Gewichten und einordnen

Zusammen mit Analyse der Dreischritt von Qualitätsmedien.

Was beschäftigt den Mainstream zurzeit? Drei grosse Wellenberge türmen sich auf. Zunächst und zuvorderst natürlich: die Queen. Sie ist die Königin der Schlagzeilen, der Sondersendungen, der schwarz gekleideten Moderatoren.

Jeder, der Buckingham-Palast ohne zu stottern sagen kann, wird als «britischer Monarchiekenner», als «englischer Adelsspezialst», als Biograph der Corgys der Queen, als ehemaliger Türöffner von König Charles III., als Nachttopfleerer des verblichenen Prinz Philip interviewt. Oder darf gleich selbst einen Auszug aus seinem demnächst erscheinenden Buch präsentieren: «Als die Queen «oh, really?» zu mir sagte».

Dann haben sich die Qualitätsmedien immer noch nicht ganz vom Rücktritt von «Maestro» Roger Federer erholt. Denn noch hat nicht der letzte Journalist seine Begegnung mit dem Tennis-Gott «Als Roger «alles Roger» zu mir sagte» verarbeitet und veröffentlicht. Auch die Rolle seiner Frau, seiner Familie, die Bedeutung der überteuerten Sportschuh-Marke, die exorbitanten Gehälter des Managements, der kurvige Verlauf der Aktie, der persönliche Kleiderstil, sein Leben in Bildern, all das ergiesst sich weiterhin ungebremst über den Leser.

Schliesslich die Ukraine. Der «News-Ticker»! Die Offensive! Nimm das, Putin. Kann sich die Ukraine vom russischen Joch befreien? Wird die Krim zurückerobert? Wankt der Kreml-Herrscher? Rollen deutsche Panzer wieder durch die Ukraine? Kann die Schweiz länger abseits stehen? Auch hier stürmen unablässig Fragen ohne Antworten auf die Leser ein.

Bleibt da noch Platz für Wichtiges? Ach ja, Stromsparen. «Kantone planen Solarzwang für alle Hausbesitzer». «Grünen-Nationalrätin fordert Klima-Steuer für Reiche». Stromverschwendung, wann lesen wir endlich von «Strom-Frevlern» und «Energie-Sündern»? Wann wird die Nachbarschaftskontrolle institutionalisiert? Wann gibt es Wettbewerbe im Energie-Sparen (mit tollen Preisen)?

Gäbe es wirklich Wichtiges? Nun ja, da gibt es zum Beispiel die eher kleine Meldung, dass die Schweizerische Nationalbank eine erneute Anhebung des Leitzinses ins Auge fasst. Dass der Weich-Euro weiter das Loch runtergeht. Kein Wunder, bei der Inflation im Euro-Raum und den deutlich höheren Zinsen im Dollar-Bereich in den USA.

Das könnte den Leser durchaus an einem empfindlichen Körperteil treffen, seinem Portemonnaie. Da bräuchte er Orientierung und Hilfe. Aber das setzte voraus, dass in den Redaktionen gewichtet, eingeordnet und analysiert würde. Nur: von wem, und womit?

Schweizer Finanzplatz in Gefahr

Es ist nicht nur die Chefetage …

«Inside Paradeplatz» wird vorwiegend von Bankern, Finanzleuten und Back-Office-Hirschen gelesen. Die haben, bevor die nächste Entlassungswelle sie rausspült, offenbar viel Freizeit am Co-Working-Schreibtisch, zu dem sie jeden Morgen ihr Rollköfferchen schieben dürfen.

Diese Freizeit nützen sie kräftig, indem sie Kommentare schreiben. Natürlich unter Pseudonym, denn das macht mutig und ist ein willkommenes Ventil für den geknechteten Bürogummi, der vergeblich von einem eigenen Eckzimmer mit Pflanze und Besprechungsbeule am Schreibtisch träumt. Es ist beelendend zu lesen, welche Hemmungslosigkeit ausbricht, wenn der Wäffler meint, aus dem geschützten Hinterhalt schiessen zu dürfen. Dabei ist er zu blöd zu wissen, dass man ihn über seine IP-Adresse problemlos identifizieren kann …

Wenn ZACKBUM-Autor René Zeyer dort publiziert, geht’s meistens rund; im Kommentarmorast blubbern die Blasen, dass es eine Unart hat. Das ist ausgesprochen erheiternd, wenn man sich die zurzeit über 160 Kommentare zu einem aktuellen Artikel anschaut. Zunächst ist festzuhalten, dass Kritik erlaubt und erwünscht ist; im Gegensatz zu allen Kommentarschreibern sind wir keinesfalls der Auffassung, die einzig richtige, unantastbare und ewige Wahrheit zu verkünden.

Aber das Gelächter verkümmert etwas, wenn man sich überlegt, dass diese Kommentarschreiber wohl einen repräsentativen Querschnitt der Angestellten in der Schweizer Finanzbranche darstellen. Was da an Frust, Unkenntnis, wildem Gehampel, krakeelender Rechthaberei losgelassen wird, ist Anlass zu schwersten Bedenken, wie diese Nulpen denn eigentlich ihrem Beruf nachgehen. Auffällig ist auch die fast immer völlige Abwesenheit von Sachverstand und Argumenten. Natürlich gibt es einige strahlende Ausnahmen, aber wenn man sich folgende, kommentarlos dargebotene Blütenlese anschaut (in Original-Rechtschreibung), dann fürchtet man schon das Schlimmste für die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz …

«Der mit Abstand schwachsinnigste Kommentar den ich in den letzten Jahren gelesen habe.»

