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Inflationäres Geschwafel

Teuerung ist ein Thema für Kristallkugel-Gucker.

Lange Zeit war sie weg, dann war sie plötzlich wieder da: die Inflation. Die Teuerung. Die echte und die gefühlte. Die ansteigende, gar die galoppierende. Und damit natürlich die Inflationsangst. Wenn neben der Ukraine und anderen Aufregern noch Platz war, äusserte sich die Journaille dazu ausführlich.

Steigende Konsumentenpreise, steigende Hypothekarzinsen, steigende Mieten, weniger stark steigende Löhne und Zinsen auf Geldanlagen. Wo soll das alles enden, wo geht’s hin, wie geht’s weiter? Droht der Weltuntergang, wird die Inflation auch in der Schweiz zweistellig, wie wirkt sich das auf die Konjunktur aus? Was tun? Welche Art von Hypothek wählen? Lang, kurz, Saron? Wohin mit dem Ersparten? Aktien? Bitcoins? ETF?

Nun ist es so, dass der durchschnittliche Wirtschaftsjournalist bis heute nicht in der Lage ist, in die Zukunft zu schauen. War er noch nie, daher wollen wir es Tamedia ersparen, die rund 150 Treffer zum Begriff «steigende Teuerung» seit einem Jahr durchzugehen. Wir haben schon genug über den «Blick» gelacht.

Aber so sicher wie das Amen in der Kirche ist ein solcher Artikel:

Das könnte daran liegen, dass es bei künftigen Entwicklungen eines Indizes nur drei Möglichkeiten gibt. Er steigt, er sinkt – oder er bleibt unverändert. Ach ja, oder die Erde explodiert, aber dann ist alles egal. Nun könnte man meinen, dass angesichts dieser Verteilung ungefähr gleich viele Ökonomen auf die eine wie auf die andere Entwicklung setzen.

Das ist aber falsch. Interessanterweise gibt es immer eine Mehrheit von solchen Zukunftsguckern, angeführt von der «Konjunkturforschungsstelle KOF» der ETH, die auf das falsche Pferd setzen. Sie prognostizieren mit wissenschaftlicher Überlegenheit, dass beispielsweise die Inflation sinken wird. Während sie dann steigt. Oder umgekehrt. Das Gleiche natürlich auch bei der Konjunkturprognose. Nach der Prognose ist vor der Korrektur der Prognose. Grund: Na, du laienhaftes Dummerchen, das Unvorhersehbare hat mal wieder zugeschlagen.

Nun erklärt Simon Schmid vom «Tages-Anzeiger» recht launig, «warum so viele Ökonomen falsch lagen», was Prognosen über die weitere Entwicklung der Inflation betrifft. Das ist lustig zu lesen; noch lustiger wäre es, wenn er Beispiele aus dem Schaffen seines eigenen Hauses wählen würde. Weniger lustig ist, dass er den eigentlichen Grund für das zunehmende wilde Gerate der Ökonomen nicht nennt: seit der Finanzkrise eins im Jahre 2008 und der anschliessenden turmhohen Staatsverschuldung, für deren hemmungslose Fortsetzung immer neue Gründe gefunden werden (Eurokrise, Covid, Ukraine, Naher Osten), bewegen wir uns in der Finanzwelt auf nicht kartografiertem Gebiet.

Alle Inflationstheorien, die an der HSG und anderen Kraftorten der vermeintlichen Wirtschaftswissenschaft gelehrt werden, sind für den Papierkorb. Haben mit der geldpolitischen Realität nichts zu tun, aber wenn der Professor seine Vorlesung schon seit zwanzig Jahren so hält, will er sich dadurch doch nicht Arbeit aufhalsen.

Daher kommt Schmid am Schluss seiner Ausführungen zur erschütternden Erkenntnis: «Die Geschichte wiederholt sich, trotz aller Warnungen inflationsfürchtender Experten, nicht.»

Nun überlässt es aber der geballte Sachverstand der Wirtschaftsredaktion von Tamedia der SDA, folgendes Phänomen zu schildern: «Festhypotheken sinken auf neues Tief». So was. Das führt natürlich zur drängenden Frage: wie geht’s damit weiter? Darauf hat selbst die SDA nur eine etwas unbefriedigende Antwort: «Wie es 2024 weitergeht, hängt allerdings von vielen Faktoren ab.» Immerhin, ZACKBUM dachte, das hängt einzig und alleine von der Schneehöhe in Andermatt und dem Profil von Winterreifen ab.

Angesichts dieser erschütternden Erkenntnis, die eigentlich einen Wirtschaftsnobelpreis verdient, serviert die SDA eine grosse Portion Geeiertes. Wir lassen es bei einem Mütterchen bewenden:

«Beim Ausblick tut sich Moneyland etwas schwer, denn es gebe viele Faktoren, die die Zinsentscheidung der Schweizer Nationalbank beeinflussen. Daher bestünden grosse Unsicherheiten. Sollte beispielsweise die Konjunktur wider Erwarten deutlich schwächeln, könnte die SNB zu früheren Leitzinssenkungen gezwungen werden. Andererseits seien unerwartete Inflationsschübe mit einer nötigen Straffung der Geldpolitik ebenfalls nicht unmöglich.»

Da war selbst Paul, die Krake, zukunftssicherer und sagte sämtliche Ergebnisse der Fussball-WM für Deutschland richtig voraus.

In diesem «einerseits, andererseits, wobei, wenn nicht, falls, oder doch» setzt der Schluss dann doch noch einen humoristischen Akzent. Aber nur für den Leser, dem die weitere Entwicklung der Inflation eigentlich egal ist:

«Obwohl sich die Inflationsraten in der Schweiz nun schon den sechsten Monat in Folge deutlich unterhalb der von der SNB anvisierten 2-Prozent-Obergrenze befänden, beobachteten die Währungshüter die Entwicklung der Inflation. Es bestünden neben geopolitischen Unsicherheiten weitere Kostentreiber wie etwa Mietzinserhöhungen und Strompreise.»

Das Beobachten des Beobachters beim Beobachten. Könnte fast ein Titel von Handke sein, aber der ist nicht Ökonom, sondern Schriftsteller.

 

Wumms: Peter Rásonyi

Der Mann mit dem verbalen Zweihänder.

Die NZZ hat eine der besten Auslandberichterstattungen im deutschen Sprachraum. Immer wieder gibt es dort Juwelen zu entdecken. Aktuell unter «Meinung & Debatte» einen Beitrag über die vergessene Vertreibung der Armenier aus Nagorni Karabach durch den Diktator in Baku. Titel: «Aserbaidschans Waffen stammen auch aus Israel». Der Artikel beleuchtet die milliardenschweren Waffenlieferungen Israels und seine Unterstützung einer üblen Diktatur mit Know-how, eine schmutzige Sache.

Der Leiter der Auslandredaktion Peter Rásonyi könnte das möglicherweise als ungeheuerliche Vorwürfe bezeichnen. Obwohl die Darstellung dieser üblen Zusammenarbeit auch aus israelischen Medien stammt. Denn Rásonyi mag den verbalen Zweihänder.

