Patrizia Peinlich Laeri

Wann hört das mit diesen Denunziationen mal auf?

«Eine sexuelle Belästigung kann laut Fachstelle nicht bestätigt werden», es seien «keine weiteren Massnahmen nötig». Das ist alles, was von Patrizia Laeris Behauptung übrig geblieben ist, sie könne nicht mehr länger schweigen und müsse über einen Vorfall berichten, der sich angeblich vor über zwanzig Jahren abgespielt hätte.

Anlass für Laeris Versuch, mal wieder in die Schlagzeilen zu kommen, war die Affäre Roshani. Ebenfalls eine Anhäufung von Vorwürfen, die sich einer nach dem anderen in Luft auflösen. Laeri hatte behauptet, ein heute noch in leitender Funktion tätiger SRF-Mitarbeiter habe sie bei einem Anlass in einen Nebenraum gelockt und dort zu küssen versucht. Er habe erst von ihr abgelassen, als sie ihn zurückstiess; genau das Gleiche habe er auch mit einer anderen Praktikantin gemacht.

Soweit die Fabel von Laeri. SRF gibt dagegen bekannt: «Laut Untersuchungsbericht konnte die externe Fachstelle aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der Befragten nicht abschliessend klären, wie sich das damalige Treffen vor 20 Jahren abgespielt hat und wie es überhaupt dazu gekommen ist.» Bei der Befragung habe sich zudem herausgestellt, dass sich der Vorfall nicht am Arbeitsplatz ereignet habe.

Widersprüche, kein Vorfall am Arbeitsplatz, die Ähnlichkeiten mit der Affäre Roshani werden immer grösser. Offensichtlich konnte auch die Behauptung, es habe einen ähnlichen Vorfall mit einer anderen Praktikantin gegeben, nicht erhärtet werden. Auch weitere auf Laeris Anschuldigung hin eingegangenen Beschwerden erwiesen sich bislang als haltlos.

Wie steht es dann wohl mit Laeris Behauptung, «über 100 Frauen» hätten sich bei ihr nach ihrem Outing gemeldet? Wahrscheinlich so wie mit den angeblich bis zu 100 Hassmails, die eine andere nach medialer Aufmerksamkeit gierende Frau täglich bekommen will. Die übrigens auf Nachfrage von ZACKBUM verkniffen schweigt.

Was ist das nur für eine unappetitliche Methode, längst verjährte, nicht nachweisbare sexuelle Belästigungen zu behaupten, damit in die Medien zu kommen, um dann nach erfolgter Widerlegung noch nachzutreten:

«Ich gehe von schweren Verfahrensmängeln bei der Untersuchung aus und habe bereits ein Gesuch um Akteneinsicht gestellt, um den Bericht und das Verfahren juristisch prüfen zu lassen.» Schwere Verfahrensmängel? Weil Laeri offenbar Widersprüche vorgehalten wurden? Weil sie ihre Behauptung beweisen, zumindest glaubhaft machen  müsste, nicht das Opfer ihrer Attacke seine Unschuld?

Da Laeri in der Untersuchung sicherlich den Namen des angeblichen Täters nennen musste, die Skrupelhaftigkeit von SRF bei solchen Fragen bekannt ist, liegt auf der Hand, dass sich Laeris leere Anschuldigung in keiner Weise erhärten liess, sie sich zudem offenbar noch in Widersprüche verwickelte. Nun behauptet sie, angebliche Zeuginnen seien gar nicht befragt worden. Da sich nach ihrer ersten Version der Vorfall aber unter vier Augen abgespielt haben soll, kann es gar keine Zeuginnen geben. Ausserdem hatte Laeri behauptet, damals nur mit einer einzigen Person über den Vorfall gesprochen zu haben. So kommt ein Widerspruch zum nächsten …

Das ist einfach unappetitlich. Widerlich und widerwärtig ist, dass mit solchen PR-Stunts allen Frauen (und auch Männern), die tatsächlich Opfer sexueller Belästigungen oder Übergriffe werden, ein Bärendienst erwiesen wird. Ebenfalls Personen, die tatsächlich täglich Hassmails bekommen.

Bedauerlicherweise können solche Methoden aus der untersten Schublade nicht gebührend sanktioniert werden. Zumindest hat sich Laeri damit einige letzte Reste an Glaubwürdigkeit verspielt.

Warum sollte er?

Hund beisst Mann – oder Mann beisst Hund.

Auch so eine alte Journalistenregeln, die nicht mehr befolgt wird. Natürlich will Urs Rohner kein Geld zurückzahlen. Warum sollte er auch? Dass er das nicht tut, ist eine sogenannte No-News.

Ungefähr so beeindruckend wie: Heute kam es wieder nicht zu einem Banküberfall. Der Schneefall verursachte keine Massenkarambolage. Die «Republik» ist nicht gerade pleite gegangen.

Wieso titelt dann der «Blick»: «Urs Rohner (63) will kein Geld zurückzahlen!» Wäre er denn dazu verpflichtet? Hat ihn jemand dazu aufgefordert? Gäbe es irgend eine gesetzliche Handhabe, dass er das tun sollte/müsste? Und selbst wenn, was würden seine läppischen 55 Millionen am Schicksal der CS ändern?

Selbst die 32 Milliarden Boni, die in den letzten Jahren seit der Finanzkrise eins ausbezahlt wurden, um einen kumulierten Verlust von 3,2 Milliarden herzustellen, selbst eine Rückzahlung dieses Betrags würde die CS nicht mehr retten. Wenn jeden Tag 10 Milliarden Franken herausmarschieren, dann ist jede Bank zum Untergang verurteilt. Vor allem, wenn sie diesen Exodus nicht stoppen kann.