«Mit Verlaub Sie sin ein Loch Dumm Arsch & S. Wenn Sie nicht raffen, dass eine Axpo nicht den Auftrag hat im Casino Geld zu verlieren, sondern die Grundversorgung von Strom sicherzustellen. Dann sollte man Ihnen einfach den Stecker ziehen.»

«Germanist & Berliner erklärt Stromkonzerne ;-))) Brüder Grimm für Nebelspalter, Weltwisch & Zackbum Freunde der Morgenröte …»

«Der Autor (und die allermeisten) verstehen das wirkliche Ausmass dieser Tragödie nicht

«Wer keinen blassen Schimmer hat von Stromhandel, soll gefälligst nicht darüber schreiben. Auch wenn er dafür dreissig Silberlinge bekommt

«So ein Quatsch. Schönreden kann man ja irgendwie alles.»

«Warum zum Teufel behauptet die Axpo GL dass eine Absicherung notwendig war??? Entweder glaubt man am eigenen Business oder macht man zu!!»

«Die Axpo hatte nie die Aufgabe, mit Strom zu spekulieren, sondern die Stromversorgung in den beteiligten Kantonen sicherzustellen.»

«Ich glaube, der Herr Zeyer schreibt sich einfach den Frust über seine eigenen Fehlleistungen vom Leib

«Herr Zeyer, hatten Sie mit dem Mathe-Fach Logik ihre Probleme? Das erahne ich aus ihrem wirren Geschreibsel

«Welche Schande, dass Sie sich „Journalist“ nennen! Sie demaskieren sich selbst: Weder Ahnung vom Strommarkt, noch von der internen „Strombarone“-Kultur in allen grösseren EVUs. Wie viel Geld erhalten Sie von Axpo & Co?»

«Leider wird nicht geklärt, ob der Autor von der Axpo, vom Bund, von involvierten Kantonen, von einschlägigen Verbänden, etc. direkt oder indirekt Mandate erhalten hat.»

«Sie, Herr Zeyer, haben keine Ahnung.»

«Auftrag der Axpo ist die Stromproduktion Handel waere meines Erachtens nur mit evtl Ueberschuss Produktion erlaubt»

«Wieviel hat Ihnen die AXPO bezahlt für dieses Märchen

«Danke Zeyer, besser kannst Du den Schrott, den Du hier regelmässig vom Stapel lässt, nicht beschreiben

«Ein weiterer oberflächlicher Artikel zum Thema. Bitte zurück an den Start. Machen Sie Ihre Aufgaben und erklären Sie weshalb wir in dieser miserablen Situation sind

«Eine kurze aber sehr präzise Antwort von Herrn Zeyer erwarte ich an dieser Stelle in den nächsten 48 Stunden

Wumms: Marc Brupbacher

Der Amok von der Werdstrasse rempelt jeden und alles an.

Man fragt sich, wann Marc Brupbacher noch Zeit findet, seinem Broterwerb als zurückgestufter «Co-Leiter Daten und Interaktiv Redaktion Tamedia» nachzugehen. Dabei möchte er eher «Dr. Strange als Dr. Long Covid» sein. Was immer er uns damit sagen will. Das mit strange schafft er locker.

Harmlos ist er noch, wenn er der NZZ eine reinhaut: «Die NZZ fällt auf manipulative Anti-Vaxx-Propaganda von Peter Doshi rein.» Gut, dass er das gemerkt hat.

Ziemlich wild wird er allerdings, wenn er sich für die Frauen ins Zeug legt: «Über 120 Jahre haben auf nationaler Ebene bei Abstimmungen nur Männer entschieden. Da können sie doch auch einmal schweigen. Frauen machen 51% der Bevölkerung aus und sie wollen die Erhöhung nicht.» Allerdings lässt er die Frage unbeantwortet, wieso dann die Frauenmehrheit die Erhöhung des AHV-Alters nicht einfach an der Urne bodigt. Ob das wohl daran liegen mag, dass laut Umfragen immerhin 41 Prozent aller Frauen für die Erhöhung stimmen wollen?

Gänzlich unbeantwortet lässt Kampffeminist Brupbacher allerdings die Frage, wie sich hier Non-Binäre, Diverse oder Transsexuelle positionieren.

Vorher hatte er seine übliche Betriebstemperatur erreicht und Männer, die für die Erhöhung des AHV-Alters stimmen, mal kurz als «Lumpen» beschimpft.

Dann musste er eine schöpferische Pause einlegen; es ist halt anstrengend, Tag und Nacht die Welt retten zu müssen: «Muss hier zumachen, muss schlafen. Viele sind mit Tweet nicht einverstanden, er sei undemokratisch. Geht mir nicht um Abstimmungsverbot. Geht um klaren Willen der Frauen, die höheres Rentenalter ablehnen, Männer sollten es akzeptieren und leer einlegen. Auch das ist Demokratie.»

Vielleicht hat dann Supino mal wieder ein ernstes Wort mit ihm gesprochen, jedenfalls kriecht er offenbar ausgeschlafen zu Kreuze: «Ich nehme AHV-Tweet zurück: Wer als Mann abstimmt über höheres Rentenalter für Frauen, ist KEIN Lump. Ich entschuldige mich für Beleidigung der Stimmwilligen. Ich hoffe aber, dass Männer Umfragen, die zeigen, dass Frauen Vorlage deutlich ablehnen, bei Entscheid berücksichtigen

Aber das geht ihm natürlich nur schwer runter, also muss er nachtreten: «Bürgerliche, die mir erklären, dass ich Demokratie nicht verstehe. Meinen die diese Demokratie, von der in der Schweiz Frauen 120 Jahre lang ausgeschlossen waren? Oder jene, in der die 25% Ausländer:innen nicht partizipieren dürfen

Und nachnachmopsen: «Oder jene, in der Jugendliche immer noch nicht wählen und abstimmen dürfen, obwohl es doch um ihre Zukunft geht

Aber er findet immer wieder zu seinem Lieblingsthema zurück: «So viele krank um mich herum, teilweise nach 2 Wo. nicht zurück. Ein Termin nach dem anderen platzt (für mich sehr wichtige zurzeit). Habe Verständnis, ist aber auch anstrengend. Leute tragen aber selbst bei engsten Platzverhältnissen mit Hustenden keine Maske mehr.»

