Beschneidung des Penis,

Pardon: der Pressefreiheit. Was für ein Quatsch.

Der ehemalige Co-Chefredaktor vom «Tages-Anzeiger» frönt weiterhin seinem Lieblingszeitvertreib: «Kommentar zum Ende der Credit Suisse: Der Bundesrat beschneidet mit Notrecht die Pressefreiheit». Das ist ja ein Ding, und nur Mario Stäuble hat’s gemerkt.

Dass es sonst niemandem aufgefallen ist, kann aber auch daran liegen, dass sich Stäuble über Phantomschmerzen beschwert. Denn schon die Unterzeile macht ziemlich misstrauisch: «Die Regierung hält rund um den CS-Kollaps wichtige Dokumente zurück. Das untergräbt das Vertrauen in ihre Arbeit.»

Eiderdaus, das ist ja ein Ding. Denn: «Warum war es nicht möglich, das Ende der Credit Suisse abzuwenden? War der Bundesrat alert genug, oder hat er geschlafen? Und hat die Regierung seriös Alternativen geprüft, bevor sie die UBS drängte, ihre Erzfeindin zu übernehmen? Das sind wichtige Fragen von historischer Bedeutung.»

Aber diese historisch wichtigen Fragen kann zumindest Stäuble nicht beantworten. Warum? Darum: «Aber was hinter verschlossenen Türen konzipiert und besprochen wurde, liegt heute grossteils im Dunkeln.»

Das ist wirklich unverschämt vom Bundesrat. Normalerweise wird hinter verschlossenen Türen nur besprochen, was man anschliessend mit eingeschaltetem Megaphon vor der versammelten Presse verliest. Oder zumindest Stäuble aushändigt, weil der so treuherzig schauen kann.

Aber logisch stringent argumentieren kann er nicht. Nachdem er sich genügend darüber aufgeregt hat, dass verschlossene Türen verschlossen sind und was dahinter besprochen wird, geheim bleibt, räumt er ein: «Das Anliegen ist im Grundsatz nicht unberechtigt. Der Bundesrat muss vertraulich beraten und entscheiden können. Und die Credit-Suisse-Dossiers beim Bund sind voller hochsensibler Geschäftsgeheimnisse.»

Aber Stäuble scheint sich den Spruch der deutschen Aussenministerin mit der 360-Grad-Kehre zu eigen gemacht zu haben, denn am Schluss dreht er sich nochmal rum: «im Zuge des CS-Zusammenbruchs haben wir gelernt: Vertrauen ist alles. Der Bund sollte darum seine Geheimhaltetaktik überdenken.»

Wenn ZACKBUM den irrlichternden Stäuble richtig versteht: Historisch wichtige Fragen wollen beantwortet werden. Deshalb muss Licht hinter verschlossene Türen fallen. Dort wurde allerdings Vertrauliches besprochen, Geschäftsgeheimnisse auf den Tisch gelegt. Aber dennoch sollte das überdacht werden. Also sollte der Bund Vertrauliches veröffentlichen, inklusive Geschäftsgeheimnisse?

Das würde dann allerdings keine historisch wichtige Frage klären, sondern eine banale Antwort provozieren: dann wäre der Bund vollbescheuert. Sowohl historisch wie aktuell.

Die Medien kriegen’s nicht hin

Und der Journalist ist der Rechthaber im Nachhinein.

Es gibt wenige Ausnahmen, Arthur Rutishauser gehört dazu. Aber da Kompetenz (und Loyalität) im Hause Tx keinen besonders hohen Stellenwert geniesst, wurde er trotz seiner ständigen Warnrufe Richtung CS als Bauernopfer degradiert. Weil Pietro Supino auch die Kommunikation in der Affaire Roshani versemmelt hatte.

Die übrige Journaille tat das Gleiche, was sie nun dem Bundesrat und der Aufsichtsbehörde FINMA vorwirft: Sie schaute mehr oder minder tatenlos zu, wie die Credit Suisse gegen die Wand geklatscht wurde. Ringier versank in Lobhudeleien der Kurzzeit-Chefs, unvergesslich das Doppelinterview mit dem Alptraumpaar Gottstein Horta. Plisch und Plum waren ein Dreck dagegen.

Ansonsten zeigten weite Teile der Wirtschaftsjournalisten, was sie können. Nämlich nichts. Den Geschäftsbericht einer Bank lesen, das überfordert 90 Prozent von ihnen. Die Zusammensetzung des Eigenkapitals verstehen: Fehlanzeige. Erklären können, was ein CoCo ist: nur im Abschreibemodus. Die wichtigsten Indikatoren identifizieren, um den Zustand einer Bank messen zu können: hä?

Aber damit wissen sich die Mainstream-Medien mit ihrer Regierung einig: frei von Sachverstand kann man am besten vom Blatt lesen. Das war der Zustand bis kurz vor dem Exitus der Bank.

Währenddessen wurde weiterhin ab Blatt gelesen, ab der «Financial Times». Denn im fernen London war man besser über die Verhandlungen, den Inhalt und vor allem die heiklen Punkte informiert als die geballte Fachkraft der Schweizer Medien in Bern.

Auf welches Notrecht stützt sich der Bundesrat genau, was bedeutet der Abschreiber von 16 Milliarden Franken, wieso musste die UBS läppische 3 Milliarden Franken bezahlen, erhält ein Risikopolster von 9 Milliarden plus Liquidität bis zu 200 Milliarden? Kann man Aktionärsrechte so aushebeln? Riskiert der Bundesrat keine Staatsklagen, steht er eventuell in der Verantwortung für diese Entscheidungen – und ihre Kostenfolgen?

Und vor allem: war das mal wieder alternativlos? In welchem Schweizer Medium las man vor dem grossen Showdown vor einer Woche, wie Alternativen aussehen könnten? Dass die Bank schlecht geführt war, das war spätestens seit dem Amtsantritt von Urs Rohner offenkundig. Aber forderte je – ausser dem Autor dieser Zeilen – jemand seinen Rücktritt, mahnte Haftbarkeit an?

Aber nach dem Fall, da kommen nun alle Besserwisser aus den Löchern und überschlagen sich mit Kritiken, basteln grosse Zusammenstellungen von Fehlern und Flops, von dummen Sprüchen der Bankenlenker. Der Lobhudel-«Blick» räumt plötzlich dem alten Schlachtross Oswald Grübel die Spalten frei, der auch kräftig losgaloppiert – nachdem auch er zuvor mit Kritik gelinde gesagt sehr zurückhaltend war. Sicher, als ehemaliger CEO beider Banken, der CS und der UBS, musste er aufpassen, was er sagt.

