Betet, freie Schweizer, betet!

Heraus und herein zum 1. August!

So begeht ZACKBUM den Schweizer Nationalfeiertag. In der Arglist der Zeiten erinnern wir an den Anfang des Schweizerpsalms, den nur in der Wolle gefärbte Eidgenossen auswendig (und singen!) können:

Trittst im Morgenrot daher,
Seh’ich dich im Strahlenmeer,
Dich, du Hocherhabener, Herrlicher!
Wenn der Alpenfirn sich rötet,
Betet, freie Schweizer, betet!

Damit dürften nun unsere muslimischen Mitbürger leichte Schwierigkeiten haben, vor allem, wenn sie bis zur vierten Strophe (doch, die gibt’s, freie Schweizer!) kommen:

Fährst im wilden Sturm daher,
Bist du selbst uns Hort und Wehr,
Du, allmächtig Waltender, Rettender!
In Gewitternacht und Grauen
Lasst uns kindlich ihm vertrauen!

Man könnte nun sagen, dass im allgemeinen Schlamassel, Ukraine, Klimawandel, Druck von EU und den USA, Russengelder, 10-Millionen-Schweiz, möglicher Wahlgewinner SVP, linke Organe von «Blick» über Tagi bis «Republik» siechen vor sich hin, dass also in dieser unsicheren und unübersichtlichen Weltlage nur noch beten hilft.

Wer’s glaubt.

ZACKBUM ist in alter Frische wieder am 3. August für alle seine Leser da.

 

 

Wumms: Sanija Ameti

ZACKBUM macht errötend ein Geständnis.

Wir brechen hier ein Versprechen, denn wir wollten nie mehr über die Bachelorette der Politik schreiben. Aber da die Frau wirklich dumm wie Brot ist und leider die Plattformen geboten bekommt, das auch öffentlich zu zeigen, soll’s hier ein letztes Mal sein, Ehrenwort.

Zuerst das Positive: dieser Unsinn von Sanija Ameti wird die Grünliberalen mindestens ein Prozent Wählerstimmen kosten, und die «Operation Libero» wird weiter an Anhängern und Bedeutung verlieren.

Denn die Dichte an Dämlichkeit in diesen wenigen Zeilen ist erschütternd. Wir greifen ein paar wenige absolute Tiefpunkte heraus: «Die Realität ist, dass unsere Existenz als Kleinstaat von der internationalen Ordnung abhängt, die auf Regeln und nicht auf Macht beruht.» Welche internationale Ordnung? Vielleicht die, die von den USA als stärkste Militärmacht der Welt dominiert wird, die die Regeln bestimmen? Was auch Russland, China, Indien und ein paar andere Staaten versuchen? Diese Regeln beruhen nur auf Macht, worauf denn sonst?

«Die Schweiz befindet sich sogar inmitten des hybriden Gefechtsfelds. Der hybride Krieg» fände auch «bei uns» statt, weiss Ameti. Er richte sich auch «gegen unsere Unternehmen». Sehr wahr, da versuchen die EU und die USA, rechtsimperialistisch und als Machtdemonstration Einfluss auf die Rechtssouveränität der Schweiz zu nehmen, indem sie den Bundesrat dazu zwingen, ein Sanktionspaket nach dem anderen zu übernehmen und durchzuwinken, womit Rechtsstaat und Eigentumsgarantie beschädigt werden.

«Die Neutralität war nie für den Fall eines Angriffs auf die Schweiz gedacht. Diese Neutralität hat es nie gegeben. Sie ist ein Mythos.» Das ist Punkt für Punkt so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil richtig wäre. Vielleicht hat Ameti vergessen, dass es im letzten Jahrhundert zwei Weltkriege gab.

Die Neutralität sei ein Mythos (die Dame weiss nicht einmal, was ein Mythos ist). «Der Mythos macht nicht mutig, sondern feige. Nicht frei, sondern handlungsunfähig

Zwischen den Stühlen zu sitzen, sich weder mit der guten, noch mit der schlechten Sache gemein machen, das ist der Wesenskern der Neutralität der Schweiz. Das ist mutig, kein Mythos, sondern real. Dagegen behauptet Ameti: «Sie muss sich entscheiden können, auf welcher Seite sie steht, jener der internationalen Ordnung oder der eines kleptokratischen Imperiums.»

Nein, muss sie nicht, und das ist gut so.

Das war nun definitiv das allerletzte Mal, dass wir uns über das Allerletzte äussern, was Ameti blödelt.

 

Die Doublette

Wenn zwei das Gleiche tun – zeigt sich das Niveau.

Zufälle gibt’s … Geht man nach der Chronologie, hatte die NZZ um wenige Stunden die Nase vorn:

Variationen zur Schweizer Geschichte, wenn sich entscheidende Ereignisse anders abgespielt hätten.

Variationen zur Schweizer Geschichte, wenn sich entscheidende Ereignisse anders abgespielt hätten. Oder sagten wir das schon?

Einmal NZZ, einmal Tamedia.

Hoppla. Nun ist es so, dass bei Tamedia der verantwortliche Redaktor Andreas Tobler heisst. Das sagt eigentlich schon alles. Der kennt einmal seine Grenzen und hat «Intellektuelle sowie renommierte Historikerinnen und Historiker gefragt …»

Die Resultate sind, gelinde gesagt, durchwachsen. Markus Somm macht sich Gedanken, wie’s weitergegangen wäre, hätte die Schweiz 1515 bei Marignano gewonnen. Ist durchaus unterhaltsam. Josef Lang, nein, muss man nicht lesen. Marco Jorio. Marco who? Brigitte Studer, emeritierte Geschichtsprofessorin, geht der Idee nach, dass das Frauenstimmrecht schon 1919 eingeführt worden sei. Historisch absurd, das macht die NZZ dann viel besser.

Und schliesslich der unsägliche Jakob Tanner, der eigentlich darüber fantasieren möchte, was wäre, wenn Hitler die Schweiz erobert hätte. Aber statt dem nachzugehen, ist er viel zu selbstverliebt und schreibt eigentlich nur über sich: «In meiner Mitte der 1980er-Jahre vorgelegten Dissertation … Um den analytischen Durchblick zu schärfen, zielte ich … Meine kontrafaktische Modellierung bezog sich auf die Frage … Dieses Nachdenken über «roads not taken» hat es mir erleichtert …». Geschichtsschreibung als Bespiegelung des eigenen Bauchnabels, lachhaft.

