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Tamedia: Countdown to zero

Oder unter Null. Schwer zu beurteilen.

Diesmal zeigt das Qualitätsmedium aus dem Hause Tx, dass es wirklich keinerlei Hintergrundrecherche mehr macht. Denn nur so ist diese Schlagzeile zu erklären:

Unglaublich, was für eine Frau. In ihrer Selbstdarstellung ist sie tatsächlich schwer schlagbar. Auf Twitter preist sie sich an als «bestselling author, Senior Research Fellow, DPhil, Former Counter Terrorism Adviser». Auf Facebook forscht sie zu «Extremismus und berät dazu u.a. die UN, NATO und die Weltbank».

Auch ihre akademische Karriere ist atemberaubend: die «österreichische Investigativ-Journalistin» so weiss Wikipedia, studierte an der Wirtschaftsuni Wien «Internationales Management». Dadurch nicht ganz ausgelastet, studierte sie parallel an der Uni Wien Philosophie und schloss beides mit Diplomen ab. Ein Gastsemester an einer Business School «bei Paris» lag da auch noch drin. Anschliessend zog es sie an die Uni Peking, wo sie in nur einem Jahr eine Masterarbeit vorlegte. Ohne jedes Anzeichen von Erschöpfung zog sie im gleichen Jahr 2014 dann an die London School of Economics and Political Science, wo sie, wenn schon, denn schon, gleich nochmal eine Masterarbeit ablieferte. Und so weiter.

Diese unglaubliche Karriere wäre mal eine vertiefte Recherche wert …

Fast nebenbei infiltrierte sie dann noch rechtsradikale Gruppen wie auch «radikale Islamisten». Daraus entstand ihr erstes Werk «Rage», auf Deutsch «Wut», dem «Radikalisierungsmaschinen» und neuerdings «Massenradikalisierung» folgten.

ZACKBUM hat «Radikalisierungsmaschinen» – für einmal Anpreisungen folgend – angelesen, und kann sich nur dem «Zeit»-Rezensenten anschliessen: kriminalistisch wenig spannend, unterkomplex, Ursachen und Ideologien interessierten die Autorin wenig bis nicht, ihre moralische Unerbittlichkeit spiele sich in der Liga Böhmermann ab. Oder in einem Wort: flach.

Also eine weibliche Marco Kovic, nur viel erfolgreicher und gern gesehener Gast in grossen Talkshows, was Kovic zu seinem Leidwesen bislang verwehrt blieb. Aber sie ist halt Frau und nicht unattraktiv.

Diese Modeerscheinung interviewt nun Tamedia ehrfürchtig anlässlich ihrer Buchpräsentation in Zürich. Das spart Reisekosten, auch an allem anderen wird natürlich gespart.

Ein René Laglstorfer und und ein einschlägig bekannter David Sarasin dürfen an ihren Lippen hängen. Wo sei sie denn überall ««undercover» eingetaucht», fragen sie die Wallraff-Nachahmerin: «radikale Nazis, IS-Gruppen, Jihad-Brautgruppen bis hin zu frauenfeindlichen Gruppierungen» (und das als Frau!) «und Verschwörungstheoretiker-Community».

Wahnsinn, aber da sie ja bienenfleissig ein Buch nach dem anderen raushaut, wird das nicht langsam ein bisschen schwierig, «verkleiden Sie sich?» Das macht die clevere Untercover-Agentin: «Zum Beispiel habe ich bei einem Telefoninterview einen anderen Akzent gesprochen, um nicht meinen Wiener Dialekt zu verraten.» Gigantisch, was noch? «Einmal habe ich eine Perücke aufgesetzt und Brillen getragen.»

Was wisse sie denn über die «Junge Tat», fragt dann Tamedia die Kennerin aller radikalen Gruppen: «Zunächst sind das nachgewiesene Faschisten», weiss Ebner, «aber sie verschleiern ihre Ideologie hinter einer geschickt angelegten Sprache, die subtiler und anschlussfähiger ist».

Das kapieren nun die beiden Tamedia-Journis zu recht nicht, also «Erklären Sie bitte». – «Diese neueren Gruppen wechselten von einem offenen Rassismus und Antisemitismus hin zu einem Narrativ, des Ethnopluralismus, wonach sich die unterschiedlichen ethnischen Gruppen nicht mehr vermischen sollten. … Ihr Ziel ist es, das Sagbare weiter nach rechts zu verschieben.»

Und so geht das geschlagene 13’535 Buchstaben hindurch. Hier hat erstaunlicherweise Tamedia versäumt, die Dame um ein klitzekleines Beispiel für ihre unbelegten Behauptungen zu bitten.

Also formuliert es ZACKBUM ganz einfach: Das Ziel von Ebner ist es, das Sagbare weiter in Richtung Nonsens, Inhaltsleere und aufgeblasene Schlagwörter zu verschieben. Was ihr beneidenswert gut gelingt.

Früher, ach früher, wäre es aber so gewesen, dass zwei Journalisten sich ein ganzes Interview hindurch nicht einfach als Stichwortgeber prostituiert hätten, sondern vielleicht eine, eine einzige kritische Frage an die Interviewte gerichtet hätten. Aber früher war halt vieles besser.

Womit wir bei Tamedia wirklich schon gefährlich nahe bei der Nulllinie angelangt werden. Es braucht eine zunehmende Unverfrorenheit, für einen solchen journalistischen Flachsinn auch noch ernsthaft Geld zu verlangen.