Aber eigentlich gab es mal wieder nur einen Einzelkämpfer, der sogar so viel Gas gab, dass ihn die CS mit einer mehrhundertseitigen Klageschrift fertigmachen will. Denn Lukas Hässig fährt auf seinem Finanzblog «Inside Paradeplatz»* einen scharfen Reifen. Und lässt regelmässig die gesamte Konkurrenz alt aussehen. Er erlegte fast im Alleingang Pierin Vincenz und veröffentlichte ein Jahr lang eine Bombenstory nach der anderen über den einstmals strahlenden Banker – ohne dass jemand das Thema aufnahm.

Hässig steht auch auf der Shitlist von Daniel Vasella ganz, ganz oben, seit er verhinderte, dass der Pharma-Boss 72 Millionen hätte kassieren sollen – für süsses Nichtstun.

Irgendwie ist die «Blick»-Penisgeschichte symptomatisch für den aktuellen Zustand der Medien. Eigentlich möchte man gerne ein heikles Thema aufgreifen, das nun (fast) jeden Mann interessiert. Denn Nullwachstum in der Hose, das ist auch für Banker schlimmer als Nullzinsen.

Aber früher hätte der Fachmann höchstens als Feigenblatt dafür gedient, den Voyeurismus von weiblichen und männlichen Lesern zu befriedigen. Die Schlagzeile wäre auf der Hand gelegen: «Wenn Sie dieses Foto nicht erregt, sollten Sie zum Arzt». Welcher Art das Foto gewesen wäre, nun, wir breiten den Mantel des Schweigens darüber.

Aber wie löst das der «Blick» heute? Das einzige Boulevard-Organ mit einem Regenrohr im Logo zeigt doch tatsächlich einen Kaktus als Penissymbolbild. Wobei der Kaktus durchaus erigiert erscheint. Allerdings dürfte er weder bei Männern, noch bei Frauen erotische Empfindungen auslösen. Das gilt höchstwahrscheinlich auch für alle anderen Genderklassen, vielleicht mit Ausnahme von Masochisten.

«Der Penis ist die Antenne des Herzens», der Satz ist so blöd, der könnte glatt von diesem Kim irgendwas sein. Nein, so blöd ist er dann auch nicht.

Wieso nicht «Die UBS ist die Bank der Schmerzen», «von der Credit Suisse zur Debit Suisse zur Debil Suisse».  Oder gleich «Der Kontostand ist der Messfühler des Portemonnaies», «Die Kreditkarte ist die Windfahne der Begierde», «Der Zeigefinger ist das Instrument am Bankomat», «Die Credit Suisse ersetzt den Bankomat durch den Dankomat». Und nur echt mit dem Foto eines kompetent dreinblickenden Fachmanns.

Das kann man alles machen. Aber noch Geld dafür verlangen und behaupten, man sei unverzichtbar als Vierte Gewalt in der Demokratie – das ist nicht nur lachhaft, wenn es die «Republik» behauptet.

*Packungsbeilage: ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt gelegentlich auf IP.

Wumms: Beni Frenkel

Mit Zahlen, mit Frauen und mit Fakten hat er’s nicht so.

«elleXX Gender Equality Basket» verbindet gnadenlos schlechte Performance mit üppigen Gebühren. Die in ihm enthaltenen Unternehmen sollen frauenfreundlich sein. Sind sie aber nicht besonders.

Dieses Fazit zog Beni Frenkel auf «Inside Paradeplatz». Allerdings konnte er es nicht lassen, den Artikel mit sexistischen Sprüchen aus der unteren Schublade zu garnieren. Gelegenheit für Patrizia Laeri, sich darauf zu stürzen und Anwältin Rena Zulauf mal wieder Gelegenheit zu geben, sich eine Doppelklatsche abzuholen. Aber Laeri konnte damit von ihrem Geschäftsgebaren ablenken, zudem war peinlicherweise auch noch eine Zahl falsch.

Also schrieb IP zerknirscht: «Entschuldigung, Patrizia Laeri». Plus eine milde Spende von 2500 Franken an die Frauenhäuser Schweiz. Peino.

Schon zuvor hatte Frenkel auf «Blick TV» eingedroschen, kaum Zuschauer, Megaflop. Nur: «Der Artikel basierte auf einer falschen Basis, er wurde gelöscht.» Peino.  Ähnlich erging es ihm bei seiner Hinrichtung des Ringier-Blatts «Fritz + Fränzi». Das fanden die Herausgeber überhaupt nicht komisch: «Herr Frenkel hat der Stiftung Elternsein in der vergangenen Woche über verschiedene Kanäle drei Fragen schriftlich zukommen lassen. Wir haben diese Fragen ausführlich beantwortet und uns darüber hinaus Zeit genommen, auch Rückfragen zu beantworten. Wir sind ausserordentlich erstaunt, feststellen zu müssen, dass ganz offensichtlich vorsätzlich unsere Antworten in keiner Weise in den Text eingeflossen sind, sondern gezielt Falschinformationen gestreut werden.» Peino.

Man kann «never let the truth spoil a good story» auch zu wörtlich nehmen. Sein jüngster Streich geht allerdings in die andere Richtung, aber ebenfalls in die Hose. «Walder vs. Blog: Sieg für Klein-Journalistin», jubilierte Frenkel einmal auf der Seite der Frau. Allerdings schon wieder Fake News. Denn die Absicht des Ringier-Verlags, dass drei Textstellen in einem Beitrag gelöscht werden sollten, wurde erreicht. Nur passt das Frenkel nicht in seinen Feldzug gegen Ringier, also lässt er dieses entscheidende Detail aus. Leider vermochte IP nicht, einen richtigstellenden Kurzkommentar zu veröffentlichen.

Auch Roger Schawinski rempelte er mal an, dafür jubelte er einen Journalisten als den «wohl talentiertesten Jungredaktor im Grossraum Zürich» hoch. Der hatte allerdings eher talentfrei ein dermassen vor Klischees strotzendes Porträt über eine jüdische Kandidatin für den Zürcher Stadtrat geschrieben, dass er deswegen entlassen wurde, nachdem sich der Tagi-Chefredaktor für diese Entgleisung entschuldigt hatte.

