Wumms: Hansi Voigt

Amnesie? Alzheimer? Muss man sich Sorgen machen?

Die Hintergründe einer Hetzkampagne gegen die Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger wurden aufgedeckt. In einem Chat brüteten Jolanda Spiess-Hegglin und Gesinnungsgenossinnen darüber, wie man die Buchpublikation über die Zuger Landammannfeier verhindern könne. Und die Autorin «zum Auswandern» zwingen.

Eine Schmierenkampagne von der grossen Kämpferin gegen Schmiere, Hetze und Terror im Internet. Die Dame ist charakterlich wirklich nicht für diese Aufgabe geeignet.

Immer an Bord ist seit Langem Hansi Voigt; inzwischen sogar Präsident des Vereins «Netzcourage» (nachdem alle seine Vorgängerinnen das Weite suchten).

In den Veröffentlichungen unter dem hübschen Namen «#hateleaks» werden auch Beiträge von Voigt zitiert. Der hat schon in der Vergangenheit vollmundig ausgeteilt und beispielsweise Gegner der Subventionsmilliarde für Verlegerclans als «Freunde des Faschismus» beschimpft. Um das dann kleinlaut zurückzunehmen, als ihm Gegenwind um die Ohren pfiff.

Nun keilt er wieder aus:

Dokumentierte Zitate von ihm, aber das seien «Free-Style-Lügen», plus: «Ernste Frage: ist das alles frei erfunden

Muss man sich nun sorgen um Voigt machen? Gedächtnisverlust? Erinnert sich nicht mehr an Sachen, die er schriftlich hinterlassen hat? Ist so jemand als Chef des Subventionsgrabs «Bajour» tragbar? Oder möchte er auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren?

ZACKBUM hat ihm besorgt die Gelegenheit zur Stellungnahmen gegeben. Wir wagen die Prognose: er wird verstockt bleiben und nicht reagieren. Denn im Austeilen ist er gross, im Einstecken oder Hinstehen ganz, ganz klein.

Ist der «Spiegel» die neue «Bunte»?

Als die «Bunte» People-Magazin wurde, war das noch originell.

Ein merkwürdiger Name muss nicht bedeuten, dass das Blatt erfolglos sei. Die «Bunte Illustrierte» (aus Zeiten, als bunt Gedrucktes noch wow war) ist nach wie vor eines der erfolgreichsten Magazine Deutschlands. Trotz Auflagenrückgang um über 50 Prozent seit 1998 verkauft die «Bunte» immer noch über 320’000 Exemplare.

Ihre Stärke ist Klatsch und Tratsch, aber auf durchaus höherem Niveau. Mit «Bunte» und «Focus», an dessen Erfolg zunächst niemand glaubte, ist dem Burda-Verlag ein erfolgreiches Duo gelungen, das jahrelang vom Ehepaar Markwort/Riekel geführt wurde.

Eine echte Konkurrenz für «Stern» und «Spiegel», die beiden Bertelsmann-Blätter. Der «Stern» verkauft noch 314’000 Exemplare, ein Minus von 71,4 Prozent seit 1998. Der «Spiegel» hält sich vergleichsweise gut mit etwas über 700’000 verkauften Exemplaren, ein Rückgang von lediglich 33,5 Prozent seit 1998.

Während aber «Bunte» und «Focus» von den ganz grossen Skandalen verschont blieben, machte sich der «Stern» mit den «Hitler-Tagebüchern» im Jahr 1983 unsterblich lächerlich. Hinter dem Rücken der Redaktion war die Chefetage auf eher billige Fälschungen eines Konrad Kujau reingefallen. So hatte der bei einem Tagebuch gerade kein A in Frakturschrift zur Hand und ersetzte es kurzerhand durch ein F.

Wer den Schaden hat, brauchte für den Spott nicht zu sorgen, zum Beispiel für die Frage, ob das nicht die Tagebücher von Fritzli Hitler seien.

Der «Spiegel» hat sich bis heute nicht vom Fall Relotius erholt. Der mit Preisen überschüttete Star-Schreiber, dem ein Scoop nach dem anderen gelungen sein sollte, der Reportagen möglich machte, an denen andere scheiterten, musste schliesslich einräumen, dass er das Meiste erfunden, gefälscht, geflunkert, geschönt hatte. Weil er aber das Narrativ der Redaktion bediente, die sich immer mehr darauf verlegte, Thesen-Journalismus zu betreiben, die sogar im Grössenwahn ernsthaft ankündigte, Donald Trump »wegschreiben» zu wollen, kam er lange Zeit damit durch.

Edelfeder Ullrich Fichtner musste seine ganze Schreibkraft aufwenden, um diesen Skandal schönzuschreiben, der ihn die schon auf sicher geglaubte Stelle des Chefredaktors kostete. Wie an einem Mantra klammerte sich der «Spiegel» an der Aussage seines Gründers Rudolf Augstein fest, «schreiben, was ist».

Dabei ist das sowieso nicht möglich, weil Beschreiben immer eine der möglichen Perspektiven auf die Wirklichkeit eröffnet. Beim «Spiegel» wurde das immer mehr zu «schreiben, was sein soll», oder gar «herbeischreiben, wie es sein sollte». Die Wahl Trumps war für den «Spiegel» schlichtweg «Das Ende der Welt», nur notdürftig abfedert mit der Unterzeile «wie wir sie kennen». Der «Spiegel» kannte sich dann selbst nicht mehr, und seither eiert er in einer Art herum, die beelendet.

Noch schlimmer ist aber, dass sich der «Spiegel» in die Gefilde des Boulevards, des Promi-Schnickschnacks begibt. Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Serie undenkbar gewesen. Der «Spiegel» denunzierte den deutschen Comedian Luke Mockridge als mutmasslichen Vergewaltiger. Die Story basierte lediglich auf den Aussagen dessen geschiedener Frau. Der Komiker überlebte diesen Rufmord nur knapp, der «Spiegel» wurde gerichtlich gezwungen, grosse Teile seiner Behauptungen zurückzunehmen.

