. Dabei schützt sie ein dreifacher Panzer. Ihr Geschlecht, ihre sexuelle Orientierung und ihre Herkunft aus einer sprachlich-kulturellen Randgruppe. Das – und ein paar Schwächeanfälle des amtierenden CEO Marc Walder – machen sie unkaputtbar.

Natürlich wäre es furchtbar sexistisch, einen Zusammenhang zwischen Flops und Geschlecht ganz allgemein in den Medien herzustellen. Daher ist es sicherlich reiner Zufall, dass sie Skelettierung von Tamedia von einer Jessica Peppel-Schulz zusammen mit einer Raphaela Birrer durchgeführt wird, wobei eine Kerstin Hasse immerhin über die Klinge springen musste.

Aber zurück zum SoBli und der nicht mehr so glücklichen «Blick»-Familie. Wenn das, was früher einmal Chefredaktor hiess, eine desaströs Entwicklung der Zahlen als «bedauerlich» bezeichnet, dann gilt für die Mannschaft (inklusive weiblicher Teil und alle beyond): fürchtet euch! Zittert und zagt. Das ist mit der Beschäftigung von Kindersoldaten im Newesroom nicht aufzufangen. Auch nicht alleine mit der Einstellung des «Magazin». Sondern ihr müsst das leider so sehen:

CH Media hat mit dem grossen Rausschmeissen angefangen. Tamedia hat nachgezogen. Selbst die SRG macht ein paar Sparübungen. Wer fehlt im Umzug? Genau. Und noch ein kleiner Tipp: normalerweise wird nicht bei den Häuptlingen gespart. Auch nicht bei Heads und Chiefs. Sondern bei den Indianern. Also schwingt euch auf die Pferde und reitet um euer Berufsleben. Nur: wohin bloss?

 

 

«Blick» zurück

News von gestern heute serviert. Das erhöht garantiert die Einschaltquote.

Es muss eine Parallelwelt geben, in der die Fussball-EM noch in Gang ist. Denn der «Blick» serviert seinen Lesern diese brandaktuellen Podcasts:

Die Frage, ob die Deutschen oder die Schweizer Europameister werden, scheint inzwischen beantwortet zu sein. So nach der Devise: Schweiz oder Deutschland, Hauptsache Spanien.

Auch Geschmackvolles wird vom «Blick» unablässig gepflegt. Nachdem die Frage beantwortet wurde, wie oft eine Klobürste zu wechseln ist, kommt nun ihr Einsatzort zum grossen Auftritt:

Wer keine Probleme mit der Verdauung hat, dürfte vielleicht eine andere Baustelle mit sich tragen:

Welche Fehlschlüsse das sind? Nun, ZACKBUM will weder auf dem Klo noch im Sexleben dem «Blick+» die Plusser abspenstig machen, denn das Organ mit dem Regenrohr im Logo kann jeden einzelnen persönlich begrüssen und braucht ihn auch.

Aber neben kostenpflichtiger Lebenshilfe gibt es auch jede Menge Gratistipps, mit denen man sein persönliches Wohlbefinden unglaublich steigern kann:

Gut, wieso zwanghaftes Kontrollieren doppelt schadet und welche 6 Snacks man abends bedenkenlos essen kann, das wissen nur Plusser beim «Blick». Für alle ist allerdings die Reiseempfehlung Albanien, die Spaghetti Carbonara, die Gutschein-Plattformen und die schreckliche News, wie Pet-Fläschli in unserem Magen landen. Echt jetzt, gibt es Trinker, die gleich die ganze Flasche verschlucken?

Auch sonst ist der «Blick» mal wieder randvoll mit Nachrichten, auf die man nicht verzichten kann:

Harte Konkurrenz existiert allerdings unter Alkoholika. Da mutiert der «Blick» zum Säufer-, Pardon, Weinkennerblatt:

Bezahlte Werbung, eingeschenkt von «Swiss Wine».

Dann hätten wir noch diesen hier:

Schleichwerbung für eine Zürcher Weinhandlung, echte Werbung von «Mondovino».

