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Freiheit und Demokratie

Unsere wird eigentlich überall verteidigt. Weltweit.

Eine solche Illustration macht eine KI, wenn man sie beauftragt, die Verteidigung der Freiheit episch darzustellen. Ein Traumbild, etwas schwer interpretierbar, wer denn da die Freiheit ist und wogegen sie sich verteidigt.

Daher perfekt getroffen. Denn es ist ja nicht nur so, dass wir frei sind, in Freiheit leben, die Freiheit lieben. Was immer das auch sein mag. Wir lieben auch die Demokratie, ausser Trump wird gewählt, aber das ist ein anderes Thema.

Nun ist die Freiheit nicht einfach gottgegeben, sondern sie muss verteidigt werden. Denn: «Freiheit in Gefahr: Wir sind nur noch 67 Demokratien», wusste die «Schweiz am Wochenende» aus dem Hause CH Media schon Anfang 2023. «Ist die Justizreform eine Gefahr für die israelische Demokratie», fragte «Audiatur» bang, als der Krieg im Gazastreifen noch nicht tobte.

«Lasst uns die Freiheit verteidigen», mahnt Präsident Selenskyj immer wieder und auf allen Kanälen. Wie immer etwas ungelenkig sagt die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock: «Mit dem Finger aufeinander zeigen, bringt der Ukraine weder Frieden noch Freiheit». «Ich bin für viel persönliche Freiheit», sagt Psychiater Frank Urbaniok. Auch SVP-Präsidentschaftskandidat Marcel Dettling weiss: die Schweiz müsse «ihre Freiheit und direkte Demokratie verteidigen». Sogar oder gerade das WEF verteidigt Demokratie und Freiheit. Natürlich auch die US-Waffenlobby NRA. Da will Präsident Putin nicht zurückstehen. Russland kämpfe in der Ukraine für die «Freiheit der gesamten Welt».

Unablässig, das ist klar, muss die Freiheit verteidigt werden. Henrik Müller geht im «Spiegel» sogar noch einen Schritt weiter, ganz in die Ferne: «Unsere Freiheit wird auch in Taiwan verteidigt». Bislang dachten wir, dass es beim Hindukusch aufhört. Bislang waren wir sicher, dass sie in der Ukraine verteidigt wird. Aber auch in Taiwan? Echt jetzt?

Etwas komplex scheint es allerdings in der Ukraine zu sein. Wenn beide Kriegsparteien für die Freiheit kämpfen, bzw. sie verteidigen, gibt es dann mehr als eine Freiheit? Ist es nicht immer die Freiheit, die schon Eugène Delacroix 1830 so hinreissend malte?

Darf man zwischendurch mal fragen, was Freiheit eigentlich ist? Für ein Individuum ist es wohl die Möglichkeit, unter verschiedenen Optionen eine wählen zu dürfen, ohne Zwang. Ist das dann für eine Gesellschaft auch so? Aber da kann sich sicher nicht jeder ohne Zwang so entscheiden, wie es ihm gerade drum ist.

Absolute Freiheit ist sowieso unmöglich und unerträglich. Sie bedeutet Willkür, Faustrecht, Amoral, den Untergang. Freiheit braucht also immer Grenzen, damit so viel Freiheit wie möglich herrscht. Meinen all die Verteidiger der Freiheit etwa das?

Nein, meinen sie nicht. Sie benützen einfach die Strahlkraft des Wortes, das zu den wohl am postivsten konnotierten in jeder Sprache gehört. Brüderlichkeit, Gleichheit, Freiheit. Gerne gesellt sich auch noch das Wort Solidarität dazu. Das Wort Gerechtigkeit.

Wer Menschen hinter sich scharen will, wer auf Stimmenfang geht, wer die Notwendigkeit unterstreichen will, dass man ihn unterstützt, der spricht immer von Freiheit.

Auch Grossdenker Peer Teuwsen sorgt sich in der NZZaS: «Ist uns die Freiheit eigentlich verleidet?» Schwer zu sagen, Teuwsen ist offensichtlich Französisch verleidet. So zitiert er gelahrt Rousseau: «Der Mensch wird frei geboren, und überall ist er in Banden.» In kriminellen Banden? Nein, Rousseau sagte «fer», also Ketten. Und wieso der Mensch «frei»geboren werde, was das genau bedeuten mag, das liess Rousseau – wie so manches – im Vagen. Dann klagt Teuwsen an, es werde «gereist, als gebe es kein Morgen». Da hätten wir gerne mal eine Einblick in seine eigenen fabulösen Reisespesen genommen.

Offensichtlich gibt es verschiedene Freiheiten. Es gibt die Freiheit von Hunger. Das ist gut. Es gibt die Freiheit von Bildung, das ist schlecht. Dann gibt es offenbar noch «unsere» Freiheit. Und die wird eben in Taiwan verteidigt. Gegen wen? Natürlich gegen die Unfreiheit, also gegen China. Wieso aber hat sich «unsere» Freiheit bis nach Taiwan verlaufen? Ist sie in der Ukraine ausgebüchst? Fehlt sie nun in Israel?

Wer vor allem in einem Massenmedium das Wort «Freiheit» gebraucht, will damit rustikal auf Leserfang gehen. Wer «Freiheit» und «verteidigen» in einem Atemzug erwähnt, sollte sofort überlesen werden. Denn es ist ein Scharlatan, der auf die Strahlkraft dieses Worts vertraut, um seine eigene Botschaft besser zu transportieren.

Von solchen Rattenfängern sollte man sich frei machen.

 

Wumms: Fabian Molina

Viel schwatzen, wenig denken. Üble Mischung.

Der SP-Nationalrat Fabian Molina hatte angekündigt, während der Sommerpause darüber nachzudenken, ob er als Bundesrat kandidieren wolle. Haben wir gelacht. Leider hat er es verabsäumt, uns über das Ergebnis der Selbsterforschung zu informieren.

Molina ist der Archetyp des Jungspunds, der kein Mikrophon und kein Fettnäpfchen auslässt. Zusammen mit seinem Parteichef Cédric Wermuth ist er dafür, innereuropäische Flüge zu verbieten, wenn man das Ziel auch mit der Eisenbahn unter zehn Stunden erreichen kann. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, mit seinem Chef zusammen nach Berlin zu fliegen, um dem damaligen Wahlsieger Olaf Scholz zu gratulieren.

Gilt es, angebliche demokratische Fortschritte im Mafiastaat Kosovo zu loben, dessen erster Präsident inzwischen als Angeklagter vor dem Internationaler Strafgerichtshof steht, ist er immer vorne dabei. Geht es darum, Zürich «stabil Nazifrei» (Originalrechtschreibung) zu halten, lässt er sich gerne in modischem Schwarz im Schwarzen Block fotografieren. Um sich anschliessend scheinheilig von Gewalt zu distanzieren.

Bei der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan forderte er flugs die Aufnahme von 10’000 Afghanen in der Schweiz. Auf die Frage, ob er vielleicht auch ein, zwei beherbergen würde, regierte er genervt, dass er bekanntlich kein Staat sei und deshalb kein Asyl gewähren könne. Sein Appell, weltweit sämtliche Kriegshandlungen einzustellen, um die Pandemie besser zu bekämpfen, verhallte genauso ungehört wie seine Aufforderung, die NATO aufzulösen. Die er nach dem Beginn des Ukrainekriegs auch nicht mehr wiederholte.