Eine Franziska Rogger (sieht sich als «Historikerin und Feministin») fantasiert darüber, dass das Frauenstimmrecht 1971 nicht eingeführt worden wäre und irrlichtert in die Zukunft: «2041 schliesslich kappte man in einer ausgleichenden Gerechtigkeit das männliche Stimmrecht, von nun an waren nur noch Frauen stimmberechtigt». Geschichte als Wahnvorstellung. Regula Bochsler (bezeichnet sich als «Historikerin, Künstlerin und TV-Journalistin») überlegt sich, was passiert wäre, wenn Christoph Blocher nicht die EMS Chemie übernommen hätte. Auch das macht die NZZ viel besser.

Und Moritz Leuenberger schliesslich leckt wie immer leicht weinerlich eine alte Wunde: «Bei einem Ja zum EWR hätte sich diese Spirale in die andere Richtung gedreht. Wir hätten ein unverkrampftes Verhältnis zur EU und wären nicht bis zur Verhandlungsunfähigkeit gelähmt und müssten ständig Unterhändlerinnen austauschen.» Wenn Wünschen helfen würde, wäre Leuenberger ein erfolgreicher Politiker gewesen.

Insgesamt eine naheliegende Idee zum 1. August, weitgehend versemmelt durch mediokres Personal. Also genau das, was Tamedia halt ist.

Die drei Autoren der NZZ hingegen sind selbst ans Gerät gegangen und haben durchaus niveauvolle alternative Szenarien entwickelt. Sie legen mit einem hübschen Nietzsche-Zitat schon gleich mal die Latte hoch: «Die Frage «Was wäre geschehen, wenn das oder das nicht eingetreten wäre» wird fast einstimmig abgelehnt, und doch ist sie gerade die kardinale Frage.»

Auch bei ihnen erobern 1940 die Nazis die Schweiz. Das wird aber nicht aus der Bauchnabelperspektive erzählt, sondern den wahren Geschehnissen entlang, angefangen bei der historischen Figur Hauptmann Menges, der den Auftrag erhalten hatte, einen Angriffsplan gegen die Schweiz auszuarbeiten. Die kontrafaktische Darstellung endet mit der Feststellung, dass sich die Historiker bis heute streiten, wieso Hitler den Angriffsbefehl nicht gab: «Was immer der Grund war: Die Neutralität ist bis heute identitätsstiftend für das Land. Die Zustimmung lag Anfang 2023 bei 91 Prozent.»

Viel näher an der Realität ist auch die Erzählung, dass Christoph Blocher nicht nur eine Lehre als Bauer gemacht hätte, sondern tatsächlich auch Bauer geworden wäre und deshalb keine Zeit gehabt hätte, in die SVP einzutreten, bzw. dort aktiv zu werden. An dem Tag, als er gewinnbringend eine Kuh verkauft, tritt die Schweiz 1992 dem EWR bei.

Eine weitere spannende Geschichtsumschreibung ist die Aufgabe des Schweizer Bankkundengeheimnisses bereits im Februar 1936 auf französischen Druck hin. Am Anfang steht eine Razzia in Paris, die tatsächlich stattgefunden hat und als «Pariser Skandal» in die Geschichte einging. Nächste interessante Etappe: wie wäre es weitergegangen, wenn die Schwarzenbach-Überfremdungsinitiative 1970 angenommen worden wäre.

Entlang der historischen Figur Antoinette Quinche entwickelt die NZZ ein realistisches Szenario, was passiert wäre, wenn nicht zuletzt aufgrund ihres Kampfes die Frauen 1931 das Stimmrecht bekommen hätten.

Darin sind so grossartige Trouvaillen wie Auszüge aus einer 136-seitigen Botschaft des Bundesrats zum Frauenstimmrecht aus dem Jahr 1957: «Das Denken der Frau lässt vielleicht hie und da an logischer Konsequenz vermissen … Wenn gesagt wird, die Frau gehöre ins Haus, so ist das sicher richtig. Nicht richtig wäre es aber, daraus zu schliessen, dass das Frauenstimmrecht abgelehnt werden müsse.»

Und schliesslich, auch viel sinnenhafter als ein Sieg bei Marignano, was wäre, wenn die Schweiz beim Wiener Kongress 1815 nicht als Pufferstaat wiederhergestellt worden wäre, sondern der Plan des Freiherr von Stein angenommen worden wäre, die Schweiz auf die Nachbarstaaten aufzuteilen. «Und weil die Kantone wenig verbindet, kommt es danach nie mehr zum Versuch, die alte Eidgenossenschaft wiederzubeleben. Die moderne Schweiz gibt es nie. Der Gotthard bildet heute die Grenze zwischen Deutschland und Italien.»

Die NZZ erinnert dann daran, wie es wirklich war: «1815 wurde in Wien die Grundlage für die moderne Schweiz geschaffen – und zwar hauptsächlich auf Initiative eines griechischen Diplomaten im Auftrag des russischen Zaren. Die Eidgenossen hatten wenig dazu beigetragen.»

Das sind Szenarien, die Spass machen und zum Denken anregen. Kompetent nahe an den wirklichen historischen Ereignissen entlanggeschrieben, wohldokumentiert und erkenntnisfördernd, statt Ideologien, Steckenpferde und persönliche Meinungen der Autoren zu bedienen.

Lustiger Zufall der Geschichte, und erst noch wahr, dass NZZ und Tamedia am gleichen Tag die gleiche Idee veröffentlichen. Was für ein Pech auch für den Konzern an der Werdstrasse, dass seine Mediokrität mal wieder so schmerzlich vorgeführt wird. Aber Redaktoren wie Tobler sind scham- und schmerzfrei, das hat er schon zur Genüge unter Beweis gestellt.

Dem Leser sei aber dieser Direktvergleich ans Herz gelegt, auch wenn er dafür einmal bei einem der beiden Blätter (oder gar bei beiden) einen Obolus entrichten muss. Das lohnt sich schon alleine wegen der Entscheidung, wofür man zukünftig Geld ausgeben will …

 

NZZaS gegen SoZ

Der Nahkampf mit unklarem Ausgang.

