Freiheit und Demokratie

Unsere wird eigentlich überall verteidigt. Weltweit.

Eine solche Illustration macht eine KI, wenn man sie beauftragt, die Verteidigung der Freiheit episch darzustellen. Ein Traumbild, etwas schwer interpretierbar, wer denn da die Freiheit ist und wogegen sie sich verteidigt.

Daher perfekt getroffen. Denn es ist ja nicht nur so, dass wir frei sind, in Freiheit leben, die Freiheit lieben. Was immer das auch sein mag. Wir lieben auch die Demokratie, ausser Trump wird gewählt, aber das ist ein anderes Thema.

Nun ist die Freiheit nicht einfach gottgegeben, sondern sie muss verteidigt werden. Denn: «Freiheit in Gefahr: Wir sind nur noch 67 Demokratien», wusste die «Schweiz am Wochenende» aus dem Hause CH Media schon Anfang 2023. «Ist die Justizreform eine Gefahr für die israelische Demokratie», fragte «Audiatur» bang, als der Krieg im Gazastreifen noch nicht tobte.

«Lasst uns die Freiheit verteidigen», mahnt Präsident Selenskyj immer wieder und auf allen Kanälen. Wie immer etwas ungelenkig sagt die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock: «Mit dem Finger aufeinander zeigen, bringt der Ukraine weder Frieden noch Freiheit». «Ich bin für viel persönliche Freiheit», sagt Psychiater Frank Urbaniok. Auch SVP-Präsidentschaftskandidat Marcel Dettling weiss: die Schweiz müsse «ihre Freiheit und direkte Demokratie verteidigen». Sogar oder gerade das WEF verteidigt Demokratie und Freiheit. Natürlich auch die US-Waffenlobby NRA. Da will Präsident Putin nicht zurückstehen. Russland kämpfe in der Ukraine für die «Freiheit der gesamten Welt».

Unablässig, das ist klar, muss die Freiheit verteidigt werden. Henrik Müller geht im «Spiegel» sogar noch einen Schritt weiter, ganz in die Ferne: «Unsere Freiheit wird auch in Taiwan verteidigt». Bislang dachten wir, dass es beim Hindukusch aufhört. Bislang waren wir sicher, dass sie in der Ukraine verteidigt wird. Aber auch in Taiwan? Echt jetzt?

Etwas komplex scheint es allerdings in der Ukraine zu sein. Wenn beide Kriegsparteien für die Freiheit kämpfen, bzw. sie verteidigen, gibt es dann mehr als eine Freiheit? Ist es nicht immer die Freiheit, die schon Eugène Delacroix 1830 so hinreissend malte?

Darf man zwischendurch mal fragen, was Freiheit eigentlich ist? Für ein Individuum ist es wohl die Möglichkeit, unter verschiedenen Optionen eine wählen zu dürfen, ohne Zwang. Ist das dann für eine Gesellschaft auch so? Aber da kann sich sicher nicht jeder ohne Zwang so entscheiden, wie es ihm gerade drum ist.

Absolute Freiheit ist sowieso unmöglich und unerträglich. Sie bedeutet Willkür, Faustrecht, Amoral, den Untergang. Freiheit braucht also immer Grenzen, damit so viel Freiheit wie möglich herrscht. Meinen all die Verteidiger der Freiheit etwa das?

Nein, meinen sie nicht. Sie benützen einfach die Strahlkraft des Wortes, das zu den wohl am postivsten konnotierten in jeder Sprache gehört. Brüderlichkeit, Gleichheit, Freiheit. Gerne gesellt sich auch noch das Wort Solidarität dazu. Das Wort Gerechtigkeit.

Wer Menschen hinter sich scharen will, wer auf Stimmenfang geht, wer die Notwendigkeit unterstreichen will, dass man ihn unterstützt, der spricht immer von Freiheit.

Auch Grossdenker Peer Teuwsen sorgt sich in der NZZaS: «Ist uns die Freiheit eigentlich verleidet?» Schwer zu sagen, Teuwsen ist offensichtlich Französisch verleidet. So zitiert er gelahrt Rousseau: «Der Mensch wird frei geboren, und überall ist er in Banden.» In kriminellen Banden? Nein, Rousseau sagte «fer», also Ketten. Und wieso der Mensch «frei»geboren werde, was das genau bedeuten mag, das liess Rousseau – wie so manches – im Vagen. Dann klagt Teuwsen an, es werde «gereist, als gebe es kein Morgen». Da hätten wir gerne mal eine Einblick in seine eigenen fabulösen Reisespesen genommen.