Aber mal im Ernst, liebe Tamedia; wird das wirklich geduldet, dass ein leitender Redaktor ständig durchrastet und vom Bundesrat bis zum Stimmbürger alle übel beschimpft, die nicht seiner Meinung sind? Der gehört doch nicht in eine Redaktion, sondern in eine Therapiegruppe …

Sparen, sparen, sparen

Die fetten Zeiten sind vorbei. Jetzt wird gespart.

Die Mainstream-Medien machen aus dem neuen Überthema noch viel zu wenig. Das liegt daran, dass dort zu viel eingespart wurde. Kindersoldaten in Verrichtungsboxen, die Journalisten spielen, dazu frustrierte Hosen- und Meinungsträger, die die Welt mit ungewollten Ratschlägen zusossen, auf der Nase eine Gesinnungsbrille, dick wie Flaschenböden? Da kann noch gewaltig gespart werden.

Raumtemperatur senken, kurz duschen, Zähne kalt putzen, Kühlschrank erwärmen, Tiefkühler abtauen, Deckel auf den Topf, das ist doch alles Kinderkram. Da fehlt noch die letzte Konsequenz, die nötig ist, um den Kreml-Herrscher in die Schranken zu weisen.

Fangen wir bei der Heizung an. Was heisst da 17 Grad? Die Zeiten sind noch nicht so lange vorbei, als es gar keine Zentralheizung gab. Eine Bettpfanne für die Nacht, mit dem Herd wurde gleich noch geheizt, das reichte. Hat auch niemandem geschadet. Der echte Ukraine-Unterstützer dreht die Heizung vollständig ab. Seine Solidarität zeigt er dann, ganz im Sinne des Chefredaktors der NZZaS, indem er eine Ukraine-Fahne vor dem Fenster mit lustigen Eisblumen flattern lässt, darauf einkopiert das Foto des auf 0 gestellten Thermostaten.

Duschen, gar baden? Wieso eigentlich? Ist es nicht ein Vorteil des Winters, dass kalte Temperaturen Körperausdünstungen minimieren? Und wer unbedingt muss, etwas praktische Intelligenz kann nie schaden. Dafür nützt man den Besuch bei Freunden und Bekannten. Jammert etwas von «Dusche kaputt» und verschafft sich so Zugang zu Warmwasser. Bis man dann nicht mehr eingelassen wird.

Auch bei körperlichen Verrichtungen gibt es Sparpotenzial. Closomat und ähnliche dekadente Einrichtungen: sofort stilllegen. Wer sich in der Natur versäubert, braucht kein Wasser. Wer dabei rezykliertes Papier verwendet, erleichtert sich umweltbewusst. Wem der rasche Zugang ins Gebüsch verwehrt ist, kann anders sparen. Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass nach jedem Stuhlgang gespült werden muss. Das kann man auch erst dann tun, wenn die Schüssel bereits wohlgefüllt ist.

Ein grosses Thema ist auch der Individualverkehr. Das eigene Auto bleibt selbstverständlich in der ungeheizten Garage. Auch Elektro-Fahrer müssen einsehen, dass ein Tesla indirekt Putin hilft. Also stilllegen. Der ÖV, ein Stromfresser ohne Gleichen. Gut, dass die SBB Selbstversorger sind, allerdings nicht bei so unwichtigen Sachen wie Signalen oder Weichen. Die Züge bleiben dann ganz von selbst stehen, womit sich diese Stromverschwendung auch erledigt hat.

Wie man dann von A nach B kommt? Auch da kann man sich die Altvorderen als Vorbild nehmen. Zu Fuss, wie denn sonst. Ausser, man besitzt ein Pferd, aber das war damals auch nur wenigen vorbehalten. Ausserdem gibt es inzwischen Velos. Die sind übrigens nicht nur als Transportmittel geeignet. Mit einem Velo kann man eine Glühbirne und einen Kühlschrank betreiben, zum Beispiel. Eine vierköpfige Familie kann sich problemlos ablösen beim Trampen.

Das hat ganz nebenbei wohltuende Auswirkungen auf Fitness und Gesundheit. Treppensteigen statt Lift, Buch lesen statt TV glotzen, kalte Küche ist auch schmackhaft, Gemüse ist billiger als Fleisch und kann man prima roh essen. Wer nicht TV schaut, braucht auch kein Abo mehr. Das gilt natürlich auch fürs Internet, diesen Stromfresser. Man kann doch wieder Briefe schreiben, und ab und an ein Telefonat, das sollte noch möglich sein, aber bitte sich kurz fassen.

Wem es in der eigenen Stube zu kalt ist, der kann sich in den noch geöffneten Warenhäusern aufwärmen, bis auch dort die Heizung abgestellt wird. Mitsamt der Beleuchtung.