Nun hätte die CS schon ein paar Voraussetzungen gehabt, um am Leben zu bleiben. Sie wurde 167 Jahre alt, ein Schweizer Wahrzeichen, vom Überindustriellen Alfred Escher gegründet, zutiefst verwoben mit dem Wirtschaftsstandort Zürich, der Schweiz. In ihr haben Generationen von Bankern gedient. Zu Zeiten, als es noch den Begriff Schalterbeamter gab.

Ein Ausdruck der Wertschätzung, denn der war gar kein Beamter. Aber was der tat oder sagte, das war amtlich. Eine unerschütterliche Wahrheit. Er nahm sich Zeit, führte auch ältere Menschen vor dem Schalter geduldig durch alle Schritte einer Überweisung, eines Geldwechsels.

Er wusste um Anlagekriterien wie «wer gut schlafen will, kauft Obligationen. Wer gut essen will, Aktien.» Wurde er nach einem ganz scharfen kurzfristigen Anlagevehikel gefragt, empfahl er Termingeld und machte dazu ein wissendes Gesicht.

Ging es um höhere Summen, eine neue Hypothek, einen Betriebskredit, dann bat er ins Besprechungszimmer. Das war eher karg möbliert, zweckmässig halt, und nur bei wirklich grossen Summen hatte der Schalterbeamte Prokura für das Bestellen eines Kundenkaffees, gegen Weihnachten dann auch mit einem Wernli-Keks auf der Untertasse.

Brachte jemand 100’000 Franken Vermögen auf die Waage, sprach der Schalterbeamte von einer komfortablen Kapitalausstattung, und Kunde wie Banker nickten sich anerkennend zu. Und niemals nicht fragte der Schalterbeamte nach der Herkunft oder dem steuerlichen Zustand der ihm anvertrauten Gelder.

Wozu der nostalgische Rückblick? Weil diese Zeiten gar noch nicht so vergangen sind. Weil Juristen wie Rohner nicht mal einen Posten als Portier bekommen hätten. Weil damals Banking etwas spröde, langweilig, stockseriös und wertschöpfend für alle war.

Und noch aus einem anderen Grund. Wenn der Staat wirklich die Spielregeln bestimmen würde, und die Politik, welche Spielregeln der Staat aufstellt, dann wär Rohner gar nicht in die Verlegenheit gekommen, seine 54 Millionen nicht zurückzugeben. Denn er hätte sie gar nicht verdient …

Desaster Meinungsseite

«Tages-Anzeiger» beim Tieftauchen.

Mehr Grauen auf einer Seite geht kaum. Zunächst der Leitartikel, geschrieben von Alexandra Föderl-Schmid:

Die stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» watscht gerne Regierungschefs ab. Nach einem etwas misslungenen Empfang für den Palästinenserführer Abbas war der deutsche Bundeskanzler Scholz dran: «Er verabschiedete Abbas sogar noch mit Handschlag – eine Geste, die völlig deplatziert war und für die er allein verantwortlich ist.» Dazu «inhaltlich zu wenig eingearbeitet», «Vertrauen erschüttert», «Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in schwieriger Phase», «Gefahr, dass dem Eklat im Kanzleramt ein weiterer folgt». Interessierte den Schweizer Leser ungemein.

Nun nimmt sie sich Benjamin Netanyahu zur Brust. «Eskalation, … Eigennutz, … eigennützige Motive …». Das mag ja alles so sein, nur: wieso schreibt eine Österreicherin, die bei der SZ arbeitet, einen Leitartikel über Israel im Tagi? Der Konzern hat doch theoretisch noch eine Auslandredaktion. Oder ist Münger gerade mal wieder in den Ferien?

Dann meldet sich eine der neuen Kolumnisten zu Wort; das erkennt man an der schummerigen Farbgebung, die von Kim inspiriert zu sein scheint. Diesmal überschätzt die GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy vielleicht ein Mü ihre Bedeutung. Denn sie schreibt an «Lieber Emmanuel Macron». Sie schliesst staatstragend: «Und ich wünsche auch Ihnen, Monsieur le Président, dass Sie eine generationengerechte Altersvorsorge umsetzen können. Und es Ihnen vergönnt ist, die Bevölkerung wieder zu einen.» Zwei Schlusssätze, zweimal «und», na ja.

Bertschy sinniere «in ihrer Kolumne über politische Geistesblitze». Also war das einer, dem französischen Präsidenten ein paar Ratschläge zu geben, wie er seine Rentenreform besser über die Bühne bringe? Da müssen wir Bertschy allerdings möglichst sanft eine bittere Wahrheit näherbringen: ZACKBUM hat sich bis zum Schluss der ellenlange Kolumne durchgekämpft. Monsieur le Président wird nicht mal den Anfang lesen.

Damit ist die Meinungsseite schon fast voll, aber leider noch nicht ganz. Am rechten Rand hat’s noch etwas Platz für Mario Stäuble, der zur Abwechslung nicht über vegetarisches Geschnetzeltes in der «Kronenhalle» dilettiert:

Wahrscheinlich hat er sich gesagt: Wenn selbst Isabelle Jacobi darf, dann ist alles erlaubt. Dann darf doch auch der frisch degradierte Leiter Inland was zu einem Thema sagen, zu dem nun wirklich alle alles gesagt haben. Nur nicht so schlecht: «Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse (CS) stauen sich die Fragen.» Hoffentlich halten die Staumauern das aus.

Welche Fragen wären denn im Stau? «Wie konnte es so weit kommen?» Das ist doch schon längst, auch im eigenen Blatt, mehrfach und kompetent beantwortet worden, nicht zuletzt von Arthur Rutishauser. Aber Stäuble steht da etwas auf dem Schlauch und hält das für einen Stau. «Haben die betroffenen Behörden die Gefahr verkannt?» Auch diese Frage ist längst beantwortet, das ist nur bei ihm im Stau steckengeblieben.