Morgen geht ZACKBUM auf eine direkte Doublette ein, heute der Eins-zu-eins-Vergleich der beiden Sonntagsblätter. Das dritte steht bekanntlich noch unter Quarantäne.

Fangen wir mit dem Cover der SoZ an:

Wenn Arthur Rutishauser nicht wäre, würde dem Leser hier schon das Gipfeli aus der erschlaffenden Hand fallen.

Dieses Cover hingegen ist mal wieder ein lauter Hilferuf: Gujer, übernehmen Sie! «Die neuen Konfliktlinien in SAC-Hütten» – das kann ja wohl nicht der Ernst der NZZaS sein. Sondern Ausdruck davon, dass zu viele Köche eindeutig den Brei verderben.

Auch auf der nächsten Seite hat die NZZaS ein Auge fürs wirklich Wichtige:

Das ist ein Füller in höchster, aber allerhöchster Not. Daneben wird die Doppelseite mit Israel gefüllt. Kurzer Einleitungstext mit Altbekanntem, dann das, was man auch in höchster Not macht: ein bunter Strauss verschiedener Quotes von mehr oder minder bekannten Israeli. Auswahlkriterium: ging ans Telefon und war willig.

Dann Flüchtlinge, das x-te Interview mit dem Experten, zum x-ten Mal die Feststellung, dass die Mehrheit der Russen doch tatsächlich hinter Putin steht, dann eine Doppelseite Doppelinterview mit Hüttenwartin und ihrem Sohn Hüttenwart. Grosszügig bebildert, inhaltlich, wie soll man sagen, eher Flachland als Hochgebirge.

Dann gepflegtes Nachdenken über die Klimakleber, bei dem am besten die Augenlider oben angeklebt werden, dann zum x-ten Mal Schweiz – China, und wir haben den ersten Bund hinter uns.

Bei der SoZ geht’s lähmend vorhersehbar zu. Wie? Na, «Bundesratskandidat zum Nationalfeiertag». Ach, ein aussichtsreicher? Nein, ein Interview mit dem Basler SP-Nationalrat Mustafa Atici. Dann über einem SVP-Inserat (!) der Rest der Seite als Kurz(schluss)-Meldung. Denn ein solcher habe den Waldbrand im Wallis ausgelöst. Womit die Story eigentlich erzählt wäre. Aber im Sommerloch …

Tipps zum E-Roadtrip, weniger Bussen für Kiffer, weniger Spenden für Ukraine-Helfer, dann ein Interview mit dem deutschen Bundeskanzler Scholz – über Bücher. Das hat der Schweizer Leser davon, dass Tamedia eigentlich die Filiale der «Süddeutschen Zeitung» in der Schweiz ist. Dann ein Text, der von der fundamentalistisch-grünen Tamedia-Fraktion gar nicht gerne gelesen wird: «An den meisten Bränden ist gar nicht die Hitze schuld». Das weiss zwar jeder, der nicht völlig klimahysterisch ist, aber bei Tamedia muss das schon mal gesagt werden.

Und auch hier war’s das mit dem ersten Bund. Zum «Fokus» äussert sich ZACKBUM morgen, daher lassen wir ihn und den «Hintergrund» bei der NZZaS weg, ebenso wie den Sport natürlich.

«Wirtschaft» ist mal wieder recht trostlos. «Und ewig lockt der Süden», damit lockt die NZZaS nun niemanden aus dem Wasser. Autonomes Fahren, die UBS werfe Kunden der CS raus, dann tatsächlich ein Interview mit Martin Neff, dem scheidenden Prognose-Bruchpiloten von Raiffeisen, der freundlicherweise nicht an seine grössten Flops erinnert wird.

Das tiefste Sommerloch bietet dann der «Kultur»-Teil. Eine iranische Fotografin habe zwei Wochen lang «das politische Leben in Bern fotografiert». Und Peer Teuwsen, obwohl das nicht spesenintensiv war, hat sie dabei «begleitet». Die Fotos sind, na ja, man will ja nicht frauenfeindlich sein. Der Text ist, dazu dürfen wir uns wohl äussern, dünnlich-dümmlich, ein echter Teuwsen halt. Duftmarke: zuerst rede die Fotografin mit den Menschen, was ja ungeheuerlich ist, dann erst greife sie zur Kamera. «Es ist eine Hasselblad H6D, sie wiegt zusammen mit dem Objektiv 5 Kilogramm.» Das ist nun lustig, laut Hasselblad selbst wiegt diese vollausgerüstete Kamera mit Objektiv etwas über 2 Kilo. Aber entweder hat die Fotografin ein Mords-Tele vornedran, oder Teuwsen hat schlampig recherchiert.

Walser, Barbie, «Die Summe aller Frauen», und tschüss.

Bei der SoZ füllt immerhin Rutishauser die erste Seite der «Wirtschaft» mit einem grossen Ermotti-Foto und der breitgewalzten Story, die schon auf dem Cover angerissen wurde. Dann allerdings die wirklich nette Story, dass das «Konsumentenforum» nach zähem Mauern mal bekannt gegeben hat, wie viele Mitglieder es eigentlich vertritt. Es sind lachhafte 168 Nasen. Dividiert man die Mitgliedereinnahmen im Jahresbericht durch den Beitrag von 50 Franken, wären es sogar bloss 92. Dafür kriegte das Forum dann satte 100’000 Franken Subventionen vom Bund; pro zahlendes Mitglied knapp 600 Franken. Wunderbare Story.

Bei «Leben & Kultur», dem Sammelgefäss für alle Resten, geht’s dann wieder bergab. Männer mit nacktem Oberkörper, die Sommergähn-Story, dann «Die besten Bücher für den Sommer», und das schon Ende Juli, ein Geschwisterstreit, Chörbliwasser, rezeptfreie «Erektionsförderer», dann endlich mal wieder ein rassiger E-Sportwagen für schlappe 175’000 Franken, und schliesslich noch «Bücher für Biker». Statt einer Erektionsförderung braucht man hier rezeptfreie Muntermacher, allenfalls auch illegalen Stoff, um wach zu bleiben.

Wir geben hier wohlwollend ein Unentschieden und wünschen den Redaktionen gute Erholung am 1. August. Sie können’s brauchen, auch wenn die Ideenleere wohl auch danach noch etwas anhalten wird.

 

 

 

Martin Walser †

Zwischen zwei Begegnungen.