Wichtiges und Unwichtiges

Qualität, für die man gerne zahlt …

Tamedia sei «mehr als die nächste Schlagzeile», behauptet der Medienkonzern forsch. Er haut sogar noch mehr auf die Kacke: «Als stärkstes Redaktionsnetzwerk der Schweiz gestalten wir die Themen und Debatten des Landes mit

Soll man es betrauern oder sich darüber freuen, dass das schon längst nicht mehr der Fall ist? Oder trauen Sie Raphaela Birrer zu, die «Themen und Debatten des Landes» mitzugestalten? Ach, nicht so auf die Frau spielen? Gut, dann schauen wir uns doch mal die gestalterische Kraft am 1. Mai an. Vielleicht könnte man dazu in Abwandlung eines alten Arbeiterslogans sagen: Es stehen alle Schlagzeilen still, wenn dein starker Arm es will.

Greifen wir also «mehr als die nächste Schlagzeile» heraus. «Sexismus am Arbeitsplatz – hier werden Männer zu Unterstützern», eine wunderbare Schlagzeile, die aber, horribile dictu, nicht auf die Tamedia-Redaktion selbst angewendet wird. Obwohl, will man dem Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen glauben, die das dringend nötig hätte. Aber so viel Mehr wäre dann doch zu viel des Guten.

Unbedingt berichtenswert ist auch das hier: «Eine fatale Karikatur bringt den «Guardian» in Schwierigkeiten». Hinter der Schlagzeile: in der englischen Zeitung war eine Karikatur erschienen, der ein antisemitischer Gehalt vorgeworfen wurde. Der «Guardian» nahm sie vom Netz und entschuldigte sich. Also ist hinter der Schlagzeile einfach heisse Luft.

Ein chinesischer Schachweltmeister, eine missglückte italienische Tourismus-Werbung, ein «Chili-Esser schrammt haarscharf am Tod vorbei», und das in San Francisco, der «Beobachter» wisse, wie es dazu kam, dass eine Frau «zwei Schafe im Badezimmer hielt». Auch hier gähnt hinter den Schlagzeilen das Nichts.

Das schnarcht schon in der Schlagzeile bei der Abteilung «International». «Flucht und Vertreibung der Palästinenser», natürlich von der «Süddeutschen Zeitung» einkopiert, in Wien suche Afghanistan einen neuen Helden, meint die SZ, kopiert dann das stärkste Redaktionsnetzwerk der Schweiz. Ach, und «60 Minuten mit Obama»; kalter Kaffee, lauwarm serviert.

Wollen wir noch die Kolumnen oder gar die «Kultur» anschauen? Lieber nicht, richtig. Aber he, es war doch der 1. Mai, normalerweise der News-Retter an einem schlappen Feiertag. «Wir berichten live (mit Video)», trompetet das Redaktionsnetzwerk. Tatsächlich, ganze drei Redaktoren werden freigelassen, verlassen ihre Verrichtungsboxen und setzen sich heldenhaft Tränengas und anderen Widrigkeiten aus. Als Lohn der Angst bringen sie Nachrichten wie diese mit: «Plötzlich stürzen sich fünf zivil gekleidete Beamte einer speziellen Eingreiftruppe auf einen Mann und verhaften ihn, sie werden unterstützt durch den Wasserwerfer. Ein Polizist ist bei der Aktion mutmasslich verletzt worden.»

Dazu passend ein Foto, wie uniformierte Beamte einen Mann verhaften. Aber in der Hektik kann das ja passieren. Auch die deutsche Sprache leidet unter dem Kriegsgeschehen am Zürcher Helvetiaplatz: «Die eingekesselten auf dem Kanzleiareal». Dafür hat Tamedia einen hübschen Ausdruck für linksautonome Chaoten, für gewaltbereite Mitglieder des Schwarzen Blocks gefunden, der wirklich ingeniös ist und eine echte Alternative zu «Demonstrierende» darstellt: «Aktivisten». Das hört sich schnüggelig an und lässt sich allgemein anwenden.

Klimaaktivisten statt Klimakleber. Religionsaktivisten statt islamistische Fundamentalisten. Sprachaktivisten statt Genderwahnsinnige. Sauberaktivisten statt faschistische Sprachreiniger. Nur: gibt es denn nicht auch Aktivistinnen? Ist «Aktivist» nicht Ausdruck der männerbeherrschten Unterdrückungssprache? Hallo? DER Aktivist? Was hat sich Tamedia dabei nur gedacht? Die einzig korrekte Form dieses Ausdrucks wäre «Aktivierende». Kann doch nicht so schwer sein.

Mal ernsthaft, liebe Mitglieder des angeblich stärksten Redaktionsnetzwerks der Schweiz: ihr erwartet wirklich, dass das Publikum dafür auch noch zahlt? Betrachtet ihr das als Arbeitsplatzsicherung – oder wollt ihr euch selbst wegschreiben? Oder von der SZ wegschreiben lassen? Oder soll das eine Satire auf ein ernsthaftes Qualitätsmedium sein? Oder ist das subversiver Widerstand gegen das Aushungern durch Pietro Supino? Gegen eine unfähige Redaktionsleitung? Gegen überforderte Ressortleiter(innen)?