Seinen neusten Höhepunkt des Dummschwätzen erreicht er bei der Beurteilung der verbrecherischen Attacke der fundamentalistischen Hamas auf zivile Ziele in Israel. Da meinte er, einen schön staatstragenden Tweet abgesetzt zu haben:

«Die SP-Schweiz und mich schockiert das Leid, das die Gewalteskalation bei der Zivilbevölkerung in Israel und Palästina auslöst. Unsere Gedanken sind bei den Opfern.»

Für diesen Unsinn, insbesondere für das Wort «Gewalteskalation», erntete er einen Shitstorm. Aalglatt legte er nach: «Israel wurde Opfer eines terroristischen Angriffs.» Dabei habe die Hamas brutale, widerwärtige Kriegsverbrechen gegen Zivilpersonen begangen. «Nichts kann das entschuldigen

Die Hamas ist für ihn allerdings entschuldigt. So stimmte Molina noch letztes Jahr – mit der Parlamentsmehrheit – gegen ein Verbot der Terrororganisation in der Schweiz. Das müsse man nun «überdenken», rudert er auch hier zurück. Denn inzwischen ist sie für ihn «eine verbrecherische Organisation und ein korrupter Haufen». Nach dem schönen Politikerwort: was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an.

Allerdings ist Molina auch tapferes Mitglied der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz – Palästina. Ihr gehören übrigens auch die Genossen Barara Gysi und Carlo Sommaruga an. Der Hamas-Freund Geri Müller hingegen hat inzwischen seine Homepage abgeschaltet, sicher ist sicher.

Da wird es mit einem Parlamentarier-Reisli in den Nahen Osten, einer der Lieblingsbeschäftigungen von Molina, wohl nichts. Aber er kann sich trösten, schliesslich ist er auch Co-Präsident der Freundschaftsgruppe Schweiz – Taiwan, und in dieser Eigenschaft gönnte sich Molina kürzlich den Flug nach Taipeh; sind ja auch nur 9500 km, one way.

Neben all diesen Aktivitäten findet Molina  auch noch Zeit, Co-Präsident der Entwicklungshilfeorganisation Swissaid zu sein. Die feiert dieses Jahr ihr 75. Jubiläum, das findet allerdings ohne Beteiligung des Präsidenten statt. Auf die Frage, wie er sich denn da einbringe für sein Gehalt, mochte er nicht antworten.

Gegenwahrheiten, Teil 3

Ob provoziert oder unprovoziert – ein Krieg allein reicht nicht!

Von Felix Abt

Hier geht’s zu Teil eins und Teil zwei.

Mit der NATO-Erweiterung in Ost- und Nordeuropa ist es jedoch noch nicht getan. Jetzt arbeitet dieses Kriegsbündnis hart daran, auch in Asien zu expandieren, denn ein aufstrebendes China wird als Bedrohung für die alleinige Weltherrschaft der USA wahrgenommen. China wird also nicht nur mit einem erbitterten, von Washington geführten Wirtschafts- und Propagandakrieg überzogen, um die neue «gelbe Gefahr» einzudämmen. Auch die westlichen Armeen, die zusammen bereits ein Vielfaches mehr für «Verteidigung» ausgeben als China, sollen nun noch massiver aufgerüstet werden. Und wenn das Geld nicht reicht, kann man immer noch die Budgets für Bildung, Forschung, Gesundheit, soziale Dienste, und Infrastruktur kürzen und mehr Schulden machen.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Medien die Tatsache nicht hervorheben, dass die USA aggressiver agieren und dass China sich als Reaktion auf diese Aggressionen eindeutig defensiv verhält. Aus dem nachfolgenden Schaubild wird deutlich ersichtlich, wie sehr die USA China eingekreist haben – und nicht umgekehrt:

(Quelle: Caitlin Johnstone)

Chinas Verhalten würde in mancher Hinsicht dem der Vereinigten Staaten ähneln, wenn Peking plötzlich anfangen würde so zu handeln, wie es westliche Politiker und Medien dem Land vorwerfen, zu tun oder tun zu wollen: Chinesische Kriegsschiffe, die in der Nähe von Kalifornien und Hawaii, im Golf von Mexiko und im Atlantischen Ozean im Rahmen der gleichen aggressiven Übungen zur «Freiheit der Schifffahrt» herumsegeln, die US-Kriegsschiffe zum Ärger Pekings routinemäßig in Gewässern in der Nähe Chinas durchführen. Darüber hinaus müsste China auch in Mittel- und Südamerika Militärstützpunkte errichten, ähnlich dem Netz von Militärstützpunkten, das die Vereinigten Staaten um China herum aufgebaut haben und bis heute weiter ausbauen. In der Tat scheint die militärische Expansion des US-Imperiums, das weltweit über 800 Militärstützpunkte verfügt, keine Grenzen zu kennen: Wie man auf der nachfolgenden Grafik sieht, werden auf den Philippinen derzeit vier neue, gegen China gerichtete US-Militärstützpunkte errichtet:

(Quelle: BBC)

Was verbirgt sich hinter der «chinesischen Bedrohung», die in den USA beschworen wird und in Europa ein Echo findet?

Gestatten Sie mir hier einen kurzen Exkurs: Der eigentliche Name Chinas ist Zhongguo (中国), was «Reich der Mitte» bedeutet. Es geht auf eine Zeit zurück, in der seine Bürger stolz darauf waren, die zivilisierteste Nation in ihrem eigenen Universum zu sein, in dem das von ihnen kontrollierte Gebiet im Zentrum einer Welt lag, die von weniger entwickelten fremden Kulturen und fremden Zivilisationen umgeben war.

Die Tatsache, dass China sich nun anschickt, nach einem Jahrhundert der Demütigung durch die heutigen G7-Länder im 19. und 20. Jahrhundert und jahrzehntelangen inneren Unruhen wieder zur führenden Wirtschaftsmacht aufzusteigen, ist im Westen beängstigend, zumal sie aus einer fremden Kultur kommt, die vielen Angst macht. Denn was man nicht kennt, nicht versteht und nicht einschätzen kann, wird oft als bedrohlich empfunden.

Das Ziel der Kommunistischen Partei Chinas ist es nicht, die Welt in ein «kommunistisches Paradies» zu verwandeln, nicht einmal ihr eigenes Land, sondern die Erneuerung des Landes zu fördern. Chinesische Politiker sprechen vom «chinesischen Traum», womit sie die nationale Erneuerung und Renaissance (und nicht den Kommunismus) meinen. Die Partei, die eher als patriotisch oder vielleicht nationalistisch denn als kommunistisch bezeichnet werden kann und die aus dem Marxismus lediglich ihren Alleinvertretungs- und Führungsanspruch für die Modernisierung des Landes ableitet, vertritt auch das jahrtausendealte Konzept des tianxi («alle unter einem Himmel»). Darunter wird eine inklusive Welt mit Harmonie für alle verstanden. Um es salopp auszudrücken: «Wir lassen euch in Frieden, und ihr lasst uns in Frieden.» Deshalb ist der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder für sie so wichtig.