Das tut der Ukraine-Kriegsberichterstattung nicht gut, in der die NZZ bereits unzählige Male den nahe bevorstehenden Sieg der Ukraine verkündet. Aber richtig mopsig wird der Auslandchef, wenn es um Israel geht.

Da verurteilt der UNO-Generalsekretär den «schrecklichen und einzigartigen Terrorangriff» der Hamas-Mörderbande, er sei «durch nichts zu rechtfertigen». Dann sagt António Guterres richtig, «dass die Angriffe der Hamas nicht in einem luftleeren Raum geschehen sind. Das palästinensische Volk ist 56 Jahre lang einer erstickenden Besatzung unterworfen worden». Damit bezieht sich Guterres unter anderem auf die klar völkerrechtswidrige Siedlungspolitik Israels in besetzten Gebieten.

Dazu donnert Rásonyi: «Die Vorwürfe von Uno-Generalsekretär Guterres sind ungeheuerlich und menschenverachtend, weil er den Terror eben doch rechtfertigt und die Verantwortung dafür in absurder Weise umkehrt.» Die Bemerkung zum «luftleeren Raum» könne «genau so verstanden werden: Israel habe den Terrorakt letztlich selbst verschuldet, weil es die Palästinenser zuvor so schlecht behandelt habe».

Auch die Bemerkung, dass es regnet, kann missverstanden werden. Aber dem Generalsekretär zu unterstellen, er hätte andeuten wollen, dass Israel den Terrorakt selbst verschuldet habe, ist schon ungeheuerlich. Er selbst weist das als «schockierend» zurück.

Anschliessend setzt Rásonyi einige Fragezeichen hinter die israelische Blockade des Gazastreifens. Aber wenn man seine Methode gegen ihn verwenden will, nützt dem Auslandchef das nichts, so wenig wie es in seinen Augen Guterres genützt hat, dass der die Gräueltaten der Hamas ohne Wenn und Aber verurteilte.

Dass der israelische UNO-Botschafter gleich den Rücktritt von Gutteres forderte, ist als Bestandteil des Propagandakampfs verständlich. Wie aber ein leitender Redaktor eines Blatts dermassen verbal ausrasten kann, das sich doch die ruhige und gelassene Analyse auf die Fahnen geschrieben hat, ist befremdlich. Solches Gejapse sollte die NZZ doch anderen Organen überlassen, um als Stimme der Vernunft weiter wahrgenommen zu werden.

Prima Klima

Der «Club» schafft sich ab.

Das geht so nur bei SRF. Wenn die Leiterin einer Sendung dank Verbandelung mit ihrem Chef unangreifbar ist (unkündbar ist man bei SRF sowieso, ausser man stiehlt silberne Löffel oder sagt etwas Böses über die Chefs), dann sinken Niveau und Einschaltquote dramatisch – ohne Konsequenzen.

Seit 2018 leitet Barbara Lüthi den «Club». Qualifikation: Frau vom Chef. Frau. Suchte neue Herausforderung. Resultat: Zuschauerdurchschnitt 2020 125’000. 2021 noch 101’000. 2022 klägliche 87’000. Ein Schwund von fast einem Drittel. Das führt nur beim Schweizer Farbfernsehen (oder beim «Blick») nicht zu dramatischen Konsequenzen.

Lüthi ist überfordert. Entweder grätscht sie hektisch bei ihr nicht passenden Meinungen rein, oder sie lässt ihr sympathische Meinungsträger ungeniert labern. Gerne macht sie auch Sendungen über Abwesende. So wurde der kantige SVP-Nationalrat Andreas Glarner durchgehechelt – er war nicht eingeladen, um sich allenfalls zu wehren.

Besonders peinlich wird es, wenn der eigene Sender zum Thema wird. Genauer die systematischen Fehlprognosen von SRF Meteo. Dass Thomas Bucheli dabei ist, das versteht sich von selbst. Dass die Nullnummer Elia Blülle vom klimaneutral inaktiven «Klimalabor» der «Republik» dabei ist: Gesinnungs-Gratis-PR. Reto Knutti hat seine Berufung als Klimawandel-Unke gefunden. Christof Appenzeller, Beamter und Direktor von Meteo Schweiz, neigt auch nicht zur Ausgewogenheit.

Also vier gegen eine. Denn richtig Contra gab eigentlich nur die NZZ-Journalistin Claudia Schwartz, die immerhin Bucheli mit hartnäckigem Nachfragen im wohltemperierten Studio etwas in Schwitzen und Rudern brachte. Obwohl sie, wie auch Lukas Rühli von «Avenir Suisse», nicht vom Fach ist.

Skandalös wurde die Sendung aber wieder durch eine Abwesenheit. Bekanntlich hat der Medienkritiker Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» die ganze Debatte angestossen, indem er Bucheli & Co. mehrfach gravierende und systematische Fehlprognosen nachwies und sie mit viel besseren Vorhersagen der Konkurrenz verglich, womit das Argument «furchtbar kompliziert, verstehen nur Fachleute» flachfiel, obwohl es Bucheli gerne verwendet.

Als Sahnehäubchen verglich Zimmi dann noch die nächsten Fehlprognosen von SRF Meteo (bis zu 10 Grad zu hoch!) mit den Resultaten eines WeWo-Leserwettbewerbs im Vorhersagen. Die Leserschaft gewann haushoch. Also wäre es selbstverständlich gewesen, Zimmi (oder einen anderen Vertreter der WeWo) einzuladen. Oder deren Abwesenheit zumindest zu erwähnen oder gar zu erklären.

Aber doch nicht Lüthi. Die fand offenbar, dass Schwartz schon anstrengend genug werden könne. Und überhaupt, dem SVP-Schmuddelblatt «Weltwoche» eine Plattform geben? Niemals. Den nicht gerade auf den Mund gefallenen Zimmermann in der Sendung haben, wieder hektisch reingrätschen, gar lautstarke Duelle zwischen Moderatorin und Gast? Wieder mal offenkundig werden lassen, dass Lüthi trotz ganzer Vorbereitungscrew im Rücken nicht sattelfest ist, keine Autorität ausstrahlt, schnell einmal die Sendung nicht mehr im Griff hat? Niemals.

Hm, vielleicht wäre ja Jörg Kachelmann noch eine Möglichkeit gewesen. Ist immerhin vom Fach. Oder Thomas Matter, der als Initiant entschieden erfolgreicher ist als in seiner Funktion als DJ. Hat sich schliesslich auch über die Fehlprognosen aufgeregt. Angefragt, nicht gewollt? Aber nein; Zimmi sagt knapp «» auf die Frage, ob er wenigstens eingeladen wurde.

Dafür die Sendung weiter in die Bedeutungslosigkeit moderieren? Ungehindert und ungehemmt. Denn Lüthi weiss: ihr kann keiner.

«Blick» ist peino

Konzernjournalismus ist eine üble Sache.