Wie auch immer, den Leser packt das Grauen und er wird vergrault …

Wumms: Markus Brotschi

Nicht nur Frauen senken das Niveau von Tamedia.

Brotschi ist ein alter Hase des Journalismus, «er arbeitet seit 1994 als Journalist und Redaktor» und sei Bundeshausredaktor mit «Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitspolitik».

Es kann also sein, dass er sich etwas ausserhalb seiner Kernkompetenzen bewegt. Das ist aber noch lange keine Entschuldigung für diesen Kommentar in Tamedia:

«Ein Scheitern der Übernahme der CS durch die UBS wollte die unheilige Allianz der Nein-Sager im Parlament nicht … Richtig ist, dass der Bundesrat selbst nun keine Zweifel an der Rechtskraft seiner Beschlüsse aufkommen lässt. Ein Scheitern des CS-Deals, weil gut die Hälfte des Nationalrats Nein stimmte und trotzdem Ja meinte, wäre fatal und grotesk.»

Mit Verlaub, Herr Bundeshausredaktor: das ist gerüttelter Unsinn. «Unheilige Allianz»? Was soll dieser demagogische Kampfbegriff? Natürlich will und muss der Bundesrat behaupten, dass seine überhastete und fragwürdige Entscheidung, insgesamt 259 Milliarden Franken ins Feuer zu stellen, ohne Alternativen richtig geprüft zu haben, rechtskräftig sei. Was ja nicht bedeutet, dass das auch stimmt …

«Nein stimmte und Ja meinte»? Woher will Brotschi das wissen? Kann er in die Köpfe der Nationalräte schauen? Oder will er behaupten, dass unsere Parlamentarier das Gegenteil von dem abstimmen, was sie eigentlich wollen? Also unzurechnungsfähig sind?

Ein Scheitern wäre «fatal und grotesk»? Wenn es daran läge, dass es rechtswidrig wäre? Trotz Rechtswidrigkeit müsste es dennoch durchgezogen werden, sich an Rechtsstaatlichkeit halten, wäre «fatal und grotesk»? Weiss dieser Mann überhaupt, was er schreibt? Oder meint er auch das Gegenteil davon? Das wäre zu hoffen, denn dass der Leiter der Bundehausredaktion von Tamedia ein Antidemokrat ist, der schon mal die Zwangsimpfung ohne Rechtsgrundlage forderte, ist schlimm genug.

Wumms: Jessica Peppel-Schulz

Tamedia hat einen neuen CEO. Natürlich eine Frau …

Pietro Supino ist des Lobes voll: «Sie hat uns mit Ihrer dynamischen Persönlichkeit überzeugt, wir freuen uns jetzt schon auf sie

Es war natürlich klar, dass die vakante Stelle, die der entsorgte Marco Boselli hinterliess, mit einer Frau besetzt werden muss. Die gute Nachricht ist: Mathias Müller von Blumencron, die interimistische Leiter nach unten in der Publizistik, hört auf. Die schlechte: er bleibt im Verwaltungsrat von Tx, also von Tamedia, oder vom «Tages-Anzeiger». What ever, wie der Manager da sagt.

ZACKBUM möchte allerdings leise Zweifel an der Dynamik von Peppel-Schulz anbringen. Wie Tamedia, einigen wir uns auf diesen Namen, über sie vermeldet, war sie CEO beim Condé Nast Verlag Deutschland. Wahnsinn, der gibt die «Vogue» und ein paar andere Lifestyle-Blätter heraus, steckt notorisch in den roten Zahlen und macht einen Umsatz von schlappen 50 Millionen Euro. Im Jahr.

Zuvor war Peppel-Schulz CEO bei der United Digital Group (UDG). Die Digital-Agentur machte Umsätze im zweistelligen Millionenbereich und wurde nach ihrem Weggang von einem grösseren Mitbewerber geschluckt.

Also beste Voraussetzungen, die Publizistik eines Fast-Milliardenkonzerns zu leiten. Es gibt noch eine weitere Auffälligkeit im CV von Peppel-Schulz. Nach ihrem sicherlich aufreibenden Einsatz bei UDG machte sie dann mal einen «Sabbatical Break», wie sie auf LinkedIn vermeldet. Schlappe 9 Monate.

Dann war sie ganze 28 Monate CEO bei Conté Nast. Darauf begab sie sich im Juli 2021 in einen neuerlichen «Sabbatical Break». Der dauert nun ein Jahr und 10 Monate, also bis heute. Bzw. bis sie dann die Stelle bei Tamedia antreten wird.

Sicherlich gut erholt und ausgeruht. Ob es allerdings eine gute Voraussetzung ist, alle Verwerfungen durch die Pandemie usw. nicht an leitender Position mitverfolgt zu haben?

Aber ZACKBUM will die Vorfreude von Supino keinesfalls schmälern; Wunder gibt es immer wieder. Man muss nur an sie glauben.

Springers Meisterstück

Kaufen statt selber machen. Auch so geht’s.

Als der Springer-Verlag im August 2021 eine Milliarde Dollar auf den Tisch legte, um den «Politico»-Verlag zu kaufen, ging eine Raunen durch die Runde.

Das US-Blatt erscheint im Print nur während den Sitzungszeiten des Kongresses als Tageszeitung mit einer bescheidenen Auflage von 40’000 Exemplaren. Gegründet wurde es 2007, eine europäische Ausgabe gibt es seit 2015, natürlich auch auf Englisch.