Es folgte eine «Enthüllung» über den «Bild»-Chef Julian Reichelt. Dem schloss sich eine Breitseite gegen Mathias Döpfner an, den Chef des Springer-Verlags. Der auf billigen Medienhype angelegte «Enthüllungsroman» des PR-Genies Benjamin Stuckrad-Barre war dem «Spiegel» eine Titelstory wert.

Dann gab das Nachrichtenmagazin seiner Ex-Mitarbeiterin Anushka Roshani ungeprüft die Möglichkeit, einen Rufmord zu begehen, ihren ehemaligen «Magazin»-Chef als üblen Mobber und sexistischen Quälgeist zu beschimpfen, sich über mangelhaften Schutz des Tamedia-Verlags zu beschweren. Die Rache einer Frau, die es selbst mit Mobbing und Denunziationen nicht geschafft hatte, ihren Chef vom Sessel zu lupfen, den sie selbst gerne erklettert hätte. Stattdessen wurde sie gefeuert, der «Spiegel» war nicht in der Lage, dieses offenkundige Motiv für eine Abrechnung zu durchschauen.

Diverse Prozesse laufen. Aktuell ist der deutsche Schauspieler Til Schweiger dran; wie immer gespeist aus anonymen Quellen wird ihm ein gröberes Alkoholproblem vorgeworfen. Und bereits wird ein Drei-Sterne-Koch auf die Rampe geschoben, der sich in seiner Küche ungebührlich benommen haben soll.

Das alles bedient das Narrativ von toxischer Männlichkeit, von Frauendiskriminierung im Nachhall der «#me too»-Bewegung, deren erste Exponentin später selbst sexueller Übergriffe beschuldigt wurde.

Nicht nur ältere «Spiegel»-Mitarbeiter sind sich einig: das wäre in früheren Zeiten, unter dem letzten beeindruckenden Chefredaktor Stefan Aust nicht möglich gewesen. Inzwischen gilt:

Wenn Würstchen an die Macht kommen, wird der Senf rationiert.

Statt beeindruckender Enthüllungen wie früher, Stichwort Neue Heimat, Stichwort Parteispenden, folgt nun eine billige Fertigmacher-Story ad personam nach der anderen. Aus Schweizer Sicht ist der Fall Roshani besonders peinlich. Denn spätestens seit dem akkurat recherchierten Buch von Roger Schawinski ist klar, was auch ZACKBUM als eines der ganz wenigen Organe schon von Anfang an kritisierte: Canonica ist hier nicht der Täter, sondern das Opfer, und die Medien machten sich allesamt zu willigen Helfershelfern einer Frau auf dem Rachetrip. Sie übernahmen ungeprüft ihre Behauptungen, schmückten sie sogar mit weiteren, erfundenen anonymen Aussagen aus, schwiegen dann verkniffen, als sich immer mehr offenkundige Widersprüchlichkeiten und gar grobe Erfindungen herausstellten.

Besonders peinlich dabei das Verhalten der «Magazin»-Redaktion, eine Versammlung von Gutmenschen, darunter der Lebensgefährte der Kampffeministin Franziska Schutzbach, die jahrelang mit höchster Sensibilität Missbrauch und alles, was gegen Gutmenschentum verstiess, aufs schärfste verurteilten. Aber in eigener Sache Zeugnis abzulegen, Zivilcourage zu beweisen, dazu Stellung zu nehmen, dass sie von Roshani als Zeugen für angeblich öffentliche Ausfälligkeiten von Canonica aufgeführt wurden – da verordneten sie sich feiges Schweigen, tiefer als die Omertà der Mafia.

Aber all das wird unterboten vom Niedergang des «Spiegel», der nicht einmal mehr schreibt, was sein soll. Sondern sogar, was gar nicht ist.

 

SwissMediaForum: Gedöns

Wenn Medien über sich sprechen, wird’s peinlich.

Wer sich selbst so anpreist und auch fotografisch Mut zur Hässlichkeit bekundet, gibt klar zu erkennen: hier stellen sich für einmal Medien in den Mittelpunkt. Was kein schöner Anblick ist.

Dabei werden in Luzern auch heisse Themen angefasst:

Das hier ist zum Beispiel die Diskussionsrunde zum affenheissen Thema, ob die Medienbranche ein strukturelles Sexismusproblem habe. Mit grosser Mühe wurden drei Diskussionspartner zusammengekratzt, die sich eigentlich nur durch ihren Mut qualifizierten, hier überhaupt aufzutreten; es habe viele Absagen gehagelt, stöhnten die Organisatoren.

Überhaupt ist das Forum dieses Jahr gut für schräge Auftritte. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wollte originell sein (und sollte ihren Redenschreiber feuern). Die Medien seien die «Wachhunde der Demokratie» sagte sie launig, weil derjenige, der ihr diesen Quatsch aufschrieb, offensichtlich gegoogelt hat, was denn «watchdog» auf Deutsch heisst.

Aber damit nicht genug, wenn schon eine Metapher, dann muss sie gleich zu Tode gepeitscht werden. Es gäbe also «den Kläffer, den Wadenbeisser und den Kettenhund». Gegen den Wadenbeisser habe sich der Bundesrat Beinschoner zugelegt. Endlich einmal konnten sich die versammelten Medienschaffenden nicht über sich selbst, sondern fremdschämen.

Aber dann kam noch der Tiefpunkt im Höhepunkt, die sogenannte Elefantenrunde am Schluss der Veranstaltung. Anwesend waren Felix Graf (CEO NZZ), Michael Wanner (Neu-CEO CH Media), Nathalie Wappler (SRF) und Pietro Supino (Tx Group – oder wie das Teil zurzeit gerade heisst).