Der Ringier-Verlag ist der SRG über die Werbeverwertungsgesellschaft Admeira herzlich verbunden. Früher war’s sogar ein Joint Venture, bis sich das Farbfernsehen zurückzog und seine Anteile an Ringier verkaufte.

Das bei einer Berichterstattung über TV-Themen anzumerken, nun, anständig wär’s. Nachdem der frischgebackene SoBli-Chefredaktor bereits beim SRG-Boss Gilles Marchand (Jahresgehalt rund 550’000 Franken) Mikrophonständer gespielt hatte und dem die verunglückte Gelegenheit gab, gegen die «200 Franken sind genug»-Initiative zu wäffeln, muss der «Blick» gut Wetter machen.

Denn eines der Aushängeschilder von SRF, Wetterfrosch Thomas Bucheli, ist in ein veritables Tiefdruckgebiet geraten. Ihm wurde mehrfach nachgewiesen, dass seine Temperaturprognosen konsequent und massiv (bis zu 10 Grad) von den gemessenen Temperaturen abweichen. Konsequent nach oben.

Als typische Beamtenseele meinte Bucheli zunächst, dass er diese Vorwürfe der «Weltwoche» als «absurd» abtischen könnte. Vor allem, dass insinuiert wurde, dass die Wurstigkeit gegenüber diesem Problem damit zu tun haben könnte, dass man im Staatsfunk keine Gelegenheit auslässt, die kommende Klimakatastrophe an die Wand zu malen, wies er «vehement» zurück.

Als das nicht reichte, entschuldigte er sich zu bester Sendezeit für die Fehlprognosen, behauptete aber weiterhin, dass das keine Absicht sei – und sehr, sehr schwer zu verbessern. Dabei eilte ihm Tamedia zu Hilfe und führte wortreich aus, dass solche Temperaturvorhersagen unglaublich schwierig seien, fast unmöglich.

Aber der grosse Elefant bleibt weiterhin in der Meteo-Zentrale stehen und wird fleissig ignoriert: wenn das so wäre, wieso gelingt es dann der Konkurrenz der 15-köpfigen Wetter-Crew regelmässig, viel präzisere Vorhersagen zu machen? BBC, Weather Channel, auch Kachelmannwetter liegen viel näher an den gemessenen Temperaturen. Immer.

Nun könnte man die einfache Frage stellen, wieso SRF Meteo – statt sich mit seinem wahnsinnig komplizierten Algorithmus ständig zu verhauen – nicht einfach die besseren Daten von der Konkurrenz übernimmt.

Aber der «Blick» doch nicht. Da muss Camilla Alabor, «Redaktorin SonntagsBlick», dran glauben und ihre Pflicht tun. Nämlich dem im Sturm stehenden Bucheli ein schützendes Dach bieten. Allerdings verhaut sie sich geradezu SRF Meteo-mässig gleich am Anfang:

«Thomas Bucheli (66) war sichtlich aufgewühlt.» Vielleicht war auch Alabor aufgewühlt, der Mann ist 62 Jahre alt. Oder sie hat sich aus Solidarität nach oben verhauen. Dann bekommt der Aufdecker der Fehlprognosen eins vor den Latz: «Das rechtskonservative Magazin (gemeint ist die «Weltwoche», Red.) hatte der Wettersendung vor einer Woche unterstellt …»

Pfui, aber hier redet nun Bucheli: «Wir werden dafür sorgen, dass der Fehler korrigiert wird.» Das ist ihm allerdings bis heute nicht gelungen, wie Nachmessungen regelmässig ergeben. Inzwischen hat sich sogar oberpeinlich herausgestellt, dass das Kollektiv von rund 1000 WeWo-Lesern entschieden präzisere Vorhersagen macht als Bucheli mit seinem Algorithmus. Kurt W. Zimmermann hatte daher süffisant angeboten, dass doch zukünftig die WeWo den Wetterbericht übernehmen könne. Sei billiger und besser.

Aber auf solche Fiesigkeiten will «Blick» natürlich nicht eingehen. Dafür Vorhang auf für Bucheli:

««Die Vehemenz der Kritik hat mich überrascht.» Der Vorwurf der politischen Einflussnahme sei so skurril, dass er ihn nicht ernst nehmen könne, sagt Bucheli. «Es handelt sich um eine bedauerliche wissenschaftliche Fehlprognose, die aber keinen riesigen Schaden angerichtet hat.»»

Also alles in Ordnung, lasst den Mann doch einfach in Ruhe arbeiten. Aber nun muss das Ganze natürlich noch «eingeordnet» werden. Im besten Framing-Stil schreibt daher Alabor: «Die Angriffe von rechts auf die vielleicht unpolitischste Sendung – die Wetterprognose – zeigen: Auch in der Schweiz droht die Meteorologie zum Spielball der Politik zu werden.»

Pfui, gibt es etwas Unpolitischeres als Fehlprognosen? Aber für seinen geknödelten Auftritt mit Entschuldigung hat Bucheli natürlich fachfrauliches Lob verdient: «Für seinen handgestrickten Auftritt indes erhält Bucheli von einer Expertin für Krisenkommunikation gute Noten. Inhaltlich sei es richtig, dass SRF Meteo dem Thema in der Sendung grosses Gewicht gegeben habe, sagt Claudia Jenni (52) von der Agentur Kommunikationsatelier.» Hierbei handelt es sich um eine Zwei-Frauen-Klitsche, die sich darüber freut, mal in den Medien erwähnt zu werden.

Dann erweitert Alabor das Panorama des Schreckens zum Schluss:

«Diese Woche hat die SVP ihre Halbierungs-Initiative eingereicht, mit der sie die TV- und Radiogebühren von 365 auf 200 Franken senken möchte. Vor diesem Hintergrund dürften Angriffe auf das Schweizer Fernsehen in Zukunft nicht abnehmen. Ganz im Gegenteil.»

Aha. Konzertierte Aktion dieser Rechten mit ihren «Angriffen auf das Schweizer Fernsehen». Pardon, seit wann ist die berechtigte Kritik an erstaunlich konsequenten Fehlprognosen und bescheuerten Erklärungen, wieso das nicht anders sein könne, ein Angriff auf die SRG?

Und wann hatte das letzte Mal ein «Blick»-Artikel über die SRG etwas mit Journalismus zu tun?

 

 

 

Wumms: Kurt W. Zimmermann

Der Altstar der Medienkritik im Hoch.

Das nennt man einen Volltreffer. In seiner Medienkolumne in der «Weltwoche» veröffentlichte Kurt W. Zimmermann Tabellen, mit denen er auf zwei Probleme hinweisen konnte. Das erste: SRF Meteo veröffentlicht regelmässig Prognosen, die bis zu acht Grad oberhalb der tatsächlich gemessenen Temperaturen liegen. Wobei alle Fehler ausschliesslich Ausreisser nach oben sind, niemals prognostiziert SRF Meteo zu niedrige Temperaturen.