Sozusagen als Kollateralschaden kostet das den «Bild»-Chefredaktor Julian Reichelt endgültig den Job. Denn als die NYT über die Zustände bei «Bild» berichtete, im Zusammenhang mit diesem Ankauf, wollte sich Springer blitzschnell US-Gebräuchen bei der Verfolgung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz anschliessen.

Aber das nur nebenbei. Wichtig ist, dass sowohl die US-Ausgabe wie auch die europäische im Internet vorführt, wie moderner Politjournalismus heutzutage geht. Aktuell zeigt das gerade die Berichterstattung über die «Pentagon Leaks». Also die Veröffentlichung streng geheimer Dokumente, die belegen sollen, welche militärische Unterstützung die USA der Ukraine gewähren und mit welchen Mitteln sie dort helfen.

Auch wenn «Politico» natürlich nicht die Quelle ist (lustigerweise kamen die Papers über eine Gaming-Plattform in Umlauf), zitieren die meisten deutschsprachigen Medien wie der «Spiegel» das US-Polit-Magazin – oder schreiben ihm einfach ohne Quellenangabe ab.

Besonders bunt treibt’s hier mal wieder Tamedia. Obwohl der Konzern eine Klage gegen den «Spiegel» wegen des Rufmord-Artikels von Anuschka Roshani erwägt, schreibt er einfach dem deutschen Nachrichtenmagazin ab. Das seinerseits bei «Politico» abschreibt.

Auszug aus dem «Spiegel»-Abschreibtext:

«Das Material soll unter anderem Informationen zu Waffenlieferungen an die Ukraine und Angaben zum Munitionsverbrauch beinhalten. Es gibt auch Landkarten, auf denen der Frontverlauf eingezeichnet ist, und Standorte russischer und ukrainischer Truppenverbände und deren Mannschaftsstärken. Einige der als »geheim« gekennzeichneten Schriftstücke stammten vom Februar und März, wie das Nachrichtenportal »Politico« berichtete.»

Auszug aus dem Tamedia-Abschreibabschreibtext:

«Die veröffentlichten geheimen Dokumente beinhalten US-Medienberichten zufolge unter anderem Informationen zu Waffenlieferungen an die Ukraine und Angaben zum Munitionsverbrauch. Es gibt auch Landkarten, auf denen der Frontverlauf eingezeichnet ist, und Standorte russischer und ukrainischer Truppenverbände und deren Mannschaftsstärken. Einige der als «geheim» gekennzeichneten Schriftstücke stammen vom Februar und März, wie das Nachrichtenportal «Politico» berichtete.»

Während aber die deutschsprachigen Medien mit diesem Wiederkäuen beschäftigt sind, dreht «Politico» die Story natürlich weiter und berichtet aus dem Innern des US-Verteidigungsministeriums. Dort sei man «sick to the stomach» über diese Veröffentlichungen, was man mit «ist mir übel» dezent übersetzen könnte.

Ein weiterer Artikel befasst sich damit, wie US-Abgesandte ihre verbündeten Spionagepartner besänftigen wollen, obwohl:

«One said that members of the Five Eyes — the intelligence consortium of the United States, Canada, United Kingdom, Australia and New Zealand — have asked for briefings from Washington but have yet to receive a substantive response.»

Was übrigens in angelsächsischen Medien verwendete anonyme Quellen von europäischen unterscheidet: sie existieren …

Wer selbst austesten will, welche Distanz in der Dichte und Kompetenz des Dargebotenen zu deutschsprachigen Medien existiert, soll doch einfach – etwas Englischkenntnisse vorausgesetzt, ansonsten gibt es zufriedenstellende Simultanübersetzungs-Apps – zu jedem beliebigen Zeitpunkt einen Blick auf die Homepage werfen.

Sonst noch Fragen? Ach ja, das Angebot ist gratis, die US-Ausgabe hat 700 Mitarbeiter, davon mehr als die Hälfte festangestellte Redakteure. Politico Europa hat 200 Angestellte …

Was lange gärt …

Auch Tamedia verklagt den «Spiegel».

Ein «Gastbeitrag» von Anuschka Roshani hat weitere rechtliche Folgen. Die gefeuerte «Magazin»-Mitarbeiterin hatte in einem Racheartikel schwere Vorwürfe gegen Tamedia und ihren ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica erhoben.

Der habe sie übel gemobbt und verbal belästigt, der Verlag habe sie dagegen nicht geschützt. Der «Spiegel» stellte sich hinter diese Behauptungen, er verfüge über Dokumente und weitere Quellen, die sie bestätigen würden.

Eine nähere Untersuchung der Vorwürfe ergab aber, dass sie grösstenteils nicht der Wahrheit entsprechen und nicht erhärtet werden konnten. Offensichtlich spielte beim Entstehen des Artikels eine Rolle, dass sich Roshani für den damals noch besetzten Posten des Chefredaktors beworben hatte – und abgeschmettert wurde.

Fast zeitgleich veröffentlichte die «Zeit» einen Artikel der einschlägig bekannten Salome Müller, der die Vorwürfe spiegelte, ebenfalls von angeblichen anonymen Quellen fantasierte und aus Unterlagen zitierte, die offensichtlich Roshani zur Verfügung gestellt hatte. Mehrfach dazu befragt, antwortet die «Zeit» lediglich: «Aber wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, haben wir unseren ausführlichen Antworten vom 10.2. derzeit nichts hinzuzufügen. Sollten sich für uns neue Erkenntnisse ergeben, werden wir darüber selbstverständlich berichten.»