Lustigerweise handelte es sich um ein Porträt über Sonja Rueff-Frenkel. Richtig geraten, die Schwester von Beni Frenkel. Er selbst hat es wohl wie kein Zweiter im Grossraum Zürich geschafft, immer wieder einen unheimlich schwachen Abgang hinzulegen, wo immer auch er journalistisch tätig war. Das war bedauerlicherweise auch bei ZACKBUM so.

Von der Korrektur- und Kostenseite her kann ZACKBUM diesen Verlust verschmerzen.

«Blick» als Copy Cat

Selber machen! Wieso eigentlich?

Es gibt zwei eiserne Regeln im Elendsjournalismus. Regel eins: nur die Story, die frei erfunden ist, hat man exklusiv. Diesem Prinzip huldigen gelegentlich alle Medien, von der «Republik» bis zum «Blick».

Die zweite Regel lautet: wieso selber recherchieren und journalistisch tätig sein, wenn das andere für einen erledigen? So haben praktisch alle Schweizer Medien ohne rot zu werden und fleissig die «Financial Times» zitiert, benützt, verwendet, weil deren Berichterstattung über das Begräbnis der Credit Suisse den eigenen journalistischen Anstrengungen haushoch überlegen war und ist.

Nun setzt der «Blick» hier ein neues Highlight:

Eine Sophie Reinhardt, «Redaktorin Politik» zeigt, was sie in der Schule gelernt hat: abschreiben. Zunächst erwähnt sie lobend, ohne sich der Peinlichkeit dieser Aussage bewusst zu sein, dass die FT «stets gut im Bild darüber» gewesen sei, «was hinter verschlossenen Türen besprochen wurde». Im Gegensatz zum «Blick» und allen anderen Mainstream-Medien in der Schweiz.

Nun gebe aber eine weitere «FT-Recherche» zu reden:

«CS-Präsident Axel Lehmann (64) sei bereits am vergangenen Mittwoch von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59), der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter Thomas Jordan (60) sowie der Finanzmarktaufsicht (Finma) zitiert worden. Dabei habe man Lehmann eine klare Ansage gemacht: «Ihr werdet mit der UBS fusionieren. Das ist nicht optional», heisst es in der FT.»

Das wäre in der Tat eher peinlich, denn noch am Mittwochabend verkündeten Nationalbank und Bankenaufsicht FINMA im Chor, dass man sich keine Sorgen um eine Ansteckung des Schweizer Finanzmarkt durch die Bankenpleiten in den USA machen müsse, die CS erfülle weiterhin alle notwendigen Anforderungen.

Nun sind zwar auch Politiker, ähnlich wie Bankenlenker, weitgehend haftungsfrei. Aber nicht ihre Politik. Denn Aussagen, die börsenrelevant sind, also Auswirkungen auf einen Aktienkurs haben können, sind immer eine heikle Sache. Das weiss nicht zuletzt der letzte VR-Präsident der CS, der sich mit der Behauptung blamierte, dass der Abfluss von Geldern bei seiner Bank hätte gestoppt und sogar rückgängig gemacht werden konnte.

Auch das hat die FT exklusiv herausgefunden, das wird nun von Reinhardt nachgeplappert. Man sollte mit ihr Nachsicht üben, bis 2022 war sie Redaktorin im Ressort Bern beim «Bund», «Schwerpunkt ihrer Berichterstattung ist die städtische Politik, sowie Bildungsthemen». Erst seit Kurzem berichtet sie für den «Blick» aus dem Bundeshaus. Damit hat sich immerhin ihr Arbeitsweg nicht verlängert.

Man sollte auch gerecht mit Reinhardt sein, denn sie tut zudem das, was zum Grundrüstzeug des Journalisten gehört. Sie plappert nach, dann gibt sie Politikern Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die sind, Überraschung, «empört». Denn als Plappermaul weiss doch der Politiker, was sich gehört. «Könnte ein Grösseres politisches Erdeben sein», meint der Präsident der Grünliberalen, vorsichtig im Modalverb-Modus. «… wer zu welchen Zeitpunkt was wusste», will die SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer wissen, froh darum, dass ihr Kollege Wermuth gerade mal unpässlich war und sie auch etwas sagen darf.

Auch ein SVP-Nationalrat darf sich mit «skandalös» melden, dazu noch ein zweiter SVPler. Soweit, so normal. Allerdings: wo bleibt die FDP? Die Mitte? Die Grünen? Da muss Reinhardt wohl etwas ins Juffeln geraten sein. Oder sie fand in der Eile die passenden Handynummern nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Einfach viel üben und nachsitzen.

Die Nachtreter

Die Medien überschlagen sich im CS-Bashing. Post festum.

Im Nachhinein besserwissen, das ist die einfachste Übung der Welt. Man braucht nur eine gewisse Schamlosigkeit und die Hoffnung auf das Kurzzeitgedächtnis der Leser.

Ausgerechnet eine Isabell Strassheim zählt im «Tages-Anzeiger» die «Haupt­verantwortlichen im Drama der Credit Suisse» auf. Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, da sorgte Strassheim für eine der dicksten Enten, die jemals durch den Tagi watschelte.

«Bund wollte keine eigene Impfproduktion», behauptete sie kühn. Mitsamt Karikatur auf der Frontseite, bissigem Kommentar und seitenfüllend. Kurz darauf musste der Tagi zähneknirschend eine «Korrektur» abdrucken; «neue Recherchen» hätten ein etwas anderes Bild ergeben. Die Berichterstattung über diesen Megaflop übernahmen dann andere, Strassheim pausierte ein Weilchen.

Nun ist die angebliche Pharma-Spezialistin als Bankendrescherin wiederauferstanden. Das Gefühl von Peinlichkeit oder Scham ist ihr offenbar völlig fremd.