Mit dem nächsten Satz betritt Stäuble nicht gerade erkenntnisreiches Neuland: «Eigentlich ist heute schon klar: Der CS-Crash muss sorgfältig aufgearbeitet werden.» Das ist nun bereits seit 10 Tagen klar, aber wenn es Stäuble erst heute klargeworden ist …

Nun soll eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) aufklären. Das befürwortet Stäuble aus ganzem Herzen: «Es ist darum völlig richtig, dass nun das Parlament die Führung übernimmt.» Vielleicht muss Stäuble in seine neue Funktion noch etwas hineinwachsen; Inland ist nicht ganz das Gleiche wie die Zürcher Lokalberichterstattung.

Eine PUK ist keinesfalls das Parlament, sondern eine nach Parteiproporz zusammengesetzte Kommission. Aber noch fataler: zur langen Reihe abgelehnter Anträge auf die Einsetzung einer PUK gehört der Antrag des gleichen Büros des Nationalrats, eine PUK zur Aufklärung der Problematik UBS/Finanzkrise einzuberufen, aus dem Jahre 2010.

Wenn man die Aufklärung der «Mirage-Affäre» im Jahre 1964 mitzählt, gab es bislang ganze 4 solcher Untersuchungskommissionen. Dem stehen 23 abgelehnte Anträge gegenüber. Vielleicht sollte da ein Inlandchef noch etwas Hausaufgaben machen. Oder lieber über kulinarische Genüsse schreiben; beim vegetarischen Geschnetzelten drückte doch etwas der Erbsengeschmack durch, da geht noch was Besseres auf diesem Gebiet. So bietet die «Kronenhalle» auch ein «vegetarisches Tatar» an. Hm, schmatz.

Wumms: Isabelle Jacobi

Alles ist gesagt. Nur noch nicht von allen.

«Es gibt weitere Gemeinsamkeiten: In beiden Fällen kam es zu einem «Bank Run», und in beiden Fällen scheiterte die Finanzaufsicht, frühzeitig für Stabilität zu sorgen.»

Isabelle Jacobi ist die Chefredaktorin des Berner «Bund». Die einstmals stolze Zeitung, deren Redaktion niemals mit der «Berner Zeitung» zusammengelegt werden sollte, verteilt die gleiche Einheitssauce wie alle Zeitungen aus dem Hause «Tages-Anzeiger» und wurde natürlich fast vollständig zusammengelegt.

Jacobi hat einige Theaterstücke verfasst, arbeitete lange Jahre für SRF 2 Kultur und im «Echo der Zeit». Sie war diverse Male in New York stationiert und übernahm im Juli 2022 den Posten des Grüss-August beim «Bund».

Das alles qualifiziert sie ungemein, auch noch ihren Senf zur Credit Suisse abzugeben. Mit dem stimmigen Titel «Dieser Bankcrash war eine Nahtoderfahrung». Einer Chefredaktorin, auch wenn sie kaum Ahnung von der Materie hat, redet natürlich keiner rein, wenn sie kommentiert. Das Phänomen kennen wir von Priska Amstutz, Mario Stäuble und neuerdings Raphaela Birrer.

Ob es wohl Sinn macht, Jacobi zu erklären, was ein «Bank Run» ist? Ob man ihr hier Hilfestellung leisten sollte: «Sowohl in der Schweiz als auch in den USA werden griffigere TBTF-Regelungen gefordert»?

Oder ob man ihr schonend beibringen kann, wie unsinnig solche Sätze sind ? «Nach einer solchen Erfahrung darf man nicht zum «business as usual» zurückgehen.» Wie überflüssig diese: «Die US-Finanzministerin Janet Yellen und der Fed-Vorsitzende Jerome Powell anerkannten diese Leistung der Schweiz öffentlich. Yellen soll während der Verhandlungen wiederholt mit Bern telefoniert haben, berichtet die «Financial Times»».

Oder der hier: «Eine frühe Lehre aus der Krise ist: Die internationalen Finanzmärkte sind fragiler und noch abhängiger voneinander, als wir dachten.» Vielleicht hätte sie besser formuliert: als ich dachte.

Aber natürlich kommt Jacobi zum Schluss, und zu einer Schlussfolgerung, die an historischer Bedeutung nicht zu übertreffen ist: «Wenn eine Bankenaufsicht zu etwas taugen soll, dann dazu, einen «Bank Run» zu vermeiden

Wenn ein Kommentar zu etwas taugen soll, dann dazu, dem Leser ein Mü Erkenntnisgewinn zu schenken. Sonst rennt er, wie bei Tamedia üblich, zum Ausgang.

«Republik» ratlos

War’s das schon? Das Magazin verliert seinen gesamten VR.

Schnell rein, noch schneller raus. Roger de Weck kam erst im November letzten Jahres «an Bord» des schlingernden Schiffs der guten Denkungsart. Und ist schon wieder weg. Der Verwaltungsratspräsident trat wegen «unterschiedlicher Auffassungen» zurück. Auf Deutsch: es hat gekracht, und zwar schnell und heftig.

Nach diesem rasanten Abgang hält es auch die verbleibenden VR-Mitglieder nicht länger auf ihren Stühlen: Sylvie Reinhard und Alfonso von Wunschheim werden zurücktreten, sobald eine geeignete Nachfolge gefunden sei, gibt das Online-Magazin auf Nachfrage bekannt. Das muss auch so sein, denn ganz ohne VR geht’s dann selbst bei der «Republik» nicht …

Da auch die Chefredaktion seit vielen Monaten nur ad Interim besetzt ist, der erste interimistische Platzhalter bereits von Bord ging und der Nachfolger Daniel Binswanger ebenfalls eine Notlösung zu sein scheint, ist das Magazin ziemlich führungslos.

Begleitet wird das vom üblichen Gequatsche, als wäre die «Republik» eine Bank. Einmal «unterschiedliche Auffassungen» (als ob man das nicht im Vorfeld hätte klären können), dann noch die «Chance zur Gesamterneuerung».