Neue Erkenntnisse wie die, dass beispielsweise von Roshani geschilderte Vorfälle an einem Weihnachtsessen gar nicht stattfinden konnten, weil dieses Weihnachtsessen coronabedingt ausfiel – was sie offenbar vergessen hatte –, scheinen der «Zeit» nicht berichtenswert.

Nachdem sich fast alle Schweizer Medien lächerlich und unglaubwürdig machten, indem sie die Anwürfe von Roshani ungeprüft übernahmen oder sogar noch ausschmückten, herrscht nun Ruhe im Blätterwald.

Canonica hat bereits Mitte März Klage eingereicht, nun zieht Tamedia einen Monat später nach. Offensichtlich dachte man lange darüber nach, ob man damit die Kollaboration mit dem «Spiegel» gefährden könnte. Aber schliesslich siegte der Ärger darüber, dass der «Spiegel» noch einen draufsetzte und deutliche Parallelen zum Fall Weinstein zog – als handle es sich hier auch um kriminelle Vergehen eines mehrfach verurteilten Sexualstraftäters.

Die Urheberin dieses gelungenen Rufmords schweigt seither eisern. Keine Stellungnahme, keine Rechtfertigung, keine Erklärung, keine Antwort auf die Frage, wieso sich die meisten ihrer Vorwürfe bei näherer Betrachtung als haltlos erwiesen.

Was bleibt: auf juristischem Weg ist hier kaum noch etwas zu retten. Der «Spiegel» wird die Klagen sicherlich die ganze juristische Leiter hinauf appellieren, und wenn dann in Jahren rechtskräftige Urteile vorliegen, interessiert das keinen mehr.

Roshani, Müller, die abkupfernden und ausschmückenden Medien, von denen kein einziges seiner eigentlich Aufgabe nachgegangen ist – nachrecherchieren, Fakten checken –, ein schmieriges Trauerspiel sondergleichen. Besonders peinlich ist das eiserne Schweigen der Gutmenschen vom «Magazin»; rückgratlose Gesellen ohne Zivilcourage, aber mit moralisch erhobenem Zeigefinger bei anderen.

Als gäbe es noch den mittelalterlichen Pranger, die Verurteilung auf Zuruf, worauf sich die Meute am Opfer gütlich tun kann – Widerwärtigeres ist in diesem Jahr in der Schweiz noch nicht passiert.

Fremdschämen

Einfache Aufgabe: Tiefpunkte suchen.

Wer qualitativ Hochstehendes aufspüren will, hat’s in den Schweizer Medien schwer. Bei der Suche nach Tiefergelegtem hat man die Qual der Wahl …

Als Opener Lebenshilfe im Gratis-Segment von «20 Minuten».

Da kann auch «nau.ch» locker mithalten. Geheimnis Autositz, gaaaanz einfach erklärt.

Aber auch im Bezahl-Bereich wird’s nicht viel besser, wie CH Media beweist. Was sich heutzutage Essay nennen darf …

Der «Blick» versucht’s mangels News mit Nicht-News …

Die neuen Kolumnisten bei Tamedia hangeln sich von Tiefpunkt zu Tiefpunkt.

Das Problem von Benimm-Ratgebern ist, dass das Thema bereits so ausgelutscht ist, dass nicht einmal der NZZ noch was Originelles einfällt.

Wer allerdings vom Zwangsgebühren-TV SRF qualitativ höherstehende Lebenshilfe erwartet, wird enttäuscht.

Natürlich haben wir uns den absoluten Tiefpunkt bis zum Schluss aufgespart, er stinkt, wie sollte es anders sein, aus «watson».

 

Mario Stäuble

Die Kommentare sind noch der Untergang von Tamedia.

«Die Unabhängigkeit der CS geopfert, die Stabilität des Finanzsystems gesichert.» Das habe der Bundesrat getan, behauptet der frischgebackene Inlandchef von Tamedia. Frisch degradiert zeigt er ungefähr so viel Sachkompetenz wie Finanzministerin Karin Keller Sutter.

Die hat gerade vom Nationalrat eine zwar nur symbolische, aber dennoch schallende Ohrfeige gekriegt. Denn die Volksvertreter lehnten das Notrecht-Gemurkse des Bundesrats ab. Damit bewiesen sie mehr Fachkenntnis als Bundesrat, Nationalbank, FINMA und Stäuble zusammen.

Denn jedem vernunftbegabtem Menschen muss es klar sein, dass die Lösung, eine strauchelnde Dinosaurierbank zu «retten», indem man sie in einen noch grösseren Dinosaurier transplantiert, grotesk schlecht ist. Dass das wieder per Notrecht in höchster Eile geschah, macht aus der Groteske eine Tragödie.

Was wird passieren, sollte die UBS – wie bereits zehn Jahre nach ihrer Gründung 1998 – wieder am Abgrund stehen und nur durch künstliche Beatmung mit Milliarden Staatsgeldern gerettet werden könnte? Das stellte damals 66 Milliarden ins Feuer. Bei der CS sind es bereits 259 Milliarden. Wie viele müssten es bei einer neuerlichen UBS-Rettung sein? Die Bank ist nun dreimal grösser als die CS, man rechne.