Das geht allerdings nicht nur ihr so. Legion die Artikel, die einen neuen CEO, einen neuen VR-Präsidenten bei der CS enthusiastisch begrüssten. Unvergesslich die schleimige Lobeshymne im «SonntagsBlick» auf den Gewaltstypen aus Portugal. Als unschöne Gerüchte aufkamen, dass es zwischen dem damaligen Traumpaar CEO Thomas Gottstein und VR-Präsident Ontario Horta-Osório zu Friktionen gekommen sei, eilte der SoBli herbei, um den beiden in einem Doppelinterview Gelegenheit zu geben, Sauglattismus zu versprühen:

«Frage: Sie sind ein sehr guter Tennis-Spieler, Herr Gottstein ein begnadeter Golfer …
Horta-Osório: Moment! Ich bin okay. Aber Thomas spielt besser Golf als ich Tennis.
Gottstein: Da bin ich mir nicht so sicher.
Horta-Osório: Du hast am letzten Sonntag beim Golfen unentschieden gespielt, ich habe meine Tennispartie verloren. Das ist Beweis genug. (lacht)»

Nur das zum Artikel gestellte Foto von Plisch und Plum sprach allerdings Bände. So fanden die Gazetten immer wieder lobende Worte für neue und alte Versager auf der Kommandobrücke der CS. Lediglich Arthur Rutishauser, das muss man ihm lassen, wich kaum von seiner kritischen Linie ab.

Aber bei Tamedia zahlt sich Kompetenz schon lange nicht mehr aus. Damit steht man dem wenig kompetenten Big Boss Pietro Supino in der Sonne. Also musste Rutishauser ins Glied zurücktreten, als Bauernopfer, weil die Geschäftsleitung von Tx Group die Affäre Roshani kommunikativ völlig in den Sand gesetzt hatte. Aber das wäre die Geschichte eines anderen Versagens.

Auch Ringier weicht inzwischen von seinem Schmusekurs gegenüber der Knutschkugel Alain Berset ab und setzt deutliche Fragezeichen hinter die misslungene Rettungsoperation des Bundesrats. Zu offenkundig wurde, dass weder Berset noch die frischgebackene Finanzministerin Karin Keller-Sutter die geringste Ahnung vom Inhalt dessen hatten, was sie ungelenk bei der Sonntagspressekonferenz vom Blatt lasen.

Nur die NZZ bleibt sich und ihrem Wackelkurs gegenüber der ehemaligen FDP-Bankenburg CS treu. Zu jung sind noch die engen Verzahnungen, die es zwischen der Falkenstrasse und dem Paradeplatz gab, wo Mehrfachversager Mehrfach-VR-Mandate innehatten und die CS die Hausbank der alten Tante war. Nun schimpft sie zwar fleissig mit im Chor, weist aber immer noch andere scharf zu recht: «Boni zurückfordern oder ganz verbieten – das ist Polittheater

Denn wenn nichts mehr hilft, dann hilft das Evozieren des Allheilmittels: «In einer Marktwirtschaft braucht es andere Instrumente, um Manager zur Rechenschaft zu ziehen.» Was die NZZ geflissentlich übersieht: eine Bank, die «too big to fail» ist, hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Absurde Gehälter und hemmungsloses Greifen in Bonustöpfe für das Produzieren von Milliardenverluste, das hat ebenfalls nichts mit Marktwirtschaft zu tun. Sondern mit Politikversagen, genauer mit dem Versagen der FDP-Politik.

Es ist verblüffend, wie sich die Schlagzeilen während der Finanzkrise eins im Jahr 2008 und heute gleichen. Sie gleichen sich auch deswegen, weil weder die Medien noch die Politik – und erst recht nicht die Banker – das Geringste aus dem damaligen Systemversagen gelernt hätten.

Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ja auch die Medienkonzerne irgendwo ihren Finanzhaushalt regulieren müssen. Und das tun sie nicht bei der Alternativen Bank oder dem Sparhafen. Sondern bei einer der Grossbanken in der Schweiz. Dort werden die Konzerne auch für Kredite vorstellig, nehmen gerne Sponsoring von Anlässen entgegen – das alles bremst dann doch etwas das Verlangen, kritisch über die eigene Hausbank zu berichten.

Dann nicht nur im Sport fragt man sich bang, was dieses Schlucken der vorletzten international tätigen Grossbank durch die allerletzte für das Sponsoring bedeuten wird. Steht nun einfach UBS drauf, wo früher Credit Suisse stand? Und wo beide Kohle liegen liessen, wir da nun ein Teil eingespart?

Bedeutende Fragen, die natürlich unbeantwortet bleiben. Deshalb lässt man gerne die zweite Garnitur ans Gerät. Wenn dabei auch noch das Geschlecht stimmt, umso besser. Wobei wahrscheinlich so die journalistische Vorhölle aussieht: eine Raphaela Birrer beauftragt eine Isabell Strassheim, ein paar strenge Worte über die CS zu verlieren. Man ist fast versucht zu sagen: also das hat die Bank nicht verdient, etwas mehr Respekt vor einer Leiche.

 

 

Ein Klaps für CH Media

ZACKBUM ist gerecht und kritisiert alle.

Durch das Fehlen eines Leitmediums gerät CH Media immer wieder etwas aus dem laserscharfen Fokus von ZACKBUM. Hoppla, das war ja ein Bild, das die CS verwendete, als sie noch plapperte. Aber item, wie schlägt sich denn der Konzern der Träger von weissen Socken und Lederkrawatten, also der Aargauer, in der CS-Krise? Es geht.

Oberchefredaktor Patrik Müller (der letzte Überlebende des einstigen Triumvirats Dorer, Rutishauser, Müller) kommentiert sehr originell: «Bankenbeben. Zu dieser Katastrophe hätte es nie kommen dürfen.» Kam es aber, was sagst du nun. Seine Wirtschaftschefin Florence Vuichard ergänzt mit dem nächsten Stehsatz-Titel: «Erst scheitern, dann kassieren: Auf das CS-Ende folgt die Boni-Malaise».

Es folgen im «Tagblatt» die «Wandertipps», dann «Essen & Trinken», denn das muss ja auch sein.

Weiter oben berichtet das CH Media-Imperium über die «Rolle der Saudis im CS-Drama». Das hört sich nach einer guten Idee an, bis man liest, dass sie von «watson» stammt. Die Berichterstattung des Listicals-, Katzenvideos- und Blödel-Blatts sieht insgesamt so aus:

Wenn Philipp Löpfe einen Ratschlag gibt, ist man gut beraten, genau das Gegenteil zu tun. «40’000 Jobs auf der Kippe: Panische CS-Banker fluten Personalvermittler», so lautet eine weitere Schlagzeile. Die halten sich offenbar nicht an den Ratschlag von Löpfe. Um auf diese Horror-Zahl zu kommen, zählt «watson» einfach die Stellen der UBS und der CS in der Schweiz zusammen – und rundet schwer auf. Befindet sich also mal wieder im weiteren Streubereich der Wahrheit. Oder eigentlich ausserhalb.