Oder die Chance zum Abschied. Dieser Massenexodus auf oberster Ebene wird mit Sprachgirlanden umrankt, wenn ZACKBUM nachfragt, was das Magazin gegen den Abdruck einer Artikelserie über die Gewerkschaft Unia unternehmen wolle, die die Gutmenschen in den Giftschrank gelegt hatten, wo es von «Barrikade.info» herausgezerrt wurde, antwortet verkniffenes Schweigen.

Es kommt dabei anscheinend darauf an, wer fragt. Denn dem «Klein Report» wird mitgeteilt, dass man inzwischen «eine Unterlassungsaufforderung zugestellt» habe. Nachdem die ganze Arikelserie seit Anfang März erschien? Superschnell.

Aber warum ist denn das Riesenteil mit Riesenaufwand nicht in der «Republik» erschienen? «Entspricht nicht unseren Qualitätsansprüchen», behauptet die Co-Geschäftsführerin. Also wenn man sich die veröffentlichten Artikel anschaut und mit dem Unia-Text vergleicht, muss man schon sagen, dass die Qualitätsansprüche mal höher, mal niedriger und mal ganz niedrig sind. Allerdings eher bei den Werken, die auf der eigenen Webseite erscheinen.

Und diese Zahl scheint auch unter der 30’000er-Schwelle einbetoniert zu sein:

Führerlos durch die Nacht, kann man da nur mit Helene Fischer singen.  Einsam, ohne VR, ohne Chefredaktor, mit immer weniger Lesern und Abonnenten. Vielleicht sollte man mal Hansi Voigt «an Bord» holen. Der weiss doch, wie man im Internet Geld verdient …

 

 

Hier spricht der Präsident

Best of des CS-Bashing von René Zeyer.

Dieser Artikel erschien am 24. Mai 2014 in der «Basler Zeitung».

Wenn unterwürfige Fragesteller am Werk sind, ist die Unfehlbarkeit des obersten Führers nicht in Gefahr. Sei es nun bei Kim Jong-un – oder bei CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner.

Folgendes Interview wurde von der Parteizeitung Rodong Sinmun mit Präsident Kim Jong-un geführt. Er spricht über die Beilegung eines Konflikts, in den nordkoreanische Unternehmen mit den USA verwickelt waren. Seine Aussagen wurden aus unbekannten Gründen nicht publiziert und von einem Mitarbeiter der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA unter Lebensgefahr in den Westen geschmuggelt. Obwohl Kims Antworten weitgehend inhaltsleer sind, sei das Gespräch hier weltexklusiv veröffentlicht. Die unterwürfige Haltung der Fragesteller muss man im Kontext der fehlenden Meinungsfreiheit in Nordkorea sehen.

O grosser Führer, wie konnten Sie diese übermenschliche Anspannung ertragen?

«Für das Unternehmen, die Mitarbeiter und auch für mich war die Belastung sehr gross.»

Der konnte nur ein Übermensch wie Sie standhalten. Nachdem durch Ihre weise Führung das Problem gelöst wurde, wie ist Ihr wertes Befinden?

«Ich bin nicht entspannt, aber erleichtert, dass wir eine Lösung gefunden haben.»

Wann wurde Ihr Augenmerk, bei all Ihren anderen wichtigen Aufgaben, zum ersten Mal auf dieses Problem gelenkt?

«Wir wurden im Dezember 2010 informiert, dass ein Verfahren läuft. Daraufhin wurde eine interne Untersuchung eingeleitet und auch eine Weisung erlassen, alle relevanten Unterlagen aufzubewahren.»

Daraufhin haben aber die amerikanischen Teufel ihre letztlich zum Scheitern verurteilten Angriffe auf Sie und weitere verdiente Unterführer nicht eingestellt, sondern sogar eine Anhörung durch den US-Senat durchgeführt. Glauben Sie, grosser Führer, dass das einen Einfluss auf das Verhalten der Oberteufel in der amerikanischen Regierung hatte?

«Ich glaube nicht, dass die Anhörung eine massgebliche Verschärfung bewirkt hat, aber die Kritik des Senatsausschusses war wohl auch nicht ohne Einfluss.»

So weise kann nur ein wahrhaft grosser Führer sprechen. Nun behaupten die US-Imperialisten aber, in der unter Ihrer genialen Aufsicht arbeitenden Volksstaatsbank habe es anhaltende Verfehlungen gegeben.

«Es gibt interne Überprüfungen. Wenn es Hinweise auf Verfehlungen gegeben hätte, wäre man diesen nachgegangen.»

Natürlich, grosser Führer, damit entlarven Sie einmal mehr diese Propagandalügen der Imperialisten, ausgezeichnet. Aber haben Sie, o grosser Führer, nicht selbst eingeräumt, dass es nun doch zu klitzekleinen Verfehlungen gekommen sei?

«Richtig ist, dass eine kleine Gruppe von Beschäftigten Verstösse gegen interne Weisungen begangen hat. Die Nationale Verteidigungskommission stellt aber auch fest, dass die Mitglieder des obersten Managements keine Kenntnisse von diesen Verfehlungen hatten.»

Niemand, o grosser Führer, könnte verrückt genug sein, das auch nur zu denken. Die skrupel­losen Propagandisten aus Washington behaupten aber auch, sie hätten Beweise dafür, dass Mitar­beiter Ihrer exzellenten Staatsbank in den USA Besuche, die in Wirklichkeit der Stärkung der Völkerfreundschaft dienten, zu angeblich illegalen Zwecken ausgenützt hätten. Wäre es da nicht besser gewesen, auf diese Form des Wunschs des nordkoreanischen Volkes, sich mit dem US-Volk zu verbrüdern, zu verzichten?

«Rückblickend muss man sich diese Frage stellen, und wir haben später auch die Besuche zu gesellschaftlichen Zwecken nicht mehr erlaubt.»