Die Chinesen wollen also nicht die Welt erobern. Wenn sie das gewollt hätten, hätten sie es beispielsweise im 13., 14. oder 15. Jahrhundert, als sie die unbestrittene und einzige wirtschaftliche Supermacht waren, mit Leichtigkeit tun können. Damals, als China anderen Ländern weit überlegen war, segelte der chinesische Admiral Zheng He mit der größten und am weitesten entwickelten Flotte der Welt (mit 317 Schiffen und 27.800 Seeleuten) auf mehreren Exkursionen von China bis nach Kenia, Somalia, Iran und Saudi-Arabien. Anstatt eine Kanonenbootpolitik zu betreiben, wollten die Chinesen Handel treiben. Im Gegensatz zu den Europäern nutzten sie nicht die Gelegenheit, andere Länder zu erobern und zu unterwerfen, weil sie einfach kein Interesse daran hatten.

Das ist heute nicht anders: Ihr Ziel ist es, ihre historische Spitzenposition in der Welt in einer friedlichen, stabilen internationalen Ordnung (in friedlicher Koexistenz mit anderen Mächten) wiederzuerlangen. Stabilität ist der Schlüssel zur Verwirklichung ihres Traums. Hier setzen die USA, ein von Grund auf unfriedliches Imperium, den Hebel an und schaffen die Instabilität, die die Chinesen so sehr fürchten, durch Abkopplung, Deglobalisierung oder Spannungen in Taiwan, im Südchinesischen Meer und auf der koreanischen Halbinsel.

Die Chinesen versuchen nicht, uns zu ihrem Modell zu bekehren. Im Gegensatz zu den Amerikanern fehlt es ihnen an Sendungsbewusstsein und Bekehrungseifer, und außerdem wäre das chinesische System für den Export ungeeignet, weil es so spezifisch und untrennbar mit der jahrtausendealten Tradition und Kultur des Landes verwoben ist.

Es waren die USA und der Rest des selbsternannten «werteorientierten Westens», die lange Zeit versuchten, die Chinesen dazu zu bringen, ihre rücksichtslose Version des Kapitalismus zu übernehmen und sie von ihrem Sozialmodell des staatlich kontrollierten Kapitalismus abzubringen (bahnbrechende Planungsziele und Forschungsinvestitionen, Zerschlagung und Verbot von Kartellen und Monopolen und Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs, Verpflichtung der Reichen, ihren gerechten Anteil an den Steuern zu zahlen, um soziale Ungleichheiten zu verringern usw.). Aber warum hätten sich die Chinesen ein Erfolgsmodell ausreden lassen sollen, das es China ermöglicht hat, in 30 Jahren einen Entwicklungsstand zu erreichen (einschließlich der Befreiung von 800 Millionen seiner Bürger aus der Armut), für den der Westen 200 Jahre gebraucht hat? Der Westen ignoriert auch die Tatsache, dass die durch und durch pragmatische chinesische Regierung den Markt als Wettbewerbsinstrument einsetzt, um Innovation und Modernisierung voranzutreiben und letztlich den chinesischen Traum zu verwirklichen.

Anders als Politiker, Experten und Journalisten des «Wertewestens» sind sie keine Ideologen, sondern Pragmatiker mit ausgeprägtem Realitätssinn. Die Experimentierfreudigkeit und die vielen atemberaubenden Veränderungen, die sich täglich im ganzen Land vollziehen, sind der Beweis dafür.

Noch einmal: Die Chinesen sind keine Missionare, fühlen sich nicht als Weltpolizisten berufen und haben keinen Expansionsdrang. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich radikal von den Amerikanern. Wenn amerikanische Politiker, Medien und ihre europäischen Nachbeter von der imperialistischen Gefahr und der Bedrohung durch China schwafeln, ist dies lediglich Ausdruck ihrer Unwissenheit und Projektion. Es ist kein Wunder, dass Imperialismus und Kolonialismus vom Westen geprägte und gelebte Begriffe sind, keine chinesischen.

Taiwan – Amerikas neuer Konfliktfall à la Ukraine?

Nach der Ukraine ist das nächste Pfand Taiwan; zumindest scheint dies das Ziel zu sein. Kann China ein neues Jahrhundert der Demütigung – einschließlich eines Krieges, der brutaler sein wird als die Opiumkriege – durch den Westen verhindern? Taiwan ist in gewissem Sinne der «ukrainische» Vorwand für einen möglichen direkten oder Stellvertreterkrieg mit China. Taiwans Regierungspartei, die sich in Selensky-Manier den US-Interessen anbiederte und die Insel mit amerikanischen Waffen gegen China aufrüsten wollte, erlitt bei den letzten Wahlen eine krachende Niederlage, über die in den westlichen Medien eher beiläufig, wenn überhaupt, berichtet wurde. Der Wahlsieger, die Oppositionspartei Kuomintang, tritt für eine Annäherung an China ein, was den Kriegsfanatikern in Washington missfallen dürfte.

Die taiwanesische Präsidentin trat daraufhin von ihrem Posten als Vorsitzende der Regierungspartei zurück. Noch wenige Monate zuvor hatte sie Nancy Pelosi und viele andere chinafeindliche und kriegstreiberische Politiker aus westlichen Ländern mit großem Pomp empfangen. Kürzlich verkündete sie jedoch kleinlaut, ein Krieg mit China sei «keine Option» – was nicht nur für die westliche Kriegsindustrie eine herbe Enttäuschung ist, sondern auch für deren politische und mediale Groupies, die dafür und entschlossen sind, «Stellung gegen China» zu beziehen. Nun, es bleibt ihnen immerhin die Hoffnung, dass die CIA dieses lästige politische Problem auf der unzuverlässigen Insel diskret für die westlichen Kriegsgurgeln löst. Allerdings sollte sie es diesmal etwas geschickter anstellen, als sie es in Hongkong (nachzulesen in Nury Vittachis Buch «The Other Side of the Story: A Secret War in Hong Kong») getan hat.

Wumms: Reise-Molina

Das Schönste am Parlamentarierleben ist das Reisli.

Sein vorsitzender Genosse Cédric Wermuth glüht schon mal für ein unscharfes Foto mit Olaf Scholz nach Berlin – obwohl der SP-Genosse alle Kurzstreckenflüge in Europa verbieten will. Theorie und Praxis, muss man dialektisch sehen.

Einen weiten Hopser gönnt sich sein Parteikollege Fabian Molina. Denn etwas über 9600 km ist Bern von Taipeh entfernt, der taiwanesischen Hauptstadt. Will man die Distanz klimaneutraler mit dem Auto zurücklegen, braucht man für die dann 12’000 km rund 210 Stunden. Aber so viel Zeit hat ein eiliger Nationalrat natürlich nicht, also wird Molina fliegen.

Mit an Bord sind Nicolas Walder (Grüne/GE), sowie Mustafa Atici (SP/BS), Léonore Porchet (Grüne/VD) und Yves Nidegger (SVP/GE). Das gibt dann ganz schön Flugmeilen, die selbstverständlich abgegeben und nicht etwa privat verwendet werden. Oder?

Molina ist einer der vielen Co-Präsidenten der parlamentarischen Gruppe Schweiz – Taiwan. Nun ist es bekanntlich so, dass Taiwan-Besuche von China nicht gerne gesehen werden, weil der Festland-Riese den Insel-Zwerg zu seinem Staatsterritorium zählt. Heikle Situation also, genau das Richtige für den Spitzendiplomaten Molina, der auch gerne schwarzbekleidet in vermummten Demonstrantengruppen posiert, wenn er gegen den Faschismus in Zürich kämpft.