Aber was weiss denn die Praktikantin Lea Oetiker über die Scheichs? Nun, all das, was sie aus meist englischen Quellen brav abschreibt. Dass die Scheichs im Allgemeinen zu den Grossaktionären der CS gehörten, dass die Saudi National Bank bei der letzten Kapitalerhöhung der CS zuschlug und mit knapp 10 Prozent der grösste Aktionär wurde. Und dass deren Präsident den berühmten Ausspruch auf die Frage tätigte, ob er weiter Liquidität einschiessen würde: «Absolut nicht, und zwar aus vielen Gründen, abgesehen vom einfachsten Grund, der regulatorischer und gesetzlicher Natur ist.»

Soweit, so bekannt und gähn. Das nennt man im Journalismus Rehash; man hackt Bekanntes, mixt es neu zusammen und serviert es dem Leser als Aufgewärmtes.

Interessant wäre allerdings gewesen, zu erfahren, warum der Bankenpräsident das sagte. Denn anscheinend machte die gleiche Saudi-Bank in letzter Minute ein 5-Milliarden-Angebot, um die CS zu retten. Das wurde angeblich abgelehnt, weil die Saudis die gleichen Garantien forderten, die die UBS dann bekam.

Spinnt also der Scheich? Keineswegs, denn sein Hinweis auf regulatorische Bestimmungen war natürlich völlig richtig. Beim Überschreiten bestimmter Grenzen sind in der Schweiz bürokratische Formalien zu erledigen, es gibt sogenannte Aktienschwellen, deren Überschreiten Meldepflichten nach sich ziehen. Davon gibt es jede Menge: bei mehr als 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33⅓, 50 oder 66⅔ Prozent der Aktien.

Offensichtlich wollte die saudische Bank die Schwelle von 10 Prozent nicht überschreiten, aus welchen Gründen auch immer. Und genauso offensichtlich war sich der Bankpräsident nicht bewusst, in welch wackliger Verfassung sich die Bank bei seiner Aussage befand. Er hatte den Behauptungen der Bank und der Schweizer Behörden vertraut – ein schwerer Fehler heutzutage.

Also hört die Story von «watson», gleich von den anderen Medien von CH Media übernommen, dort auf, wo es eigentlich interessant werden würde. Irgendwie typisch.

Frauen an die Macht?

In den Medienhäusern sind sie auf dem Durchmarsch. Bad News.

Es gibt einen Aspekt im ganzen CS-Schlamassel, der nur mit spitzen Fingern angefasst wird. Verständlich, denn eine Thematisierung führt einen schnell in Teufels Küche. In Begrifflichkeiten wie Sexismus, Diskriminierung, Männerbastionen, Herabwürdigung und Schlimmeres.

Denn auch im Wirtschaftsleben wird bekanntlich gefordert, dass Frauen ihr gerechter Anteil an Führungspositionen zustünde. Das wird nicht zuletzt damit begründet, dass Frauen ganz andere Perspektiven einbringen könnten, nicht so auf Krawall und Konkurrenzkampf wie Männer gebürstet seien, überhaupt der feminine Führungsstil viel angenehmer, effizienter, erfolgreicher sei. Sozusagen: wenn es mehr Patrizia Laeris in Führungspositionen wie der Chefredaktion von CNN Money Switzerland gäbe, wären wir viel besser dran.

Erteilen wir doch mangels CNN Money Switzerland der «Redaktion» von ElleXX das Wort:

Schweinerei. Was kann man da tun? «Auffällig: das Thema kommentieren fast nur Männer – Ökonomen, Rechtsprofessoren, Journalisten. Wir geben explizit Expertinnen eine Stimme.» Mehr Kompetenz dank Klitoris?

Da wollen wir doch einmal die Mitglieder (darüber machen wir jetzt keine Scherze) des Verwaltungsrats der Credit Suisse aufzählen. Der VR ist bekanntlich das entscheidende Lenkungsgremium einer Aktiengesellschaft. Hier werden die grossen Linien, die Strategie, das Geschäftsmodell, die Zukunftsperspektiven beschlossen, die dann von der Geschäftsleitung unter Führung eines CEO lediglich umgesetzt werden sollten.

Bei der CS sieht das so aus: Mirko Bianchi, Jahrgang 1962, seit 2022 im VR. Christian Gellerstad, 1968, seit 2019. Shan Li, 1963, seit 2019. Richard Meddings, 1958, seit 2020. Axel Lehmann, 1959, seit 2021 und letzter VR-Präsident der Bank. Das wäre die männliche Gruppe.

Iris Bohnet, 1966, seit 2012 im VR. Blythe Masters, seit 2021. Clare Brady, seit 2021. Amanda Norton, 1966, seit 2020. Ana Paula Pessoa, 1967, seit 2018. Seraina Macia, 1968, seit 2015. Key Jin, 1982, seit 2022. Das wäre die weibliche Truppe.

Wem fällt da etwas auf? Richtig, es sind 5 Mitglieder und 7 weibliche, nun ja, Mitglieder. Frauen an die Macht. Mehrheit. Super. Triumph. Öhm.

Nun könnte der (oder die oder wie auch immer) Feminist:in* einwenden, dass die Frauen vielleicht nur mindere Aufgaben wahrgenommen hätten. Kinderkrippen, vegane Menüs, Beckenbodentraining, Gratis-Tampons und so. Stimmt nicht. So ist zum Beispiel Blythe Masters von 2021 bis 2022 im wichtigen Vergütungsausschuss gesessen, sitzt im «Governance and Nomination Committee» und ist vor allem Mitglied des Risk Committee sowie Vorsitzende der Credit Suisse Holdings Inc. in den USA.

Alles zentrale Positionen, um während der sich zuspitzenden Krise zu versagen. Iris Bohnet ist seit 2012 Mitglied im Vergütungsausschuss, Clare Brady ist «Vorsitzende des Conduct and Financial Crime Control Committee». Und so weiter.

Nur: wo und wann hörte man diese weiblichen Stimmen in den letzten Jahren? Wo meldeten sie sich zu Wort, um eine andere Unternehmenskultur anzumahnen, ein weniger risikohaftes Geschäftsgebaren? Wo haben sie Spuren hinterlassen, ausser auf der Payroll der CS? Welche Bäume reissen sie denn sonst noch so (nicht) aus?