Wir können erahnen, wie Sie, grosser Führer, das geschmerzt haben muss, dass Ihr vom ganzen Volk geteilter Wunsch nach Völkerfreundschaft so missverstanden werden konnte. Aber blicken wir mit Ihnen zusammen in die Zukunft, wohin werden Sie uns führen?

«Entscheidend ist, dass wir nun einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen können. Die Verantwortung des Topmanagements lag und liegt nun darin, das Unternehmen durch diese schwierige Zeit zu führen und es für die Zukunft richtig aufzustellen.»

Was täten wir nur, wenn Sie sich dieser Verantwortung nicht stellen würden, wir wären verloren. Können Sie uns an Ihrem Weitblick teilhaben lassen und beschreiben, welche wie immer richtige Massnahmen Sie da ergreifen werden, grosser Führer?

«Wir können sicher nicht zur Tagesordnung übergehen. Ich will der Frage zur Strategie hier nicht vorgreifen. Wir sind selbstkritische Leute. Wir haben wiederholt gezeigt, dass wir auf Veränderungen von aussen sehr schnell und entschieden reagieren.»

Das haben Sie immer und zweifellos unter Beweis gestellt, trotz aller Weisheit selbstkritisch, schnell, entschieden, das sind Sie. Natürlich können nur erbitterte und uninformierte Feinde überhaupt auf eine solche Idee kommen, die wir zutiefst verabscheuen, aber einige unserer Kritiker gehen in ihrer Umnachtung sogar so weit, die völlig absurde, ja kranke Überlegung anzustellen, ob Sie, o grosser Führer, an einen personellen Wechsel denken?

«Nein.»

Wir können uns also an der Hoffnung auf­richten, dass wir weiterhin im Glanz Ihrer Unfehlbarkeit aufblühen und gedeihen können?

«Ich bin nicht einer, der davonläuft, wenn es schwierig wird.»

Wir wissen gar nicht, wie wir unsere Dank­barkeit und Erleichterung ausdrücken können. Wir dürfen also sicher sein, dass Ihre Unfehlbarkeit makellos über uns strahlt.

«Persönlich haben Brady Dougan und ich eine weisse Weste.»

Hoppla, da ist doch einiges durcheinander­geraten, sehe ich gerade. Die Antworten stammen nicht von Nordkoreas Präsidenten, sondern sind Originalzitate aus einer Interviewserie, die der CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner der NZZ, dem Blick, dem Tages-Anzeiger und dem Radio SRF gegeben hat. Nur das Wort Finma wurde durch Nationale Verteidigungskommission ersetzt.

Die Fragen sind nicht original, aber ihr unterwürfiger, unkritischer, geradezu kriecherischer Ton ist getroffen – so würde das die Korean Central News Agency formulieren. Aber die ist entschuldigt, denn dort gibt es ja keine freie Presse.

Peinlich wie bei Bankers

Kann jemand Banker toppen? Aber sicher, zwei abgehalfterte Chefs von Tamedia.

«Ich wähle das Original: Geschnetzeltes «Kronenhalle» mit Rösti (61 Franken).» Kleines Ratespiel: wer ist das? Zweiter Tipp: «Ich bestelle ein Glas Champagner (23 Franken), Stäuble ein Rivella Rot (7.50 Franken). Wir stossen an. À la vie!»

Na also, geht doch: das ist der Bericht «Unseren Abschied als Co-Chefredaktion müssen wir hier feiern.» Man mag es Priska Amstutz und Mario Stäuble gönnen, auf Spesen in der «Kronenhalle» zu tafeln. Allerdings: wie sich herausstellt, ist Stäuble Vegetarier und offenbar Antialkoholiker. Was dann zur Verwirrung mit dem Rivella und zu Schlimmerem führt: ««Planted Geschnetzeltes «Kronenhalle» mit Rösti» (52 Franken)».

Dann wird auch noch gemeckert: «Die Kartoffeln knusprig, die Sauce sidefiin. Toll. Aber ja, der erbsige Geschmack der Fake-Fleisch-Happen drückt durch.» Mit «Kartoffeln meint der Banause offenbar die Rösti. Amstutz setzt ihre Serie schlechter Restaurantbeschreibungen erfolgreich fort: «Die Mousse au Chocolat mit Crème de la Gruyère trocknet das weinende Auge bei einem Abschied.»

Der Tränentrockner au der «Kronenhalle».

Hä? Hat sich die Dame die Schokomasse etwa ins Auge geschmiert? Aber es gibt wichtigere Fragen. Wer trocknet die Augen des Lesers? Wer entschädigt ihn für diese Qual? Wo kann man Schadenersatz fordern? Darf man nun auch auf Kosten des Hauses in der «Kronenhalle» speisen, wenn man verspricht, nichts darüber zu schreiben? Und ganz sicher kein Rivella zu einem vegetarischen Geschnetzleten zu saufen?

Und Hand aufs Herz, sind 23 Franken für einen Schluck Champagner und 61 Franken für ein paar geraffelte Kartoffeln mit wenig Fleisch an flacher Sauce nicht unverschämt?

Aber richtig bang wird es einem bei der Frage: Soll das ein Vorgeschmack auf zukünftiges Wirken von Amstutz und Stäuble geben?

Rücktritt, Herr Rohner!

Niemand habe schon früh und massiv gewarnt? Einspruch.

Aus eigenen Werken zu zitieren kann etwas Selbstverliebtes haben. Im Fall der Credit Suisse ist es allerdings so, dass René Zeyer die Bank mit kritischen Kommentaren verfolgte – und die Bank auf ihn losging. Er habe als Sprecher der Schweizer Lehman-Opfer deren Persönlichkeit und Ehre verletzt.

Das hätte man ihm allerdings auch bei einer ganzen Reihe von Artikeln vorwerfen können, die vornehmlich in der «Basler Zeitung» erschienen. In der von Markus Somm verantworteten BaZ, die noch Pfupf im Füdli hatte und sich was traute.