Dann wurde es wirklich richtig peinlich. Wie’s halt so ist, wenn man zuschauen muss, wie sich erwachsene Menschen auf offener Bühne abknutschen. Supino machte ein Kompliment an die Moderatorin, bei Wappler täuschte er einen Wangenkuss für ihre Arbeit bei der SRG an. Wappler schmachtete Graf an, mit dem sie «inspirierende Gespräche» geführt habe. Graf umarmte Wanner für seinen frischen Ansatz, und Wanner schliesslich versuchte, eine Zehe von Supino zu lutschen, den er für seine strategische Weitsicht lobte. Worin sich die zum Beispiel im Skandalfall Roshani/Canonica geäussert hatte, was wohl der degradierte Chefredaktor, Bauernopfer Rutishauser davon hält, ist hingegen nicht überliefert.

Eine Medienbranche, die bis zum Hals in Problemen steckt, ein Tx-Konzern, der seine Mediensparte zu Tode hungert. Ein CH-Media-Konzern, der von einem Familienclan beherrscht wird, wo der richtige Nachname wichtiger ist als Kompetenz. Ein Ringier-Verlag, der erst gar nicht an dieser sogenannten Elefantenrunde teilnimmt, was aber niemandem auffällt. Oder vermissten wir das Stichwort Resilienz? Und schliesslich die NZZ, die den CEO entsandte, weil der eigentliche Big Boss für solchen Pipifax keine Zeit hat. Dann gäbe es noch das Haus Lebrument, und Christoph Blocher soll scheint’s auch so ein kleines Zeitungsimperium haben.

Vielleicht hätte auch Roger Schawinski, der sich intensiv mit dem Skandal Roshani/Canonica auseinandergesetzt hat, Interessantes zum Thema Medien beizutragen gehabt. Aber eigentlich war es so: wer sich ernsthaft mit Medien befasst, wie auch ZACKBUM, hatte Besseres zu tun, als sich diese gegenseitigen Beweihräucherungen und das Werfen mit Wattekugeln anzuschauen.

Wie man’s nicht probieren sollte

Bud. Budweiser. Inbegriff eines US-Biers. Mit fataler Werbung. Wie bei der SI.

Das ging schwer in die Dose. Der Riesenkonzern Anheuser-Busch vertreibt neben vielen anderen Marken auch Budweiser. Das Bud gehört zu den traditionellen Marken und wird gerne gesoffen. Auch in der Light-Version.

Nun wollte der Konzern möglichst woke sein – und versicherte sich der Werbedienste der/die/des Transgender-Influencers Dylan Mulvaney. Mit durchschlagendem Erfolg: der Umsatz des Biers sank innert Wochenfrist um 26 Prozent. Denn Bier ist nun doch weiterhin eher Männersache, und auch der moderne männliche Biertrinker ist nicht gerade davon angetan, sein Gesöff von einer Transgender-Person angepriesen zu bekommen.

Das kann man als typischen Ausdruck von Diskriminierung, Phobie, Ausgrenzung, Ablehnung und allem Furchtbaren sehen. Aber der Markt (männlich!) ist eben unerbittlich.

Das leitet glatt zur ähnlich verunglückten Werbekampagne der «Schweizer Illustrierte» über.

Hier sitzt eine Frau barfuss statt auf dem bequemen Sessel auf dem Boden und schaut begeistert auf eine Schwingerhose. Echter Slapstick.

Frank Bodin von Bodin Consulting, dem neusten Namen seiner gelegentlich abröchelnden Werbebuden, wütet weiter im Ringier-Verlag, nachdem er schon der «Blick»-Familie ein Klötzchen-Design mit Regenrohr im Logo verpasste.

Auch diese Variante ist interpretationsbedürftig. Da sitzt ein Mann in spartanischem Umfeld, und statt das Glas Wasser zu kippen (wohl der kulinarische Höhepunkt auf dem Bild, oder ist der Strauss auf dem Nebentisch essbar?), glotzt er in eine Kochmütze, auf der «Schweizer Illustrierte» steht. Hä?

Auch nicht leichter verständlich. Ein wuschelköpfiger Jugendlicher (Musiker?) schaut schräg über ein Mini-Piano den Betrachter an. Neben sich ein Holzstoss und ein Blechtisch. Soll das ein versteckter Hinweis auf das kärgliche Leben in der Musikwelt sein?

Das hier verschliesst sich nun definitiv jeglicher Erklärung. Eine Frau lehnt sich in unbequemer Stellung gegen die Kante einer Bank. Links sieht man noch angeschnitten einen typischen Abfalleimer, der aber für diese Kampagne leider nicht verwendet wurde. Was sie in der Hand hält, und was daran sie näher an die «Prominenten» heranführen soll, ein Geheimnis.

Es gibt aber noch mehr Rätsel.

Das hier ist das Foto des kompetenten Teams, das diese Werbekampagne verbrochen, bzw. umgesetzt hat. Nur: «Frank Bodin fehlt auf dem Bild», macht ein Hinweis deutlich. Da fragt man sich natürlich, ob der Verantwortliche für «Konzept und Idee» dann doch kalte Füsse bekam, sich mit Konterfei in der Nähe dieses Schwachsinns zu zeigen.

Denn merke; wer eine Schwingerhose, eine Kochmütze oder ein Mini-Piano in der Hand hält und gebannt draufstarrt, ist damit weder Spitzenköchen noch Musikstars noch Prominenten in irgend einer Form näher. Nicht mal nahe. Abgesehen davon, dass die SI scheint’s ein Printprodukt ist, in dem man lesen und blättern kann. Beides ist bei diesen abgebildeten Gerätschaften eher schwierig bis unmöglich.

Man muss sich wieder einmal fragen, wieso sich ansonsten zurechnungsfähige Menschen so einen Blödsinn aufschwatzen lassen und dann auch noch so betexten: «Auf den Sujets sieht man eine Leserin oder einen Leser beim Schmökern in der SI in einer Alltagssituation: zu Hause, unterwegs, in einem Restaurant, beim Zurechtmachen für den Ausgang. Das Magazin selbst wird im Bild als Symbol für die Lebenswelten der Persönlichkeiten dargestellt: So ist die SI mal eine Schwingerhose, – weil näher beim König –, mal eine Filmklappe – weil näher bei den Filmstars – oder eine Kochmütze – weil näher bei den Spitzenköchen.»