Oder gilt auch hier: Klitoris ersetzt Kenntnis? Männer müssen was können, bei Frauen reicht Frausein? Gerade beim Thema Verwaltungsrat spricht man gerne von Seilschaften, von Männerbünden, die sich gegenseitig die Pfründe zuhalten. Das scheint ja bei der CS nicht wirklich geklappt zu haben.

Wie sieht es denn eigentlich bei der UBS aus? Die Bank hat in den letzten Jahren viel erfolgreicher gewirtschaftet als die CS. Nun, hier ist das Verhältnis 8 zu 4. Acht Männer, vier Frauen. Kreisch.

Kann man nun daraus schliessen, dass männerdominierte VR erfolgreicher seien als frauendominierte? Natürlich nicht. Oder doch? Auf jeden Fall kann man aus diesen beiden Beispielen schliessen, dass eine Überrepräsentanz von Frauen im VR keinesfalls segensreich für ein Unternehmen ist. Ob die erfolgreichere Geschäftspolitik der UBS an der Männerdominanz festzumachen ist? Keine Ahnung.

Aber auf jeden Fall scheint die Anzahl Frauen im obersten Leitungsgremium einer AG von völlig nebensächlicher Bedeutung zu sein. Wenn man sich nicht zur These versteigen will: umso mehr Frauen in Führungspositionen, desto durchwachsener das Ergebnis. Wenn man sich nicht zur Absurdität versteigen will: nun sollen auch mal Frauen etwas zum CS-Debakel sagen. Da wären die 7 Verwaltungsrätinnen doch erste Wahl, oder nicht?

Vielleicht wäre es sinnvoll, zum bewährten Prinzip zurückzukommen, dass keineswegs eine proportional «richtige» Verteilung der Geschlechter, gar der Gender in Führungspositionen eine sinnvolle Forderung sei. Sondern das Kriterium Kompetenz alleinentscheidend sein sollte. Ob ein Kompetenzträger auch noch Pimmelträger ist oder nicht, sollte doch völlig nebensächlich sein.

Im Wesentlichen sind ja nur Frauen für eine Quotenregelung, die sich nur auf diese Weise eine Chance ausrechnen, ganz nach oben zu kommen. Die Forderung nach angeblich «gerechter» Verteilung ist einfach eine weitere Waffe im Konkurrenzkampf. Nicht anders als der vielmissbrauchte Vorwurf der verbalen sexuellen Belästigung, des männlichen Mobbings. Was nicht nur in der Affäre Roshani sein hässliches Gesicht zeigt.

Denn wie ist es möglich, dass zwei angesehene deutsche Medien, der «Spiegel» und die «Zeit», faktisch zeitgleich in einer konzertierten Aktion zwei Texte veröffentlichen, in denen sich eine Frau über angeblich unerträgliche Zustände an ihrem letzten Arbeitsplatz beschwert?

Wie wäre es anders möglich, dass alle Mainstream-Medien diese Vorwürfe ungeprüft aufnehmen, kolportieren und mit anonymen weiteren Erzählungen ausschmücken? Ohne sich einen Moment zu fragen, ob es sich hier nicht um eine Racheaktion einer Frau handeln könnte, die sich vergeblich um einen Chefposten bewarb, dann den Inhaber wegwobben wollte, was ihr sogar gelang. Aber anstatt dann endlich selbst doch noch auf den Chefsessel zu klettern, wurde sie deswegen gefeuert.  Sind das nicht genug Gründe, um die Stichhaltigkeit ihrer Vorwürfe zu bezweifeln?

Unabhängig von ihrem Geschlecht. Aber auf Nonsens-Plattformen wie ElleXX wird tatsächlich zum Thema gemacht, dass es noch nie einen weiblichen CEO einer Schweizer Grossbank gab. Und dass auch Frauen dieses Desaster kommentieren sollten. Weil eine Mehrheit von Frauen im CS-VR nichts sagt, aber am Schlamassel mitschuldig ist?

De Weck: weg isser

Flugzeit: bei der «Republik» geht’s weiter rund.

Oder eher unrund. Im November letzten Jahres, sozusagen als Sahnehäubchen auf dem angekündigten Ziel, angesichts sinkender Abonnentenzahlen mal eine Million mehr auszugeben und die dann irgendwie mit viel mehr Abos wieder reinzuholen, wurde jubiliert, dass man eine Koryphäe neu an Bord habe.

Er, der Master, das Schwergewicht, das publizistische Kraftwerk Roger de Weck trete in den Verwaltungsrat ein und stärke dort in ungeheuerlichem Ausmass die journalistische Kompetenz. Die «Republik» jubelte im höchsten Tremolo: für de Weck gebe es insgesamt neun Gründe: «erstens bis achtens, weil er er ist. Und neuntens: Sonst wäre unser strategisches Deck unterbesetzt.» Überzeugender kann man einen Mann nicht anpreisen.

Auch der Grandseigneur des Journalismus, der allerdings mehrfach gescheiterte de Weck, liess sich mit staatstragenden Worten im Orgelton zitieren: «Eine Erfolgsgeschichte braucht Dynamik und Stabilität. An beidem wird weiter zu arbeiten sein: im Hinblick auf eine stabile Chefredaktion und Geschäftsführung – zugunsten einer Publizistik, die dynamisch ihr Potenzial ausschöpft.»

An beidem wird weiter zu arbeiten sein, wohl wahr. Allerdings scheint er das Schwergewicht eher auf Dynamik als auf Stabilität zu legen. Denn nach nicht einmal einem halben Jahr sagt er schon zum Abschied leise «leckt mich».

Nein, das sagt er natürlich nicht. Sondern die «Republik», das der Wahrhaftigkeit verschriebene Organ der Ehrlichen und Guten, verwendet die gleiche hohle Formel wie alle anderen auch, wenn es kräftig gekracht hat, Feuer im Dach ist und die Ruine noch raucht: der Grund für den schnellen Abgang seien «unterschiedliche Auffassungen im Verwaltungsrat über die Strategie, den Stellenwert der Publizistik, die Bewältigung der anspruchsvollen Lage und die Rolle des Verwaltungsrats».

Aber immerhin wird da etwas kommuniziert. Wenn man den Chefredaktor a.i. Daniel Binswanger fragt, was er denn eigentlich dazu sage, dass Texte der «Republik» nun nicht bei der «Republik» erscheinen, sondern auf anderen Plattformen, dann bleibt er verkniffen stumm und hat nicht mal den Anstand, leise «leck mich» zu sagen.