Als Beitrag zu den Beerdigungsritualen veröffentlicht ZACKBUM ein «best of» in unregelmässigen Abständen. Als Opener ein Artikel, der am 17. Juni 2016 erschienen ist.

Was sind die beiden wichtigsten Begriffe im Banking? Verantwortung und Vertrauen. Urs Rohner war ab 2004 Group General Counsel der Credit Suisse (CS). Es ist die Verantwortung des Chefjuristen einer Bank, für die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen besorgt zu sein. Wie soll man ihm vertrauen, wenn seine Bank kriminelles Verhalten eingestehen musste?

Von 2009 bis 2011 war Urs Rohner Vizepräsident des Verwaltungsrats (VR) der CS, seither ist er der VR-Präsident. Was ist die Aufgabe eines Verwaltungsrats? Er ist verantwortlich für die Strategie und die Geschäftspolitik seines Unternehmens. In seiner Amtszeit ist der Aktienkurs der Bank von rund 40 auf aktuell unter 12 Franken abgestürzt. Ein Multimilliardenverlust für alle Anleger. Wie soll man einem dafür Verantwortlichen vertrauen?

Weder Konzept noch Plan

Urs Rohner wollte mit der im Parlament gescheiterten Lex USA seine Bank aus dem Steuerstreit möglichst verlustfrei herausführen. Das endete in einer Busse von 2,6 Milliarden Franken, ein Desaster. Obwohl sich die CS zudem diverser Gesetzesverstösse schuldig bekennen musste, übernahm Rohner keine Verantwortung und behauptete, er persönlich habe «eine weisse Weste». Weitere potenzielle Milliardenbussen drohen. Wie viel Vertrauen verdient ein solcher Verantwortungsträger? Im letzten Jahr, in den letzten Monaten ist die Credit Suisse tief in die roten Zahlen abgerutscht. Der von Rohner ausgewählte CEO Tidjane Thiam reagiert darauf, indem er Massenentlassungen und einen Umbau der Bank ankündigt, er hat offensichtlich weder ein Konzept noch einen Plan, wie die einst stolze Schweizer Bank erfolgreich in die Zukunft geführt werden könnte.

Genauso wenig wie die für Milliardenhonorare tätigen Berater von aussen. Aber der CEO kann und soll nur die Strategie des Verwaltungsrats umsetzen, das ist die Verantwortung von Urs Rohner. Wie kann man ihm vertrauen, wenn auf seiner weissen Weste rote Zahlen stehen?

Unter Rohners Weste sitzt sein Portemonnaie, einer der wenigen Orte in der CS, wo Freude herrscht. Unbeschadet vom katastrophalen Ergebnis seines Wirkens erhielt Rohner alleine für das Verlustjahr 2015 satte 3,2 Millionen Franken, die er sich wohlweislich in bar ausbezahlen liess. Also schwarze Zahlen für ihn, während die Zukunft der Credit Suisse zugleich feuerrot und brandschwarz aussieht. Schon mehrfach rügte die Finanzmarktaufsicht (Finma) und die Revisionsgesellschaft der Bank mangelhaftes Controlling. Ein CS-Banker in Genf setzte für einen prominenten Kunden mindestens hundert Millionen Franken in den Sand, verantwortungslose Händler in New York produzierten mit Junkbonds einen Verlust von fast einer Milliarde.

Natürlich wie immer ohne das Wissen ihrer Vorgesetzten. Aber innerhalb des Verantwortungsbereichs des obersten Leiters der Bank. Oswald Grübel zog bei ähnlichen Vorkomm­nissen bei der UBS die Konsequenzen und trat zurück. Weil er zu Recht befürchtete, dass sonst das Vertrauen in seine Bank beschädigt würde.

Leben in der Parallelwelt

Urs Rohner hat zu verantworten, dass der Börsenwert der CS weniger als 23 Milliarden Franken beträgt, ihr Buchwert laut eigener Darstellung rund das Doppelte. Dazu tragen Goodwill-­Positionen und kühne Bewertungen von Assets in der Bad Bank der CS wesentlich bei. Also Hoffnung und Glauben als Bewertungskriterien. Offensichtlich lebt Rohner in einer Pa­rallelwelt, in der die Begriffe Verantwortung und ­Vertrauen nicht existieren.

Das reale Leben ist aber kein Filmfestival. Im Kino handeln Schauspieler nach dem Drehbuch, spielen einen Verantwortungsträger und reden von Vertrauen. Das ist nur eine Rolle, die mit ihrem wahren Leben nichts zu tun hat. Diesseits der Leinwand muss gelten: Herr Rohner, treten Sie zurück. Sofort.

Wiederholung, Wiederholung

Es ist gespenstisch. Wir sind in einer Zeitschlaufe gefangen.

Sowohl Politiker wie Medien müssen ins Archiv gestiegen sein und alte Reden und Artikel abgestaubt haben.

«Mitte-Präsident Pfister fordert Umdenken der Bürgerlichen und will Eigenkapitalvorschriften verstärken.»

Wir steigen kurz ins Wurmloch. Am 16. Oktober 2008 wurde verkündet, wie die UBS gerettet wird. «Wir sind jedoch von der Schnelligkeit, mit der sich die Krise verschlechterte, überrascht worden.» Kommt uns dieser Satz bekannt vor? Ja, er wurde ziemlich genau so bei der CS-Rettung gesprochen. Er wurde genau so bei der UBS-Rettung gesprochen.

Danach wurden viele weitere Sätze gesprochen. Die Vorschriften müssen verschärft werden. Banken dürfen nicht mehr voll ins Risiko gehen. Die Boni müssen gedeckelt werden. Überhaupt sollen falsche Anreize ausgeschaltet werden. Die Löhne sind zu begrenzen. Gierbankern muss ein Riegel geschoben werden. Obszöne Gewinne müssen abgeschöpft werden, Dinge wie das High Frequency Trading müssen durch Transaktionssteuern begrenzt werden.

