R wie Radau, Raunen, Rabulistik

Was passiert, wenn man den Experten ungefiltert auf die Öffentlichkeit loslässt? Schlimmes.

Es gibt inzwischen eine unheilige Allianz zwischen Medien und mediengeilen Wissenschaftlern. Die Medien wollen in der Pandemie skandalisieren, um ihre Einschaltquote zu erhöhen. Die Wissenschaftler auch.

Der Beispiele sind überviele. Die Taskforce to the Bundesrat. Der Twitter-König Christian Althaus. Der Mister Corona II Marcel Salathé. Oder das Triumvirat des Schreckens, Isabella Eckerle aus Genf, Emma Hodcroft aus Bern und Tanja Stadler von der ETH Zürich.

Alle Unken und hysterischen Warner beziehen sich vor allem auf den sogenannten R-Wert. Der soll die Übertragungsrate messen. Wie viele Menschen werden von Infizierten angesteckt. Wenn R bei 1,1 liegt, heisst das, dass 100 Infizierte weitere 110 anstecken. Das ist schlecht, weil das eine exponentiell ansteigende und keine lineare Kurve ergibt.

Gegenseitig im Hyperventilieren überbieten

Liegt R unter 1, nimmt die Seuche ab, liegt R unter 0,8, ist mit einem baldigen Ende zu rechnen. Soweit, so einfach. Nun überbieten sich zum Beispiel diese drei Damen, ohne jegliche Praxiserfahrung und mit eher schlankem wissenschaftlichem Rucksack darin, zu warnen, zu fordern, zu hyperventilieren.

Hodcroft legt zum Beispiel mit einem grossen Interview vor, indem sie bei einem Überspringen des leicht mutierten Virus aus England auf die Schweiz einen sofortigen, totalen Lockdown fordert. Da muss Eckerle noch einen drauflegen und verkündet, dass sie das neue Virus bereits identifiziert habe und noch viel mehr Lockdown fordere. Ätsch. Und Stadler sitzt sowieso in der Pole Position, weil sie den R-Wert berechnen darf.

Nun hat – immerhin – der «Tages-Anzeiger» mal nachgeschaut, wie dieser R-Wert eigentlich berechnet wird. Nach 11 Monaten, aber besser als gar nicht. Obwohl das den Tagi-Amok Marc Brupbacher zur Weissglut treiben wird, kam die Untersuchung zum Schluss: Auch den R-Wert kann man so oder so sehen.

Wenn man nichts lernt, wiederholt sich die Geschichte

Das ist aber überhaupt nicht lustig, weil in erster Linie von ihm abhängt, welche drastischen, Multimilliardenschäden verursachende Massnahmen ergriffen werden. Schon im Frühling war es so, dass genauere Untersuchungen ergaben, dass die Ansteckungsrate bereits am Sinken war – bevor der drakonische Lockdown vom Bundesrat beschlossen wurde.

Die Geschichte wiederholt sich, wenn man nichts daraus lernt. Wie der Tagi ausführt: Mit der üblichen zehntägigen Verzögerung (Ansteckung, Symptome, Test) verkündete die ETH am 14. Dezember, dass R am 4. Dezember bei 1,13 gelegen sei. Furchtbar, im Chor schrien alle Wissenschaftler, dass nun aber wirklich und sofort und dringlich gehandelt werden müsse. Das BAG setzte noch einen drauf und befürchtete bereits eine Verdoppelung der Zahl der Infizierten bis Ende Dezember.

Also beschloss der Bundesrat in seiner Weisheit, dass nun tatsächlich Schritt für Schritt wieder alles abgewürgt werden muss. Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft. Sonst Untergang, Zusammenbruch, furchtbar.

Wenn der R-Wert schrumpft und schrumpft

Nur: mit sich verbessernden Datensätzen verkündete die ETH am 28. 12., dass der R-Wert am 4. Dezember doch eher bei 1 gelegen habe. Also kein Grund zum Zurücklehnen, aber sicherlich nicht für drakonische Massnahmen. Noch toller: am 18. 12., also immer noch vor dem neusten Milliardenschaden, lag der Wert bei 0,86, gab die ETH am gleichen Tag bekannt.

Auch diese Zahl, nach zehn Tagen erhoben, hat natürlich noch ein Unsicherheitspotenzial nach oben oder unten. Aber: Wie kann es sein, dass Regierungen, nicht nur in der Schweiz, aufgrund einer dermassen wackeligen Faktenlage Entscheidungen treffen müssen, die alleine in Europa ökonomisch Schäden angerichtet haben, die denen des Zweiten Weltkriegs nahekommen?

Wie kann es sein, dass Wissenschaftler dermassen verantwortungslos und haftungsfrei via willfährige Medien die Bevölkerung erschrecken dürfen? Wenn Ebola-Forscher oder Experten in der Beurteilung der Sicherheitsstandards von AKWs in der Dritten Welt dermassen ungefiltert Panik verbreiten dürften, wir sässen alle schon im Luftschutzbunker. Mit Gasmaske.