Wenn wir die Mitteilung über de Weck auf Deutsch übersetzen wollen: der hat sich vielleicht die Bemerkung erlaubt, dass viel mehr Ausgaben bei wenig mehr Einnahmen nicht so eine tolle Idee sei. Er hat vielleicht sogar bemeckert, dass der unterirdisch niedrige Ausstoss der meisten Journalisten nicht länger hingenommen werden könne. Mal alle Naselang, oft nach vielen Wochen ein überlanger Artikel, den niemand zu Ende liest, das könne es wohl nicht sein.

Oder de Weck hat gar den ungeheuerlichen Overhead, die vielen Sesselfurzer kritisiert, die Installation eines Klimalabors, Posten wie «Bildberater», «Stabsstelle Chefredaktion», «Junior Audience Developer», «Community Support» oder die Riege der teuren «Sprecher» bemäkelt, die Texte, die niemand liest, einsprechen, auf dass sie niemand hört.

All das werden wir wohl nicht erfahren, obwohl sich die «Republik» der völligen Transparenz verschrieben hat: «Wir legen alles offen: unsere Finanzen, Arbeitsweisen, Fehler, Löhne – weil wir überzeugt sind, dass Transparenz wichtig ist.»

Das ist natürlich nur Blabla, aber undicht, wie die «Republik» ist (selbst nicht zur Veröffentlichung bestimmte Texte tropfen aus ihr raus), werden wir vielleicht doch mitkriegen, wieso de Weck kam, Übles sah und versiegte.

Aber es bleiben ja noch zwei Koryphäen im VR übrig. auf dem nun unterbesetzten «strategischen Deck». Die VR-Präsidentin Sylvie Reinhard, «Schweizer Unternehmerin» und Quotenfrau. Plus Alfonso von Wunschheim. Gründer und CEO der Firma «FutureVents», die allerdings leider bereits 2010 liquidiert wurde.

Mit einer solchen Crew an Deck kann eigentlich nichts schiefgehen. Falls doch, ZACKBUM hat zwei Vorschläge, wie man die strategische Kompetenz boostern könnte. Wieso nicht Patrizia Laeri und/oder Anuschka Roshani an Bord holen?

«Republik»: links überholt

Die Redaktion zerlegt sich selbst.

«Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe des Republik-Magazins, welche jedoch nie erschien. Wir haben uns dazu entschlossen, die Artikel zu prüfen und fortlaufend zu veröffentlichen. Der Republik wurde die Chance gegeben, die Artikel selbst zu überarbeiten und zu veröffentlichen — dies lehnten sie aber ab.»

Das steht unter einem «Republik»-typisch länglichen Artikel über unhaltbare Zustände in der Gewerkschaft Unia. Nur ist die Artikel-Serie auf «barrikade.info» erschienen, nicht etwa in der «Republik».

Das Web-Magazin versteht sich als «eine offene Informations-Plattform, auf der alle Personen und Gruppen aktuelle Nachrichten, Analysen und Debatten aus einer emanzipatorischen und revolutionären Perspektive verbreiten können».

Dazu gehört seit dem 7. März, dass hier eine Artikelserie veröffentlicht wird, über deren Existenz in der Branche schon lange gemurmelt wurde. Denn es war bekannt, dass die «Republik» anlässlich der Affäre Burger in der mächtigsten aller Schweizer Gewerkschaften recherchiert hatte. Und beschloss, die daraus entstandenen üblichen 120’000 Anschläge in den Giftschrank zu stecken – und die Existenz der Recherche auch ZACKBUM gegenüber zu leugnen.

 

Nun ist es offensichtlich so, dass «barrikade.info» eher nicht in den Archiv-Server der «Republik» eingebrochen ist. Also muss ein mit dieser Entscheidung nicht einverstandener Mitarbeiter der «Republik» offenbar beschlossen haben, die Artikelserie anderweitig ans Tageslicht zu befördern.

Inzwischen sind alle vier Teile erschienen. Mediales oder sonstiges Echo: null. Das ist das Schicksal der meisten Artikel der «Republik», selbst wenn sie von ihr selbst veröffentlicht werden. Und was sagt das Organ der richtigen Denkungsart dazu, dass man ihm einfach Texte aus dem Archiv klaut?

Natürlich – nichts. Stattdessen braucht es die gemeinsame Anstrengung von Philipp Albrecht, Daniel Binswanger, Dennis Bühler, Lukas Häuptling, Priscilla Imboden und Karen Merkel (hier siegt das Alphabet in der Reihenfolge über Gender-Höflichkeit), um «Was sie sagten, was sie meinten, was sie verschwiegen» auf 15’288 A lähmend langweilig auszubreiten. Denn die Redaktoren haben sich gemeinsam die Pressekonferenz zur CS-Affäre angeschaut und erklären sie nochmals gaaaanz laaaangsam.

Dabei wäre es doch interessant zu wissen, was denn die «Republik» davon hält, dass sie selbst diese Langreportage einfach versenkte, dass sie nun doch das Licht der Welt erblickt und ob es sich hier nicht um einen zu ahndenden Diebstahl handle.

Es ist auf jeden Fall in der jüngeren Mediengeschichte der Schweiz einmalig, dass ein Organ eine Riesenrecherche veranstaltet, deren Existenz dann leugnet – und die offenbar schon geschriebene Version im Giftschrank einschliesst. Denn Kritik an allem Rechten, Bösen und jedem Vorkommnis, auf dem SVP draufsteht: jederzeit. Kritik an der linken Gewerkschaft Unia? Ähm, öhm, nun ja, also eher nicht.

Es ist ebenfalls einmalig, dass die in einem anderen linken Organ das Licht der Welt erblickt. Offenbar wusste die «Republik» um diesen Plan der «barrikade»-Macher – und tat das, was die «Republik» so gerne tut: wegschauen, ausblenden, ignorieren, hoffen, dass das schon vorbeigeht.

Ob das der Entwicklung dieser Zahl zuträglich ist?

Die Not mit dem Notrecht

Wie die Mainstream-Medien Grundlegendes ignorieren.

Enteignung von Aktionären? Notrecht. 16 Milliarden mit einem Federstrich ausgelöscht? Notrecht. 209 Milliarden Staatsgarantien? Notrecht. Welches Notrecht eigentlich?