Ein grosser Vorteil unserer Breitengrade besteht darin, dass man, auch wie früher, Lebensmittel aufbewahren kann, indem man sie einfach der Kälte aussetzt. Das macht Kühlschrank und Tiefkühler völlig überflüssig. Dann gibt es ungeheuerliches Sparpotenzial bei Haushaltgeräten. Staubsauger, Föhn, Bügeleisen, Mixer, Kaffeemaschine, erst noch auf stand-by, elektrische Zahnbürste und Rasierapparat, da kann gespart werden, bis die Wasserkraftwerke überlaufen.

Der Volksgesundheit wäre auch ungemein zuträglich, wenn wir uns wieder an den von der Natur vorgegebenen Tagesablauf halten. Wenn es dunkel ist, ist’s halt dunkel. Dann geht man ins Bett. Oder, wer’s unbedingt wissen will, der setzt sich halt aufs Velo und strampelt sich Licht herbei.

Auch und gerade für Journalisten ist die Benützung einer mechanischen Schreibmaschine etwas Hilfreiches. Schliesslich haben auch Koryphäen wie Hemingway so ihre Artikel verfasst. Wer jeden Vertipper mit Tipp-Ex behandeln muss, beim Einfügen eines Absatzes die Schere benützen, bei einer Umstellung am besten den ganzen Artikel nochmal abtippt, der wird viel sorgfältiger formulieren und – das ist wahrhaft möglich und tut nicht übermässig weh – vor dem Schreiben zuerst nachdenken.

Genau das vermissen wir; denn all diese Tipps werden in den Medien noch nicht genügend propagiert. Aber das kommt hoffentlich noch.

Ach, Charles!

Die «Weltwoche» sollte bei ihren republikanischen Leisten bleiben.

Niemand kann in die Zukunft sehen. Aber wenn die «Weltwoche» einen Politiker oder VIP lobt, geht’s für den meistens den Bach runter. Extrembeispiel ist der Versager und Lügner Donald Trump. Das gilt auch für den Vollversager und Amok Steve Bannon. Ebenfalls für den ungarischen Regierungschef Orban.

Auch Putin misszuverstehen, war keine wirklich gute Idee. Nun wirft sich die «Weltwoche» ein wenig auf die britische, Pardon, englische Politik. Die neue Premierministerin Liz Truss wurde bereits als «die richtige Frau zur richtigen Zeit» gelobt. Zum Dank kündigte die angebliche Thatcher-Nachahmerin das grösste staatliche Hilfsprogramm aller Zeiten an.

Nun will sich die WeWo auch noch auf dem Gebiet gekrönter Häupter lächerlich machen:

Ein Zwangsneurotiker, von dessen Eignung für das Amt die eigene Mutter so überzeugt war, dass sie lieber bis zum letzten Atemzug selber die Krone trug? Ein frischgebackener König, der alleine schon im Umgang mit Füllfederhaltern in den ersten Tagen seiner Regentschaft häufiger die Fassung verlor als seine Mutter in über 70 Jahren Regentschaft? Ein ungetreuer Ehemann, der lieber ein Tampon an einem unaussprechlichen Ort seiner Geliebten Camilla wäre?

Nobel reicht Charles III. den tropfenden Füller seiner Gattin …

Aber lauschen wir den weihevollen Worten der WeWo:

«Ein weiterer positiver Aspekt der neuen Regentschaft wird das glückliche und stabile Privatleben des Königs sein.» Da rotiert die arme Diana im Grab. Camilla überzeuge durch «Charme, Zugänglichkeit, Unkompliziertheit und wahre Noblesse im besten Sinne. Die tragische Zeit, in der es auch um Prinzessin Diana ging, liegt inzwischen mehr als ein Vierteljahrhundert zurück und ist ein abgeschlossenes Kapitel.» Charles habe «mehr als ein halbes Jahrhundert über seine neue Rolle nachgedacht», «eine baldige Reise des neuen Königspaars in alle Commonwealth-Staaten, inklusive der kleinsten wie Tuvalu im Pazifik und Nevis in der Karibik, wäre ein guter Ausgangspunkt, um für den Fortbestand der konstitutionellen Monarchie zu kämpfen». Hoffentlich begegnet er dort keinen Füllern.

Und dann der krönende Höhepunkt: «Seine Mutter, erklärte er in seiner Rede, habe ein erfülltes Leben gehabt und ihr Versprechen eingelöst. Von ihm wird man das dereinst auch sagen.»

Das schlägt aber vielmehr dem Fass die Krone ins Gesicht. Ein ewiger Warteinweiler, der nicht mal sein Privatleben nobel und privat halten konnte? Ein Gärtner, der mit untauglichen Umweltratschlägen auffiel? Ein gebrochener Mann, der bis ins hohe Alter damit konfrontiert war, dass ihn die eigene Mutter für einen so grossen Vollpfosten hielt, dass sie eine vorzeitige Abdankung nicht mal in Erwägung zog?

Wer ihn nur einmal dabei beobachtet hat, wie er manisch mit seinen Wurstfingerchen ständig an seinen Manschetten zupft, dann hektisch die Nase reibt, leicht vornübergebeugt so offenkundig Interesse an seiner Umgebung nur heuchelt, dass niemand mit ihm warm wird: der ist keine moderne Fortsetzung der konstitutionellen englischen Monarchie, sondern ihre grösste Gefahr.

Deren Überlebenschancen würden deutlich steigen, wenn er so schnell wie möglich seinem Sohn und Thronfolger Platz machte. Aber wer ganze 72 Jahre darauf warten musste, nicht mehr Prinz Charles zu heissen, sondern Charles III., der wird sich wohl an der Krone festhalten, bis sie ihm vom Kopf fällt.

 

Bewaffnete Neutralität

Frieden schaffen mit viel Waffen.