Aber sicherlich hat diese Reise einen wohlerwogenen Sinn. Molina: es handle sich um ein «Zeichen der Unterstützung für die Demokratie in Taiwan». Aha. Und wie wird sich das konkret äussern? Na, natürlich durch Treffen mit Politikern, Regierungs- und Parlamentsmitgliedern. Die werden sich über dieses Zeichen aus der fernen Schweiz sicher freuen.

Leider stehe es noch nicht fest, ob es auch für ein Treffen mit der taiwanesischen Präsidentin reiche, bedauert Molina. Dabei bräuchte auch die nichts mehr als ein Zeichen from Switzerland.

Aber immerhin, wenn’s denn wahr ist, den Flug und die Hotelkosten bezahlen alle selber. Woher der Berufspolitiker Molina nur das Geld hat; Multistop-Flüge Zürich – Taipeh sind hin und zurück kaum unter 2000 Franken zu haben. Economy, versteht sich.

Wer auch immer zahlt: rausgeschmissenes Geld ist es auf jeden Fall, und wir sind gespannt, in welcher Form die Kompensation für den unnötigen CO2-Ausstoss erfolgen wird.

 

«Schnallt eure Gürtel enger und zieht euch warm an!»

In Europa kommt die «Moral vor dem Fressen», in Asien ist es genau umgekehrt. Teil 2

Von Felix Abt

Hier geht’s zu Teil 1.

Journalisten, aber auch Politiker, die im Rampenlicht der Medien stehen wollen, lassen heutzutage kaum eine Gelegenheit für ein regelrechtes China-Bashing aus, vom angeblich grausamen Schicksal eines chinesischen Tennisstars über den erfundenen Völkermord in Chinas Xinjiang bis hin zu Taiwan, das angeblich von China militärisch besetzt werden soll, obwohl dies überhaupt keinen Sinn macht, da die Chip-basierte Wirtschaft und das tägliche Leben der Welt (einschließlich Chinas) völlig zum Erliegen kämen. Im Interesse der amerikanischen Politik, sowohl China als auch Russland zu schwächen, fordern sie jedoch die Isolierung als vorsorgliche Bestrafung Chinas.

Kein Interesse an den von Washington provozierten Spannungen mit Beijing zu Lasten von Taiwan: Taiwans Oppositionspartei, die Kuomintang, möchte jedenfalls dazu beitragen, sie zu verringern.

Eine Isolierung Chinas, wie sie westliche Politiker und Journalisten fordern, geht selbst eingefleischten Sezessionisten in Taiwan zu weit, da die Insel viel mehr Handel mit China als mit den Vereinigten Staaten betreibt.

Und trotz erheblicher Meinungsverschiedenheiten zwischen Vietnam und China, insbesondere über die Grenzziehung im Südchinesischen Meer, das die Vietnamesen als Ostmeer bezeichnen, möchte Vietnam den Handel mit China eher ausweiten als einschränken, um das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand der eigenen Bevölkerung zu steigern.

Vietnamesische Medien berichten, dass Vietnam und China «ihre Beziehungen in allen Bereichen ausbauen» wollen. Die offizielle Vietnam News Agency schrieb am 13.7.2022: «Vietnam ist Chinas grösster Handelspartner in der ASEAN und der sechstgrösste Handelspartner in der Welt. China bleibt der grösste Handelspartner Vietnams.»

 Als US-Vizepräsidentin Kamala Harris im August 2021 Singapur und Vietnam besuchte und diese beiden Länder dazu bewegen wollte, sich mit Amerika gegen China zu verbünden, stieß sie auf wenig Gegenliebe. Denn diese südostasiatischen Staaten wollen gute Beziehungen zu allen Ländern pflegen und nicht wie die europäischen Länder als nützliche Idioten des amerikanischen Imperiums und zu ihrem eigenen Schaden missbraucht werden. Kurz vor ihrer Ankunft in Hanoi traf der vietnamesische Premierminister mit dem chinesischen Botschafter zusammen, um China zu versichern, dass sich sein Land aus allen Grossmachtrivalitäten heraushalten werde.

Der «Spiegel» und die vielen gleichgesinnten europäischen Medien thematisieren das natürlich nicht. Wie im Falle des Ukraine-Konflikts werden auch im Falle Chinas die Vorgeschichte und die Hintergründe systematisch ausgeblendet und diejenigen, die es wagen, Licht ins Dunkel zu bringen, von ihnen diffamiert. Dies wiederholt sich nun im neuen, von den USA heraufbeschworenen Konflikt mit China um Taiwan, wo wieder entscheidende Fakten zensiert werden:

Dazu gehört zum Beispiel die Tatsache, dass China die Insel Formosa/Taiwan, die 1682 von der von Mandschuren gegründeten Qing-Dynastie unter die Kontrolle des Festlandes gebracht wurde, mit viel mehr Respekt behandelt als die rabiaten USA Kuba.

China treibt regen Handel mit Taiwan, und Taiwanesen betreiben zahlreiche Fabriken auf dem chinesischen Festland. Im Gegensatz dazu haben die USA jahrzehntelang einen brutalen Wirtschaftsboykott gegen Kuba verhängt, den Washington auch anderen Ländern auf der ganzen Welt aufgenötigt hat. Nicht einmal Hilfsgelder dürfen nach Kuba überwiesen werden, was im Fall von Taiwan jederzeit möglich ist. Während Taiwan zu China gehört, war Kuba nie eine «Provinz» oder ein Bundesstaat der Vereinigten Staaten, abgesehen von der Periode, in welcher das Territorium dieser Insel de facto unter der Kontrolle der amerikanischen Mafia stand, die es als Riesenbordell missbrauchte bis zur Revolution unter Fidel Castro.

Jetzt rüstet Amerika Taiwan massiv auf. Stellen Sie sich vor, China würde Kuba auf die gleiche Weise aufrüsten: Die Amerikaner würden den Chinesen aufgrund ihrer Monroe-Doktrin sofort den Krieg erklären. Und chinesische Flugzeugträger, die ständig zwischen Florida und Kuba kreuzen würden, wie die US-Marine in der Nähe von Taiwan und dem chinesischen Festland, würden von den USA wahrscheinlich ohne zu zögern versenkt werden.

Russland umzingeln? Das ist bereits geschehen, einschließlich fünf Runden der NATO-Osterweiterung. Jetzt geht es darum, China zu umstellen und, wenn möglich, einen neuen lukrativen Krieg für Amerikas grössten und einflussreichsten Industriezweig, die Kriegsindustrie, zu provozieren. Die nächste «kubanische Raketenkrise» bahnt sich bereits an, diesmal aber schnell und grob: Die USA wollen 27,4 Milliarden Dollar ausgeben, um China entlang der «ersten Inselkette», einschließlich Taiwan, mit Raketen einzukreisen.

 

«Die Schweiz anerkannte die Volksrepublik China am 17. Januar 1950. Seither verfolgt sie eine Ein-China-Politik und betrachtet die Republik China, wie die Behörden von Taiwan (Chinesisches Taipei) sich selbst bezeichnen, nicht als eigenständigen Staat, sondern als Teilstaat Chinas. Bei ihren bilateralen Beziehungen und auf internationaler Ebene anerkennt die Schweiz nur die Volksrepublik China mit Regierungssitz in Peking.»  