Also tat der Nationalrat das einzig Vernünftige, obwohl das folgenlos bleiben wird. Es ist ein Unding im Gemurkse, dass per Notrecht gefasste Beschlüsse alternativlos sind. Weder vom Parlament, noch vom Stimmvolk überprüft oder korrigiert werden können.

Aber statt diese naheliegenden Probleme zu thematisieren, kritisiert Stäuble, dass Parteipolitik betrieben worden sei: «Man spürt: Es ist Wahljahr.» Das hat was, aber dann müsste der kompetente Kommentator vielleicht kritisieren, dass die SP zunächst einem sinnvollen Vorschlag der SVP zur Lösung der «too big to fail»-Problematik zustimmte, dann aber aus rein parteitaktischen Gründen auf dem Absatz kehrt machte und ihn versenkte. Angeführt von der Schnellschwätzerin Jacqueline Badran.

Aber das will Stäuble seinem linksliberalen Publikum nicht zumuten. Stattdessen versteigt er sich zu einer absurden Behauptung: «Das Parlament sendet Signale des Misstrauens aus – wenige Wochen nachdem der Bund mit einem dreistelligen Milliardenbetrag einen Bank Run gestoppt hat. Mit ihrem Widerstand unterlaufen SP, Grüne und SVP die Strategie des Bundesrats, um jeden Preis Stabilität zu garantieren.»

Der Mann hat keine Ahnung. Der Bundesrat hat, wenn seine Behauptung stimmt, dass die CS alle Eigenkapitalvorschriften erfüllt und solvent gewesen sei, keineswegs einen Bank Run gestoppt. Er hat vielmehr einen Notverkauf der Bank erzwungen. Ob er damit Stabilität hergestellt hat, ist mehr als fraglich.

Aber Stäuble zeigt dem Parlament, wo der Hammer hängt: «Statt Lösungen zu debattieren, betreiben die Parteien Wahlkampf.»

Als Stammtischmeinung nach dem zweiten Halbeli durchaus akzeptabel. Als Kommentar des Inlandchefs des zweitgrössten Medienkonzerns der Schweiz inakzeptabel.

Die GV der CS hat immerhin die Vergütung der Geschäftsleitung der Krisenbank abgelehnt – Quittung für Unfähigkeit. Stäubles Kommentar steht hinter der Bezahlschranke bei Tamedia. Ist zwar nichts wert, kostet aber. Wäre es da nicht naheliegend, dass auch der Tamedia-Leser die Honorierung von solchem Unfug verweigern dürfte? So als Anregung Richtung Supino.

Zahlen lügen nicht

Zwei Strategien scheitern, zwei funktionieren.

So einfach sind die neusten Zahlen der Studie «Mach Basic» der Wemf. Abgesehen davon, dass die Bude immer mal wieder die Kriterien ändert, was beispielsweise die aktuellen Zahlen der «Schweiz am Wochenende» nicht mit denen des Vorjahrs vergleichen lässt: klare Ergebnisse der neusten Reichweitemessung.

«20 Minuten» in der Deutschschweiz: minus 10 Prozent, «Tages-Anzeiger» sogar minus 13 Prozent, «SonntagsZeitung» minus 1 Prozent.

Parallel dazu: «Blick» minus 10 Prozent, «SonntagsBlick» minus 10 Prozent. «Beobachter» minus 10 Prozent, «Schweizer Illustrierte» minus 10 Prozent, sogar die «Glückspost» minus 10 Prozent.

Also Tamedia und Ringier verlieren happig Leser im zweistelligen Bereich. Bevor da von allgemeinen Umständen, schwierigen Zeiten und unbeständigem Wetter gefaselt wird, im besten CS-Stil:

«NZZ» plus 6 Prozent, «Schweiz am Wochenende» mit 992’000 Lesern die meistgelesen Zeitung der Deutschschweiz. Dazu hält sich die NZZaS einigermassen, die SoZ auch, während der SoBli abschmiert.

Wir sprechen hier ausschliesslich vom Print, da die Wemf die Zahlen für «total audience», also Print und Online, nur gegen Bezahlung rausrückt.

Aber im Printbereich kann man eindeutig sagen, dass sich CH Media einigermassen hält und die NZZ deutlich zulegt. Während bei Tamedia «20 Minuten» und vor allem der «Tages-Anzeiger» schwächeln, hält sich immerhin die SoZ auf Vorjahresniveau.

Durchs Band schmiert hingegen die «Blick»-Familie ab. Nun haben solche Entwicklungen immer Verantwortliche, und die sind nicht unbedingt auf der Ebene Chefredaktion zu suchen, sondern bei der Geschäftsleitung. Das wäre bei Ringier also Ladina Heimgartner, die offensichtlich mit Blitzstrahlen und einem zur Denunziation einladenden «Cultural Audit» davon ablenken will, dass ihre Strategie, dem «Blick» alle Zähne zu ziehen und ihn weiblicher, dafür viel weniger boulevardesk zu machen, krachend gescheitert ist.

Bei Tamedia musste der zuständige Geschäftsführer Marco Boselli bereits die Konsequenzen verspüren. Er wurde kurz spitz entsorgt. Sein Nachfolger a.i. hat allerdings durchaus Ähnlichkeiten mit Heimgartner: ein Schwulstschwätzer ohne Leistungsausweis.