Die erste Begegnung mit Martin Walser (24. März 1927 – 28. Juli 2023) fand wohl so Mitte der Siebziger Jahre an der Universität Zürich statt. Walser hatte einen Vortrag gehalten, und in den damaligen, politisch aufgeheizten Zeiten, wo jeder Schriftsteller Bekenntnisse ablegen sollte, sich kritisch zu diesem und jenem äussern müsste, wurde Walser gefragt, wieso er das nicht oder nur sehr selten tue.

«Wenn mir ein Zahn oben links wehtut, dann kann ich nicht über Zahnweh unten rechts schreiben», antwortete er, aus dem Gedächtnis zitiert. Damit setzte er sich natürlich zwischen alle Stühle damals. Das blieb auch sein Lieblingsaufenthaltsort, was ihn durchaus sympathisch machte.

Die letzte Begegnung fand vor zwei Jahren in seinem Haus statt, wo er nach wie vor wie ein Dichterfürst auf dem Stuhl thronte, unterwürfig umsorgt von seiner Frau. Er war immer noch unermüdlich produktiv, erzählte von seinem neusten Projekt, eine Art autobiographisch-erotische Rückblende, inklusive seinen Fantasien und Träumen. Seine Frau schaute leicht angefasst an die Decke.

Geistig da war er nicht mehr ganz, aber weiterhin munter und interessiert, was ihn ungebrochen sympathisch machte.

Da er es nicht mehr hört und mitbekommt, ist hier allerdings der Anlass für ein Geständnis. Seine Werke sind ziemlich spurlos an ZACKBUM vorbeigegangen. Wir gehörten auch nicht dem Fanclub Walsers an, der in der Schweiz von Matthias Ackeret angeführt wird. «Halbzeit», «Ein fliehendes Pferd», später dann seine Romane über das Thema Liebe, nun ja. Sein epischer Streit mit dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki; die beiden verband eine tiefe gegenseitige Antipathie.

Der gnadenlose Kritiker verriss den «Tod eines Kritikers» als «miserable Literatur», als «ein erbärmliches Buch». Dieses Gebalge machte natürlich beide noch bekannter. Die Vorwürfe waren ungerecht. Walser war ohne Zweifel ein Virtuose der deutschen Sprache, ein Schriftsteller, der diesen Namen verdient – im Gegensatz zu heutigen Wortbrockenspuckern wie Lukas Bärfuss oder Dominik Holzer, die vor Besoffenheit an der eigenen Betroffenheit kaum geradeaus laufen, geschweige denn schreiben können.

Allerdings, Walsers Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels war bemerkenswert. Er warnte 1998 davor, den Deutschen immer wieder ihre nationalsozialistische Vergangenheit vorzuhalten, das animiere nicht zum Eingedenken, sondern zum Wegschauen. Auschwitz verkomme so zur «Moralkeule». Dafür wurde er selbst fast gekeult. Aber aus heutiger Sicht, im Zusammenhang mit der Cancel-Kultur, die auch Adolf Muschg mit Auschwitz vergleicht, hatte diese Warnung etwas Hellsichtiges.

Denn jeder Blödkopf, bar jeder historischen Kenntnisse, keift schnell einmal «Nazi» oder «Faschist», wenn er eigentlich einfach «Arschloch» sagen will. Dieser Missbrauch, diese Verhöhnung der Opfer, das ist ein anhaltender, anschwellender Skandal.

Wenn ein durchaus bedeutender Schriftsteller stirbt, kommt die Stunde der Nachrufschreiber. Bei Tamedia hat das Martin Ebel erledigt, der ja einigermassen über das dazu nötige Rüstzeug verfügt. Im Gegensatz zur «Literaturchefin» Nora Zukker. Bei der NZZ darf Martin Krumbholz ran, ein durchaus valabler Nachrufer. Der «Blick» verwendet Daniel Arnet, der sich leider nicht enthalten kann, zunächst mal länglich über sich selbst zu schreiben. CH Media geht mit Bettina und Hansruedi Kugler ans Gerät, nicht ohne dass Patrik Müller auch noch kurz etwas schreiben darf. Richtige Sternstunden der Würdigung von Mensch und Werk sind allerdings nicht dabei.

Im Gegensatz zu den heutigen Modeschreibern hat Walser geschrieben, weil er schreiben musste. Weil das Beruf, Berufung, Trieb, Sucht, Liebe und Bestimmung war. Er hat die deutsche Sprache nicht missbraucht oder vergwaltigt, sondern sie geliebt und mit ihr um die bestmögliche Formulierung gerungen. Somit ist die deutsche Literatur wieder ein Stück ärmer geworden, denn es wächst nicht viel nach.

 

Menschenverachtend

Die Gutmenschen sind Bösmenschen.

«Kevin Spacey im freien Fall. Seit Jahren hat der Schauspieler junge Männer belästigt und genötigt.» Tamedia, November 2017.

«In London laufen polizeiliche Ermittlungen gegen Spacey, der sich einer Sprecherin zufolge in therapeutische Behandlung begeben hat.» Tamedia, Dezember 2017.

«Soeben hat Scotland Yard Ermittlungen gegen Kevin Spacey aufgenommen, der als künstlerischer Leiter des «Old Vic» einen anderen Mann sexuell angegriffen haben sollTamedia, November 2017.

«CNN hatte von acht aktuellen oder früheren Mitarbeitern am Set von «House of Cards» berichtet, die Spacey mit Blick auf sexuelle Annäherungen ein «räuberisches» Verhalten vorwerfen. Sie beschuldigten ihn unter anderem, ein giftiges Arbeitsklima erzeugt zu haben.» Tamedia, November 2017.

«Kevin Spacey hat sich für einen sexuellen Übergriff auf einen 14-Jährigen entschuldigt – und zur Ablenkung sein Coming-out bekannt gegeben.» Tamedia, Oktober 2017.

Vorsicht vor Beschädigungen, Respekt vor der Unschuldsvermutung? Klarer Hinweis darauf, dass es sich um unbewiesene, teilweise Jahrzehnte zurückliegende Anschuldigungen handelt, deren Motivation nicht zuletzt Ruhm- und Geldgier ist?