Um dem Argument von Vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass es halt schwierig sei mit Prognosen, vor allem, wenn sie die Zukunft beträfen, stellte Zimmi den Fehlprognosen die Vorhersagen von zwei Konkurrenten gegenüber. Den kleinen Anbieter Kachelmannwwetter und die internationale Benchmark Weather Channel. Und siehe da: die lagen viel näher im Streubereich der Wirklichkeit. Entweder Volltreffer oder so ein, maximal zwei Grad daneben. Nach oben oder nach unten natürlich.

Zunächst unterschätzte SRF Meteo das Problem sträflich. «Weltwoche», SVP, typisch, absurd, Wahlkampfgedöns. Denn Zimmi hatte auch insinuiert, dass es vielleicht der klimabesorgten SRF-Crew durchaus zu pass käme, wenn die Temperaturen immer viel zu hoch angekündigt werden.

Nachdem Oberwetterfrosch Thomas Bucheli das als Unterstellung und als «absurd vehement» zurückgewiesen hatte, meinte er offenbar, damit sei’s abgetischt. Als merkwürdige Erklärung führte er an, dass halt ein saukomplizierter Algorithmus, der die Prognosen berechne, bei Hitzewellen zum «Überschiessen» neige.

Anschliessend machte sich der «Tages-Anzeiger» lächerlich, indem er ausführlich die furchtbar schwierige und komplizierte Herstellung von Temperaturprognosen nachzeichnete und erklärte, dass jegliche Kritik an Fehlprognosen nur von Laien geäussert würde, die halt nicht drauskämen.

Zuvor hatte Bucheli endlich den Ernst der Lage erkannt und sich zu bester Sendezeit bei seinem Publikum zerknirscht für die Fehlprognosen entschuldigt. Ohne von seiner dünnen Verteidigungslinie abzuweichen, dass das halt wahnsinnig schwierig sei, man an einer Verbesserung arbeite, aber das dauere halt.

Sowohl Bucheli wie der «Tages-Anzeiger» schielten am grossen Elefanten vorbei, der hier im Wetterraum steht. Wenn das so wäre, wieso schaffen es dann die beiden Konkurrenten problemlos, viel genauere Vorhersagen zu liefern? Und wieso übernimmt SRF Meteo dann nicht einfach von denen die Prognosen? Problem gelöst.

Aber nicht mit Bucheli. Deshalb hat Zimmi in der «Weltwoche» nachgelegt. Mit einem «grossen Wetterquiz». Das ist echt lustig. Zimmi nahm die Prognosen von SRF Meteo vom nächsten Tag, verglich sie mit den dann tatsächlich gemessenen Temperaturen und hatte die «WeWo»-Leser eingeladen, auch Prognosen abzugeben.

Die Resultate sind ernüchternd, aber immerhin eine neuerliche kalte Dusche für die wohlbestückte und -bezahlte Wetter-Crew des Schweizer Farbfernsehens, das auch hier zeigt, dass es viel Geld für zu wenig Leistung verbrät:

Der Hammer ist diesmal Montpellier. Bucheli & Co. sagten schweisstreibende 38 Grad voraus. Die gemittelten Prognose der WeWo-Leser lag mit 32 Grad auch noch zu hoch. Denn es waren gemessene 28 Grad. Damit stellte SRF Meteo einen neuen Sommerrekord auf. 10 Grad daneben!

Zimmi hat noch weiter ausgewertet. Bei diesen fünf Destinationen sagte SRF Meteo zusammen 28 Grad zu hohe Temperaturen voraus. Dagegen lagen die Leser mit insgesamt 6 Grad Abweichung nach oben durchaus kompetent im Rennen.

Daher kommt Zimmi zu einer logischen Schlussfolgerung, bzw.:

«Unser Angebot deshalb: Die Weltwoche übernimmt den Wetterbericht von SRF gemeinsam mit ihren Lesern. Wir machen das zur Hälfte der Millionen, die für das fünfzehnköpfige Team von «SRF Meteo» plus Produktionskosten anfallen. Das TV-Wetter wird damit nicht nur deutlich billiger, sondern auch deutlich besser.»

Das wäre tatsächlich ein sinnvoller Beitrag, die Halbierungsinitiative schon im Vorfeld umzusetzen. Besser und billiger, was will man mehr?

Der Elefant und die Hitze

Tamedia taucht in neue Tiefpunkte ab. Hitzschlag?

Das ist mal eine Ansage. Das Qualitätsmedium «Tages-Anzeiger» erklärt gaaaanz laaangsam, wieso die SVP mal wieder falsch liegt. «Wissenschaftsredaktor» Martin Läubli nimmt den Mund ziemlich voll: «Wir zeigen auf, warum keine Absicht hinter den zu hohen Temperaturen sein kann und warum Wettervorhersagen zwar immer besser werden, aber keine exakte Wissenschaft sein können.»

Um sich das entsprechende Wissen anzueignen, vermeldet er in der Autorenzeile stolz, sei er seit 2000 im Dienst der Klimaforschung unterwegs. Dafür «besucht und verfolgt er die internationalen Klima- und Umweltkonferenzen». Wir hoffen fürs Klima, dass er das mit dem ÖV und ja nicht mit dem Flugzeug tut.

Aber wie auch immer, ein Fachmann. Der erklärt nun in sechs Punkten länglich und breitlich, welche Daten SRF Meteo für seine Prognosen verwende, was solche Modelle machten, dazu ein Beispiel, ist noch Luft nach oben, und schliesslich: «Was kann man aus der Wetterdebatte lernen?»

Das würde den Leser brennend interessieren. Daher lässt Läubli hier seine ganze Sachkomptenz auf ihn niederregnen (hm, falsches Bild). Die Meteorologen hätten in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Aber:

«Doch nach wie vor ist es nicht möglich, für jeden Punkt auf der Welt und auch in der Schweiz eine absolut präzise Wettervorhersage zu machen. Und das wird vorläufig auch so bleiben. Und wenn ein aufgeregter Tourist eine viel tiefere Temperatur misst, als die Wetter-App angibt, so muss er sich bewusst sein: Sein Standort entspricht nicht unbedingt jenem Gitterpunkt, für den das Modell die Daten errechnet hat

Nimm das, du dummer SVP-Tourist, kann doch nicht so schwer sein. Muss man doch kapieren. Oder nicht?

Oder nicht. Läublis Aufklärungsversuch ist eigentlich brüllend komisch. Denn da schreibt einer umfangreich, gelehrt und hochkompetent einen Artikel, dessen intellektuelles Niveau ungefähr auf Zimmertemperatur liegt. Wenn es sich um ein gut gekühltes Zimmer handelt.

Denn er erzählt dem Leser so ziemlich alles, was der so genau gar nicht wissen wollte. Nur tut er dabei so, als ob er den Riesenelefanten im Raum nicht sehen würde. Man könnte damit direkt einen Slapstick-Kurzfilm drehen, wo Läubli in einer Wetterzentrale herumirrt, auf Bildschirme starrt, wichtig an Hebeln rumspielt, 3-D-Gittermodelle durch den Raum fliegen lässt – und den Riesenelefanten ignoriert, obwohl er gelegentlich sogar über dessen Rüssel stolpert.