Und «Chateau Gysi» mit den letzten Antworten auf allerletzte Fragen nicht vergessen:

So gut diese Story auch ist:

Muss sie aber wirklich seit dem 14. Juli die Rubrik «News» anführen? Und wieso wird die dann nicht in «Old News» umbenannt? Und will man sich den Artikel von Steffi Buchli vorlesen lassen? Hä?

Wie immer hat der «Blick» noch ein Absackerchen parat:

Denn, so weiss Thomas Benkö, der «AI Innovation Lead»: «Als Stimme konnten wir Steffi Buchli (45), unsere Chief Content Officer, gewinnen, die über langjährige Erfahrung am Mikrofon verfügt. Steffi Buchli und KI werden so zum Power-Duo, das dir was auf die Ohren gibt!»

Die Frage ist allerdings, ob man Buchlis Stimme wirklich verträgt (Vorsicht, erhöhte Sexismusgefahr). Ein weiteres Detail ist ZACKBUM aufgefallen: neben Heads, Chiefs, Chefs und Leitern gibt es auch noch den Titel «Lead». Ob da noch einer – ausser Ladina Heimgartner – durchblickt? Gibt’s das auch als Kombination? Also den Headleiter? Den Leadchief? Den Chefchef? Oder gar den Executive Managing Board Member Head?

Das möchten wir gerne mal von Buchli vorgelesen haben …

Wumms: Peter Burkhardt

Sag beim Abschied leise äxgüsi.

Als die «Weltwoche» als erste meldete, dass der Wirtschafts-Chef von Tamedia gekübelt wurde, herrschte rundherum finsteres Schweigen.

Niemand wollte der WeWo den Primeur gönnen. Erschwerend kam noch hinzu, dass die WeWo zuvor geschnödet hatte, dass eine tobende Artikelreihe gegen ein Tourismusprojekt des Tausendsassas Samih Sawiris am Urnersee möglicherweise persönliche Motive haben könnte, weil Burkhardt selbst in der Nähe ein Grundstück mit Uferanstoss besitzt.

Auch das wurde souverän von Tamedia ausgesessen, so nach der Devise: das ist unter unserem Niveau. Wo das allerdings genau liegt, ist schwer zu messen. «Die Chefredaktion und Peter Burkhardt sind übereingekommen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel ist», vermeldet die Medienstelle des transparenten Konzerns kryptisch.

Was Ringier beim Abhalftern von Christian Dorer recht war, kann Tamedia nicht unrecht sein. Was mit Burkhardt zukünftig geschehe, da seien Gespräche am Laufen. So wie mit Dorer auch solche Gespräche geführt worden seien, obwohl es völlig klar war, dass Ladina Heimgartner niemals akzeptieren würde, dass ihr der erfolgreiche Oberchefredaktor weiter in der Sonne stünde.

Burkhardt hatte als Wirtschafts-Chef der «Sonntagszeitung» amtiert, bis er den Machtkampf bei der Zusammenlegung gewann und ab 2017 das fusionierte Wirtschaftsressort der Kopfsalatzeitungen und der SoZ übernahm.

Das führte er soweit rumpelfrei, ohne aber grosse Primeurs zu produzieren. Aber dafür ist ja auch Arthur Rutishauser zuständig. Auffällig ist zumindest, dass sich nach Rutishausers Herabstufung zum Wieder-SoZ-Chefredaktor nun Burkhardt – ganz sicher im gegenseitigen Einvernehmen – als Wirtschafts-Chef verabschiedet.

Wieso allerdings ausgerechnet «jetzt der richtige Zeitpunkt» sein soll, das Wirtschaftsressort zu köpfen? Offensichtlich kam dieser Zeitpunkt doch etwas schnell und überraschend, denn normalerweise wird bei solchen Verkündigungen gleich der Nachfolger vorgestellt. Was hier nicht geschah. Man habe ja noch bis Oktober ganz viel Zeit. Es darf gelacht werden.

Es könnte natürlich auch sein, dass Burkhardt von den ständigen Sparübungen die Schnauze voll hatte; schon andere Mitarbeiter in leitenden Funktionen sind ins Glied zurückgetreten, nicht alle unfreiwillig.