Die deutschen Grünen legen noch den letzten Salto in Sachen Opportunismus, Wankelmütigkeit und Verrat an allen Prinzipien hin.

AKW? Gute Sache, sollte man gleich noch in Reserve halten. Kohlekraftwerke? Na ja, im Notfall …

Die Gründerväter (und -mütter) rotieren im Grab. Immerhin müssen das Petra Kelly oder Gerd Bastian nicht mehr erleben. Wer das war? Ach, so zwei prinzipientreue, pazifistische und aufrechte Kämpfer für grüne Anliegen, als es noch obligatorisch war, diese Buttons zu tragen:

 

Oder diese Fahne flattern zu lassen:

Das sehen die deutschen Grünen inzwischen sehr entspannt. Dass die Aussenministerin Annalena Baerbock eine unerträgliche Stimme hat, dafür kann sie nichts. Aber für das, was sie sagt, alles. Denn inzwischen befürwortet sie die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine.

Das wäre dann das weite Mal in den letzten 80 Jahren, dass in der Ukraine deutsche Räder rollen bis zum Sieg. Oder so. «Luftabwehr, Artillerie, Mehrfachraketenwerfer», Baerbock hört sich inzwischen an wie eine Waffenhändlerin, nicht wie eine grüne deutsche Aussenministerin. Aber das hat bei den Grünen Tradition, schon Joschka Fischer, damals Aussenminister, verteidigte 1999 den völkerrechtswidrigen Einsatz der Nato im Jugoslawien-Krieg. Dafür fiel ihm auf dem Sonderparteitag der Grünen ein ungeheuerlicher Vergleich ein: «Auschwitz ist unvergleichbar. Aber ich stehe auf zwei Grundsätzen, nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus.»

Der Kosovo-Krieg war dann eine «humanitäre Intervention». Man sieht, dass Kreml-Herrscher Putin nicht ganz alleine ist im Erfinden euphemistischer Beschreibungen für Kriegsverbrechen. Ein solches war beispielsweise die Bombardierung von Belgrad ohne Zweifel.

Schon damals rumorte es etwas an der grünen Basis, aber da alle Grundsätze der Gründungsgrünen der Teilhabe an der Macht geopfert worden waren, kam Fischer damit durch.

Nun haben wir einen grünen Wirtschaftsminister in Deutschland, der von Wirtschaft keine Ahnung hat. Und eine grüne Aussenministerin, die wohl lieber Kriegsministerin wäre.

In der Schweiz sind die Grünliberalen auf den Spuren der deutschen Grünen. Die Fraktionschefin Tiana Moser befürwortet Schweizer Waffenlieferungen an «demokratische» Länder, «wenn die angegriffen werden». Gut, damit wären solche Lieferungen an die Ukraine eigentlich ausgeschlossen, denn dort wird die Präsidentschaft nicht in Wahlen entschieden, sondern gekauft. Aber mit solchen Details will man sich bei den Grünliberalen nicht aufhalten.

Die Schweizer Grünen sind noch etwas zurückhaltender, weil hierzulande noch diese dumme bewaffnete Neutralität im Raum steht. Inklusive Verbot, an Kriegsparteien Waffen zu liefern, unabhängig von der demokratischen Ausrichtung. Und auch unabhängig davon, wer Angreifer und wer Angegriffener ist.

Allerdings mehren sich auch in der Schweiz die Stimmen, dass man sich von einem angeblich überholten Neutralitätsbegriff verabschieden müsse. Wenn es (mal wieder) um Gut gegen Böse ginge, könne die Schweiz nicht einfach abseits stehen. Sie müsse sich auf einer Seite engagieren, natürlich auf der guten. Die gute Seite ist dort, wo die Nato steht, so die Banallogik der Analyse. Dabei wird auch geflissentlich übersehen, dass die Schweiz nicht Mitglied bei der Nato ist.

Allerdings, das ist wahr, stand sie im Kalten Krieg unter dem Schutzschirm des westlichen Verteidigungsbündnisses, und bei allen Sandkastenspielen der Schweizer Militärs kam Rot, also der Feind, immer von Osten. Nie von Norden oder gar Süden, obwohl aus diesen Richtungen schon entschieden mehr Gefahr gegen die Schweiz ausgegangen war.

Wie viele edle Haltungen ist Neutralität kein Problem, wenn sie nicht auf dem Prüfstand steht. «Wir sind neutral» zu sagen, wenn das niemand in Frage stellt, ist einfach. «Ich bin ehrlich, anständig und kein Dieb», das ist eine wohlfeile Aussage, wenn die Lebensumstände angenehm und der Mensch gesättigt ist. Anders sieht’s schon aus, wenn es ums Überleben ginge, ums Verhungern. Eine edle Haltung ist wohlfeil, wenn sie keinen Versuchungen oder Prüfungen ausgesetzt ist.

Ist die Schweizer Neutralität Versuchungen ausgesetzt? Zumindest Forderungen, dass sie überdacht werden sollte, nicht mehr zeitgemäss sei, man sich doch nicht nur den Sanktionen, sondern auch militärischer Hilfe anschliessen solle. Nach dem üblichen Argument: Neutralität heisse, indirekt oder gar direkt den Aggressor Russland zu unterstützen.

Das ist Unsinn, aber verführerischer Unsinn. Natürlich war die Neutralität der Schweiz nie unbefleckt und vollkommen. Natürlich hat die Schweiz schon Waffen an Länder geliefert, die sie dann in inneren oder äusseren Konflikten einsetzten. Aber das waren eindeutig Fehler. Wieso dann solche Fehler wiederholt werden sollten, entzieht sich ebenfalls jedem logischem Verständnis.