Der Riesenelefant materialisiert sich in einer einfachen, aber entscheidenden Frage. Aber ausgerecht die stellt Läubli weder, noch beantwortet er sie.

Sie lautet:

Wenn das alles so wäre, wie Läubli umfangreich behauptet, wieso ist es dann sowohl dem kleinen Kachelmannwetter wie dem grossen Weather Channel möglich, regelmässig sehr präzise Wetterprognosen für Orte auf der ganzen Welt abzuliefern? Wieso täuschen sich die beiden höchstens mal um ein halbes oder um ein Grad nach oben oder nach unten? Während SRF Meteo sich regelmässig und konsequent und immer nur nach oben täuscht? Um bis zu 7 Grad, was nun doch ein Fehler im 20-Prozent-Bereich ist?

Und wenn das halt daran liege, dass SRF leider, leider nicht die Kohle hat, vernünftige Prognosen einzukaufen, aber im Inland von Hand und wahnsinnig akkurat vorhersagt, wieso liegt es dann auch in Genf um vier Grad daneben, natürlich nach oben?

Läubli hätte sich die ganze Mühe der Erklärung sparen können, wie weltweite Wetterprognosen zustande kommen und wie furchtbar schwierig das sei. Dass es niemals möglich sein wird, für jeden Punkt der erde eine präzise Temperaturvorhersage zu machen, geschenkt.

Darum geht es doch gar nicht. Sondern um den Elefanten im Raum. Elefant? Was für ein Elefant? Ich sehe keinen Elefanten, stammelt Läubli, der Klimawissenschaftler. Nicht mal mehr das kriegt Tamedia auf die Reihe, ohne sich unsterblich zu blamieren.

Hitzestau

Heiss, heisser, am heissesten.

Das Problem einer Kampagne ist immer: irgendwann gehen die Superlative aus. Und der Bezug zur Realität völlig verloren.

Die Hitzekampagne ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Seit Tagen wechseln wärmere Stunden mit wirklich kalten ab. Man muss nicht in den Hochalpen wohnen, um erfreut festzustellen, dass das Badezimmer am Morgen angenehm warm ist. Weil die Heizung eingeschaltet wurde.

Aber von solchen Nebensächlichkeiten soll man sich bekanntlich keine schöne Kampagne kaputtmachen lassen, sagt sich Tamedia (als Beispiel, der «Blick» ist schlimmer, CH Media weniger schlimm, aber auch):

«Seit Beginn der Aufzeichnungen», das ist gut, aber nicht gut genug. «Seit Jahrtausenden» ist schon besser. Aber der «jemals gemessene Juli» ist am besten. Oder man kann es auch so formulieren:

«Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen «in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos» seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte «wahrscheinlich» sogar für die vergangenen 100’000 Jahre.»

100’000 Jahre, das ist doch mal eine Strecke. Auch der UN-Generalsekretär ruft sich mal wieder in Erinnerung: «António Guterres erklärte in New York: «Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen.» Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.»

Nun will sich ZACKBUM keinesfalls aufs Glatteis (oh, falsches Bild) der Debatte begeben, ob es den Klimawandel gibt, wenn ja, ob er menschengemacht und schädlich sei – oder nicht. Aber unsere Aufgabe ist die Medienkritik. Bei solchen Langfristangaben schwingt immer eine gute Portion Lächerlichkeit mit. Aber das ist halt Sauregurkenzeit im Journalismus, da greift der Redaktor gerne nach jedem SDA-Strohhalm und fackelt ihn dann gebührend ab.

Noch einen Tick absurder wird’s beim Wetterbericht. Also nicht bei jedem, sondern bei dem von SRF. Da hat Kurt W. Zimmermann in seiner WeWo-Kolumne einen hübschen Skandal offengelegt. Nein, dafür musste er nichts aufpumpen oder behaupten oder erfinden. Sondern schlichtweg die Temperaturprognosen von SRF-Meteo mit den Prognosen von Mitbewerbern vergleichen. Und da wird’s dann affenheiss:

Was das ist? Eben ein Skandal. Die erste Kolumne zeigt die tatsächliche Temperatur an diesen Orten am Dienstag dieser Woche. Die zweite die Prognose von SRF, die dritte von Kachelmannwetter und die vierte von der Benchmark «The Weather Channel». Fällt da etwas auf? Nein, na, dann probieren wir es hier nochmal, Zimmi sei Dank:

Ausser vielleicht, Sie sind SRF-Meteorologe, räumen Sie nun sicher ein: hm. Was für ein Zufall auch. SRF Meteo liegt immer, ausnahmslos, um bis zu 7 Grad über den tatsächlich gemessenen Werten. 7 Grad!

Nun könnte man noch einwenden, dass das halt sauschwierig sei, die Temperatur vorherzusagen. Das kann aber auch nicht stimmen, weil es Kachelmann und dem Weather Channel regelmässig gelingt, ziemlich genau die wirklichen Temperaturen zu treffen.

Natürlich weist der von Zimmermann dazu befragte Chef des vielköpfigen Wetterteams von SRF den «politischen Verdacht» als «absurd» zurück. Das sei alles vollautomatisch, man könne die Algorithmen gar nicht beeinflussen, behauptet Thomas Bucheli.

Der böse Verdacht von Zimmi ist natürlich, dass es sich hier um eine rot-grün motivierte Manipulation handle. Entweder verwenden Kachelmann und der Wetterkanal einfach viel bessere Berechnungsmethoden als der im Geld schwimmende Zwangsgebührensender. Oder aber, SRF verwendet Methoden, die nicht korrekt sind.

Merkwürdig ist dabei tatsächlich, dass das keinem der vielen SRF-Meteorologen auffällt. Diese gewaltigen Temperaturunterschiede, das ist doch etwa so, wie wenn Meteo regelmässig Starkregen mit Hagelschlag ankündigen würde. Und dann tröpfelt es etwas vom Himmel. Was andere Wetterdienste völlig korrekt vorhersagten.

Das lässt eigentlich nur drei Möglichkeiten offen. Entweder sind die Staats-Meteorologen schlichtweg unfähig und verwenden untaugliche Methoden. Das wäre hässlich. Oder aber, sie schrauben absichtlich und konsequent die prognostizierten Temperaturen nach oben. Das wäre noch hässlicher. Oder aber, sie wissen darum, dass sie ständig danebenliegen, die Konkurrenz hingegen nicht, es ist ihnen aber einfach egal. Das wäre am hässlichsten, was auch eine Steigerung bis zum Superlativ ist.

Wildes Rätselraten

Fehler sind menschlich. Die Medien sind unmenschlich.

Eigentlich fehlte nur, dass sich Präsident Putin und Wagner-Chef Prigoschin zusammen in der Sauna gezeigt hätten, sich mit Birkenquasten auspeitschend.

Statt verbaler Abrüstung herrscht nun aber Entrüstung in den Gazetten. Unverschämt von diesen Russen, dass sie zeigten, dass aller Alarmismus ein banaler Fehlalarm war. Militärputsch, Putin wankt, ist schon aus Moskau geflohen, sein Regime ist zum Untergang verurteilt, die Lage eskaliert, stürzt er heute oder erst morgen?