Die Frage ist nun, ob diese desaströsen Zahlen in zwei Verlagen, im Gegensatz zu stabilen oder sogar positiven Zahlen in zwei anderen Verlagen, irgendwelche Konsequenzen haben werden. Leserschwund in zweistelliger Zahl, das ist normalerweise ein Alarmzeichen, auf das reagiert werden muss. Die Auswechslung von Geschäftsleitung und Chefredaktion drängt sich dabei normalerweise auf.

Nun hat Heimgartner, wenn auch aus anderem Grund, den Oberchefredaktor der «Blick»-Familie in eine Auszeit ohne Wiederkehr geschickt. Auch der Oberchefredaktor bei Tamedia musste ins Glied zurücktreten, sozusagen. Während die Nachfolge beim «Blick» noch völlig unklar ist, lässt die Regelung beim «Tages-Anzeiger» Übles ahnen.

Währenddessen zeigen Patrik Müller und Eric Gujer, beide auch in der Geschäftsleitung, dass die gute alte Idee, dem Leser für sein Geld auch einen Gegenwert zu bieten, durchaus Sinn macht. CH Media (und die NZZ) sind das Thema Pandemie viel weniger kreischig und unverhohlen regierungsgläubig angegangen, haben viel weniger gegen angebliche Corona-Leugner ausgeteilt.

Natürlich spielt die NZZ inzwischen in einer eigenen Liga, was die Breite des Angebots, die Qualität des Angebotenen und die klare Positionierung betrifft. Aber genau da liegt die Achillesferse sowohl von Ringier wie von Tamedia. Die Hauptpublikationen lassen jedes Profil vermissen. Es ist Wischiwaschi, Weichgespültes, allzu häufig sind es Bauchnabelbetrachtungen der Redakteure.

Bei Tamedia nimmt der Anteil von Artikeln aus der «Süddeutschen Zeitung» in München überhand, bei Ringier fehlt es zunehmend an journalistischen Eigenleistungen im Boulevard. Dass ein längst pensionierter Vic Dammann immer noch die einzigen Krimalstorys mit Hand und Fuss beim «Blick» schreibt, dass Tamedia überhaupt keinen profilierten Schreiber mehr hat, das ist ein klares Indiz der Misere.

Wie schon Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Kolumne empfahl, der Tagi sollte sich einfach mal klar positionieren. Als das, was aus ihm geworden ist. Ein Blatt für ein wokes, urbanes, eher linkes Publikum der Besserverdienenden, denen das Schicksal von Prekariatsmitgliedern eher egal ist. Die ihre Kinder in Privatschulen schicken und somit nichts von den Auswirkungen der Masseneinwanderung im staatlichen Schulsystem mitkriegen. Die hedonistisch in Genuss schwelgen, in der Stadt mit dem E-Scooter herumglühen, aber in den Ferien gerne mal auf den Malediven entspannen.

Der «Blick» hingegen müsste dringend zum althergebrachten Konzept «Blut, Busen, Büsis» zurückkehren. Denn das gehört zum Boulevard wie die Kampagne, die anzüglichen Berichte über Sexskandale, über die vielen Fehltritte der B- und C-Prominenz.

Debatten über Gendersterne, inkludierende Sprache, Sprachreinigung, Geschimpfe über Mohrenköpfe, das alles interessiert das Publikum weder beim Tagi noch beim «Blick».

Also Abhilfe wäre denkbar. Aber die wäre auch bei der CS möglich gewesen. Nur sind lediglich durch ihr intrigantes Geschick an höhere Positionen geratene Personen meistens sehr clever im Verteidigen des erkletterten Pöstchens. Aber Impulse, Strategien, Ideen, das alles sind nicht so ihre starken Seiten. Zudem sind sie aus Unsicherheit meistens beratungsresistent und schmeissen lieber einen Haufen Geld für externe Beratung hinaus.

 

Lieber Pietro Supino

Offener Brief: Sagen Sie beim Abschied leise «ciao».

Wissen, wann man aufhören sollte, ist das Schwierigste in einer Managerkarriere. Sie waren als Anwalt bei Bär & Karrer tätig, als Consultant bei McKinsey, als Gründungspartner des Vermögensverwalters Private Client Partners. Man erinnert sich an «Moonstone Trust», aber Schwamm drüber.

2007 wurden Sie als Nachfolger von Hans Heinrich Coninx Präsident des Tamedia-Verwaltungsrats. Sie gestatten, dass wir die Bude weiterhin so nennen, weil die ständigen Namenswechsel zwar gutes Geld für die Schilderwechsler am Haupteingang bedeuteten, sonst aber eher nerven. Aber gut, Sie sind auch noch «Executive Chairman» der «Tx Group».

Unter ihrer Führung wurde das Haus Tamedia um- und abgebaut. Sie verwandelten es in eine Ansammlung von Profitcentern unter dem Dach einer Holding. Die Bezahlmedien wuchsen durch den Ankauf dicker Brocken wie der «Basler Zeitung», der «Berner Zeitung», des «Bund» zum zweitwichtigsten Konglomerat in der Deutschschweiz; Sie beschallen damit über eine Million Leser.