Dass die oben genannten Zusammenhänge in den Medien verschwiegen werden, ist nicht neu. Auch im Ukraine-Konflikt wurde z.B. nicht darauf hingewiesen, dass die USA seit Jahrzehnten die Strategie verfolgen, einen funktionierenden Wirtschaftsraum Russland-EU zu verhindern. Sie erwähnten nicht die bekannten US-Strategiepapiere zur Destabilisierung Russlands. Oder die erklärte Absicht der USA, ihre Rolle als «Weltordnungsmacht» um jeden Preis aufrechtzuerhalten und den Dollar als Weltwährung zu sichern, den sie als Waffe gegen Länder einsetzen, die sich dem Willen des eigennützigen Imperiums widersetzen. Und die Interessen und der enorme Einfluss der gigantischen westlichen Rüstungsindustrien und ihrer Aktienbesitzer wurden auch nicht analysiert und hinterfragt.

Stattdessen haben sie es vorgezogen, die Kriegspropaganda der einen Seite (Russland) im Ukraine-Konflikt zu geißelnund die der anderen Seite (Kiew) unkritisch zu übernehmen und zu verbreiten, selbst den widerlegten Vorwurf, dass russische Soldaten ukrainische Babys vergewaltigen oder dass russische Truppen zivile Gebäude beschießen, ohne zu erwähnen, dass die Ukraine dort systematisch Zivilisten als menschliche «Schutzschilde» missbraucht.

Nicht der Rede wert ist auch die Tatsache, dass China hundert Jahre lang von ausländischen Mächten auf ungeheuerliche Weise gedemütigt wurde, gekennzeichnet durch Pandemien, Hungersnöte, Korruption, Massenmord und weit verbreitete Drogenabhängigkeit. Die Opiumkriege gegen China halfen den Briten, ihre Handelsbilanz zu verbessern, indem sie Opium aus ihrer indischen Kolonie bezogen und es mit grossem Gewinn in China verkauften. Die Folge war, dass Ende des 19. Jahrhunderts etwa 10 % der chinesischen Bevölkerung opiumsüchtig war, und ein erheblicher Teil des Silbers und anderer Vermögenswerte des Landes außer Landes floss, um das Opium zu bezahlen. Viele der wirtschaftlichen Probleme, mit denen China später konfrontiert war, wurden entweder direkt oder indirekt auf den Opiumhandel zurückgeführt.

Fortsetzung und Schluss folgt.

Wumms: Christof Münger

Nochmal? Na und, Münger wiederholt sich doch auch.

Die Weltberichterstattung erledigt für den grossen Konzern Tamedia die vergleichsweise kleine «Süddeutsche Zeitung» in München. Denn eigene Korrespondenten kosten halt Geld, und das möchte Talmedia-Boss Supino lieber für eine Sonderdividende für die Aktionäre ausgeben.

Nun verfügt das Ausland-Ressort laut Impressum immer noch über ganze 5 Nasen. 3 Häuptlinge und 2 Indianer. Die dürfen dann das ß in ss verwandeln und so gut es geht bei Bezügen Deutschland durch die Schweiz auswechseln. Damit ihnen nicht das gleiche Malheur wie CH Media passiert, wo in einer Taiwan-Analyse die Auswirkungen auf Deutschland drinstanden. Aber CH Media hat auch nur insgesamt 2 Auslandredaktoren.

Nun wollte es offenbar das ungnädige Schicksal, dass der Oberhäuptling, ganz ermattet vom ständigen ß zu ss Stress, in den Ferien weilte, als die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi einen Kurzabstecher nach Taiwan machte. Das war vergangenen Dienstag. Im Anschluss daran meinte jeder, der schon mal mit Stäbchen gegessen hat, er müsse seinen Kommentar dazu abgeben.

Tamedia lieh sich seine Meinung, Überraschung, von der «Süddeutschen». Inzwischen scheint Christof Münger wieder aus den Ferien zurück zu sein. Oder jemand hat ihm am Ferienort erklärt, wie man ins Internet kommt. Eigentlich ist zum Thema Taiwan schon so ziemlich alles gesagt worden. Aber natürlich noch nicht von Münger.

Nun hat Häuptlingsein im Elendsjournalismus noch einen Vorteil. Keiner kann einem reinreden, wenn man einen Kommentar schreiben will. Weiter oben sind offenbar auch alle Entscheidungsträger in der Sommerfrische, also darf Münger am 6. August wie die alte Fastnacht noch seine Meinung absondern:

Dieser Ansicht kann man nun weder Originalität, noch Exklusivität, noch Intellektualität unterstellen. Sie ist einfach gähn. Sie ist nicht mal nur gähn, weil sie Tage nach dem kommentierten und überkommentierten Ereignis stattfindet. Sie ist auch gähn, weil sie mit den ewigen Worthülsen eines Heissluft-Kommentars arbeitet. Was hat denn  Pelosi gemacht? Genau, sie «hat ein Zeichen gesetzt». Gähn. Was hält Münger von der Reise? «Es ist gut, dass Nancy Pelosi nach Taiwan gereist ist.» Doppelgähn.

Was haben wir denn von Taiwan zu halten? «Dagegen ist Taiwan heute das leuchtende Beispiel einer lebendigen, jungen Demokratie». Nun, jung stimmt. Und was hält Münger von China, diesem Problemdrachen? Nicht Taiwan sei das Problem, «sondern China, wo sich seit der Teilung 1949 eine menschenverachtende Diktatur entwickelt hat.» Ganz im Gegensatz zu Taiwan, wo sich seit 1949 eine liebevoll-sanfte Diktatur entwickelt hatte. Schnarch.

Gibt es vielleicht Ähnlichkeiten mit einem anderen Staat, wie heisst der schon wieder? «Taiwan und die Ukraine sind zurzeit die Frontstaaten im globalen Wettstreit zwischen Diktaturen und Demokratien, der die kommenden Jahre prägen wird.»

Ob Münger nun Taiwan und die Ukraine eher unter Diktaturen oder Demokratien einreiht, das bleibt sein süsses Geheimnis bei diesem Satzbau. Und was ist die Ukraine eigentlich? «Eine geopolitische Grossbaustelle.» Hä?

Zurück zur anderen geopolitischen Baustelle, was soll, was muss nun getan werden, obwohl der Westen von China noch abhängiger ist als von Russland? Logo: «Davon muss der Westen wegkommen und gleichzeitig die Demokratie in Taiwan unterstützen, auch wenn es etwas kostet.»

Vielleicht führt ein Tamedia-Wirtschaftsredaktor Münger ganz sanft und langsam an wirtschaftliche Realitäten heran, zum Beispiel ans Thema Aussenhandel der Schweiz. Auch wenn es etwas kostet, das könnte sich lohnen.

Tamedia wiederholt sich, ZACKBUM wiederholt sich: wenn ein Auslandredaktor Tage nach einem Ereignis den Leser beim Wiederkäuen von Längst-Gesagtem zuschauen lässt, wo bleibt da die Qualitätskontrolle? Oder wird das ein weiterer Belastungstest: wie sehr kann man den Leser quälen, bis er das Abo kündigt?

 

Wumms: Fabian Hock

Der «Co-Leiter Ausland» zeigt, wo’s langgeht.