 

Federlesens

Der Balljunge hört auf.

Um die Ukraine von Platz eins zu stossen, dafür hat’s nicht gereicht. In den letzten zwei Tagen ergibt das Wort Ukraine 1850 Treffer in der Mediendatenbank SMD. Roger Federer bringt es immerhin auf 640.

Dabei erfährt er höchste Weihen. kath.ch fragt: «Ist Roger Federer ein Tennis-Gott?» Antworten tut ausgerechnet Abt Urban – Achtung, Brüller – Federer. Antwort: «Wenn jemand so gut ist wie Roger Federer, suchen wir beim Sprechen nach Superlativen. Auch wenn ich ihn nicht so nennen würde, gefällt mir, dass «Gott» für das Grösste im Leben steht.»

«Traum-Karriere in Zahlen», betet watson.ch ehrfürchtig runter. «Vom Problemfall und Hitzkopf mit Heimweh zur Sportikone und Milliardenmarke», so fasst CH Media seine Karriere zusammen. «Grosse Siege, Reifeprüfungen und ein Eklat», himmelt ihn die NZZ an, «Roger Federer: Zu gross für die Schweiz», legt sie noch nach.

«Tennis ist seine grosse Liebe», verrät die «Schweizer Illustrierte» ein wohlgehütetes Geheimnis von Federer. «Roger Federer: der Maestro der Moneten», so stabreimt die «Handelszeitung». «Warum Roger Federers Exit auch eine Erlösung ist», so begibt sich srf.ch in himmlische Höhen. Tamedia macht gleich eine ganze Rubrik auf; dort «erzählen Tennisexperten ihre Highlights mit Federer». Das Blöd-Blatt blickt ganz nah hin: «Tränen bei Mama Lynette: Emotionen pur während Federer Rücktrittsverkündung». Eine Verkündung ist eigentlich auch etwas Religiöses …

Natürlich kramt nun jeder, an dem einmal ein von Federer geschlagener Filzball vorbeiflog, seine Erinnerungen aus. Im «Bote der Urschweiz» erinnern sich «Schwyzer Sportlerinnen an Treffen mit Federer». «So hat Blick-Reporterin Cécile Klotzbach Roger Federer erlebt», «Hingis war bei Federers letzten Trainings dabei».

Auch eine schöne Gelegenheit, mal wieder auf seinem Rivalen rumzuhacken: «Djokovics Schweigen zu Federer-Rücktritt fällt auf», raunt «watson». Aber «20 Minuten» kann dann Entwarnung geben: ««Eine Ehre, dich zu kennen» – jetzt meldet sich Djokovic zum Federer-Beben».

Federer-Beben? Ein alternder Tennisstar, zunehmend von Verletzungen geplagt und erfolglos, zieht endlich die Konsequenzen. Mit 41 Jahren hat er schliesslich noch genug Zeit, seine Millionen zu streicheln und über ein Leben nachzudenken, dass nicht mehr darin besteht, einen gelben Ball so über ein störend aufgespanntes Netz zu dreschen, dass er auf der anderen Seite rechtzeitig wieder runterkommt und nicht korrekt zurückgedroschen werden kann.

 

Weltfremde Provinzmedien

 Wie man in der Schweiz auf andere Sichtweisen reagiert.

Von Felix Abt

Meinen Artikel mit einem anschaulichen, aktuellen Beispiel über den Umgang mit «kultureller Aneignung» in Asien — in der Schweiz ein heisses, hier in Asien ein eher lauwarmes Thema — habe ich zeitgleich an die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), die Handelszeitung und die Weltwoche geschickt.

Wie es sich für eine vornehme Dame mit guten Manieren gehört, antwortete die alte Tante von der Falkenstrasse höflich und innerhalb von 48 Stunden: «Wir haben in den letzten Wochen schon sehr viele Beiträge rund um das Thema der kulturellen Aneignung veröffentlicht und weitere Artikel sind in Planung, sodass wir nichts Zusätzliches mehr entgegennehmen können.»  Natürlich kann ich verstehen, dass neue, etwas aus der Reihe tanzende Aspekte von der NZZ nicht mehr berücksichtigt werden können. «Don’t rock the boat!», ist wohl das Motto der Zeitung, die nur wenige Gehminuten vom sanften Wellengang, Ruhe und Erholung bietenden Zürichsees entfernt liegt.

Die Handelszeitung hat es sich wesentlich leichter gemacht, indem sie überhaupt nicht reagiert hat. Ich habe fälschlicherweise angenommen, dass das Thema für eine Zeitung, die «Handel» im Namen trägt, mit Lesern, die Handel in Asien treiben, von Interesse sein könnte. Diese waren aber wahrscheinlich klug genug, ihr Abonnement zu kündigen und sich direkt in asiatischen Medien zu informieren.

Im März dieses Jahres wurde ich von der «Weltwoche» kontaktiert: «Gerade habe ich Ihren hochinteressanten Artikel über die Uiguren im ‘CovertAction Magazine’ gelesen. Wäre es möglich, eine deutsche, allenfalls leicht gekürzte Version davon in der ‘Weltwoche’ zu veröffentlichen? Wir sind immer bemüht, unseren Leserinnen und Lesern neue Sichtweisen auf bekannte Themen zu präsentieren. Ihr Artikel erfüllt dieses Kriterium ideal.» Sehr gerne, war meine Antwort und in der ersten Aprilwoche wurde der Artikel von beiden Seiten mit «Gut zum Druck» abgezeichnet. Warum der Artikel aus mir unbekannten Gründen nicht veröffentlicht wurde, bleibt das Geheimnis der Weltwoche.