Wenn das diesseits von 0,8 Promille verfasst wurde, ist dem Autor nicht mehr zu helfen.

Dagegen ist so eine Werbung geradezu genial:

Kuschelecke SRF

So geht das heute: Kadermann weg.

Patrizia Laeri, gierig nach medialer Aufmerksamkeit um jeden Preis, kramte aus ihren Erinnerungen einen Vorfall hervor, der sich vor über 20 Jahren zugetragen haben soll. Als Praktikantin sei sie bei SRF von einem Vorgesetzten bedrängt worden, der sie in einen Nebenraum lockte und zu küssen versucht habe. Sie habe sich zuerst verbal, dann auch körperlich dagegen gewehrt.

Erst die jüngsten Enthüllungen solcher Übergriffe habe ihr die Kraft gegeben, über diesen längst vergangenen, aber nie verarbeiteten Vorfall zu sprechen. Mit dieser larmoyanten Geschichte schaffte sie es in die Spalten des «Blick» und auch seriöserer Zeitungen.

Verschreckt versprach SRF sofort eine eingehende Untersuchung des Vorfalls. Aber blöd gelaufen, trotz oder wegen der verflossenen Zeit konnte dem SRG-Mitarbeiter kein Fehlverhalten nachgewiesen werden – nicht zuletzt deswegen, weil sich der angebliche Vorfall nicht in Arbeitsräumen abgespielt haben soll – und Laeri sich in Widersprüche bei ihren Aussagen verwickelte.

Das war eine kalte Dusche, lahm kündigte Laeri an, die Untersuchung juristisch überprüfen zu lassen, da seien sicherlich gravierende Fehler passiert. Seither herrscht von ihrer Seite peinliches Schweigen.

Aber wie meist in solchen Fällen gab es Trittbrettfahrerinnen, die sich ebenfalls über diesen SRG-Mitarbeiter beschwerten. Wohlgemerkt nicht wegen sexuellen Übergriffen, sondern weil er «zu wenig wertschätzend» als Chef gewesen sei. Eine SRG-Schneeflocke habe sich verletzt gefühlt, weil ihr der Kadermann das Buch «Generation Beleidigt» zur Lektüre empfohlen hatte. Nomen est omen. Ausserdem sei sein Diskussionstil «dominant» gewesen.

All diese Vorwürfe stehen nicht nur ernsthaft im internen Untersuchungsbericht. Aus ihm geht auch hervor, dass sich alle Beschwerdeführerinnen direkt an die Chefredaktion wandten, ohne mit dem Angeschuldigten das Gespräch zu suchen. Also typisches Denunziantenverhalten.

In einem zurechnungsfähigen Unternehmen würde die Umsetzung einer «Charta der Zusammenarbeit in der SRG» bedeuten, dass diese Denunziantinnen abgemahnt worden wären, auch die Androhung der Kündigung wäre eine adäquate Reaktion gewesen.

Stattdessen hat die SRG das Arbeitsverhältnis mit dem Kadernmann «im gegenseitigen Einverständnis» aufgelöst. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Eine mediengeile Ex-TV-Frau, die gerade Geld für ihr ihr Start-up einsammelt, reitet auf der abebbenden «me too»-Welle und behauptet einen längst verjährten und Jahrzehnte zurückliegenden Kussversuch. Die Untersuchung ergibt: nichts dran. Aber auf diesen Zug springen andere auf und lästern ebenfalls ab.

Verletzung durch Buchempfehlung, dominanter Diskussionsstil – das reicht heutzutage, um einen kompetenten, wichtigen Mitarbeiter rauszukübeln. Während die Heckenschützen bleiben dürfen. Unsäglich.

Hasse mit Aufgabe

Viele fragen sich, was Kerstin Hasse eigentlich in der Chefredaktion zu suchen hat.

«Die Journalistin amtete zwei Jahre als Präsidentin der Medienfrauen Schweiz, wo sie sich für mehr Chancengleichheit in der Medienbranche einsetzte.» So preist Tamedia das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse an.

Zuvor war die «Chefredaktorin Digital» in verantwortungsvoller Stelle bei der «Annabelle» tätig. Zuvor beim «Bündner Tagblatt». Bislang meldete sich Hasse am liebsten um den 8. März herum zu Wort. Internationaler Tag der Frau, you know. Das letzte Mal behauptete sie: «Wir müssen über Geld reden». Mehr Lohntransparenz, folgt dem Beispiel von Laeri, die ihren Lohn offengelegt habe, trompetete Hasse: «Wer es ernst meint mit der Gleichberechtigung, muss das Schweigen über Geld brechen

Toller Ansatz, nur: über ihren eigenen Lohn schwieg sich Hasse aus, offenbar meint sie es doch nicht ernst mit der Gleichberechtigung. Sonst könnte man sich fragen, wieso sie so viel für süsses Nichtstun verdient. Denn von der «Chefredaktorin Digital», die mit vollmundigen Ankündigungen angetreten war, ist seither nichts zu hören oder zu sehen.

Aber nun hat sie eine Aufgabe gefunden. Sie fordert nicht mehr nur eine «komplette, ehrliche und offene Gleichstellung», was immer das sein mag. Sie fällt nicht nur durch Selfies im goldumkrusteten Spiegel des Luxushotels «Trois Rois» auf.