Ach was. Nun Freispruch auf ganzer Linie in London. Sämtliche Anschuldigungen in den USA hatten sich schon zuvor in Luft aufgelöst. Nein, nicht in Luft. Spacey, einer der begabtesten Schauspieler unserer Zeit, der in «House of Cards» die Rolle seines Lebens gefunden hatte, wurde geächtet, von Hollywood ausgespuckt, aus fertigen Filmen geschnitten, in der Erfolgsserie gefeuert. Er hat sieben Jahre seines Lebens verloren – und all sein Geld, das für Anwälte draufging.

Hört man da bei Tamedia und bei allen anderen Blätter, die die damalige Hetze befeuerten und willig mitmachten, mit dem moralischen Zeigefinger wackelten, Behauptungen als Tatsachen darstellten, hört man da ein leises Wort des Bedauerns, der Entschuldigung gar?

Schlimmer noch, hat man gelernt? Wie der Fall Rammstein beweist: null und nichts wurde gelernt. Dem «Blick» wurde eine Verfügung um die Ohren gehauen, einen Schmierenartikel zu löschen. Selbst die NZZ vergriff sich und schrieb nassforsch vom Sänger als «Täter». Das wurde dann immerhin schnell korrigiert, aber der Fleck bleibt.

Inzwischen gehen Lindemanns Anwälte weiterhin konsequent gegen Kolporteure, Schmierer und Hetzer vor. Dem «Spiegel» – inzwischen einschlägig für solche Unterleibsstorys bekannt – wurden diverse Aussagen verboten. Einer Videobloggerin, die auch die Welle reiten wollte, um bekannter zu werden, wurden diverse kolportierte Aussagen untersagt.

Aber gibt es Anzeichen von Lernfähigkeit? Bei den grossen Medienkonzernen in der Schweiz null. Noch viel weniger bei «Republik», WoZ und Konsorten. Mit einer lobenswerten Ausnahme – wie meist. richtig, natürlich die NZZ.

Claudia Schwartz nimmt sich die Berichterstattung nach dem Freispruch Spaceys vor. Und urteilt so scharf wie richtig:

«Auch am Dienstag hielten manche Medien nicht inne. Freispruch vor Gericht? Das gilt jedenfalls für Prominente wie Kevin Spacey offenbar nicht mehr, ist die Meinung einmal gemacht. «Kein üblicher Verdächtiger» titelte das deutsche Magazin «Stern» wenige Stunden nach Prozessschluss, um dann, fett hervorgehoben, nochmals die Anschuldigungen in voyeuristischen Details aufzuwärmen. Dass Spacey bereits im vergangenen Oktober in einem ersten Zivilprozess von dem Vorwurf freigesprochen worden ist, den damals vierzehnjährigen Schauspieler Anthony Rapp sexuell belästigt zu haben: Wen interessiert’s?»

Schwartz geht noch weiter und sieht Anlass, «sich die Frage zu stellen, wie eine Gesellschaft zugerichtet ist, in der manche die Vorverurteilung höher gewichten als ein gerichtliches Urteil. «Ich verlor meinen Job, ich verlor meinen Ruf, ich verlor alles in nur wenigen Tagen. Noch bevor eine einzige Frage gestellt wurde», sagte Spacey zum Auftakt des Strafprozesses.»

Dann kommt sie zur einzig richtigen Schlussfolgerung: «Die Cancel Culture stösst nicht nur historische Figuren vom Sockel und verbannt Bücher, sondern sie geht – Kevin Spacey ist ein mahnendes Beispiel dafür – ans Lebendige und zerstört in moralischer Überheblichkeit Menschen, Karrieren, Existenzen. Deshalb sollte man auch das Urteil in derzeit diskutierten Fällen wie Til Schweiger oder Till Lindemann den Gerichten überlassen

So gut auch eine Stimme der Vernunft tut: sie geht unter im wilden Gekreisch und Gehetze auf den sozialen Plattformen, wo die Mainstream-Medien aus billigen Gründen mitschwimmen, wo jeder Kurzdenker und Kleinredaktor sich zum moralischen Grossinquisitor aufschwingen kann, vor Entrüstung beben, vorverurteilen – um dann feige zu schweigen.

Das ist verantwortungslos, erbärmlich und ein weiterer der vielen Sargnägel für diese Art von Medien, die keinerlei Mehrwert mehr enthalten. Ausser, Erregungsbewirtschaftung und wohlfeile Vorverurteilungen, das Errichten von Schandmalen, an denen sich das Publikum gütlich tun kann, sei ein Mehrwert.

 

Zentralplus als Innigschweiz

Fortsetzung der Sommer-Serie: «unsere Leichen leben noch».

Das Online-Organ «zentralplus» hatte seinen grossen Medienauftritt, als es die erstaunliche Annäherung von zwei Politikern an einer Landammannfeier in Zug an die Weltöffentlichkeit brachte. Die Folgen sind bekannt, darunter leiden wir noch heute.

In der Eigenbeschreibung sieht sich die Plattform so: «zentralplus ist die News- und Community-Plattform für Luzern und Zug. Wir berichten ehrlich und offen über Themen, die unsere Leser bewegen – hintergründig, kreativ und direkt.»

Das hat dann laut Mediadaten folgende Auswirkungen:

Was genau unter «Nutzer/Monat» zu verstehen ist, denn da gibt es ganz verschiedene Definitionen, verrät die Plattform allerdings nicht. Eine andere Zahl dagegen ist verräterisch:

Das Organ finanziert sich durch Werbung und durch «Möglichmacher». Also durch freiwillige Abonnenten. Deren Zahl liegt bei überschaubaren 503. Es ist zwar schön, wenn man eigentlich jeden zahlenden Gast persönlich kennt, aber nach einer grossen Nachfrage sieht das wirklich nicht aus.

Apropos Landammannfeier, anschliessend verwandelte sich «zentralplus» in ein Megaphon zur Verteidigung der in diese Affäre verwickelten Politikerin. Auch sonst hatte das Organ mit angeblichen Skandalgeschichten nicht so eine glückliche Hand. Eine ortsansässige russische Firma spendete läppische 2’200 Franken an die Zuger Fasnacht. Riesenskandal, wenn man durch eine Lupe blickt.

Dann schauen wir doch mal aktuell, was «zentralplus» so zu bieten hat. «Weltweit» dies:

Niger, Büne Huber, Razzia in Österreich – sagen wir so: bunte Mischung.