CH Media, der Wanner-Konzern mit den meisten Kopfblättern in der Schweiz, verfügt über eine gut bestückte Auslandredaktion. Sie wird von zwei Leitern geleitet. Die leiten sich allerdings nur selbst, denn sie sind die gesamte Auslandredaktion. Wahrscheinlich haben sie die Welt untereinander aufgeteilt. Ich die obere Hälfte, du die untere. Oder so.

Zu Fabian Hock weltumspannenden Gebiet gehört offenbar Taiwan. Oder aber, sein Co-Leiter ist gerade in den wohlverdienten Ferien, und auf den Schultern von Hock lastet die ganze Welt. Das lässt er den Leser spüren, denn Hock spricht über «die bedrohten Demokratien in der Ukraine und Taiwan». Er fordert uns alle, wie wir im Westen leben, dunkel, aber ultimativ im Titel auf: «Diese Frage muss der Westen nun beantworten».

Also gut, hier spricht der Westen und antwortet. Auf welche Frage schon wieder? Da lässt Hock den Westen ganz schön lange zappeln, bis er endlich die Frage stellt, die beantwortet werden muss:

«Haben die kleinen, bedrohten Demokratien genug moderne Waffen, um sich selbst zu verteidigen?»

Nun, wenn wir da mal die Schweiz als Beispiel nehmen: eher nein. Aber Hock meint natürlich das ferne Ausland: «Das ist derzeit die entscheidende Frage im Konflikt zwischen Demokratie und Autoritarismus. Es ist am Westen, sie zu beantworten.»

Also gut, stellvertretend für den Westen sagt ZACKBUM: nein, haben sie nicht. Damit wäre die Frage beantwortet und wir könnten uns wieder wichtigeren Dingen zuwenden. Der Inflation. Der Altersversorgung. Der 10-Millionen-Schweiz. Dem Niedergang unseres wichtigen Handelspartners Euro-Zone. Aber zuvor müssen wir Hock noch eine Frage stellen: Welche Demokratien meint er genau?

Ach, die Demokratien Ukraine und Taiwan. Ist die Ukraine wirklich eine Demokratie? Ist ihr Präsident Selenskij ein lupenreiner Demokrat? Oder ist er nicht vielmehr ein autoritärer Herrscher in einem Land, in dem eine genauso rigide Medienzensur herrscht wie in Russland. In einem Land, das männliche Einwohner nicht verlassen dürfen. In einem Land, in dem das Parlament keine Rolle mehr spielt. Er ist als Marionette eines ukrainischen Oligarchen an die Macht gekommen, der so seine kleinen Probleme mit dem Verschwinden von über einer Milliarde Dollar regeln wollte. Dieses klitzekleine Problem hatte den Oligarchen nämlich ins ausländische Exil getrieben, und er wollte gerne wieder zurück. Also kaufte er Selenskij die Präsidentschaft, Problem gelöst.

Und Taiwan? Dort herrschte von 1949 bis zu seinem Tode im Jahr 1975 der Militär und Diktator Chiang Kai-Sheck, der niemals seinen Anspruch auf die Herrschaft über ganz China aufgab. Bis 1992 wurde Taiwan mittels Einparteiendiktatur geführt, völlig wesensähnlich mit Festlandchina. Verfolgungen, Umerziehungslager, willkürliche Verhaftungen, Todesurteile. Taiwan glich lange Jahre politisch Festlandchina wie ein Ei dem anderen. Erst 1996 wurde das erste Mal ein Präsident gewählt. Zweither wechseln sich zwei Parteien an der Macht ab; die Vergangenheit ist bis heute nicht aufgearbeitet.

Ist also Taiwan eine Demokratie? Nach rund 25 Jahren kann man vielleicht von einem Land sprechen, das unterwegs ist in Richtung Demokratie. Zum Vergleich: Deutschland hat seit 1949 eine parlamentarische Demokratie, die seit 1990 fürs gesamte, wiedervereinigte Land gilt. Man kann sie kaum als so gefestigt wie beispielsweise die schweizerische, englische oder US-amerikanische bezeichnen.

Wenn also Hock ungehemmte Waffenlieferungen an die Ukraine und Taiwan fordert und das damit begründet, dass Demokratien gefährdet seien, liegt er falsch. Ausser ein paar kleinen Inseln, Haiti und dem Vatikan bestreitet kein einziger Staat der Welt den Alleinvertretungsanspruch von Festlandchina über ganz China, inklusive Taiwan. Obwohl die Insel erst seit ein paar Jahren davon Abstand genommen hat, ihrerseits einen Alleinvertretungsanspruch über ganz China zu erheben. Obwohl Taiwan viele Jahre lang die Basis für subversive Aktionen gegen Rotchina im Kalten Krieg war.

Wer für Waffenlieferungen an Taiwan eintritt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes gröblich einzumischen. Wer Waffenlieferungen an die Ukraine befürwortet, unterstützt damit die Gegenwehr eines überfallenen Landes. Aber sicherlich keine Demokratie.

Niemand ist eine Insel

Wenn interessiert schon Taiwan?

Mal Hand aufs Herz, hätten Sie vor einer Woche ohne zu zögern sagen können, wie die Hauptstadt von Taiwan heisst? Wo dieses Land liegt, ob es eine Insel ist? Ob es ein unabhängiger Nationalstaat ist oder irgendwie zu China gehört?

Hand vom Herz, hätten nicht allzu viele gewusst. Hätten Sie gewusst, wie es zu dieser Trennung zwischen Festlandchina und der Insel Formosa kam, die schon seit Urzeiten zu China gehört? Hätten Sie gewusst, dass die Schweiz, wie beinahe alle Länder der Welt, mit der Ausnahme des Vatikans, ein paar klitzekleiner Inseln und Haiti, Taiwan nicht als unabhängigen Staat anerkennt und daher auch keine diplomatischen Beziehungen unterhält?

Das hätten wohl die meisten nicht gewusst, und ohne dieses Wissen wären sie auch problemlos weiter über die Runden gekommen. Nun hat die Nummer drei in der Regierungshierarchie der USA diese Insel besucht, ihr die volle Unterstützung der USA zugesichert und gleichzeitig betont, dass die USA den Alleinvertretungsanspruch Chinas anerkennen.

Drei Faktoren kamen noch erschwerend hinzu. Sommerloch, und man kann nicht immer über die Hitze oder die Ukraine schreiben. Der Begriff gelbe Gefahr kann endlich aus der Mottenkiste geholt und abgestaubt werden. Drittens: Taiwan ist glücklicherweise viel weiter weg als die Ukraine. Satte 9642 km Luftlinie liegen zwischen Taipeh und Bern. Taipeh ist die Hauptstadt Taiwans, und Bern, aber gut, lassen wir das. Nur 1728 km Luftlinie trennen Bern von Kiew.

Was diese geographische Lektion sagen will? Im Journalismus gilt das Prinzip: umso weiter weg, desto gegendarstellungsfreier. Oberflächlichen Unsinn über nahegelegene Gebiete zu schreiben, das kann dem einen oder anderen Leser unangenehm aufstossen. Aber Taiwan? China? Asien? Weiss man da Genaues? Ist der chinesische Autokrat auch so eine Art Putin? Oder nicht? Was will er eigentlich von Taiwan? Die Insel heim ins Reich holen? Wozu? Aus Prinzip?