Obwohl Burkhardt nicht die grösste Kerze auf dem Kuchen der Wirtschaftsjournalisten war, ist sein Weggang sicherlich eine weitere Verarmung des Angebots von Tamedia. Dann gibt es halt noch mehr «Newsticker», Bauchnabelkommentare («Der kleingeistige Krieg der ESC-Gegner»), papierdünnes Sommergemurmel («Diese Läden hätten wir gerne wieder»), überflüssige Kochtipps («Nudelsalat muss nicht schlimm sein»), Blödrubriken wie «Ohne Sorgen in die Sommerferien», schlüpfrige Storys wie «Sie ist ihr eigener Sex-Toy-TÜV», plus übernommenes Überkommenes aus der «Süddeutschen Zeitung».

Für Burkhardt nicht, aber sonst ist es saukomisch, dass Medienkonzerne Abgänge in einer Art kommunizieren, bei der sie laut krähend auf den Hinterbeinen stünden, geschähe das in einem anderen Unternehmen.

Oder vielleicht ist des Rätsels Lösung einfach: wer bei Tamedia bleibt, hat trotz verzweifelter Bemühungen noch keinen anderen Job gefunden …

Achtung, Satire

Bei empfindlichen Journalisten mit Glaskinn muss man das sagen.

Nehmen wir uns den amtierenden US-Präsidenten als Beispiel. Schliesslich ist er die weisse Hoffnung vieler Journalisten und sagt über seinen Konkurrenten Donald Trump: «Ich verbrachte 90 Minuten auf der Bühne und debattierte mit einem Typen, der die Moral eines Strassenköters hat». Wie er dann wohl die Moral seines Sohnes qualifizieren würde?

Auch nicht gerade nett. Aber ZACKBUM geht es hier mehr um Joe Bidens Behauptung:

«Ich kann diesen Job machen.»

Das ist ein Wahlspruch, den sich auch viele Schweizer (und deutsche) Journalisten zu Herzen nehmen.

Fangen wir mit dem Ausland an. Die beiden Spitzenkräfte der «Süddeutschen Zeitung» haben mit einer Schmierenreportage über den ihnen unliebsamen Politiker Aiwanger den Ruf recht ramponiert; mit einer Bespitzelungsaktion gegen die eigene Redaktion während der Plagiatsaffäre um eine stellvertretende Chefredaktorin den Ruf versenkt. Dennoch sagen Wolfgang Krach und Judith Wittwer (obwohl die öffentlich eigentlich nie etwas sagt) sicherlich: Wir können diesen Job machen.

Der «Stern» hatte mal einen Henri Nannen als Chefredaktor und weit über eine Million Auflage. Der Henri-Nannen-Preis wurde umbenannt, den heutigen Chefredaktor kennt keiner, die Auflage kratzt an der Schwelle zu unter 300’000. Dennoch sagt Gregor Peter Schmitz, der sich nicht entblödet, bei der Preisverleihungsfeier nur vegetarische Gerichte anzubieten: Ich kann diesen Job machen.

Die Geschäftsführerin samt Chiefs, Officers und Kopfsalat bei der kleinen, unglücklichen «Blick»-Familie, die ein grauenhaftes Redesign zu verantworten hat, den kompetenten und erfolgreichen Oberchefredaktor Dorer mit unverständlicher Begründung feuerte, dem Boulevardblatt den Boulevard abtreiben will, mit «Blick+» einen plussenden Minuserfolg landete, Ladina Heimgartner sagt sicherlich auch: Ich kann diesen Job machen.

Das Quotenfrauen-Duo an der Spitze des einstmals angesehen Tages-Anzeigers ist dafür verantwortlich, dass das Blatt dramatisch an Substanz verloren hat, woke Gutmenschen mit ihren Hobbys und Steckenpferden die Leser quälen und vertreiben dürfen, die verbliebenen Konsumenten streng erzogen und auf den richtigen Lebensweg geführt werden sollen, wobei auch Schreibverbote und Kochgebote helfen sollen. Kompetente Vorgänger wurden zurückgestuft, wer kann, verlässt das sinkende Schiff. Dennoch sagen Raphaela Birrer, bei der die Redaktion zusammenzuckt, wenn sie ein neues Leitartikel-Desaster ankündigt,  und «Digital Leader» Kerstin Hasse im Duett: Wir können den Job.