Probieren wir es mit «Politik»:

Bereits der Artikel über das Luks ist von brennender Aktualität, nämlich vom 17. Juli. Aber gut, das Organ will ja vor allem regional verwurzelt sein:

Das läuft unter: kann man lesen, muss man nicht lesen. Ein Plus ist nicht wirklich erkennbar. Dazu gibt es noch jede Menge Blogs und weiteres Vermischtes wie «Gewitter», «Restaurant» oder «Wandern».

Hergestellt wird das alles unter den wachsamen Augen des CEO Christian Hug und des Redaktionsleiters Matthias Stadler. Unter ihnen dienen 10 Redakteure, verstärkt durch 3 Verlagsmitarbeiter. Das kostet im Jahr 1,5 Millionen Franken, von denen zwei Drittel in die Inhalte fliessen würden. Davon würde die Hälfte durch Werbung generiert, die andere durch Unterstützer oder «Möglichmacher».

Das ist etwas merkwürdig. Zahlen alle 503 den Minimalbetrag von Fr. 60 pro Jahr, wären das 30’180 Franken. Fehlt noch ein Stück zu 750’000. Würden alle den gehobenen Betrag von Fr. 180 zahlen, wären es auch nur 90’540. Und selbst bei «Du machst das Unmögliche möglich» und 360 Franken wären wir lediglich bei 181’080 Franken.

Entweder kann man davon ausgehen, dass die Innerschweizer ausgesprochen spendenfreudige Zeitgenossen sind und problemlos jährlich eine halbe Million abdrücken. Mindestens. Oder aber, da klafft ein Loch. Oder aber, auch dieses Organ hat einen Sponsor, der viel Geld geerbt hat und sein schlechtes Gewissen damit beruhigen will, dass er es in eine vermeintlich gute Sache verröstet.

«Das Newsportal ging im Januar 2013 online», vermeldet das Organ stolz. Das bedeutet, dass es in den ersten zehn Jahren seiner Existenz gerade mal rund 500 Leser gefunden hat, die bereit sind, sich die Lektüre etwas kosten zu lassen, obwohl es keine Bezahlschranke gibt.

Bei dieser steilen Wachstumskurve dürfte es nicht länger als bis zum Ende dieses Jahrhunderts dauern, dass «zentralplus» genügend Abo-Einnahmen generiert. Auf diesem Weg kann man nur viel Glück, Ausdauer und Geduld wünschen.

Campax keift und keult

Alles rechts von linksradikal ist Nazi.

Campax ist die Rabaukentruppe im Kampagnenunwesen. Adolf Muschg hat zu diesen Gesinnungsbrüdern schon das Nötige gesagt: «Die Canceling Culture, die wir heute haben (…) das ist im Grunde eine Form von Auschwitz.» Das war ein grober Keil auf einen groben Klotz.

Denn Campax, das ist: «Nazi-Fratzen hinter der Folklore-Fassade: Die Freiheitstrychler haben bei der “Friedensdemonstration“ letzten Samstag auf dem Bundesplatz ihr wahres Gesicht gezeigt.» Schwachsinn, geschichtsvergessenes Umdeuten des alten Eidgenossen-Rufs «Harus», der auch von Schweizer Fröntlern verwendet wurde.

Aber damit nicht genug: «Hier klicken und «Kein Postkonto für Faschisten» fordern». Denn die Postfinance stellt den «Freiheitstrychlern», wie jeder nicht verbotenen Organisation, wie auch Campax, ein Konto zur Verfügung. Legal, richtig, erlaubt. Damit outet sich Campax schon mal als antidemokratischer, rechtsstaatsfeindlicher Haufen, der mit den Kampfkeulen «Nazi-Fratzen» und «Faschisten» schnell zur Hand ist. Zum Hohn aller wirklichen Nazi-Opfer.

ZACKBUM fragte beim Mastermind hinter Campax, Andreas Freimüller, nach, ob das ein Ausrutscher eines durchgedrehten Mitarbeiters sei. Nach längerem Schweigen bequemte er sich zur Antwort: «Das ist ein Aufruf von Campax.» Ob er sich von diesem problematischen Inhalt distanziere? «Nein

Bei den Spendenaufrufen verzichtet Campax auf das anerkannte Gütesiegel von Zewo, das die korrekte Verwendung von milden Gaben garantiert. Dazu gab es dann eine originelle Erklärung: «Agiles Handeln (und damit zusammenhängend auch Fundraising) gehört zum Kern der Tätigkeit von Campax. Aus diesem Grund können wir unsere Aktivitäten nicht so steuern, dass es mit den Sammelfenstern der Zewo vereinbar wäre.»

Aber damit nicht genug. Wird ein Artikel im Rahmen der Meinungsfreiheit veröffentlicht, der Campax nicht passt, keift die Plattform in mangelhaftem Deutsch los: mit dem Artikel über eine seriöse Umfrage an ETH und Uni Zürich «wurde zwanghaft probiert irgendwelche antiquierten Rollenbilder zu zementieren».

Es handelte sich um die Berichterstattung über eine wissenschaftliche Untersuchung an ETH und Uni Zürich, deren Ergebnisse Campax nicht passten. Da stieg die Plattmacher-Plattform gleich ganz oben ein:

«Deshalb fordern wir die Familie Coninx und Pietro Supino, den Verwaltungsratspräsident der TX-Group dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um den journalistischen Standard und die Qualitätssicherung der journalistischen Arbeit zu garantieren.»

Völlig belegfrei behauptete die Hetz-Plattform noch: «Dieser Fall ist nicht der erste von sexistischer, sensationsheischender Berichterstattung. Aber jetzt ist es genug

Langsam zieht der Wahlkampf an, da will auch Campax ihr schwarzes Scherflein dazu beitragen. Wenn eine Bewegung den Boden unter den Füssen verliert, dann wird sie kreischig, hysterisch und masslos. Das zeigt Campax, in deren Vorstand übrigens der Obergrüne Balthasar Glättli sitzt, inzwischen gnadenlos.

«FCK NZS», Strassenslang für «Fuck Nazis», auf das SVP-Schaf montiert, das die FDP und die SVP wegkickt. Als launiger Briefkastenkleber erhältlich. In voller Hässlichkeit:

Witzig ist daran, dass die Post selbstverständlich trotzdem legale Wahlwerbung in die Briefkästen verteilt, die diesen antidemokratischen Kreischkleber tragen.