Und wieso rasselt der nun mit dem Säbel, was man heutzutage zu Wasser mit Flugzeugträgern macht und indem man ein paar Raketen abschiesst? Will er etwa diesen Besuch zum Anlass nehmen, die Insel zu erobern?

Die Journaille wurde vom Thema ziemlich auf dem falschen Fuss erwischt, aber es eignet sich blendend dafür, die Stirne zu runzeln und die Wörter «Pulverfass», «gefährlich», «unberechenbar», «Nationalstolz», «Gesichtsverlust» usw. in die Runde zu werfen. Um die völlige unsinnige Frage den üblichen Experten und Kennern zu unterbreiten: Wird China nun Taiwan angreifen? Erobern? Geht das? Und wenn ja, was machen dann die USA? Die Europäer? Die Schweiz?

Da hat die Journaille, ähnlich wie bei der Ukraine, wohlfeile Ratschläge zur Hand. Man solle, müsse die taiwanische «Demokratie» gegen die chinesische «Autokratie» verteidigen. Man müsse Stellung beziehen, ein Zeichen setzen nicht zulassen. Und Blabla.

Der SP-Nationalrat und Dummschwätzer Fabio Molina hat bereits den Bundesrat aufgefordert, den Chinesen zurechtzustossen, dass der Einsatz von militärischer Gewalt «inakzeptabel» sei. Damit konnte vorläufig das Schlimmste verhindert werden, denn seither zögert der chinesische Präsident, den Einsatzbefehl zu geben.

Aber im Ernst: natürlich wird China die Insel nicht militärisch angreifen. Die Gefahr, ähnlich wie Russland in einen langwierigen Krieg zu geraten, ist viel zu gross. Aber es gibt noch ein viel bedeutenderes Argument, wieso China sich hüten wird, bei einer Invasion Zerstörungen in Taiwan in Kauf zu nehmen. Das Argument lautet «Halbleiter». Halbleiter sind ein wichtiger Bestandteil von Chips, und ohne Chips läuft inzwischen ausser der Milch aus Kühen eigentlich nichts mehr. Und selbst Melkmaschinen verwenden Chips.

Taiwan stellt über 60 Prozent aller Halbleiter weltweit her. Der nächste Konkurrent liegt abgeschlagen bei 16 Prozent Weltmarktanteil. Über 60 Prozent ist faktisch ein Monopol. Zudem ist die Herstellung von Halbleitern etwas komplizierter als Kühe melken. Man kann diese Produktionskapazität nicht einfach substituieren und schnell ein paar Fabriken in China, den USA oder Europa bauen. Man geht davon aus, dass Taiwan einen technologischen Vorsprung von etwa 10 Jahren auf seine Konkurrenten hat.

Sollte China irrwitzigerweise dennoch über Taiwan herfallen, hätten wir die nächste Weltwirtschaftskrise. Ansonsten würde nichts passieren. Die USA, Europa und die Schweiz würden dem Beispiel von Molina folgen und die Aggression als inakzeptabel bezeichnen. Dann zur Tagesordnung übergehen.

Alles Taiwan oder was

Was passiert, wenn unvorbereitete Politiker und Journis auf ein neues Thema stossen?

Fürchterliches. Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock, die gerne schneller spricht als denkt, wurde im grossen Saal der UNO grundsätzlich: «Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein grösserer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China

Leider teilte Baerbock nicht mit, ob das auch für ihren NATO-Partner Türkei gelte, der bekanntlich seinen Nachbarn Syrien überfallen hat. Oder für den grossen Bruder USA, die ebenfalls völkerrechtswidrig auf Kuba eine Militärbasis unterhalten, wo im rechtsfreien Raum angebliche Terroristen jahrelang ohne Gerichtsverfahren gefangen gehalten werden.

Vielleicht schützt Baerbock ihre Jugend, weshalb sie sich möglicherweise nie über die unzähligen Überfälle der USA in Zentral- und Lateinamerika geäussert hat.

Wo Politiker Gelegenheit zu Dummschwätzen sehen, ist einer nie weit weg. Richtig, der SP-Nationalrat und Spassflieger Fabian Molina. Der fordert forsch:

«Es ist höchste Zeit, dass auch die Schweiz ihre Haltung gegenüber Taiwan revidiert!»

Welche Haltung denn? Die Schweiz hat doch die gleiche Haltung wie die USA gegenüber Taiwan. Nämlich die Haltung eines Wackelpuddings. Die Haltung eines klaren «einerseits, andererseits, aber dann doch nicht». Einerseits schätzt man Taiwan als Handelspartner und als Stachel im Fleisch Chinas. Andererseits akzeptiert man den Alleinvertretungsanspruch Chinas über all seine Territorien. Schon längst wurden Hongkong und Macau Rotchina übergeben.

Aber hier hatten die alten Kolonialmächte das Sagen, in Taipeh herrschte bis zu seinem Tod 1975 der Diktator Chiang  Kai-Shek. Der erhob – mit Unterstützung der USA wohlgemerkt – seinerseits Anspruch auf ganz China. Dahinter steht eine komplizierte Geschichte um die Macht in China. Der Diktator verlor diesen Machtkampf gegen Mao und flüchtete Ende 1949 auf die Insel Formosa, deren Zugehörigkeit zu China niemals in Frage stand.

Mit dem wirtschaftlichen Erstarken Chinas und dem Ende des Ostblocks verlor der Westen weitgehend das Interesse an Taiwan, fast alle Länder der Welt akzeptierten Festland-Chinas Alleinvertretungsanspruch und stellten die diplomatischen Beziehungen mit der Insel ein, die ebenfalls aus fast allen internationalen Gremien flog.

Nun lenkte die nach Präsident und Vizepräsident dritthöchste Repräsentantin der USA mit ihrem Kurzbesuch das Licht der Weltöffentlichkeit auf diesen potenziellen Konfliktherd. Dummschwätzer Molina fordert weiter, der Bundesrat müsse klarmachen, dass er militärische Schritte gegen Taiwan «keinesfalls akzeptiere». Das erinnert an den grossartigen Streifen «Die Maus, die brüllte». Molina weiss auch noch: In internationalen Beziehungen gelte laut Uno-Charta ein absolutes Gewaltverbot. Leider ist es ihm nicht gegeben, die Problematik zu durchdringen, dass China, die Schweiz und eigentlich alle Staaten der Welt Taiwan als Bestandteil Chinas sehen, also kann es sich schlecht um internationale Beziehungen handeln.

Und die Medien? Die wurden zunächst auf dem falschen Fuss erwischt, aber Google Maps klärte viele Journalisten darüber auf, wo Taiwan eigentlich liegt. Ein Blick in Wikipedia verschaffte dann das nötige Rüstzeug, um gewichtige Kommentare abzusondern. «Unheilvolles Abschiedsgeschenk», runzelt die NZZ über die Stippvisite von Nancy Pelosi die Stirn. Sie hinterlasse «ihrem Land und der Welt ein hochexplosives Pulverfass, das jederzeit in die Luft fliegen kann», poltert der Blöd-«Blick». Die CH Medien wissen: «Taiwan braucht genau jetzt den Beistand des Westens. Pelosis Eintreten für Taiwans Demokratie ist richtig.»