Dem Flaggschiff «Tages-Anzeiger» wurden die Einkommensquellen der Handelsplätze weggenommen und als Tx Markets ausgegliedert. Dermassen ausgehungert, wurden die Redaktionen zu Skeletten heruntergespart; in Zürich stellt eine Zentralredaktion die Einheitssauce her, die sich dann in alle Blätter ergiesst, die dazu noch rudimentäre Lokalberichterstattung stellen. Zum inhaltlichen Schwund gesellt sich der Schwund an zahlenden Lesern.

Bei der Abstimmung über die zusätzliche Subventionsmilliarde agierten Sie als Präsident des Verlegerverbands mehr als unglücklich. Die Bekanntgabe einer Sonderdividende und des milliardenschweren Zusammengehens der Handelsplattformen mit Ringier, plus eine selten bescheuerte Kampagne, sorgten dafür, dass die Abstimmung verlorenging. Ein seltenes Kunststück, wo doch die geballte Medienmacht der Mainstream-Verlage dafür war.

Das Geschäftsergebnis des letzten Jahres ist desaströs, ein gewaltiger Gewinneinbruch, trotz weiteren Sparmassnahmen in Multimillionenhöhe, die der Glaubwürdigkeit der Bezahlorgane den Rest geben werden.

Sie sind also geschäftlich gescheitert.

Wie Sie die Affäre Roshani gehandhabt haben, ist ein Musterbeispiel, wie man es nicht machen sollte. Juristisch gingen Sie nur gegen die Konkurrenz von CH Media vor, als Sie persönlich angegriffen wurden. Ihren ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica liessen Sie im Regen stehen, die interne Kommunikation war unter jeder Sau, offen gesagt.

Nachdem Sie und ihre beiden Geschäftsführer in dieser Affäre jämmerlich versagt hatten, liessen Sie den sachkompetenzfreien Mathias Müller von Blumencron Wortblasen zur zukünftigen Strategie schwatzen, dass es dem Leser ganz blümerant wurde und man sich zusätzlich Sorgen um die Zukunft der Tamedia-Redaktore machen musste.

Unabhängig davon, ob das angeblich schon lange geplant war; die Degradierung von Arthur Rutishauser zum Nur-noch-Chefredaktor der «SonntagsZeitung» liess klar erkennen, dass nach der versemmelten Roshani-Affäre ein Bauernopfer fällig war. Schon bei der bis heute nicht bewältigten Affäre um unbewiesene Anschuldigungen von 78 erregten Tamedia-Redaktorinnen machten Sie eine ganz schlechte Figur.

Als Krisenkommunikationsmanager sind Sie mehrfach gescheitert.

Aber als Familienmitglied des Besitzerclans Coninx sind Sie unantastbar.

Nun haben Sie mit der Wahl der Nachfolgerin von Rutishauser nochmals unter Beweis gestellt, dass Ihnen Qualität, Kompetenz, strategische Fähigkeiten und Glaubwürdigkeit bei den Bezahlmedien schnurzegal sind. Die Wahl von Raphaela Birrer kann nur als Sparmassnahme in jeder Beziehungen interpretiert werden.

Dass Charaktermasken wie Philipp Loser, Andreas Tobler, Marc Brupbacher oder Christian Brönnimann unzensiert und ungeniert von Flop zu Flop publizieren und wüten dürfen, ist ein Armutszeugnis sondergleichen.

Während es vor Jahren noch einen Konkurrenzkampf zwischen der NZZ und dem «Tages-Anzeiger» gab, ist Ihr Blatt inzwischen runtergewirtschaftet, übernimmt im Übermass Inhalt von der Münchner «Süddeutschen Zeitung», garniert ihn mit Tickermeldungen der SDA und schmeckt das Ganze mit besserwisserischen und völlig überflüssigen Kommentaren ab.

Die Auswechslung des Kolumnistenteams ist ein weiteres Beispiel für den beschleunigten Weg nach unten. Wer sich gegen dessen Willen und auf unschöne Art von Rudolf Strahm trennt, um ihn durch No-Names zu ersetzen, darunter ein Mode-Dummschwätzer, der schneller vergessen gehen wird als er zu zweifelhaftem Ruhm aufstieg, das Wirken einer Nora Zukker als Literaturchefin, das sind alles Mosaiksteine auf einem Sargdeckel.

Dass für dieses heruntergewirtschaftete Angebot weiterhin stolze Preise im Abonnement und im Einzelverkauf verlangt werden – nach der Devise: weniger Inhalt für gleiches Geld –, ist eine Bankrotterklärung.

Sie haben als Content-Manager krachend versagt.

Offenbar sind Sie nicht in der Lage, dringend nötige strategische Impulse zu geben. Die ewige Leier, dass das alles zur Qualitätsverbesserung diene, dass man sich der Bedeutung der Medien als Vierte Gewalt und Kontrollinstanz bewusst sei – das wirkt nicht mal mehr lächerlich, sondern nur noch peinlich.

Wenn Ihnen wirklich etwas an Publizistik liegt, an dringend nötiger Kontrolle, statt liebedienerischer Lobhudelei staatlicher Massnahmen wie während der Pandemie, dann sollten Sie Platz machen für einen Nachfolger, der noch weiss, worum es bei Newsproduzenten geht.

Treten Sie zurück, Herr Supino, die Leser, das Land, die Mitarbeiter werden es Ihnen danken.

*Packungsbeilage: ZACKBUM-REdaktor René Zeyer war bei der «Sonntagszeitung» tätig.