Offensichtlich gibt es verschiedene Freiheiten. Es gibt die Freiheit von Hunger. Das ist gut. Es gibt die Freiheit von Bildung, das ist schlecht. Dann gibt es offenbar noch «unsere» Freiheit. Und die wird eben in Taiwan verteidigt. Gegen wen? Natürlich gegen die Unfreiheit, also gegen China. Wieso aber hat sich «unsere» Freiheit bis nach Taiwan verlaufen? Ist sie in der Ukraine ausgebüchst? Fehlt sie nun in Israel?

Wer vor allem in einem Massenmedium das Wort «Freiheit» gebraucht, will damit rustikal auf Leserfang gehen. Wer «Freiheit» und «verteidigen» in einem Atemzug erwähnt, sollte sofort überlesen werden. Denn es ist ein Scharlatan, der auf die Strahlkraft dieses Worts vertraut, um seine eigene Botschaft besser zu transportieren.

Von solchen Rattenfängern sollte man sich frei machen.

 

3 Kommentare
  1. H.v.Atzigen
    H.v.Atzigen sagte:

    Freiheit ist und kann je nach Anwendungsbereich, auch mehr oder weniger begrenzt sein.Grundsätzlich wird die Freiheit des Individuums durch die Freiheit des, der anderen begrenzt.Die Freiheit einer Gruppe, Gemeinschaft, Staat durch die Freiheit einer anderen Gruppe Gemeinschaft, oder Staat.In der Praxis kann es nur mit Kompromiss, oder der Suche nach der besten Lösung funktionieren.Die Kernbasis für die besten Lösung ist die unbegrenzte Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt.Daraus ergibt sich so lange, die Freiheit keines anderen Individuums keiner anderen Gruppe tangiert wird kann sie faktisch grenzenlos sein.Praktisch 100 % Frei kann nur der Geist, können nur Gedanken sein.Auch das ist nicht geschenkt auch das muss jeder sich selbst erarbeiten pflegen und leben.Wer Meinungen, das Freie Denken unterdrückt, schadet auch allen anderen, der Gemeinschaft, den in jeder Meinung kann die Lösung oder der Lösungsansatz sein.Die suche nach der besten Losung verlangt nach der freien Debatte, aus der die bestmöglichen Lösungen erarbeitet werden. Daraus ergibt sich der Schutz und die bedingungslose Verteidigung der freien Meinung und Meinungsäusserung und deren Bedingungsloser Schutz, als Kernvoraussetzung für Zivilisation. Nur mit dieser Voraussetzung KANN eine „falsche» Meinung durch eine „richtige“ Meinung ersetz werden.Wer andere Meinungen ausschaltet oder ausschalten will, gibt zu verstehen das er weder andere Meinungen noch die Freiheit der des anderen respektiert, der beschädigt obendrauf auch die Freiheit einer Gemeinschaft.———Noch das mit Demokratie.——–Ganz einfach das heisst Volksherrschaft, der Mehrheit in einer Gemeinschaft im Staat die sich in der freien Meinung und Debatte herausbildet, die nach der bestmöglichen Lösung sucht, oder dem Mehrheit Wunsch und Willen entspricht.Es gibt nun einmal so einige die verstehen, die eigene Meinung als demokratisch die der, des anderen als undemokratisch. Damit ist der Begriff Diktatur abgedeckt sei es als Ansinnen oder Zielsetzung. DAMIT ist der erste Schritt in eine Diktatur gesetzt. Demokratie sollte SELBSTVERSTÄNDLICH sein, wenn jedes 2 Wort Demokratie lautet, dann sollten die Glocken schrillen, es zeigt das die betreffenden, mit Demokratie und Freiheit auf Kriegsfuss stehen.

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    • Niklaus Fehr
      Niklaus Fehr sagte:

      Das Problem der Demokratie ist, dass es in einen ewigen Kampf ausartet wo die Unterlegenen eine mehrheitlich gefasste Entscheidung versuchen wieder zu kippen. Man ist nie sicher wie lange etwas Bestand hat. Die Akzeptanz eines Abstimmungsresultats wird immer schlechter. Da wird viel Energie verschwendet. Genauso wie in den unproduktiven Wahlkämpfen. Diese lämenden Effekte sind ja nicht immer schlecht, ab manchmal wünschte ich mir schon, dass es Zack Bum geht. Das ist der Preis für die Freiheit, dass fast jeder mitmachen kann.

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  2. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Wirkliche Freiheit ist schwer zu definieren. Es braucht eben
    konkrete Beispiele. Für uns Schweizer eignet sich dazu
    der 1.August. Da haben wir nämlich frei.

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