Einfach NZZ
Keine Rezension, keine Kritik. Einfach ein Seufzer.
Wer die «Financial Times», den «Economist», den «Guardian», den «New Yorker», «Mother Jones» oder «The Atlantic» liest (die Liste liesse sich beliebig verlängern), ist bereichert und fühlt sich gleichzeitig elend.
Bereichert, weil das normalerweise (Ausnahmen gibt es immer) Qualitätsjournalismus auf hohem Niveau ist. Hier werden Themen durchdrungen, bearbeitet, komprimiert, in eine elegante Schreibe übertragen. Hier spürt man in jeder Zeile, dass der oder die Autoren viel mehr wissen, daraus dann das Wichtige extrahiert haben.
Ein gnadenloser Faktencheck und eine offensive Fehlerkultur garantieren, dass sich der Leser auf die Richtigkeit der Angaben verlassen kann. Die Interpretation der Wirklichkeit erfolgt selbstverständlich auch. Aber die Befindlichkeit der Autoren, die Nabelschau wird eher selten betrieben, es gehört sich nicht, den Leser damit zu belästigen.
Vor allem aber: hier herrscht Niveau. Sicher gab es vor allem in den USA Übertreibungen in der Berichterstattung über Trump, wird der Famlienclan von Präsident Biden bis heute unziemlich geschützt. Aber das sind kleine Flecke auf einer blütenweissen Weste.
Der deutschsprachige Journalismus dagegen ist weitgehend im Füdli, man kann es nicht vornehmer sagen. Wozu Beispiele aufführen, ZACKBUM ist voll von ihnen. Mediokres, Banales, Aufgepumptes, Skandalisiertes, dazu Ich, Ich, Ich, der moralische Zeigefinger, Rechthaberei, ein Telefon und zweimal googeln, fertig ist der Artikel.
Bildungslos, kulturlos, kenntnislos. Die Lektüre der drei Grosskonzerne, die die Schweizer Medienlandschaft mit unzähligen Kopfblättern im Tagesjournalismus beherrschen, ist eine Tortur, für die gar nicht genug Schmerzensgeld gezahlt werden kann. Gestolpertes, Gerülpstes, Unverdautes, Tiefergelegtes, künstlich Aufgeregtes, und immer penetranter: nicht berichten, sondern belehren. Nicht aufklären, sondern verklären. Nicht mit der Darstellung der Wirklichkeit ringen, sondern die eigene Weltsicht an einem Ereignis spiegeln.
Das ist furchtbar.
Aber es gibt einen Lichtblick. Auch darüber hat ZACKBUM schon einige Male geschrieben, auch kritisiert. Aber es ist hier eine subjektive, persönliche Erfahrung zu berichten, ein Blick aus dem eigenen Bauchnabel.
ZACKBUM hat um ca. 11 Uhr vormittags am 5. September 2023 die Homepage der NZZ aufgerufen. Und war informiert, amüsiert, auf Niveau wurden die Splitter der aktuellen Nachrichtenlage dargeboten, bekömmlich, aufbereitet, bedacht, selten, sehr selten aufgemaschelt, eigentlich nie kreischig. Nachdenken über den Frieden, hat Jositsch eine Chance, Touristen in Afghanistan, der Chef der Deutschen Bank (vielleicht eine Spur zu unkritisch, das Interview), gegen antiautoritäre Erziehung, Chinas Geisterstädte, die Rolling Stones singen noch, eine Ausstellung über die «Secessionen» in Berlin, ein nordkoreanischer Überläufer, die Massenschlägerei in Opfikon.
Und eine besondere Perle: im Feuilleton das Interview mit dem deutschen Journalisten und Autor Dirk Schümer. Ein wunderbarer Gedankenflug, die Fragen (knapp) auf der Höhe der Antworten, was für eine Bereicherung. Und in welche Abgründe blickt man dagegen bei den Schweizer Stammel- und Kreischautoren, denen der Titel Schriftsteller aberkannt werden sollte.
Nein, auch das ist kein «Paid Post», einfach die Entladung einer zu oft gequälten Seele …
Nach Corona, der faken Klimahysterie und der allgegenwärtigen Ukraine-ganz-lieb/Russland-ganz-bös-Propaganda glaube ich gar nichts mehr. Die angelsächsischen «Qualitätsmedien» schneiden dabei auch nicht viel besser ab. «Nicht berichten, sondern belehren» ist leider auch dort längst Usus.