Daher war ich nicht ganz überrascht, dass ich keinerlei Reaktion auf meinen neuen Artikel erhielt. Wahrscheinlich ist die vielgepriesene Meinungsvielfalt in dieser Zeitschrift so wahr wie die «Welt» im Titel, aber als Verkaufsargument für Roger Köppel erfüllt sie dennoch ihren Zweck.

Als in Asien lebender Schweizer mit einer «anderen Sichtweise» (ein weiterer Begriff, den Köppel gerne verwendet), die durch meine verschiedenen Aufenthalte und beruflichen Tätigkeiten geprägt ist, kann ich vielleicht einige ungewöhnliche Denkanstösse geben. Zum Beispiel, dass ich als einer der wenigen Schweizer, vielleicht sogar als einziger, ausgerechnet in Nordkorea ein Schwingerfest besucht habe. Wäre das nicht eine interessante Geschichte für die Weltwoche: Wie beliebt ist das Schwingen in Nordkorea? Haben es die Koreaner von den Schweizern abgekupfert oder gar umgekehrt? Bekommt der Sieger auch einen Muni geschenkt, einen abgemagerten Lebendpreis? Aber wenn sich die Weltwoche zu diesem Thema an mich wenden würde, könnte meine Antwort nur so lauten: Einer echten Weltwoche würde ich gerne zu einem spannenden Artikel verhelfen, aber einer Provinzwoche, die Sie eigentlich sind, kann ich nur empfehlen, sich weiterhin ausschliesslich mit Schweizer Schwingfesten zu beschäftigen.

Der von den vereinten Schweizer Mainstream-Medien abgelehnte Artikel wurde inzwischen in den USA von «Eurasia Review», in Deutschland von den alternativen Medien «Ansage» und «Apolut» und in Österreich vom alternativen «tkp Blog für Science & Politik» veröffentlicht, wo Sie ihn unzensiert lesen und sich eine eigene Meinung bilden können.

 

Peinlich

Qualitätskontrolle war gestern. Ungehemmtes Geschwätz ist heute.

Weil der Qualitätsmedienkonzern Tamedia fast alles von der «Süddeutschen Zeitung» in München rezykliert und seinen Lesern als Eigenleistung präsentiert, für die sie gefälligst happig zahlen sollen, übernimmt er auch sämtlichen Unsinn.

So weiss der «Zentral- und Osteuropa-Korrespondent» Florian Hassel Erstaunliches aus der Ukraine zu berichten: «Die Ukraine lebt vom Export, vor allem von Getreide, Stahl und Eisen. Ihre Bauern brauchen neben ihren fruchtbaren Böden gewöhnlich nur genug Regen.» Verblüffend, überall sonst braucht es auch noch Düngemittel, Herbizide, eine Aussaat und noch so ein paar Kleinigkeiten. Aber wahrscheinlich wird in der Ukraine Stahl einfach fertig aus dem Hochofen gezogen.

Auch aus diesem Bereich vermeldet Hassel Oberflächliches: «Das Kronjuwel der ukrainischen Metallindustrie, zu dem auch eigene Eisenerzgruben gehören, ist Arcelormittal in Kriwi Rih, der Heimatstadt von Präsident Wolodimir Selenski. 2005 verkaufte die Ukraine das Staatsunternehmen an den indischen Stahlmilliardär Lakshmi Mittal». Das ist der, der auch in den indischen Kohleskandal verwickelt ist, was ein Blick in Wikipedia enthüllt hätte. Recherche war gestern.

Aber immerhin widmet sich Hassel einem Thema, das in der Kriegsgurgel-Berichterstattung weitgehend vernachlässigt wird. Wie steht es eigentlich um die ukrainische Wirtschaft? Ums BIP, die Wertschöpfung, die Arbeitsstellen, das Einkommen? Denn nicht jeder Ukrainer ist Multimillionär wie ihr Präsident. Da weiss Hassel: «Doch der Krieg könnte noch Jahre dauern – und damit auch die Notwendigkeit für mindestens Dutzende weitere Milliarden aus dem Westen, Hunderte Milliarden Euro für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur noch gar nicht eingerechnet.»

Dutzende weitere Milliarden? Der Mann sollte mal einen Grundkurs in Volkswirtschaft besuchen.

Auf ihre Art widmet sich CH Media dem Thema Sparen. Genauer gibt Wirtschaftsredaktor Niklaus Vontobel wertvolle Tipps als «Hilfe zur Selbsthilfe». Zum Beispiel: «So sollten Autofahrende darauf achten, in welcher Region und an welcher Tankstelle sie einkaufen. Denn die Benzinpreise sind in der Schweiz hoch und variieren stark. Tankstellen auf der Autobahn zum Beispiel verlangen oft höhere Preise als kleine Tankstellen.»

Darauf muss man ja erst mal kommen. Aber auch bei der Ernährung gibt es ungeahnte Sparmöglichkeiten: «Wer mehr Gemüse isst, dafür weniger Fleisch, der entlastet sein Budget. Ein Kilo Fleisch kostet im Schnitt an die 21 Franken, Gemüse hingegen weniger als 6 Franken.»

Aber leider muss Vontobel am Schluss noch eine bittere Pille verabreichen: «Bis die Inflation wieder zurück ist auf jenem Niveau, wo sie die Notenbanken haben wollen, wird es noch ein langer Kampf werden.»

Auf höherem Niveau scheitert Bettina Weber in der «SonntagsZeitung». Sie widmet sich dem beliebten Thema: ein Fall, zwei Fälle, eine Welle. Dass der Titel «Der Russinnen-Trick» im diskriminierungssensiblen, vom Genderwahn geplagten Tamedia-Konzern durchging – ein Zeichen nachlassender Kontrolle?