Nein, nun geht’s voran mit Digital:

Hasse darf den neuen Newsroom von Tamedia, Pardon «Tages-Anzeiger» zeigen. Im Bewegtbild. Mit Kameraschwenks. Mit spontan-peinlichen Interviews. Mit der eigenen Chefredaktorin! Auch ein Mann kommt vor. Dazu Einblicke in die Käfighaltung der Journalisten, wo der eigene Bildschirm nur durch wenige Zentimeter vom Bildschirm des Nachbarn links oder rechts getrennt ist. Wo es eine niedliche Telefonkabine gibt, falls jemand mal tatsächlich das Bedürfnis nach einem vertraulichen Gespräch haben sollte, was im Journalismus aber kaum der Fall ist.

Und dann, Schlussbrüller, gibt es noch eine lauschige Sitzecke, wo man Mühle spielen kann. Wozu aber auch, wenn man schon in dieser News-Mühle steckt, wo die vornehmste Aufgabe der Fachkoryphäen darin besteht, aus Artikeln der «Süddeutschen Zeitung» die ß rauszuoperieren.

ZACKBUM ist Kerstin Hasse wirklich dankbar. Wir konnten uns vorher unter der Tätigkeit eines Chefredaktors Digital (generisches Maskulin, you know) eigentlich nichts vorstellen. Diese Wissenslücke hat Hasse endlich gefüllt. Daher lehnen wir uns wie sie zurück und warten auf ihr nächstes Wort zum Frauenkampftag. Im März 2024.

 

Wunder gibt es immer wieder

Umsatz: 180’000. Bewertung: 16 Millionen. Wow.

Feminine Finanzen ticken anders. Dafür hat ZACKBUM endlich den Beweis gefunden. Denn die sogenannte «Finanzplattform» ElleXX (nein, jeglicher Scherz über den Namen wäre nur Ausdruck üblen Machotums) will durch Crowdfunding bis zu 3 Millionen Franken einnehmen.

Dafür werden Aktien zu einem Stückpreis von 136 Franken verkauft, wobei hier «nimm zwei» gilt, eine Aktie alleine gibt es nicht. Hochgerechnet auf die gesamten 117’640 XX-Aktien ergibt sich daraus ein schwindelerregender Wert von 16 Millionen Franken.

Laut einem Gutachten seien die diesem Wert zugrundeliegenden Finanzzahlen «ambitioniert», die Bewertung liege «im oberen Bereich» und sei «ehrgeizig». Alles Finanz-Buzzwords für «uiui».

Allerdings, denn während es letztes Jahr einen doch eher schlappen Umsatz von 180’000 Franken gab, soll der bereits dieses Jahr auf eine Million hochschnellen. Plus mehr als 500 Prozent. Das ist aber noch nix, 2026 seien es dann bereits 26,3 Millionen. Das wären dann knapp 15’000 Prozent des letztjährigen Umsatzes. Weiter hochgerechnet würde ElleXX noch in diesem Jahrhundert die Milliardengrenze knacken.

Die aktuelle Bewertung entspricht dem 88-fachen des letzten gemeldeten Umsatzes. Ob der tatsächlich dieses Jahr auf eine Million steigt, kann nicht beurteilt werden; ElleXX hat keine Quartalszahlen vorgelegt.

Aber auch Frauen sollten rechnen können. Der dem Aktienpreis zugrunde gelegte Firmenwert ist fiktiv. ElleXX ist nur dann 16 Millionen wert, wenn eine Aktie auch wieder für 136 Franken verkauft werden kann. Was allerdings der Marktwert einer Aktie ist oder wäre, ist schwer zu beurteilen. Denn ElleXX ist nicht börsenkotiert, das heisst, es gibt keinen Handelsplatz für die Aktien.

Merke: «ElleXX – wir bereichern Frauen». Das stimmt; die Frage ist nur, welche und wie viele …

Praktisch, dass Patrizia Laeri gerade mal wieder mit Foto auf dem Boulevard auftaucht. Der von ihr der sexuellen Belästigung beschuldigte Kader-Mitarbeiter von SRF hat sein Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst. Kleiner Schönheitsfehler dabei: nicht wegen ihren Anschuldigungen, die liessen sich nicht zuletzt wegen widersprüchlichen Aussagen von Laeri nicht erhärten. Sie hatte angekündigt, dieses Untersuchungsergebnis rechtlich prüfen zu lassen, da seien sicher Fehler passiert. Seither ist Schweigen im Walde.

Wieso braucht denn das neuste Projekt der nicht gerade von Glück verfolgten Laeri (die wohl einzige Finanz-Chefredaktorin der Schweiz, die ihr Amt gar nicht antrat, weil die Firma vorher pleite gegangen war) frisches Geld? Ganz einfach, nachdem die Gründerinnen etwas Geld auf den Tisch legten und dann erste Investoren nachschossen, ist die Burn-Rate weiterhin hoch. Also das Projekt verbrennt viel mehr Geld als es einnimmt.

Das ist die Realität. Alles andere sind feuchte Träume.

Stoppt Kummer!

Der Platz in der «Weltwoche» ist zu wertvoll dafür.

Immer, wenn der Autor Tom Kummer heisst, muss überblättert werden. Inzwischen fehlt sogar jeglicher Warnhinweis über seinen Storys, dass niemand garantieren kann, welcher Teil real, welcher erfunden und welcher schlichtweg geschwindelt ist.

Die aktuelle Ausgabe ist leider ein Negativ-Beispiel einer Negativ-Auswahl. Lobend muss allerdings vorangestellt werden, dass die WeWo und ihr Chefredaktor Roger Köppel die einzigen ZACKBUM bekannten Institutionen sind, die auch in den eigenen Spalten hemmungslose Kritik am Blatt und am Chefredaktor zulassen. Man stelle sich das einmal bei Tamedia, CH Media oder der NZZ vor, vom «Blick» ganz zu schweigen.

Aber nach dem Kompliment zur Dresche. Diesmal fängt es schon bei der Cover-Story an. Sahra Wagenknecht möchte «Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle». Das ist wunderbar, Freude und Eierkuchen hat sie vergessen. Womit wir bereits bis Seite 14 überklettert hätten, ohne dass zuvor etwas aufgehalten hätte. Dann kann man «Meine Vision für Deutschland» überblättern, denn so schön (und bekannt) die auch sein mag: Wagenknecht wird nie die Chance bekommen, sie zu realisieren.