Ob es irgendwo «Qualitätsjournalismus» gibt, weiß ich nicht. Sicher ist, dass Leitmedien nicht als «Lügenpresse» bezeichnet werden können, weil sie nicht permanent lügen. «Lueckenpresse» hingegen ist zutreffend, weil sie permanent Aspekte weglassen, die nicht in das herrschende Narrativ passen.
Wer das Wahre, d.h. das Ganze nach Hegel sucht, muss sich wirklich anstrengen. Ein Tipp: Auf Substack gibt es viele interessante Autoren wie Seymour Hersh oder Big Serge, den bestinformierten und militärisch geschulten Analysten des Ukraine-Konflikts. Ich schreibe dort auch, ohne den Anspruch, Qualitätsjournalismus zu produzieren, sondern nur als gelegentlicher kleiner Lückenfüller
Da wünsch ich› einfach nachträglich alles Gute zu dreijährigen Geburtstag und rahme diesen Seufzer als vorläufiges Resumee. Stark bleiben.
Echt jetzt? Der Guardian, dessen Holding-Firma in George Town (Cayman Islands) beherbergt ist, soll Qualitätsjournalismus liefern? Das wäre etwa so, als wenn man sich die Schweiz so vorstellt, wie sie in der WoZ präsentiert wird.
Vielleicht muss ich mich abmelden. Oder ist’s nur mein Seufzer zum Tag?
Wenn «Financial Times», «Economist», «Guardian», «New Yorker», «Mother Jones» oder «The Atlantic»
uns die Welt doch so gut erklären würden – warum haben wir denn was wir haben?
New York Times, Washington Post, CNN (oder Sox) und die Handvoll Agenturen, die unser Wissen von der Welt ergänzen bzw ‹prägen›, ging das vergessen?
Ist Off-Guardian eine Fiction und BBC das Pendant zu SRF / SRG?
Ich kann das alles nicht lesen und komm kaum zu den dicken, klugen Büchern die Herr Zeyer immer noch daneben liest.
Aber wenn ich mir die Welt, die Kämpfe der Mächtigen und ihre Mittel, die sie anwenden und zusehends optimieren, so ansehe, dann spüre ich gar nicht viel Beruhigendes.
Dann weiss ich, dass da – NZZ hin oder her – eine riesige Schlammlawine auf die Menschheit zurollt, gerade auch aus der anglophonen Welt, egal ob’s da noch vereinzelt Perlen von ‹durchdrungen, bearbeitet, komprimiert, in eine elegante Schreibe› im Geröll hat.
Die ‹Füdli› sind rund um den Globus (ja auch in Peking, Pravda oder der ‹Granma›) flächendeckend installiert. Gerade darum wäre es höchste Zeit, dass zackbum nach den Medien Ausschau und berichten würde, die noch den Arsch haben, der kruden Realität ins Gesicht zu schauen.
Oder Kollege Millius fragen, ehemaliger BLICK Reporter, der sich das Rohr nicht hat verbiegen lassen.
Kein paid post für ihn, höchstens Wahlhilfe.
Um zu sehen, ob das Parlament ihn auch zurecht biegen wird. Wenn es denn genug Wähler gibt, die von den Schlammlawinen die Schnauze endlich auch gestrichen voll haben.
Stirnrunzeln bloss, dass die umstrittene Andrea Fopp per Ende 2023 zur NZZ stossen wird. War vorher die langjährige Chefredaktorin von Bajour in Basel. Vorher bei Tageswoche, Gesundheitstipp, Saldo und der Basler Zeitung. Fopp hat im Jahr 2020 zusammen mit Nora Bader das Buch «Frauen Macht Medien» herausgebracht.
Interessant zu erfahren, ob sie den Spagat zum reifen Journalismus bei der NZZ schaffen wird?
Für Fopp zweifellos ein Aufstieg, für die NZZ Bekenntnis zum Medienplatz Schweiz, wir wollen nicht besser als andere sein, das Mittelmass genügt uns.