Desaster Meinungsseite

«Tages-Anzeiger» beim Tieftauchen.

Mehr Grauen auf einer Seite geht kaum. Zunächst der Leitartikel, geschrieben von Alexandra Föderl-Schmid:

Die stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» watscht gerne Regierungschefs ab. Nach einem etwas misslungenen Empfang für den Palästinenserführer Abbas war der deutsche Bundeskanzler Scholz dran: «Er verabschiedete Abbas sogar noch mit Handschlag – eine Geste, die völlig deplatziert war und für die er allein verantwortlich ist.» Dazu «inhaltlich zu wenig eingearbeitet», «Vertrauen erschüttert», «Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in schwieriger Phase», «Gefahr, dass dem Eklat im Kanzleramt ein weiterer folgt». Interessierte den Schweizer Leser ungemein.

Nun nimmt sie sich Benjamin Netanyahu zur Brust. «Eskalation, … Eigennutz, … eigennützige Motive …». Das mag ja alles so sein, nur: wieso schreibt eine Österreicherin, die bei der SZ arbeitet, einen Leitartikel über Israel im Tagi? Der Konzern hat doch theoretisch noch eine Auslandredaktion. Oder ist Münger gerade mal wieder in den Ferien?

Dann meldet sich eine der neuen Kolumnisten zu Wort; das erkennt man an der schummerigen Farbgebung, die von Kim inspiriert zu sein scheint. Diesmal überschätzt die GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy vielleicht ein Mü ihre Bedeutung. Denn sie schreibt an «Lieber Emmanuel Macron». Sie schliesst staatstragend: «Und ich wünsche auch Ihnen, Monsieur le Président, dass Sie eine generationengerechte Altersvorsorge umsetzen können. Und es Ihnen vergönnt ist, die Bevölkerung wieder zu einen.» Zwei Schlusssätze, zweimal «und», na ja.

Bertschy sinniere «in ihrer Kolumne über politische Geistesblitze». Also war das einer, dem französischen Präsidenten ein paar Ratschläge zu geben, wie er seine Rentenreform besser über die Bühne bringe? Da müssen wir Bertschy allerdings möglichst sanft eine bittere Wahrheit näherbringen: ZACKBUM hat sich bis zum Schluss der ellenlange Kolumne durchgekämpft. Monsieur le Président wird nicht mal den Anfang lesen.

Damit ist die Meinungsseite schon fast voll, aber leider noch nicht ganz. Am rechten Rand hat’s noch etwas Platz für Mario Stäuble, der zur Abwechslung nicht über vegetarisches Geschnetzeltes in der «Kronenhalle» dilettiert:

Wahrscheinlich hat er sich gesagt: Wenn selbst Isabelle Jacobi darf, dann ist alles erlaubt. Dann darf doch auch der frisch degradierte Leiter Inland was zu einem Thema sagen, zu dem nun wirklich alle alles gesagt haben. Nur nicht so schlecht: «Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse (CS) stauen sich die Fragen.» Hoffentlich halten die Staumauern das aus.

Welche Fragen wären denn im Stau? «Wie konnte es so weit kommen?» Das ist doch schon längst, auch im eigenen Blatt, mehrfach und kompetent beantwortet worden, nicht zuletzt von Arthur Rutishauser. Aber Stäuble steht da etwas auf dem Schlauch und hält das für einen Stau. «Haben die betroffenen Behörden die Gefahr verkannt?» Auch diese Frage ist längst beantwortet, das ist nur bei ihm im Stau steckengeblieben.

Mit dem nächsten Satz betritt Stäuble nicht gerade erkenntnisreiches Neuland: «Eigentlich ist heute schon klar: Der CS-Crash muss sorgfältig aufgearbeitet werden.» Das ist nun bereits seit 10 Tagen klar, aber wenn es Stäuble erst heute klargeworden ist …

Nun soll eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) aufklären. Das befürwortet Stäuble aus ganzem Herzen: «Es ist darum völlig richtig, dass nun das Parlament die Führung übernimmt.» Vielleicht muss Stäuble in seine neue Funktion noch etwas hineinwachsen; Inland ist nicht ganz das Gleiche wie die Zürcher Lokalberichterstattung.

Eine PUK ist keinesfalls das Parlament, sondern eine nach Parteiproporz zusammengesetzte Kommission. Aber noch fataler: zur langen Reihe abgelehnter Anträge auf die Einsetzung einer PUK gehört der Antrag des gleichen Büros des Nationalrats, eine PUK zur Aufklärung der Problematik UBS/Finanzkrise einzuberufen, aus dem Jahre 2010.

Wenn man die Aufklärung der «Mirage-Affäre» im Jahre 1964 mitzählt, gab es bislang ganze 4 solcher Untersuchungskommissionen. Dem stehen 23 abgelehnte Anträge gegenüber. Vielleicht sollte da ein Inlandchef noch etwas Hausaufgaben machen. Oder lieber über kulinarische Genüsse schreiben; beim vegetarischen Geschnetzelten drückte doch etwas der Erbsengeschmack durch, da geht noch was Besseres auf diesem Gebiet. So bietet die «Kronenhalle» auch ein «vegetarisches Tatar» an. Hm, schmatz.

1 Antwort
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Wie hat der Verleger doch zu Frau Birrer geschrieben: «ausgezeichnete Führungskraft der nächsten Generation». Wo Birrer ausgezeichnet wurde hat er nicht verraten. Aber der Weg ist klar, weniger Informationsjournalismus, mehr linker Ideologie- und Mahnfingerjournalismus. Schliesslich sind TA LeserInnen nicht in der Lage eine eigene Meinung zu bilden!
    Beispiel liefert heute auch Helene Arnet zu den Mohren-Inschriften: «Der Heimatschutz muss seine Haltung überdenken», dank ihrer vorgefärbten linken Meinung kommt sie zu diesem «Befehl». Sie hat die Studie zu den Inschriften diagonal gelesen. Die NZZ berichtet auch über das Thema, weniger voreingenommen und reflektierender.

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