Und vor allem wurde gesagt: so etwas wie die UBS-Rettung darf sich nie mehr wiederholen. Darüber lachten schon damals die Hühner, denn nach dieser Rettung war der Staat, der Steuerzahler in Geiselhaft der Bank geraten. Als die UBS zum zweiten Mal zu Kreuze kriechen musste und Staatshilfe beim Steuerstreit erbettelte, kostete das zwar nicht noch mal Milliarden, aber das Bankgeheimnis. Und ihrem Wunsch musste entsprochen werden, sonst wäre die Bank wieder blank gewesen und das Steuergeld futsch.

Übrigens wurden all diese Massnahmen damals mit Notrecht beschlossen. Auch das sollte nie mehr angewendet werden, daher wurde ein Gesetzeswerk verabschiedet, das die ordentliche Abwicklung einer systemrelevanten Bank ermöglichen sollte. Kranke Teile absprengen, lebensnotwendige Teile wie Zahlungsverkehr, Hypotheken und Kreditvergabe sollten bewahrt bleiben.

Nun sind 14 Jahre vergangen, und geschehen ist genau – nichts. Es ist allerdings noch viel schlimmer. Weil nichts geschehen ist, werden nun wieder die gleichen Forderungen wie damals erhoben. Die Boni sollen gedeckelt, das Eigenkapital hinaufgesetzt … Blabla, Blüblü.

Natürlich gibt es auch wieder Stimmen, die vor zu scharfen Massnahmen warnen, so sollen die Boni für hart arbeitende Mitarbeiter keinesfalls angetastet werden. Und natürlich fordern die Politiker wieder, dass systemrelevante Banken eine Eigenkapitaldecke haben sollten, die sie unsinkbar macht. Meistens wird da die Zahl von 20 Prozent in die Runde geworfen.

Die UBS hat neuerdings eine Bilanzsumme von rund 1600 Milliarden US-Dollar. Das ist in etwa das Doppelte des Schweizer BIP, also der Wert aller in einem Jahr erbrachten Dienstleistungen, Wertschöpfungen und hergestellten Produkten.

Wir brauchen nun kein Wurmloch, um in die Zukunft zu reisen und zu erfahren, welche dieser Forderungen umgesetzt werden. Das kann man locker im Lehnstuhl prognostizieren: keine.

Ach, und damals wie heute wurde und wird gefordert, dass Verantwortliche benannt und sanktioniert werden sollten. Auch her braucht’s keine Reise in die Zukunft, um mit Sicherheit sagen zu können: kein einziger dieser Versager wird auch nur um einen Rappen geschädigt werden. Der Oberversager Urs Rohner nicht, all die Kleinversager um ihn herum genauso wenig.

Im Gegenteil, es herrscht weiterhin völlige Schamlosigkeit. So liess doch der vorvorletzte CEO verlauten, dass unter seiner Ägide dann noch alles super gelaufen sei. Tidjane Thiam kann nun schlecht rot werden, wenn er solchen  Müll verzapft. Aber seine Äusserung wirft ein Schlaglicht auf die Mentalität, die in der Chefetage herrscht. Persönliche Verantwortung, Eingeständnis von Fehlern, Kenntnisnahme des Fakts, dass die Bank mit den vereinten Kräften all dieser Nulpen gegen die Wand gefahren wurde? I wo.

Es waren auch mal wieder nicht die Umstände, auch nicht der Zusammenbruch zweier Bänkli in den USA, schon gar nicht irgend ein Tweet vom anderen Ende der Welt. Es war auch nicht eine etwas ungeschickte Aussage des Präsidenten einer saudischen Bank.

Es war reine und brüllende Unfähigkeit der Chefetage der Credit Suisse. Der ewige Konkurrent UBS lag nämlich 2008 ziemlich am Boden, während die CS stolz verkündete, keine Staatshilfe zu brauchen. Und in den folgenden Jahren setzten die CS-Führer ein Ding nach dem anderen in den Sand. Es wurden horrende Bussen bezahlt, es sah zeitweise so aus, als ob die CS aus Prinzip an jedem Skandal beteiligt sein wollte, der aufpoppte.

Zusammenarbeit mit Bruchpiloten, mit windigen Geschäftsleuten, die Beteiligung an einem Milliardenkredit an ein bankrottes afrikanisches Land, überall, wo’s übel roch, steckte die CS ihre Nase rein. Überall, wo man sinnlos Geld verrösten konnte, tat das die CS.

Nun gab es auch damals und in den Jahren seither viele Leute, darunter auch Medienschaffende, die immer wieder betonten, dass man das alles ja nicht habe kommen sehen. Damals nicht, heute nicht. Dass das so nicht stimmt, kann ZACKBUM beweisen.

Daher beginnen wir heute mit einer kleinen Serie. Eigene Werke des Redaktors René Zeyer, die vor Jahren erschienen, aber keineswegs an Aktualität eingebüsst haben.

Aus heutiger Perspektive waren das geradezu prophetische Ansagen, die ganz alleine auf weiter Flur dastanden. Und die auch heute gar nicht mehr erscheinen könnten, weil das Organ, in denen sie publiziert wurden, inzwischen zum Tages-Anzeiger-Konzern gehört und die gleiche Langeweile wie die Zürcher Ausgabe verbreitet.

Klag dir eins

Die juristische Keule gegen den Journalismus.

Gerade haben wir den eigentlich witzigen Fall, dass eine Bank sich durch Artikel und Kommentare auf «Inside Paradeplatz» in ihrer Persönlichkeit verletzt sieht. Das sei in 29 Artikeln und in 287 Kommentaren erfolgt, behauptet die Zivilklage. Ihr ging eine Strafanzeige in der gleichen Sache voraus.