Wenn die Not gross ist, gibt es den sogenannten übergesetzlichen Notstand. Notstand wie Katastrophe, Krieg, Überschwemmung. Notstand wie Notwehr. Welches Notrecht kann eigentlich der Bundesrat anwenden, wenn er durch ihr unfähiges Management in Schieflage geratene Banken retten will, weil er meint, er müsse?

Zunächst einmal steht vor dem Notrecht in solchen Fällen das extra dafür verabschiedete Gesetz zur «Too big to fail»-Problematik. Zunächst einmal steht vor dem Notrecht das von der FINMA, der Bankenaufsicht verlangte und überprüfte Prozedere für systemrelevante Banken, wie die in einem Notfall ordnungsgemäss abgewickelt werden können.

Da mussten sogenannte Testamente eingereicht werden, die einen solchen völlig normalen Vorgang vorzeichnen. Denn es gibt das Grundgesetz im Kapitalismus, dass ein privates Unternehmen pleite gehen kann und muss, wenn sein Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert.

Wenn also beispielsweise eine Bank über 3 Milliarden Miese macht, dafür aber über 30 Milliarden Boni ausschüttet, dann ist sie krank und liegt komatös auf dem Sterbebett. Ist aber, wir sprechen natürlich von der Credit Suisse, keinesfalls ein Notfall. Weil das jahrelang so zu und her ging.

Chronisch Kranke werden normalerweise nicht auf der Notfallstation behandelt. Aber das mag der Bundesrat anders sehen. Weil seine Mitglieder von finanztechnischen Feinheiten keine Ahnung haben, bemerkte die Landesregierung erst vergangenen Donnerstag, dass bei der CS die Hütte brennt.

Da muss die Feuerwehr kommen, mit Alarmsirene und Notrecht. Aber welches Notrecht eigentlich, gibt es denn in der Schweiz eigentlich Notrechtparagrafen? Jein.

Es gibt zwei Artikel in der Bundesverfassung, die dafür hingeprügelt werden. Artikel 184 ist der eine. Der trägt zwar den Titel «Beziehungen zum Ausland», hat aber den Absatz 3: «Wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert, kann der Bundesrat Verordnungen und Verfügungen erlassen. Verordnungen sind zu befristen

Was hat das mit einer Bank in Schieflage zu tun? Gemach, es gibt noch Artikel 185. Absatz 2 und 3 lauten:

«Er trifft Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit.
Er kann, unmittelbar gestützt auf diesen Artikel, Verordnungen und Verfügungen erlassen, um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen. Solche Verordnungen sind zu befristen.»

Jetzt kommt der Witz, der keiner ist: gestützt auf diese beiden Artikel der Bundesverfassung hantiert der Bundesrat mit Notrecht bei Banken. Das tat er mehrfach bei der Rettung der UBS vor dem Abgrund, das tut er inzwischen schon wieder bei der Übung, die CS zum Schnäppchenpreis an die UBS zu verticken. Da fragt sich der juristische Laie, was das Problem der CS mit der «Wahrung der Interessen des Landes» oder mit der inneren Sicherheit oder «mit unmittelbar drohenden schweren Störungen» zu tun habe.

Ha ha, sagt da der Bundesrat, und willige Staatsrechtler, zufälligerweise als Professoren vom Staat angestellt, stimmen ihm zu: ein Zusammenbruch der CS könnte die Interessen des Landes im Ausland beschädigen, ein möglicherweise zusammenbrechender Zahlungsverkehr zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führen.

Wenn der Laie nachfragt, ob das wirklich ernstgemeint ist, dann ist die Antwort, professoral eingekleidet oder einfach mit der besserwisserischen Attitüde, die man als Regierungsverantwortlicher haben muss: ja.

Eine solche Umdeutung geht eigentlich überhaupt nicht, müsste völlig ausgeschlossen sein, wenn gesunder Menschenverstand noch eine Rolle spielte. Wie sagt ein Anwalt, der normalerweise nicht zu kräftigen Ausdrücken neigt:

«Ein Megamurks von Beamtenärschen ohne dogmatische Kenntnisse.»

Die Herleitung der Anwendung von Notrecht ist ein Megamurks. Die Legitimation des Notrechts ist ein Megamurks. Was unter Anwendung von Notrecht stattfindet, ist – Überraschung – auch ein Megamurks.

Eigentlich müsste das Notrecht gegen den Bundesrat angewendet werden. Denn mit der Enteignung von Anteilseignern, dem Kotau vor der UBS, der Nichtberücksichtigung von alternativen Rettungsplänen schädigt der Bundesrat das Image der Schweiz und wahrt keinesfalls ihre Interessen. Eine Störung der öffentlichen Ordnung könnte höchstens durch diese Handlungen des Bundesrats eintreten.

Ist das absurd oder nicht? Unter Verwendung eines für solche Fälle gar nicht vorgesehenen Notrechts schafft der Bundesrat einen Notfall, den er eigentlich verhindern will. So geht verantwortungslose Regierungspolitik als Antwort auf verantwortungslose Bankführung.

Hört damit das Gemurkse auf? Nicht wirklich. Die grossen Medien, also Tamedia, CH Media und Ringier, ebenfalls die NZZ, haben in gewählten Worten hin und her gerudert. Einige Professoren sagen dies zu dieser Anwendung des Notrechts. Andere sagen das. Und letztlich gilt doch die Macht des Faktischen; ist nunmal so beschlossen, war wohl nicht anders möglich.

Was sich genau abspielte, das wird inzwischen aus der «Financial Times» abgeschrieben, weil die Schweizer Wirtschaftsmedien nicht mehr in der Lage sind, selber zu recherchieren. Dass der Abschreiber von 16 Milliarden Franken Additional Tier 1 auf null eine heikle Sache sein könnte: um das zu schreiben, muss man zuerst einmal kapiert haben, worum es sich hier genau handelt.

Und da der durchschnittliche Wirtschaftsjourni schon bei der banalen Frage zögert, ob das Eigenkapital zu den Aktiven oder Passiven gehört, nimmt er hier am liebsten den Telefonjoker oder wartet, dass auch das von der FT erklärt wird. Als die sofort von einem «Aufschrei» schrieb, trauten sich Schweizer Journis halb aus der Deckung, nachdem sie dieses Detail vorher schlichtweg überlesen hatten.

Es ist leider so: Bundesrat? Schwach. Nationalbank? Oberschwach. FINMA? Sackschwach. Medien: peinlich. UBS: clever.