Inzwischen gibt es eine neue Version mit nacktem Schaf. Das Sujet sei «missverständlich», eierte die Hetzorganisation auf Twitter, nachdem aus der FDP sogar Forderungen nach Strafanzeigen laut wurden.

Missverständlich? Nein, schon wieder in den Nachttopf gegriffen mit der Formulierung. Daran ist überhaupt nichts missverständlich. FDP und SVP werden als Nazi-Parteien denunziert. Aber auch ohne den klimavergiftenden Spruch «FCK NZS» ist der Sticker antidemokratisch. Er fordert dazu auf, sich vor den Wahlen nicht über die politischen Ziele der grössten und der ältesten Partei der Schweiz zu informieren.

Zu den demokratischen Spielregeln gehört aber, dass sich der mündige Bürger, der Wähler umfangreich informieren sollte, welche Ziele die legalen, zur Wahl antreten Parteien verfolgen, damit er sich entscheiden kann, welche er wählen möchte.

Aus diesem Prozess zwei Parteien ausschliessen zu wollen, das ist wahrhaft faschistisch. Denn Faschismus bedeutet in erster Linie Ausgrenzung, Denunzierung des Andersdenkenden. Faschismus bedeutet auch den Verzicht auf jedes Argument, auf Logik, auf Debatte, auf Diskussion. Faschismus bedeutet Schnauze halten, wegtreten, niedermachen, auf jegliche inhaltliche Auseinandersetzung verzichten.

Daher ist die Folgerung aus diesem neuerlichen Fehltritt von Campax klar:

Stoppt Campax! Verklagt Campax.

Alle demokratischen Kräfte sollten sich vereinen, um dieser politischen Terrororganisation den Garaus zu machen. Denn sie vergiftet das ohnehin schon aufgeheizte Klima der demokratischen Debatten.

Hat Campax daraus einen Funken Anstand gelernt? Keinesfalls; im neusten Newsletter heisst es stinkfrech: «Ganz schön was los, seit wir unseren Briefkastenkleber lanciert haben…» Und weiter: «In einem offenen Brief an Thierry Burkart, Präsident der FDP Schweiz, fordern wir ihn dazu auf, den Mut aufzubringen und die Listenverbindungen mit der SVP zu beenden. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass sich die FDP von einer Partei distanziert, die den Klimawandel leugnet, gegen Flüchtende hetzt, Menschen aufgrund ihres Glaubens diskriminiert und Schulen unter Druck setzt, Bildungstage zum Thema Gender abzusagen

ZACKBUM glaubt, dass es richtig ist, Campax endlich in die Schranken zu weisen.

 

Prima Klima

Labor gerettet, Transparenz im Eimer.

Es war wieder betteln à la «Republik». 250’000 Franken her, oder das Klimalabor muss schliessen, drei Nasen verlieren ihren Job. Das Problem war nur: welchen Job? Wäre das Klimalabor wirklich eines, hätte die Mannschaft ein Jahr damit vergeudet, Reagenzgläser von links nach rechts zu schieben, Mikroskope auf- und abzubauen, Pipetten ordentlich in Reihen zu legen und Petrischalen aufeinanderzustapeln. Denn produziert hat das Klimalabor – umweltfreundlich – eigentlich nix, nicht mal heisse Luft.

Im ersten PS des wie üblich ellenlangen NL dann die frohe Botschaft: «Die Finanzierung des Klimalabors ist für ein weiteres Jahr gesichert. Wir werden das erste journalistische Produkt daraus im Spät­herbst lancieren.» Das ist selbst für «Republik»-Verhältnisse brüllend komisch. Ein paar hunderttausend Franken später wird im Herbst das erste Projekt lanciert. Wahnsinn.

Nun mag man sich fragen, wer denn so bescheuert ist, Geld in ein Labor zu stecken, das höchstens an sich selbst herumlaboriert. Dass innert kurzer Zeit die Melkkühe von «Republik»-Fans so viel Kohle aufwerfen, ist ja unwahrscheinlich. Daher: der Dank gelte «diversen Stiftungen und Privatpersonen», behauptet die «Republik».

Das Organ will ja furchtbar transparent und offen sein. Sagt es zumindest. Aber auf die Anfrage des «Klein Report», welche diversen Stiftungen hier ihr Geld verlochen, kommt eine schmallippige Antwort: «Zu den Unterstützer*innen werden wir zu gegebener Zeit informieren.»

Das ist die dummdreiste Standardantwort, wenn nicht geantwortet wird. Sie würde von der «Republik» in der Luft zerrissen werden – stammte sie nicht von ihr selbst.

Aber das ist noch nicht alles vom Klimalabor. Damit sich Spender und Leser die Zeit vertreiben können, gibt es vom digitalen Magazin ein Print-Sonderheft «Klima». So als kleiner Beitrag zur Abholzung von Wäldern im Norden. Wer nun aber meint, hier seien neue Storys versammelt, irrt. Fast alles ist kalter Kaffee, klimafreundliches Rezyklieren von längst veröffentlichten Artikeln.

Brüllend komisch ist ein Ende April bereits digital erschienenes Interview mit drei Klimaklebern. Darunter der inzwischen berüchtigte Sprecher Max Voegtli. Der hier Klimarettendes absondert, um anschliessend in den Flieger nach Paris und dort in den Flieger nach Mexiko zu steigen. Ferien mit der Freundin. Inzwischen trägt er den Übernamen «Depp des Jahres». Selten so gelacht.

Ernster wird es, wenn sich der NL in Orwells Double Speak versucht. Zunächst ist ja über die Wahlen von vier Pensionären in den Vorstand der Genossenschaft zu berichten. Gratulation, sie kamen mit nordkoreanischen rund 99 Prozent Ja zu ihrem Amt. Was die «Republik» wohl zu einem solchen Wahlergebnis sagen würde – wäre es nicht ihr eigenes?

Ach, und dann wurde noch schnell eine «ausserordentliche Generalversammlung» abgehalten und die gleichen vier Rentner in den VR der «Republik» gewählt. Das gibt’s nicht mal in Nordkorea.

Dann wird’s richtig zynisch: «Zu unserem grossen Bedauern ist aber auch Zeit für Abschied.» Zunächst von der Präsidentin des VR und auch von einem gewissen Alfonso von Wunschheim, bei dem nicht mal das «von» echt zu sein scheint.