Dann schildert Weber einen dramatischen Einzelfall, um den Aufschwung ins Allgemeine zu wagen. Denn Anwälten und auch dem Chef des Zürcher Migrationsamt sei dieser Begriff bekannt. Dessen Verwendung auch nicht besser wird, wenn Weber erwähnt: «Es geht beim Phänomen mit dem politisch unkorrekten Namen nicht um die Nationalität, nicht einmal zwingend um das Geschlecht, da es auch schon afrikanische Männer gegeben haben soll, die ihre Schweizer Frauen der Gewalt beschuldigten, um auf diese Weise eine B-Bewilligung zu erhalten.»

Allerdings muss Weber dann einräumen: «Wie häufig der «RussinnenTrick» vorkommt, kann niemand sagen. Zahlen fehlen, da die Fälle weder vom Migrationsamt noch von der zweiten Instanz, dem Verwaltungsgericht, nach Artikeln erfasst werden.» Also wenden ihn eine unbekannte Anzahl Russinnen, afrikanischer Männer und ähnlich zwielichtiger Gestalten an.

Diese unbekannte Menge von Gesocks versucht, sich mittels eines Gutmenschen-Gesetzesartikels das Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu erkämpfen, wenn eine Ehe mit einem Schweizer schnell in die Brüche geht, was normalerweise zur Ausweisung führt. Das Benutzen eines Gesetzes ist nicht strafbar; allerdings macht ein solcher Missbrauch die entsprechende Bestimmung fragwürdig.

Doch darauf geht Weber nicht weiter ein, sie erzählt lieber ein tragisches Einzelschicksal in allen Details aus. Wobei sie naturgemäss nur die Position des betroffenen Schweizer Mannes unkritisch übernimmt. Offenbar hat sie nicht einmal den Versuch unternommen, die andere Seite, also die der Frau, zu hören. Eine unselige Tradition bei Tamedia.

Qualität war gestern, heute wird an ungefiltertem Flachsinn nicht gespart.

 

Der Marathon

Nur eine Zahl, aber eine Leistung.

Wir sind auf ZACKBUM eher sparsam mit Eigenlob. Aber für eine runde Zahl machen wir eine Ausnahme. Das hier ist der 2000. Artikel, der seit dem 25. Juli 2020 auf ZACKBUM erscheint.

Wir verkündeten damals die Rückkehr der Medienkritik, und in der seither vergangenen Zeit ist es immer einsamer auf diesem Gebiet geworden. Die NZZ entledigte sich ihres langjährigen Medienkritikers und sparte dann auch gleich das Gefäss ein. Der «Schweizer Journalist» denaturierte zur «Journalist:in», und so ist der Inhalt auch. Tamedia bedient das Gefäss nur von Fall zu Fall mit dem Blick durch die Gesinnungsbrille, bei CH Media fäustelt gelegentlich ein eingewechselter Schreiber.

Also eine USP für ZACKBUM, aber darüber kann man sich nicht freuen. Wir freuen uns hingegen, dass wir in der Branche zwar fleissig gelesen, aber verkniffen ignoriert werden. Von der Chefetage bis zum Fussvolk nimmt man unsere Artikel zur Kenntnis. Souveräne Vertreter der Branche melden sich gelegentlich mit Lob und Tadel, andere Exemplare machen die Faust im Sack und denken vergeblich «na warte».

Wir profitieren von einer in der heutigen Medienlandschaft einmaligen Stellung: wir sind niemandem verpflichtet. Haben keine Rücksichten zu nehmen. Müssen nicht als Mietmaul, Büttel oder Lohnschreiber auftreten. Diese Freiheit kostet zwar, so ist uns der Zugang zu den Mainstream-Medien verbaut, aber diesen Obolus entrichten wir gerne für die damit mögliche Freiheit.

Neben dem Niedergang der Medienkritik ist in diesen zwei Jahren auch ein deutlicher Niedergang der Medien zu verzeichnen. Die Berichterstattung über Corona hat dem sowieso nicht hochstehenden Image der Medienschaffenden einen schweren Schlag versetzt. Je mehr sie in die Bedeutungslosigkeit absinken, desto lauter und krampfhafter wird ihre Kommentarsucht, ihre Rechthaberei und Besserwisserei, der unselige Hang, den Leser nicht informieren, sondern belehren zu wollen.

Das setzt sich nahtlos in die Berichterstattung über den Ukrainekrieg oder den aufkommenden Sparwahn fort.

Es gibt exogene Faktoren, die das Geschäftsmodell Newsvermittlung problematisieren. Aber im Wesentlichen sind die Probleme hausgemacht. Wer meint, minderwertigen Inhalt, zum Skelett gesparte Redaktionen und Gesinnungsjournalismus zu exorbitanten Preisen verkaufen zu können, ist nicht ganz dicht.

ZACKBUM wird, die anhaltende Lust des Autors vorausgesetzt, auch mit den nächsten 2000 Artikeln den Trauermarsch bis zum Friedhof begleiten. Trost spenden dabei nur fremdsprachige Medien, vor allem angelsächsische. Sie zeigen dem deutschen Jammertal, was heutzutage alles möglich ist.

Trotz unseren Dichtern und Denkern leben wir vielleicht in der falschen Sprachwelt.

Auch wenn wir gelegentlich an ihnen verzweifeln, danken wir dennoch unseren Lesern, Unterstützern und Kritikern ganz herzlich. Ohne sie wäre das hier alles gar nicht möglich.