Trotz alledem

Liegt es an der Konkurrenz? Die NZZ bleibt ein Leuchtturm.

ZACKBUM wühlt sich täglich durch den Morast. So kommen uns die Expeditionen in die Niederungen des Tagesjournalismus immer mehr vor. Kurze Denke, atemlose Schreibe. Niveaulos, kulturlos, kenntnislos. Ungebildet und holperig, Fast Food, wobei man nie weiss, wo der Hamburger oder die Pizza aufhört und der Karton anfängt. Geschmacklich ist das sowieso schwer zu unterscheiden.

Und dann scrollt man durch die Homepage der NZZ und muss zugeben: immerhin, da ist noch Nahrung vorhanden, keine Sättigungsbeilage, die hungrig lässt.

Gut, Kriegsgurgel Rásonyi startet nicht mit einem Highlight, sondern mit einem Ärgernis. Aber kein Blatt ist unfehlbar, und den Auslandchef könnte höchstens der Chefredaktor an die Kandare nehmen, und will er das. Wahrscheinlich profitiert der Irrwisch davon, dass Gujer durch die Nachfolgeregelung bei der NZZaS etwas abgelenkt ist.

Aber nach diesem Ärgernis herrscht Freude. «Letztlich heisst finanzielle Repression, Geld von alten Leuten zu stehlen». Ein Interview der klaren Worte mit Russell Napier. Ein Hintergrundbericht zur jüngsten Schiffskatastrophe im Mittelmeer. Eine grafische Aufbereitung der Verluste, die Russland im Ukrainekrieg erleidet. Selbst «Wie viel Wokeness verträgt die Vogue» ist der NZZ ein (guter) Artikel wert.

Lucien Scherrer, der im Roshani-Skandal eine eher trübe Rolle spielte, rehabilitiert sich mit einem Artikel nach dem anderen. Zuletzt ging er den Erzählungen von Sibylle Berg über ihre Biographie und über angeblich Erlebtes in Reportagen nach. Aktuell nimmt er sich George Soros vor, der jedes Jahr 1,5 Milliarden Dollar verteilt. «Dabei fördert er auch Feinde der offenen Gesellschaft.» Zu recht der meistgelesene Artikel.

Ein dystopischer Roman von C.F. Ramuz, der erst kürzlich auf Deutsch übersetzt wurde, ein hübsches Essay über den Pool, wo «Träume wahr werden –Alpträume aber auch».

Eine erfrischend nachdenkliche Analyse zum Wahlsieg der AfD in Deutschland, ein bissiger Artikel über eine weitere Sammelklage gegen die CS in New York. Selbst einen geschmäcklerischen Artikel darüber, wie «das Besteck in Szene gesetzt wird», verzeiht man der NZZ.

Damit haben wir nur eine Auswahl der aktuellen Artikel erwähnt. Was dabei auffällt: mit der negativen Ausnahme von Rásonyi spielt die Befindlichkeit, die unqualifizierte, aber persönliche Meinung keine grosse Rolle. Die Welt ist nicht so, wie sie zu sein hätte, aber obwohl ich es ihr sage, hört sie nicht auf mich: dieses weitverbreitete Leiden findet man in der NZZ glücklicherweise nur in homöopathischen Dosen.

Daher verzeiht man der NZZ gelegentlich Ausrutscher nach unten. Weil in der übrigen Presse die Aufschwünge nach oben noch viel, viel seltener sind.

4 Kommentare
    • Simon Ronner
      Simon Ronner sagte:

      Sie kennen die Titel offensichtlich nicht, denn Sie machen hier eine komplette Verdrehung. Die Wochenausgaben der NZZ sind aus liberal-konservativer, bürgerlicher Warte noch immer lesbar, während aus der NZZaS vor ca. zehn Jahren ein links-liberallalla-Blatt für urban-woke EU-Beitrittsfanatiker gemacht wurde.

      Sollte dieser Schwachsinn auf Niveau des Deppen-Tagi auch nur ansatzweise auf die NZZ überschwappen, dann gute Nacht Falkenstrasse!

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      • Petra Hartmann
        Petra Hartmann sagte:

        In der Tat, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Natürlich ist mir der Unterschied bekannt. Habe beide früher abonniert. Finde jedoch bereits jetzt schon teilweise einen Linksdrall in der alten Tante. Wenn es fusioniert, dann geht ein ganzes Stück verloren.

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  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Aber kein Blatt ist unfehlbar und den Auslandchef könnte höchstens der Chefredaktor an die Kandare nehmen, will er das?

    Weil ich den Satz und die Logik nicht verstehen konnte.
    Nicht weil ich gern rummäkle oder dem Chef noch ins Besteck fummle – beim Wenigen, das noch erbaulich, anregend, intelligent daher kommt im Schweizer Medienalltag.
    Es waren meistens die sogenannt ‹klugen› Köpfe und die Medien, die sich für Kriege der Mächtigen erhitzen und anbiedern konnten. Eingeschlagen haben sich die Birnen dann die niederen Stände.

    Es ist einfach pervers, wenn sich das ‹trotz alledem› Blatt der selbsternannten Intelligenzia – und der OberTrommler dort – als Kriegsrassel verdingt.
    Da tünchen die von zackbum gelobten Restartikel dieses Treiben noch zu einem gewissen Stellenwert auf, für die affinen Selbstverdeidiger im angenehmen Heim.

    Krieg ist Scheisse (auch der von Putin), noch mehr Scheisse ist nur der Krieg und das Kalkül der Gierigen und Satten.

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