Alles Quatsch. Vielleicht war es doch nur ein geschickter PR-Stunt, vermuten nun schon intelligentere Fernanalysten. Schliesslich musste eine Lösung dafür gefunden werden, dass Prigoschin dazu aufgefordert worden war, seine Söldnertruppe bis Ende Juni dem Oberkommando der russischen Armee zu unterstellen.

Dass er das nicht tun würde, war von Vornherein klar. Dass das der Kreml nicht würde akzeptieren können, ebenfalls. Also was tun, wie schon Lenin fragte. Lösung: einen kleinen Schein- und Schaukampf aufführen. Wie bei den Primaten bewährt. Beide Tiere schlagen sich auf die Brust, stossen drohende Schreie aus und plustern sich überhaupt kräftig auf. Immer in der Hoffnung, damit einen wirklichen Kampf mit Verletzungsgefahr vermeiden zu können.

Genau das ist Putin und Prigoschin gelungen. Wichtig bei diesem Gehampel ist auch, dass keiner der beiden Beteiligten das Gesicht verliert. So kunstvoll der Kriegstanz war, so koordiniert muss der beiderseitige Rückzug vonstatten gehen. Damit es ja nicht so aussieht, als ob einer der beiden kneife.

Genau das ist in Russland passiert. In der Schweiz hat sich wieder einmal die gesamte Leitmedienpresse bis auf die Knochen blamiert. Statt nun aber auch den geordneten Rückzug anzutreten, wird nachgetreten. Denn eingestehen, dass sich mal wieder alle Kreml-Astrologen, alle sogenannten Koryphäen, Kenner, Militärsandkastenstrategen getäuscht haben, dass sie von schlagzeilentrunkenen Journalisten zu Aussagen verleitet wurden, für die sie sich in Grund und Boden schämen sollten – niemals. Nicht mal unter Folter. Nicht mal angesichts der Tatsachen.

Nachdem nun vorläufig der Militärputsch, der Bürgerkrieg, der Sturz, das Ende abgesagt sind, wird fleissig weitergestrickt an realitätsfernen Wunschtheorien. Der Kreml-Herrscher sei abgetakelt, weiss ein fehlanalysierender «Militärstratege», es gäbe nun stalinistische Säuberungen. Nachdem schon alle anderen Mietmeinungen aus München bei Tamedia ihren Unsinn veröffentlichen durften, klappert dort nun noch SZ-Autor Frank Nienhuysen nach.

Bedauerlicherweise ist die Kriegsberichterstattung aus Russland abgesagt worden, mangels Krieg. Aber man darf doch noch Frage stellen:

Eigentlich stand er ja schon vor dem Aus, dem Rücktritt, wäre er von Putin gefeuert worden, oder hätte seinerseits Putin absägen wollen. Aber der Kreml ist – ebenso wie das Verteidigungsministerium – ein gegendarstellungsfreier Raum. Das nützt Nienhuysen recht gnadenlos aus. Zunächst muss er einräumen: «Sergei Schoigu, Russlands Verteidigungsminister, ist also noch da.»

Dann spinnt Intim-Kenner Nienhuysen sein Garn weiter: «Selten ist ein russischer Verteidigungsminister derart in Bedrängnis geraten … Wie angeschlagen ist Sergei Schoigu … Schoigus Ruf geriet in Gefahr … Den Machtkampf hat Prigoschin verloren, und Schoigu hat ihn gewonnen. Doch der hat genug weitere Probleme … Er forderte auch die russische Rüstungsindustrie auf, mehr Panzer herzustellen, Indizien für Schwierigkeiten an den Fronten

Kann so sein, muss nicht so sein. Wichtiger ist aber: Nienhuysen hat offensichtlich keine Ahnung. Ein Eingeständnis dieser Tatsache wäre grandios, würde aber nicht ganze Spalten von SZ und damit auch von Tamedia füllen. Wo bleibt Münger, ist man versucht zu fragen.

Aber einen Lacher überliefert der Ferndiagnostiker: «Würde man alle Zahlen des Ministeriumssprechers Igor Konaschenkow addieren, so Prigoschin, «dann hätten wir schon fünfmal die Erde zerstört».» Das ist immerhin mal komisch, aber nicht von Nienhuysen.

Auch der «Blick» melkt aus dem Thema raus, was das trockene Euter nicht hergibt:

Lustig ist, dass die Medien gerne von «Wirrwarr» sprechen, wenn sie selbst verwirrt sind. Eher peinlich ist’s, dass nun selbst «Militärexperten» wirklich nichts Originelles mehr zu verzapfen haben:

Irgendwie erinnert das an die Anfangszeiten der Pandemie. Damals drängelten sich auch Experten in die Öffentlichkeit, indem sie immer absurdere Prognosen über die zu erwartenden Anzahl Tote machten. Und als das nicht eintraf, kühn behaupteten, dass das eben das Resultat ihrer eindringlichen Warnungen sei.

Gewagter Seitensprung: dem Trubel um den Sänger von Rammstein scheint es ähnlich zu gehen wie dem «Putschversuch», der keiner war:

«Wollen entlasten», wunderbare Formulierung. Nachdem auch der «Blick» (wie alle anderen) gross vermeldet hatte, dass die Staatsanwaltschaft in Vilnius und die in Berlin «Ermittlungen» aufgenommen habe, wird nun so nebenbei berichtet: diejenige von Vilnius hat das Verfahren eingestellt, kein ausreichender Anfangsverdacht. Und Berlin? Da zitiert der Nicht-mehr-Boulevard-«Blick» Lindemanns Anwälte kleinlaut: «Man habe auch Einsicht in die Akten des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Berlins bekommen. Diese bestätigte, dass das Ermittlungsverfahren «nicht auf Strafanzeigen vermeintlicher Opfer» zurückgehe, sondern Anzeige von unbeteiligten Dritten, «die ihre Anzeigen ausschliesslich auf Medienberichte und Vorwürfe in den sozialen Netzwerken stützen», erstattet worden sei.»

Der Artikel endet mit dem üblichen Lachschlager: «Für Till Lindemann und die restlichen Mitglieder von Rammstein gilt die Unschuldsvermutung.»

Für CH Media ist die Riesenstory aus Russland inzwischen zum «Ukraine-Newsblog» geschrumpft. So nennen Redaktionen neuerdings Gefässe, in die sie ungefiltert alles abfüllen, was sie aus dem Internet kopieren. Besonders lustig:

An Board, on board, boarding, boring.