Dann weitere Seiten Erwartbares, daher Langweiliges, inklusive der unverwüstliche Václav Klaus, immer wieder gerne von Köppel angehimmelt, der sich in seinem Editorial an einem ganz Grossen versucht, nebenbei. Aber einen Überflieger über Friedrich Hegel zu machen, das ist nicht jedem gegeben. Immerhin, auf Seite 29 mokiert sich Kurt W. Zimmermann über das Phänomen, dass früher streng anti-amerikanische Linksjournalisten mit Vorliebe für China inzwischen zu Ami-Bewunderern und China-Kritikern denaturiert sind. Oder schlichtweg schon wieder zeigen, dass sie weder links noch rechts, sondern einfach haltlos opportunistisch sind.

Informationen über Mauersegler, mit Verlaub, gehen dem Leser genauso an einem gewissen Körperteil vorbei wie die unleserlichen Kolumnen von Anabel Schunke und Tamara Wern, die anscheinend Wernli heisst, aber beim schnellen Umblättern kann ich den Namen nie ganz lesen.

Ein Artikel über das Universalgenie Ziryab, immerhin, bereichernd. Wir sind bereits auf Seite 49, wo uns Michael Bahnerth mit der x-mal aufgewärmten Story über John Wayne angähnt. Dann darf Tom Kummer sogar zweimal, seine Reportage muss überblättert werden, aber seine Selbstbeweihräucherung im Feuilleton ist unerträglich. Denn die Edition Text + Kritik widmet sich dem literarischen Journalismus, und da kommt bedauerlicherweise auch Kummer vor.

Der kriegt sich kaum mehr ein und verwendet seine halbe Rezension darauf, den Leser mit seinem eigenen Werdegang zu langweilen. Völlig unerträglich wird es, wenn er schreibt, zum «literarischen Journalismus» gehörten auch seine «inszenierten Interviews». Mit seinen Fake-Interviews kippte er immerhin die Chefredaktion des Magazins der Süddeutschen aus dem Sattel, anschliessend wurde er zum Wiederholungstäter und wurde sogar von Köppel rausgeschmissen. Der muss aber ein erhöhtes Resozialisierungsbedürfnis haben, denn Kummer darf inzwischen wieder – bis zum nächsten Rausschmiss.

In diese Liga gehört auch das inzwischen regelmässig irrlichternde Pseudonym Pascal Morché, nebenbei. Was Häfligers Klatsch-Doppelseite, wo regelmässig Grinsbacken mit alkoholfreien oder alkoholhaltigen Getränken in die Kamera glotzen, in der WeWo zu suchen hat, erschliesst sich nicht, ebenso wenig bei den Kolumnen von David Schär oder Diana Schiftan. Da ZACKBUM kein Fan von Kreuzworträtseln ist, wär’s das schon.

Zeit zum Aufräumen, Frühjahrsputz, Kampf gegen die Langweile, Schubumkehr, wider das Erwartbare, das müsste doch, neben guter Laune, die neue Devise der guten, alten «Weltwoche» sein.

 

Dröhnende Stille

Die Medienreaktion auf Schawinskis Buch: wird nicht peinlich geschwiegen, wird peinlich geschrieben.

Roger Schawinski hat fulminant die Skandalgeschichte um eine verschmähte Frau aufgeschrieben. Wer sein Buch «Anuschka und Finn» liest, bekommt eindrücklich vor Augen geführt, wie banal, ärmlich und unappetitlich die ganze Story ist. Eine privilegierte Journalistin sieht das Ende ihrer Arbeitszeit kommen und will noch den einzigen Karrieresprung machen, der ihr möglich erscheint.

Sie will Chefredaktorin des «Magazin» werden, weil sie das Gefühl hat, sie könne das besser als der Amtsinhaber. Also macht sie zwei Dinge. Sie beschwert sich intern über ihn und bewirbt sich auf seine Stelle. Der erste Mobbing-Versuch schlägt fehl, ihre Bewerbung wird abgeschmettert. Daraufhin lässt sie über die Bande spielen, benützt das Beziehungsnetz ihres Mannes, um nochmals ihre Vorwürfe in den Verwaltungsrat von Tx einzubringen.

Zweite Untersuchung, noch gründlicher, gleiches Resultat. An ihren Vorwürfen gegen Finn Canonica ist (fast) nichts dran. Aber nun stellt der Untersuchungsbericht zu Recht fest, dass angesichts der Massivität ihrer Falschanschuldigungen ein weiteres gedeihliches Zusammenarbeiten nicht mehr möglich sei.

Also wird zunächst, unglaublich, der Chefredaktor entsorgt. Aber nach einem kurzen Moment des Triumphs und der Hoffnung, nun doch den Chefsessel besteigen zu dürfen, kommt die kalte Dusche: auch Anuschka Roshani wird gefeuert.

Sie wartet noch die Kündigungsfrist mit Nachzahlung ab, um dann öffentlich im «Spiegel» Rache zu nehmen. Wie peinlich für das Organ, bei dieser klaren Motivlage auf den Bericht reinzufallen und ihn zu publizieren. Noch peinlicher: inzwischen wurden dem ehemaligen Nachrichtenmagazin die weitere Publikation von neun Textstellen im Racheartikel von Roshani untersagt (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Noch peinlicher: bei der Gerichtsverhandlung konnte der «Spiegel» kein einziges der behaupteten «Dokumente» vorlegen, die Roshanis Darstellung stützen sollen. Auch an Zeugenaussagen – ausser Roshani, ihr Mann und eine wegen Fehlverhaltens entlassene Redaktorin ist da nix – mangelt es.