Dann wird übergeleitet zu «in der Crew»; es folgen von Krokodilstränen begleitet fünf Namen. Abgerundet mit einer Schleimspur: «Es ist traurig, dass das Wort «danken» nicht länger, farbiger, umfassender, umwerfender ist – dann würde es Euch gerechter werden. Wir danken und vermissen Euch!»

Statt «Zeit für Abschied» wäre die ehrliche und transparente Wahrheit: die «Republik» hat diese fünf gefeuert – plus weitere drei, wenn man dem Magazin noch ein Wort glauben darf, die hier nicht erwähnt werden.

Das untätige Klimalabor ist dank erbettelter 250’000 Franken «gerettet». Im Herbst wird es dann vielleicht mal irgend etwas laborieren. Woher die Kohle kommt? Pfeif auf Transparenz, zu «gegebenem Zeitpunkt» sagen wir mal was dazu. Vielleicht. Eine Rentnerband der Einfachheit halber in Genossenschaftsvorstand und VR der AG gewählt. Mit nordkoreanischem Ergebnis. 5 Gefeuerten nette Worte nachgeschleimt.

Das soll der aufrechte, transparente, unabhängige, die Demokratie rettende Stil sein? Da bleibt nur eine Frage: wieso merken die nicht, wie unvorstellbar lächerlich sie sich mit solchem Geschwafel machen?

Hitzestau

Heiss, heisser, am heissesten.

Das Problem einer Kampagne ist immer: irgendwann gehen die Superlative aus. Und der Bezug zur Realität völlig verloren.

Die Hitzekampagne ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Seit Tagen wechseln wärmere Stunden mit wirklich kalten ab. Man muss nicht in den Hochalpen wohnen, um erfreut festzustellen, dass das Badezimmer am Morgen angenehm warm ist. Weil die Heizung eingeschaltet wurde.

Aber von solchen Nebensächlichkeiten soll man sich bekanntlich keine schöne Kampagne kaputtmachen lassen, sagt sich Tamedia (als Beispiel, der «Blick» ist schlimmer, CH Media weniger schlimm, aber auch):

«Seit Beginn der Aufzeichnungen», das ist gut, aber nicht gut genug. «Seit Jahrtausenden» ist schon besser. Aber der «jemals gemessene Juli» ist am besten. Oder man kann es auch so formulieren:

«Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen «in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos» seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte «wahrscheinlich» sogar für die vergangenen 100’000 Jahre.»

100’000 Jahre, das ist doch mal eine Strecke. Auch der UN-Generalsekretär ruft sich mal wieder in Erinnerung: «António Guterres erklärte in New York: «Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen.» Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.»

Nun will sich ZACKBUM keinesfalls aufs Glatteis (oh, falsches Bild) der Debatte begeben, ob es den Klimawandel gibt, wenn ja, ob er menschengemacht und schädlich sei – oder nicht. Aber unsere Aufgabe ist die Medienkritik. Bei solchen Langfristangaben schwingt immer eine gute Portion Lächerlichkeit mit. Aber das ist halt Sauregurkenzeit im Journalismus, da greift der Redaktor gerne nach jedem SDA-Strohhalm und fackelt ihn dann gebührend ab.

Noch einen Tick absurder wird’s beim Wetterbericht. Also nicht bei jedem, sondern bei dem von SRF. Da hat Kurt W. Zimmermann in seiner WeWo-Kolumne einen hübschen Skandal offengelegt. Nein, dafür musste er nichts aufpumpen oder behaupten oder erfinden. Sondern schlichtweg die Temperaturprognosen von SRF-Meteo mit den Prognosen von Mitbewerbern vergleichen. Und da wird’s dann affenheiss:

Was das ist? Eben ein Skandal. Die erste Kolumne zeigt die tatsächliche Temperatur an diesen Orten am Dienstag dieser Woche. Die zweite die Prognose von SRF, die dritte von Kachelmannwetter und die vierte von der Benchmark «The Weather Channel». Fällt da etwas auf? Nein, na, dann probieren wir es hier nochmal, Zimmi sei Dank:

Ausser vielleicht, Sie sind SRF-Meteorologe, räumen Sie nun sicher ein: hm. Was für ein Zufall auch. SRF Meteo liegt immer, ausnahmslos, um bis zu 7 Grad über den tatsächlich gemessenen Werten. 7 Grad!

Nun könnte man noch einwenden, dass das halt sauschwierig sei, die Temperatur vorherzusagen. Das kann aber auch nicht stimmen, weil es Kachelmann und dem Weather Channel regelmässig gelingt, ziemlich genau die wirklichen Temperaturen zu treffen.

Natürlich weist der von Zimmermann dazu befragte Chef des vielköpfigen Wetterteams von SRF den «politischen Verdacht» als «absurd» zurück. Das sei alles vollautomatisch, man könne die Algorithmen gar nicht beeinflussen, behauptet Thomas Bucheli.

Der böse Verdacht von Zimmi ist natürlich, dass es sich hier um eine rot-grün motivierte Manipulation handle. Entweder verwenden Kachelmann und der Wetterkanal einfach viel bessere Berechnungsmethoden als der im Geld schwimmende Zwangsgebührensender. Oder aber, SRF verwendet Methoden, die nicht korrekt sind.

Merkwürdig ist dabei tatsächlich, dass das keinem der vielen SRF-Meteorologen auffällt. Diese gewaltigen Temperaturunterschiede, das ist doch etwa so, wie wenn Meteo regelmässig Starkregen mit Hagelschlag ankündigen würde. Und dann tröpfelt es etwas vom Himmel. Was andere Wetterdienste völlig korrekt vorhersagten.

Das lässt eigentlich nur drei Möglichkeiten offen. Entweder sind die Staats-Meteorologen schlichtweg unfähig und verwenden untaugliche Methoden. Das wäre hässlich. Oder aber, sie schrauben absichtlich und konsequent die prognostizierten Temperaturen nach oben. Das wäre noch hässlicher. Oder aber, sie wissen darum, dass sie ständig danebenliegen, die Konkurrenz hingegen nicht, es ist ihnen aber einfach egal. Das wäre am hässlichsten, was auch eine Steigerung bis zum Superlativ ist.