Bevor aufgeheult wird: ja, das ist natürlich sexistisch und Ausdruck der Rape Culture und ein Beispiel für die männlich dominierte Unterdrückungssprache.

Auch Beat Balzli, der zur Chefredaktion der NZZamSonntag kam wie die Jungfrau zum Kind und seither nicht so recht weiss, was er mit diesem Job anfangen soll (zumindest von einer Online-Offensive ist nichts zu sehen), während er gleichzeitig allen Egobolzen auf der Redaktion freien Auslauf gibt, dabei aber das Niveau des Blatts, vor allem auf dem Cover, bedenklich senkt, sagt sicherlich: Ich kann diesen Job machen.

Das gilt selbstverständlich auch für Thomas Bucheli, dem Oberwetterfrosch von SRF. Zu den vornehmsten Aufgaben gehört die Wetterprognose; das ist eigentlich der Sinngehalt und die Existenzgrundlage eines Meteorologen. Denn der Mensch ist zu faul, morgens aus dem Fenster zu schauen. Er will am Vorabend schon wissen, ob er den Regenschirm einpacken soll. Und ob er sich sommerlich, hochsommerlich oder hitzesommerlich anziehen soll. Da ist ihm Bucheli aber keine grosse Hilfe. Bereits zum zweiten Mal weist ihm die «Weltwoche» nach, dass er sich – neuer Rekord – um bis zu 11 Grad mit Temperaturvorhersagen verhaut. Komischerweise immer nach oben, nie nach unten. Während professionellere Wetterdienste ziemlich nahe an den tatsächlich gemessenen Temperaturen liegen. Bucheli sieht aber nach wie vor keinen Anlass zur Selbstkritik, SRF räumte ihm (und seinem Hauptkritiker nicht) sogar eine Rechtfertigungsarie vor laufender Kamera ein. Denn auch Bucheli meint sicher: Ich kann diesen Job machen.

Das meinen auch viele Wirtschaftsjournalisten, die zwar keine Bilanz lesen können, aber furchtbar wichtige Ratschläge erteilen. Das meinen viele Auslandjournalisten, die am Schreibtisch in der Schweiz sitzen, aber genau wissen, wie es in Venezuela, China, Cabo Verde oder Uganda zu und her geht. Das meint die ganze Bagage von woken Kulturjournalisten, die absolute Schreibnullen hochjubeln und die wenigen noch nicht geflüchteten Leser mit Suadas über inklusive Sprache quälen. Das meinen all die Träger eines ganz, ganz kleinen Bildungsrucksacks, die zudem nur ein Löffelchen dabei hatten, als der Herr Hirn vom Himmel regnen liess.

Aber allesamt meinen sie, dass sie ihren Job machen könnten. Schlichtweg schon deshalb, weil sie keinen anderen können. Obwohl für so viele, viel zu viele das Diktum von Karl Kraus gilt: «Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten.» Da aber die meisten gar nicht wissen, wer Kraus war, kratzt sie das auch nicht.

Denn noch etwas haben sie mit Biden gemeinsam: Selbstkritik, Einsehen des eigenen Unvermögens – völlig ausgeschlossen. Niemals. Nur unter Zwang. Und selbst dann nur gequält und oberflächlich.

Damit geht’s dann steil den Bach runter in die Bedeutungslosigkeit und Abschaffung der eigenen Existenzgrundlage. Wofür niemand Bedauern verspürt.

Blabla-«Blick»

Ehrfurcht bitte. Es kommt Gesalbtes, Gelabertes und Geschwurbeltes.