Kriegerisch gestimmt ist hingegen weiterhin der Ausland-Chef der Falken-NZZ:

Der versucht’s inzwischen mit Krankbeten. Beziehungsweise damit, dass eine ständige Wiederholung Unsinn in Sinn verwandelt: «Der Ruf Präsident Putins als der unantastbare starke Mann im Kreml ist ramponiert.» Ob das daran liegt, dass ein angetäuschter Marsch auf Moskau schnell und unblutig beendet wurde? Peter Rásonyi kurbelt an seiner Gebetsmühle: «... hinterlässt einen gedemütigten Diktator im Kreml …»

Aber er hat auch Neues auf Lager. Schon wieder gebe es Stimmen, die fordern, einen geschwächten Putin nicht in die Enge zu treiben, da könne er irrational werden. Ganz falsch, donnert kriegerisch Rásonyi: «Westliche Zurückhaltung, die von der Angst vor einer unkalkulierbaren Aggressivität Putins geprägt ist, war damals schon falsch. … Heute wäre solche Nachsicht erst recht falsch.»

Was empfiehlt denn der kalte Sandkastenkrieger? Martialisches: «Deshalb muss die Devise des Westens sein: die Schwäche Russlands schonungslos ausnützen, die Verteidigung der Ukraine ohne Abstriche fortführen.»

Es wird die Ukrainer sicher freuen zu hören, dass sie von der Falkenstrasse aus schonungslos in die Schlacht getrieben werden, ohne Abstriche. Was ist nur aus der einstmals besonnenen NZZ geworden? Christoph Mühlemann rotiert im Grab; ob Eric Gujer mit seinem Nachfolger in diesem Amt wirklich glücklich ist?

 

Corona-Kreische Karrer

Wenn Wissenschaftler unbelehrbar bleiben. Wieder mal ein monothematischer Tag auf ZACKBUM.

Die Geschichte der Task Force to the Bundesrat ist eine Geschichte von Flops, Egoshootern, eitlen Selbstdarstellern und von Fehlprognosen völlig unbeeindruckten Koryphäen.

Sie sonnen sich bis heute darin, dass sie zwar analysieren, kritisieren, fordern und warnen können – das alles aber völlig haftungsfrei und verantwortungslos. Treffen ihre Prognosen nicht ein, was meistens der Fall ist – na und? Schnell ist man mit der nächsten zur Hand. Erinnert man sich noch dunkel daran, dass bei einer Durchimpfung der Bevölkerung von gegen 70 Prozent die Pandemie eigentlich besiegt sei?

Es wäre die Aufgabe einer verantwortungsvollen Presse, auf solche Fakten hinzuweisen. Aber viel schöner ist es natürlich, Alarm zu schlagen und einen weiteren Beitrag zur Schreckung der Bevölkerung zu leisten.

Das sieht dann beim «Blick» so aus:

Bricht das Gesundheitssystem nun doch zusammen?

In den anderen Medien nicht viel anders, also folgen wir doch dem Qualitätsorgan aus dem Hause Ringier. Wobei eigentlich alle Medien ins Archiv steigen könnten und die Artikel rezyklieren, die geschrieben wurden, als die Task Force vor etwas mehr als einem Jahr schon mal den bevorstehenden Kollaps prognostizierte.

Auf der Suche nach 15 Minuten Ruhm

Diesmal hat der Task Force Vize Urs Karrer das Bedürfnis, sich seine 15 Minuten Ruhm abzuholen. Zu diesem Zwecke veranstaltete er eine Medienkonferenz und verkündete mit gewichtiger Miene «wissenschaftlich berechtigte Zweifel», Triage-Entscheide könnten noch vor Weihnachten kommen. Also traurige Festtage, an denen nicht fröhliche Gesichter unter Weihnachtsbäumen leuchten, sondern in Spitälern entschieden werden müsse, wer leben dürfe und wer nicht.

Aber immerhin, der Bieterwettbewerb, in dem Mitglieder der Task Force schon bis zu 100’000 Tote prognostizierten, wird nicht weitergeführt. Wäre auch etwas schräg, nachdem es bislang etwas mehr als 11’000 Verstorbene gibt. An oder mit Covid-19.

Die Task Force masste sich schon mehrfach an, die Massnahmen des Bundesrats nicht nur intern, sondern gleich coram publico zu kritisieren. Obwohl ihre eigentliche Aufgabe darin bestünde, die Landesregierung intern zu beraten. Aber mit wichtiger Miene im Pressezentrum in Bern zu sitzen, dieser Versuchung kann kein Wissenschaftler widerstehen, der noch nie in den Medien auftauchte. Selbst wenn Gesundheitsminister Alain Berset schon darauf hinweisen musste, dass Expertenmeinungen schon wichtig seien, nur entschieden werde immer noch von den Verantwortungsträgern in den Regierungen.

Das hindert den Präsidenten der Gesundheitsdirektorenkonferenz nicht daran, kräftig abzuledern.. Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger schimpft mitsamt der ganzen Regierung:

«Die vom Bundesrat erlassenen milderen Massnahmen reichen nicht aus.»

Das sieht der Zuger Kantonsarzt ähnlich; bessere sich die Lage nicht schnell und grundlegend, «müssen wir aus Sicht der Kantonsärztevereinigung leider bald ins Auge fassen, den Entscheidungsträgern der Politik weitere Massnahmen vorzuschlagen». Das ist eine kaum verhohlene Drohung: Gebt ihr regierende Pfeifen nicht mal Guzzi, müssen wir halt ans Gerät.

Wie steht es mit der Kritik am eigenen Versagen?

Vielleicht darf man in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass all diese Ärzte und Gesundheitsfunktionäre in den vergangenen Jahren vor allem aber in den fast zwei Jahren seit Ausbruch der Pandemie, ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Wenn es eine mögliche Krise wegen zu wenig Intensivbetten gibt, dann liegt das daran, dass die Zahl der benützbaren Betten sogar seit Ausbruch der Pandemie gesunken ist. Und zwar dramatisch. Zudem weiter sinkt, da sich Pfleger nach zwei Jahren unermüdlichem Einsatz ohne entsprechende Kompensation und vor allem ohne Perspektive auf Besserung krank melden oder gleich verabschieden.

Wenn die Massnahmen des Bundesrats unzureichend sein sollten und Probleme auf den Intensivstationen auslösen, so ist das in erster Linie dem Versagen genau dieser Funktionäre zuzuschreiben. Woher die angesichts dieser Verantwortungslosigkeit die Chuzpe nehmen, andere zu kritisieren oder gar «Massnahmen vorzuschlagen», das erschliesst sich dem Betrachter nicht.

Wieso deren Gekreische in den Medien wiedergegeben wird, ohne auf den Anteil Selbstverschulden und Verantwortungslosigkeit hinzuweisen, ist auch nicht gerade ein Argument dafür, dass sie wegen ihrer gesellschaftlichen Bedeutung eine weitere Milliarde Steuergelder bekommen sollten.

Ein Bett noch frei für die Medien?

 

 

R wie Radau, Raunen, Rabulistik

Was passiert, wenn man den Experten ungefiltert auf die Öffentlichkeit loslässt? Schlimmes.

Es gibt inzwischen eine unheilige Allianz zwischen Medien und mediengeilen Wissenschaftlern. Die Medien wollen in der Pandemie skandalisieren, um ihre Einschaltquote zu erhöhen. Die Wissenschaftler auch.