Alleine die Zivilklage umfasst 265 Seiten. Da in einem Zivilprozess jeder einzelne Klagepunkt kommentiert und widerlegt werden muss, sonst gilt er als eingestanden, bedeutet das entsprechenden Aufwand für IP. Und genau das dürfte die Absicht der Bank gewesen sein. Schutz der Mitarbeiter oder die Forderung nach Gerechtigkeit wirken hingegen lächerlich und als vorgeschobene Gründe, um einen unliebsamen Kritiker finanziell fertig zu machen.

Witzig an diesem Fall ist, dass die kritisierte Bank inzwischen faktisch aufgehört hat zu existieren, denn es handelt sich um die Credit Suisse. Damit stellt sich die Frage, ob auch die UBS nichts Besseres zu tun hat, als diese Klage weiterzuverfolgen. Vielleicht wäre es mit der CS nicht so weit gekommen, wenn sie sich statt um solchen Pipifax um wirklich wichtige Dinge gekümmert hätte.

Auf jeden Fall ist hier Licht am Ende des Tunnels für Lukas Hässig, der zugegebenermassen einen scharfen Reifen in seinen Artikeln fährt. Und in den Kommentaren vielen gefrusteten Bankern Gelegenheit gibt, unter Pseudonym abzulästern – statt was Sinnvolles für ihre Bank zu tun.

Aber während diese Klage möglicherweise mitsamt der CS beerdigt wird, ist die Drohung mit der juristischen Keule inzwischen ein probates Mittel geworden, um kritische Berichterstattung zu erschweren – oder gar zu verunmöglichen. Dazu trägt auch bei, dass die Schwelle für das Erlangen einer superprovisorischen Verfügung dank geschickter Lobbyarbeit im Parlament gegen den erbitterten Widerstand vieler Juristen gesenkt wurde.

Superprovisorisch – als Fremdkörper in der Rechtssprechung – bedeutet, dass auf Antrag ein Gericht eine Massnahme beschliessen kann, ohne dass die betroffene Seite vorab Gelegenheit bekäme, sich dagegen zu wehren. Natürlich kann das dann in einem ordentlichen Verfahren nachgeholt werden. Aber in der journalistischen Praxis hat das ganz üble Auswirkungen.

Denn im seriösen Journalismus, also ausserhalb der «Republik», ist es normal und üblich, dass nach der Recherche der oder die Betroffenen Gelegenheit bekommen, sich dazu zu äussern. Man konfrontiert sie also mit den wichtigsten Vorwürfen. Das kann zu verschiedenen Reaktionen führen. Zu einem trockenen «kein Kommentar, und das ist kein Zitat» über längliche Gegenreden bis zum Gang ans Gericht mit der Forderung, die Publikation des geplanten Artikels zu verbieten, weil seine Veröffentlichung nicht wiedergutzumachenden Schaden anrichten würde.

Natürlich ist es widerlich, wenn wie im Fall eines Schweizer-angolanischen Geschäftsmanns ein im roten Bereich drehender Tamedia-Journalist aus gestohlenen Geschäftsunterlagen wilde Anschuldigungen herausmelkt, darauf die Mühlen der Justiz in Gang kommen – und am Schluss der Geschäftsmann von allen Vorwürfen auf ganzer Linie und überall entlastet, freigesprochen wird. Aber er selbst und seine Firmen sind danach kaputt.

Solcher Borderline-Journalismus schadet natürlich dem Metier und bringt es zusätzlich in Verruf. Glücklicherweise sind Christian Brönnimanns nicht allzu häufig unterwegs. Aber auch nach der Publikation eines Artikels wirkt das Erheben der juristischen Keule manchmal Wunder.

Auch dem Autor dieser Zeilen ist es schon mehrfach passiert, dass Artikel – ohne sein Einverständnis oder seine Kenntnis – urplötzlich online verschwanden. Auf Nachfrage wurde jeweils erklärt, dass der im Artikel Kritisierte seinen Rechtsanwalt den üblichen Textbaustein absondern liess. Man zeige die Vertretung von an, müsse diese und jene Textstelle bemängeln, verlange Löschung oder Korrektur plus Entschuldigung, sonst kracht’s.

Das letzte Mal scheint das in Deutschland funktioniert zu haben, als dort ein kritisches Buch über die hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet erscheinen sollte. Die Intervention eines teuren und entsprechend beleumdeten Anwalts genügte, dass der Verlag einknickte und das Buch nicht auslieferte. Als die Autorin das dann im Eigenverlag in der Schweiz tat, passierte – nichts. Ein Beispiel, wie man mit leeren Drohungen Wirkung erzielen kann.

Auch grosse Verlage wie CH Media oder Tamedia scheuen rechtliche Verwicklungen wie der Teufel das Weihwasser. Eine Superprovisorische verschiebt zumindest die Veröffentlichung eines Artikels, ihre Bekämpfung kostet. Selbst wenn sie weggeräumt wurde, kann es sein, dass der Artikel inzwischen seine Aktualität eingebüsst hat. Viel Geld für nix.

Auch bei nachträglichen Beanstandungen gibt es immer das Prozessrisiko, dass der beklagte Verlag verlieren könnte. Und selbst wenn er gewönne, die Gegenseite zahlt nie den tatsächlich angefallenen Aufwand des eigenen Anwalts.

Früher, in den besseren Zeiten, war es noch eher eine Prinzipiensache, dass sich Medien nicht so einfach einschüchtern liessen. Heutzutage ist die Abklärung des möglichen Prozessrisikos ein fester Bestandteil der Prozeduren bei der Veröffentlichung eines Artikels.

Damit kann die sogenannte Vierte Gewalt immer weniger ihren Kontrollaufgaben nachgehen. Denn es ist schon so, wie es in einem George Orwell zugeschriebenen Zitat heisst: «Journalismus bedeutet, etwas zu drucken, von dem irgend einer will, dass es nicht veröffentlicht wird. Alles andere ist PR.»