Wer das noch nicht wusste: «Blick steht für relevanten, umfassenden und unterhaltsamen Journalismus in der Schweiz.» Sagt da einer: das wüsste ich aber? Ts, ts, zur Strafe gehen wir nun diese «redaktionellen Leitlinien» durch.

Dabei stossen wir gleich auf ein erstes Problem: ihre Erläuterung ist über 10’000 A lang, und dabei ist das «Editorial Mission Statement der Ringier AG» gar noch nicht mitgezählt. Das ist aber 2400 A schlank, immerhin. Ach so, nein, das war nur seine Ankündigung, in Wirklichkeit ist es noch viel kürzer.

Sein Kernsatz: «Ringier macht Journalismus, der informiert, unterhält und Vertrauen schafft. Er verpflichtet sich den Werten der Demokratie, der Menschenwürde und der Freiheit.» Wir vermissen aber den Einsatz für den Weltfrieden und die Abschaffung des Hungers. Das ist noch nicht alles. Es folgt, so gehört sich das heute für jede Firma, die etwas auf sich hält, die Liste von ewig gleichen Worthülsen: «Exzellenz, Wahrheit, Offenheit, Unabhängigkeit, Verantwortung, Publikum, Respekt».

Zweites Problem: in wohl jeder Ausgabe des «Blick», im Online-Auftritt liesse sich täglich mindestens ein Verstoss gegen diese hehren Begriffe festellen.

Drittes Problem: wieso werden die denn für den «Blick» dermassen ausgewalzt? Um sich besser lächerlich zu machen? Greifen wir nur einen Unterpunkt in dieser ellenlangen Abhandlung auf: «Unabhängigkeit der Redaktion».

«Die Redaktion arbeitet unabhängig von jeder äusseren Einflussnahme. Sie veröffentlicht, was sie für aktuell, relevant und ethisch richtig hält. Sie entscheidet frei von politischen, weltanschaulichen oder wirtschaftlichen Direktiven und persönlichen Ideologien. Blick trennt klar zwischen redaktionellen Inhalten, Werbung und bezahlten Service-Angeboten. Inhalte, die nicht in der Verantwortung der Redaktion entstehen, werden entsprechend gekennzeichnet (etwa als «Sponsored Content», «Branded Story», «Anzeige», «Publireportage», «In Kooperation mit …»)

Da brennen die Oberschenkel vom Klopfen, und die Packung Taschentücher wird von Lachtränen durchweicht. Warum? Nun, sagen wir so: man suche auf ZACKBUM nach dem Stichwort «Blick». Das sollte genügen. ZACKBUM hofft: auch Michael Ringier, Marc Walder oder Ladina Heimgartner haben herzlich gelacht, als sie das lasen.

Es ist uns bewusst, dass unsere Leser wieder mal um Gnade winseln, daher greift ZACKBUM nur noch ein weiteres Stichwort heraus: «Nicht-Diskriminierung».

«Blick respektiert Geschlechteridentitäten und stellt in seiner Berichterstattung Personen so dar, wie sie sich identifizieren (männlich, weiblich, non-binär, transgender etc.). Bei den inklusiven Schreibweisen bevorzugt Blick neutrale Begriffe (z. B. Feuerwehrleute statt -männer), wechselt männliche und weibliche Form ab oder benutzt beide. Generisches Femininum, Genderstern, Doppelpunkt und Ähnliches sind in einzelnen Formaten in bestimmten Blick-Produkten möglich.»

Und noch dies: Man stelle sich vor, dass jeder Kindersoldat, jeder der wenigen gestandenen Redaktoren, jeder der unzähligen Heads, Chiefs und Officers diese Richtlinien auswendig lernen muss, bevor er auch nur auf eine Taste drückt.

Kann man sich das vorstellen? Nein, das kann man sich nicht vorstellen. Denn es ist unvorstellbar. Aber immerhin: wer sich fragte, warum «Blick» nicht nur auflagemässig in den Abgrund fährt, wieso «Blick» mit grossen Buchstaben und bunten Bildern völlig enteierten Ex-Boulevard-Journalismus macht, der muss nur dieses Geschwurbel durchlesen. Dann ist ihm alles klar.