Menschlich verständlich, wissenschaftlich ein Desaster

Dass jeder Wissenschaftler, der normalerweise nicht in der Sonne der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, zwecks Karriereförderung oder schlichtweg aus Eitelkeit zum grossen Experten aufsteigen will, dessen Mailbox mit Anfragen nach Interviews, Stellungnahmen, Erklärungen anschwillt, ist menschlich verständlich.

Dass bei jedem aktuellen Überthema, sei das Corona, AKW, Fundamentalismus oder Trump, jeder zum Experten wird, ist kein neues Phänomen. Dass sich aber Naturwissenschaftler dafür hergeben, sich gegenseitig mit immer drastischeren Warnungen in der Sonne stehen zu wollen, unfassbar.

Dass kompetenzfreie Medien ihnen dafür noch so gerne eine Plattform geben: unfassbar. Dass sich Regierende drängen und treiben lassen, dem berühmten «Druck» nachgeben, wenn die Taskforce mal wieder sehr besorgt ist und fordert, wenn Wissenschaftssternchen hell blinken möchten, wenn anderswo doch auch, auch das ist unfassbar.

Selbst dem grössten Corona-Star reicht das Gejammer seiner Kollegen

Selbst dem deutschen Corona-Guru, dem unerreichten Vorbild für alle Nachahmer, auch in der Schweiz, reicht es langsam. Prof. Christian Drosten twitterte: «Ihr hattet die lauteste Presse, Ihr habt stetig gestichelt, wenig gelesen, gute Vorschläge zerredet. Ihr bringt bis heute keine Inhalte und jammert über mangelnde Resonanz.»

Damit wandte er sich ausdrücklich gegen das Gejammer von Isabella Eckerle, dass man nicht nur den Sommer verschlafen habe, sondern auch viel zu wenig auf sie gehört. Denn eigentlich haben die meisten stimmkräftigen Experten ausser ständigen Warnungen, dunklen Prognosen, unausgegorenen Forderungen und dem Beweis, dass Virologen oder Epidemiologen null und nichts von Wirtschaft oder Gesellschaft verstehen, nichts zu bieten.

Das ist schlimm genug. Aber indem sie damit den mühsam durchgesetzten Ruf der Wissenschaft grobfahrlässig beschädigen, mit ihren ständigen Fehlprognosen, ihrem häufigen Versagen, ihrem arroganten Gehabe, dass die verantwortlichen Regierenden gefälligst ihnen folgen sollten, richten sie einen Schaden an, der weit über diese Pandemie hinausgeht.

 

5 Kommentare
  1. Roberto Zanni
    Roberto Zanni sagte:

    Moment: Drosten wandte sich nicht gegen Eckerle (sie kommt aus seinem Labor), sondern stimmte ihr mit dem Retweet zu. Eckerle und Drosten wandten sich gegen die «Corona-Massnahmen-Skeptiker».

    Bei Leuten wie Eckerle darf man auch nicht vergessen, dass ihr Labor in Genf Millionen mit den Tests verdient. Klarer Interessenskonflikt, wird aber kaum je erwähnt. Das Geld geht wahrscheinlich vor allem an den Kanton, aber wirklich nachgeprüft hat das noch niemand.

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  2. Jupiter Jones
    Jupiter Jones sagte:

    Das Lesen von Mainstream- und Gegenstrom-Medien ist generell eine bierernste Angelegenheit, für die Leser anstrengend und so oder so herausfordernd. Da die Gehirnwäsche, die grauenhaften Pandemie-Szenarien und Würgegriff-Forderungen, dort die schonungslose Aufdeckung, die grauenhaften Diktatur-Szenarien und kaum mutmachende Lösungsansätze.

    Nicht so in diesem Format, speziell in diesem Artikel. Er ist so pointiert witzig geschrieben, dass er mir hier und dort ein Schmunzeln entlockt hat.

    Ich wäre gerne positiv eingestellt, aber die starken Bindungen zwischen den erwähnten Strängen Politik, Medien und Wissenschaftlern sind so unerschütterlich, dass ich auch im Neuen Jahr keine Besserung sehe. Dass der Tagi jetzt die Sache mit dem R-Wert thematisiert hat, könnte jedoch auch ein gutes Zeichen sein. Wir werden es sehen – nach dem Hype.

    Danke, ZACKBUM!

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  3. peter fischer
    peter fischer sagte:

    Wunderbar geschrieben, danke! Noch zu erwähnen: Eckerle ist ein Drosten-Zögling, Emma arbeitet nun am gleichen Institut wie Althaus…

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  4. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Nach den Klimawissenschaftern haben nun die Virologen und Epidemiologen ihre 15 Minuten Ruhm. Hinter diesen «Experten» können sich die Politiker verstecken, welche die Pandemievorbereitung verschlampt haben.
    Wenn dann «Experten» erzählen, dass der neue Impfstoff auch gegen mutierte Corona-Viren wirkt, dann fragt sich der Laie, wieso er seine Grippeimpfung jährlich erneuern muss.

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    • Eveline Maier
      Eveline Maier sagte:

      Ja unsere Journalisten sollten natürlich solche Fragen stellen an diese „Experten“.

      Leider tun sie dies wegen Überforderung viel zu selten.

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