Der Beispiele sind überviele. Die Taskforce to the Bundesrat. Der Twitter-König Christian Althaus. Der Mister Corona II Marcel Salathé. Oder das Triumvirat des Schreckens, Isabella Eckerle aus Genf, Emma Hodcroft aus Bern und Tanja Stadler von der ETH Zürich.

Alle Unken und hysterischen Warner beziehen sich vor allem auf den sogenannten R-Wert. Der soll die Übertragungsrate messen. Wie viele Menschen werden von Infizierten angesteckt. Wenn R bei 1,1 liegt, heisst das, dass 100 Infizierte weitere 110 anstecken. Das ist schlecht, weil das eine exponentiell ansteigende und keine lineare Kurve ergibt.

Gegenseitig im Hyperventilieren überbieten

Liegt R unter 1, nimmt die Seuche ab, liegt R unter 0,8, ist mit einem baldigen Ende zu rechnen. Soweit, so einfach. Nun überbieten sich zum Beispiel diese drei Damen, ohne jegliche Praxiserfahrung und mit eher schlankem wissenschaftlichem Rucksack darin, zu warnen, zu fordern, zu hyperventilieren.

Hodcroft legt zum Beispiel mit einem grossen Interview vor, indem sie bei einem Überspringen des leicht mutierten Virus aus England auf die Schweiz einen sofortigen, totalen Lockdown fordert. Da muss Eckerle noch einen drauflegen und verkündet, dass sie das neue Virus bereits identifiziert habe und noch viel mehr Lockdown fordere. Ätsch. Und Stadler sitzt sowieso in der Pole Position, weil sie den R-Wert berechnen darf.

Nun hat – immerhin – der «Tages-Anzeiger» mal nachgeschaut, wie dieser R-Wert eigentlich berechnet wird. Nach 11 Monaten, aber besser als gar nicht. Obwohl das den Tagi-Amok Marc Brupbacher zur Weissglut treiben wird, kam die Untersuchung zum Schluss: Auch den R-Wert kann man so oder so sehen.

Wenn man nichts lernt, wiederholt sich die Geschichte

Das ist aber überhaupt nicht lustig, weil in erster Linie von ihm abhängt, welche drastischen, Multimilliardenschäden verursachende Massnahmen ergriffen werden. Schon im Frühling war es so, dass genauere Untersuchungen ergaben, dass die Ansteckungsrate bereits am Sinken war – bevor der drakonische Lockdown vom Bundesrat beschlossen wurde.

Die Geschichte wiederholt sich, wenn man nichts daraus lernt. Wie der Tagi ausführt: Mit der üblichen zehntägigen Verzögerung (Ansteckung, Symptome, Test) verkündete die ETH am 14. Dezember, dass R am 4. Dezember bei 1,13 gelegen sei. Furchtbar, im Chor schrien alle Wissenschaftler, dass nun aber wirklich und sofort und dringlich gehandelt werden müsse. Das BAG setzte noch einen drauf und befürchtete bereits eine Verdoppelung der Zahl der Infizierten bis Ende Dezember.

Also beschloss der Bundesrat in seiner Weisheit, dass nun tatsächlich Schritt für Schritt wieder alles abgewürgt werden muss. Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft. Sonst Untergang, Zusammenbruch, furchtbar.

Wenn der R-Wert schrumpft und schrumpft

Nur: mit sich verbessernden Datensätzen verkündete die ETH am 28. 12., dass der R-Wert am 4. Dezember doch eher bei 1 gelegen habe. Also kein Grund zum Zurücklehnen, aber sicherlich nicht für drakonische Massnahmen. Noch toller: am 18. 12., also immer noch vor dem neusten Milliardenschaden, lag der Wert bei 0,86, gab die ETH am gleichen Tag bekannt.

Auch diese Zahl, nach zehn Tagen erhoben, hat natürlich noch ein Unsicherheitspotenzial nach oben oder unten. Aber: Wie kann es sein, dass Regierungen, nicht nur in der Schweiz, aufgrund einer dermassen wackeligen Faktenlage Entscheidungen treffen müssen, die alleine in Europa ökonomisch Schäden angerichtet haben, die denen des Zweiten Weltkriegs nahekommen?

Wie kann es sein, dass Wissenschaftler dermassen verantwortungslos und haftungsfrei via willfährige Medien die Bevölkerung erschrecken dürfen? Wenn Ebola-Forscher oder Experten in der Beurteilung der Sicherheitsstandards von AKWs in der Dritten Welt dermassen ungefiltert Panik verbreiten dürften, wir sässen alle schon im Luftschutzbunker. Mit Gasmaske.

Menschlich verständlich, wissenschaftlich ein Desaster

Dass jeder Wissenschaftler, der normalerweise nicht in der Sonne der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, zwecks Karriereförderung oder schlichtweg aus Eitelkeit zum grossen Experten aufsteigen will, dessen Mailbox mit Anfragen nach Interviews, Stellungnahmen, Erklärungen anschwillt, ist menschlich verständlich.

Dass bei jedem aktuellen Überthema, sei das Corona, AKW, Fundamentalismus oder Trump, jeder zum Experten wird, ist kein neues Phänomen. Dass sich aber Naturwissenschaftler dafür hergeben, sich gegenseitig mit immer drastischeren Warnungen in der Sonne stehen zu wollen, unfassbar.

Dass kompetenzfreie Medien ihnen dafür noch so gerne eine Plattform geben: unfassbar. Dass sich Regierende drängen und treiben lassen, dem berühmten «Druck» nachgeben, wenn die Taskforce mal wieder sehr besorgt ist und fordert, wenn Wissenschaftssternchen hell blinken möchten, wenn anderswo doch auch, auch das ist unfassbar.

Selbst dem grössten Corona-Star reicht das Gejammer seiner Kollegen

Selbst dem deutschen Corona-Guru, dem unerreichten Vorbild für alle Nachahmer, auch in der Schweiz, reicht es langsam. Prof. Christian Drosten twitterte: «Ihr hattet die lauteste Presse, Ihr habt stetig gestichelt, wenig gelesen, gute Vorschläge zerredet. Ihr bringt bis heute keine Inhalte und jammert über mangelnde Resonanz.»

Damit wandte er sich ausdrücklich gegen das Gejammer von Isabella Eckerle, dass man nicht nur den Sommer verschlafen habe, sondern auch viel zu wenig auf sie gehört. Denn eigentlich haben die meisten stimmkräftigen Experten ausser ständigen Warnungen, dunklen Prognosen, unausgegorenen Forderungen und dem Beweis, dass Virologen oder Epidemiologen null und nichts von Wirtschaft oder Gesellschaft verstehen, nichts zu bieten.

Das ist schlimm genug. Aber indem sie damit den mühsam durchgesetzten Ruf der Wissenschaft grobfahrlässig beschädigen, mit ihren ständigen Fehlprognosen, ihrem häufigen Versagen, ihrem arroganten Gehabe, dass die verantwortlichen Regierenden gefälligst ihnen folgen sollten, richten sie einen Schaden an, der weit über diese Pandemie hinausgeht.