Geht’s noch peinlicher? Oh ja, wenn wir die Medienresonanz auf Schawinskis Buch anschauen. Die Prognose war nicht schwerer als nach der Publikation des Untersuchungsberichts über Uni-Studentinnen. Schweigen oder Verriss.

Tiefes Schweigen bei NZZ und «Blick». Einfach nichts, dabei wird sonst jeder Seufzer im Mediengefüge kolportiert. Aber ein Buch über den wohl grössten aktuellen Medienskandal der Schweiz – nichts. Wie alle Medien Roshani auf den Leim krochen, wie auch in der NZZ und beim «Blick» und anderswo («alles noch viel schlimmer») Zeugenaussagen erfunden wurden, Canonica zum wahren Monster aufgeblasen wurde, jede Behauptung gegen ihn für bare Münze genommen wurde – ein Skandal im Skandal.

Aber Selbstkritik war noch nie die starke Seite der Medien.

Noch schlimmer als das Schweigen der Belämmerten sind die Wortmeldungen. Sie sind überschaubar. Die «SonntagsZeitung» titelt:

Früher hätte man dem Autor oder dem Produzenten einen solchen Titel um die Ohren gehauen und gesagt, dass es vielleicht noch gut wäre, auf den Kern des Buchs einzugehen, nicht auf einen Nebenaspekt. Aber auch das ist noch nicht der Gipfel der Peinlichkeit.

Der besteht darin, dass eigentlich der Autor des Verrisses zusammen mit Michèle Binswanger ein Interview mit Schawinski eingeplant hatte. Nur: das durfte auf Weisung von ganz oben dann nicht erscheinen. So viel zur Unabhängigkeit der Redaktion. Der arme Arthur Rutishauser. Nicht nur degradiert zum SoZ-Chefredaktor; nicht mal hier darf er ungeniert schalten und walten.

Stattdessen verwendet Rico Bandle eine kurze Einleitung auf den Inhalt des Buchs, um dann den ganzen, langen Rest seines Artikels dem Nebenaspekt zu widmen, dass Schawinski beschreibt, wie er sich unglücklich im Verlag des Ehemanns von Roshani engagierte. Was eigentlich nur eine Fussnote im Recherchierstück ist.

Wenn man richtig bösartig sein wollte, und will man das nicht, kann man hinter dem Titel auch eine Spur Antisemitismus vermuten; geht es hier einem Juden wieder mal nur ums Geld?

Auch CH Media bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm und Ehre. Hier ergreift Christian Mensch das Wort: «Lohnt sich die Lektüre?» Er beginnt mit einem Lob: «Roger Schawinski, der nächsten Monat seinen 78. Geburtstag feiert, hat es noch drauf.» Um es dann zu vergiften: «Bei so viel Reflex bleibt die Reflexion leicht auf der Strecke … voyeuristisch durchaus interessant … Möchte man Schawinski ehren, ist «Anuschka und Finn» das helvetische Gegenstück zu «Noch wach?», dem aktuellen Schlüsselroman von Benjamin von Stuckrad-Barre».

Das ist nun der Gipfel der Abgefeimtheit. Schawinskis Werk mit dem Schundroman eines eitlen PR-Genies in eigener Sache zu vergleichen, der selbstverliebt aus dem Nähkästchen plaudert und seine Zeit als Mietschreiber für Springer Revue passieren lässt, das ist unerträglich.

Dann wirft Mensch Schawinski doch tatsächlich vor, dass der im kleinen Schweizer Medienzirkus mit allen Protagonisten per du sei, schlimmer noch: «Zu einer ebenso kritischen Haltung gegenüber Canonica, der Tamedia sowie zu ihrem Verleger Supino kann sich Schawinski nicht durchringen. Verständlich, hat der Zürcher Medienkonzern doch 2001 für 80 Millionen Franken seine Radio- und TV-Sender gekauft.»

Beisshemmung wegen einer über 20 Jahre zurückliegenden Transaktion? Schwacher Angriff, ganz schwacher Angriff. Und noch ein letzter Tritt ans Schienbein: «Den Applaus dafür hat sich der Autor vorab gesichert. Auf dem Klappentext heisst es, das Buch sei ein «Thriller».»

Müsste man einen Klappentext für diese Beckmesserei schreiben, würde der lauten: neidvoller Konzernjournalismus, offenbar hat CH Media nicht verdaut, dass ihre eigene Schmierenberichterstattung über den Roshani-Skandal von Tamedia mit einer erfolgreichen Verfügung beantwortet wurde, dass CH Media sich öffentlich für Fehlberichterstattung über Tx-Boss Supino entschuldigen musste.

In der «Süddeutschen Zeitung» meldet sich deren Schweizer Korrespondentin Isabell Pfaff zu Wort. Sie zitiert zunächst das Landgericht Hamburg: «Laut dem Beschluss, der der SZ vorliegt, darf der Spiegel neun Passagen nicht länger verbreiten.»

Dann hebt auch Pfaff von der Realität ab: «Im Fall Magazin hat Schawinski schon früh Position bezogen.» Wie das? Er habe Auszüge aus dem internen Untersuchungsbericht veröffentlicht. Wie schon zuvor Tamedia selbst, und was soll daran ein Positionsbezug sein? Dann zitiert sie Schawinskis Schlussfolgerung, dass Roshani um jeden Preis die Stelle von Canonica wollte. Um fortzufahren:  «An dieser Stelle muss man festhalten, dass sich die Wahrheit über das, was sich zwischen Roshani und Canonica abgespielt hat, vermutlich durch keinen Untersuchungsbericht, kein Gerichtsverfahren und keinen Zeitungsartikel aufdecken lassen wird.» Aber zumindest lässt sich wohl doch Wahrheit darüber herstellen, was an Roshanis Behauptungen wahr und was unwahr ist; darum geht es nämlich im Buch.