Tamedia schliesslich leiht sich seine Meinung von der «Süddeutschen»: «Taiwan ist eine starke Demokratie, die sich von einer Militärdiktatur friedlich zu einem der progressivsten Staaten Asiens entwickelt hat. Es ist zwingend notwendig, die Insel im Rahmen der Ein-China-Politik gegen Chinas Drohungen zu verteidigen. Das ist eine Pflicht, der auch Europa bisher zu wenig nachkommt.»

Nun, wer Selenskij für einen lupenreinen Demokraten hält, meint auch, Taiwan sei eine westliche Demokratie. Vielleicht hülfe ein Blick in die Verfassung mit ihrer merkwürdigen fünffachen Gewaltentrennung sowie eine Auffrischung des Kurzzeitgedächtnisses. Denn bis 1990 war Taiwan alles andere als eine Demokratie, sondern ein autoritär nach dem Einparteienprinzip beherrschtes Land, das darin durchaus China imitierte. Welche Meinung der Diktator und seine bis 1992 herrschende Kuomintang über Demokratie hatte, könnte man nachlesen. Wenn man könnte und wollte und nicht aus dem Stegreif nachplappern würde.

Dass Politiker wie Molina das tun, gehört bei ihnen zum Handwerk. Aufregerthema, her mit einer Meinung und vor allem einer Forderung. Und tschüss. Taiwan wird aus Molinas Augenwinkel wieder verschwinden. So wie zuvor Afghanistan und unzählige weltweite Probleme mehr. So wie die Abschaffung der NATO.

Dass aber sogenannte Qualitätsmedien grösstenteils jämmerlich dabei versagen, zu einem aktuellen Thema Hintergründe und Aufklärung zu liefern: ein weiterer Sargnagel, eigenverantwortlich eingeschlagen.

Wo liegt denn Taiwan?

Nur mühsam reissen sich die Mainstream-Medien vom Ukrainekrieg los.

Auch das noch. Sommerloch, saure Gurken, in der Ukraine ist nicht wirklich was los, wer im Schweizer Journalismus was zu sagen hat, ist in den Ferien.

Ausgerechnet nach dem verlängerten Wochenende mit 1. August kommt nun ein neues Thema auf den Radarschirm. Eigentlich ein uraltes Thema. Denn seit 1949 existieren zwei chinesische Republiken. Die grosse bekannte auf dem Festland, und die kleine, nicht so bekannte auf einer Insel, die früher Formosa hiess.

Entstanden ist diese Verdoppelung dadurch, dass der damals regierende Diktator Tschiang Kay Check von der erfolgreichen Volksrevolution von Mao Tse Tung hinweggefegt wurde – und sich mit grösseren Teilen der Luftwaffe und Marine nach Formosa flüchtete. Im kalten Krieg war Taiwan ein wichtiger Stützpunkt im subversiven Kampf gegen Rotchina.

Aber die Zeiten ändern sich. Taiwan mauserte sich schnell zu einer erfolgreichen Wirtschaftsnation, dank der verheerenden Wirtschaftspolitik von Mao war Rotchina lange Jahrzehnte ein wirtschaftlicher Zwerg. Das änderte sich unter seinen Nachfolgern, und heutzutage ist China fast auf Augenhöhe mit den USA. Wirtschaftlich, militärisch klafft noch ein kleiner Abgrund zwischen den beiden Ländern.

Aber Taiwan hat seine Bedeutung als westlicher Showcase gegen kommunistische Elendswirtschaft längst verloren. China hat die Insel längst aus (fast) allen internationalen Organisationen gedrängt, nur noch eine Handvoll Staaten unterhalten diplomatische Beziehungen mit der Insel. Darunter so Schwergewichte wie Haiti, die Marshall-Inseln, Nauru oder der Vatikan.

Kein europäisches Land, auch nicht die Schweiz, anerkennen Taiwan länger als zumindest selbständigen Staat. Auch die USA nicht, die aber einerseits Festlandchina als einzig legitimen Vertreter anerkennen, andererseits aber Taiwan militärische Unterstützung zusagen, sollte die Insel von China angegriffen werden.

Umso stärker China wird, desto massiver macht es seinen Anspruch auch auf Taiwan geltend. Jede Unterstützung des Inselstaats wird als Einmischung in innere Angelegenheiten scharf verurteilt. Wer sich zu offiziellen Kontakten mit Taiwan hinreissen lässt, wird diplomatisch, politisch und wirtschaftlich abgestraft.

So eierten die letzten US-Präsidenten um dieses Problem herum, unabhängig davon, ob es Republikaner oder Demokraten waren. Nun hat sich die Nummer drei in der US-Regierungshierarchie zu Besuch nach Taiwan gegeben. Was genau die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi dort will, ist gar nicht so einfach zu erklären.

Überraschungsfrei reagiert China äusserst gereizt auf diesen Besuch. Es werden fürchterliche Konsequenzen angedroht, mit den Säbeln gerasselt und gleich zwei Flugzeugträger als Machtdemonstration Richtung Taiwan losgeschickt.

Das ist die ziemlich komplizierte Ausgangslage, die nun von den B-Teams den Lesern erklärt werden sollte. Tamedia macht es sich wie meist einfach: es berichten Lea Sahay und Christian Zaschke von der «Süddeutschen Zeitung». Vielleicht könnte die Schweizer Sicht sich von der deutschen etwas unterscheiden? Vielleicht, aber es ist heiss, Ferienzeit und überhaupt. Aus eigenen Kräften reicht es zu einem «News Ticker», wie diese Sparmassnahme, das Übernehmen beliebiger Agenturmeldungen, seit Längerem heisst. Vielleicht arbeitet der Auslandchef Christof Münger an einem Kommentar, vielleicht ist er auch selbst im Ausland in den Ferien. Bedeutendes zu sagen hätte er sowieso nicht.

Bei CH Media spannt der ausgewiesene China-Kenner Pascal Ritter seine Muskeln an. Offenbar ist die zweiköpfige Ausland-Redaktion des Wanner-Konzerns gerade in den Ferien oder unpässlich. Also muss ein Reporter ran, dem auf die Schnelle nichts besseres einfällt, als das kindische Frage-und-Antwort-Spiel: «Was Sie jetzt über den Konflikt wissen müssen». Zu den entscheidenden Fragen gehört: «Worum geht der Streit überhaupt?» Grossartig ist die Antwort auf die Frage: «Welche Auswirkungen hätte ein militärischer Konflikt

«Experten gehen davon aus, dass ein Krieg um Taiwan massive und grössere Auswirkungen hätte als der Angriff Russlands auf die Ukraine – auch auf Deutschland.» Kommt halt davon, wenn man in der Eile deutsche Experten abschreibt und vergisst, dass das hiesige Publikum vielleicht ein Mü mehr daran interessiert wäre, was für Auswirkungen das auf die Schweiz hätte.

Was macht denn Blöd-«Blick»? Da sagt ein Bild mehr als zehn Worte:

Und was macht der einsame Leuchtturm des publizistischen Schaffens in der Schweiz? «Ein Zwischenstopp mit Folgen», formuliert die NZZ zurückhaltend, begleitet von einem ersten, vorsichtigen Kommentar: «Pelosis Reise ins Ungewisse: Amerika riskiert eine unnötige Krise mit China».

Für diesen Erkenntnisstand muss man nun noch nicht unbedingt Leser der NZZ sein. Aber vielleicht legt die alte Tante mit der ihr eigenen Gemächlichkeit noch etwas nach …