Zurück zu ihm, bekommt Schawinski nun sein Fett ab: «Der Tonfall von Schawinskis Buch wiederum kippt an vielen Stellen ins Frauenfeindliche und in pauschale Medienschelte.» Ins Frauenfeindliche? Unglaublich, dass auch in der SZ das Narrativ durchgeht, dass jede Kritik an weiblichem Verhalten gleich frauenfeindlich sei.

So kritisch sie sich mit ihm auseinandersetzt, so unkritisch gibt Pfaff dann ihren Primeur weiter; es ist ihr gelungen, Roshani am Telefon ein paar Worte zu entlocken: «„Ich habe Canonica in meinem Text nie mit Weinstein gleichgesetzt“, sagt sie». Was natürlich nicht stimmt, in der Einleitung ihrer «Spiegel»-Schmähschrift tut sie genau das. Genauso unkritisch lässt Pfaff die unverschämte Darstellung von Roshani stehen, ihr Versuch, Canonica aus dem Chefsessel zu kippen, «ihre Initiativbewerbung 2020 auf die Position der Chefin beim Magazin» sei «eine Art „Vorwärtsstrategie“ gewesen». Dass diese «Vorwärtsstrategie» von massivem Mobbing seitens Roshani begleitet wurde, kein Wort drüber.

Dann darf Roshani noch sagen: «Mit Schawinski habe sie nicht über den Fall sprechen wollen, weil sie sich von ihm in mehreren Radiosendungen nach Erscheinen des Spiegel-Artikels vorverurteilt fühlte». Sie wählt für ihre Aussagen lieber Pfaff, weil sie zu Recht von der keine kritischen Nachfragen befürchten muss.

Zusammenfassung: Die Medienreaktion auf Schawinskis Buch ist genauso ausgefallen, wie hier prognostiziert wurde. Entweder eisiges Schweigen – oder aber mehr oder minder bösartige Verrisse.

Wobei das dröhnende Schweigen zum eigenen Fehlverhalten, die völlige Unfähigkeit zur Selbstkritik, ja zur Selbstreflexion, an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.

Eigentlich wäre eine Fortsetzung angezeigt. Denn das, was Roshani und «Spiegel» – mitsamt der «Zeit» –vorgelegt haben, wird von der Berichterstattung in den übrigen Medien an Unfähigkeit und mangelnder Professionalität in den Schatten gestellt.

Eine Frau sieht rot

Das grosse Aufräumen in der glücklichen «Blick»-Familie.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. «Blick» und «SonntagsBlick» sind die einzigen beiden Schwesterorgane in der Schweizer Medienlandschaft, die beide 10 Prozent ihrer Leser verloren haben. Das ist weder den Markumständen, noch der Pandemie, noch dem unerforschlichen Ratschlag der Götter geschuldet.

Sondern das Ergebnis einer zum Scheitern verurteilten Strategie einer überforderten Quotenfrau. Ladina Heimgartner meinte, mit dem Wort «Resilienz» plus einigen kampffeministischen Versatzstücken durchzukommen. Dem «Blick» wurde ein völlig verunglücktes Redesign verpasst (neu mit Regenrohr im Logo, das aus Klötzchen zusammengesetzt ist). Schlimmer noch war, dass das Boulevard-Medium kastriert wurde. «Blut, Busen, Büsis», von diesem alten Erfolgsrezept überlebten knapp die Büsis.

Inzwischen berichtet sogar der Tagi boulevardesker als der «Blick», der seinerseits seine Leser mit Gutmenschen-Attitüde, nachgewiesener Staatsnähe und willfährigem Nachplappern der offiziellen Corona-Politik quält.

Da liegt also strukturell einiges im Argen; es bräuchte dringend eine Neujustierung der Strategie, um den dramatische Leser- und Bedeutungsschwund zu stoppen. Im Verlag des Mitbesitzers Springer zeigt das die «Bild»-Zeitung exemplarisch, man müsste nur das Know-how dort abholen und auf Schweizer Gepflogenheiten anpassen. Aber das würde ja strategisches Denken und andere Fähigkeiten voraussetzen, über die Heimgartner nicht verfügt.

Aber sie weiss, wie man versuchen kann, vom eigenen Versagen abzulenken. Also köpfte sie aus heiterem Himmel den Oberchefredaktor Christian Dorer – aus nichtigem Anlass. Denn dessen Vorliebe für eine gewisse Schicht Mitarbeiter war schon seit seinen Zeiten bei CH Media bekannt – und gab niemals Anlass zu Beschwerden, denn er achtete bei seinen Annäherungen immer sorgfältig darauf, seine Machtposition als Vorgesetzter nicht auszunützen.

Er konnte noch nicht einmal als Sündenbock hinhalten, denn er sorgte für eine reibungslose und skandalfreie Umsetzung einer falschen Strategie. Das tat auch Gieri Cavelty in unverbrüchlicher Loyalität zu den linksgrünen Vorlieben im Hause. Er führte den SoBli mit einer Rumpfmannschaft und schwindenden Ressourcen skandalfrei und erlaubte dem Recherchegenie Fabian Eberhard, einen Flop nach dem anderen zu landen, bei dem die Gesinnung stimmte, wenn auch sonst nicht viel. Da Heimgartner anhaltend unfähig ist, neue Strategien zu entwickeln, geht das Köpfen halt weiter.

Nun darf Reza Rafi ans Gerät. Der hingegen ist einschlägig bekannt als Meinungsbüttel, der wunschgemäss Denunziatorisches abliefert, Duftmarke: «Nationalräte der SVP überbieten sich gegenseitig mit Trychler-Huldigungen. Der grösste Fan ist und bleibt indes Finanzminister Ueli Maurer.»

Von ihm kann man mit Fug und Recht eine grosse Flexibilität erwarten, was seine Meinung betrifft. Allerdings ist auch Rafi noch nie in seiner Funktion als Stellvertreter durch einen gestalterischen Muskel aufgefallen. Er ist einfach der nächste Verwalter des Elends. Bis es einen weiteren Kopf braucht, der fallen muss, damit weiter oben nichts fällt.