Was lange gärt …

Auch Tamedia verklagt den «Spiegel».

Ein «Gastbeitrag» von Anuschka Roshani hat weitere rechtliche Folgen. Die gefeuerte «Magazin»-Mitarbeiterin hatte in einem Racheartikel schwere Vorwürfe gegen Tamedia und ihren ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica erhoben.

Der habe sie übel gemobbt und verbal belästigt, der Verlag habe sie dagegen nicht geschützt. Der «Spiegel» stellte sich hinter diese Behauptungen, er verfüge über Dokumente und weitere Quellen, die sie bestätigen würden.

Eine nähere Untersuchung der Vorwürfe ergab aber, dass sie grösstenteils nicht der Wahrheit entsprechen und nicht erhärtet werden konnten. Offensichtlich spielte beim Entstehen des Artikels eine Rolle, dass sich Roshani für den damals noch besetzten Posten des Chefredaktors beworben hatte – und abgeschmettert wurde.

Fast zeitgleich veröffentlichte die «Zeit» einen Artikel der einschlägig bekannten Salome Müller, der die Vorwürfe spiegelte, ebenfalls von angeblichen anonymen Quellen fantasierte und aus Unterlagen zitierte, die offensichtlich Roshani zur Verfügung gestellt hatte. Mehrfach dazu befragt, antwortet die «Zeit» lediglich: «Aber wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, haben wir unseren ausführlichen Antworten vom 10.2. derzeit nichts hinzuzufügen. Sollten sich für uns neue Erkenntnisse ergeben, werden wir darüber selbstverständlich berichten.»

Neue Erkenntnisse wie die, dass beispielsweise von Roshani geschilderte Vorfälle an einem Weihnachtsessen gar nicht stattfinden konnten, weil dieses Weihnachtsessen coronabedingt ausfiel – was sie offenbar vergessen hatte –, scheinen der «Zeit» nicht berichtenswert.

Nachdem sich fast alle Schweizer Medien lächerlich und unglaubwürdig machten, indem sie die Anwürfe von Roshani ungeprüft übernahmen oder sogar noch ausschmückten, herrscht nun Ruhe im Blätterwald.

Canonica hat bereits Mitte März Klage eingereicht, nun zieht Tamedia einen Monat später nach. Offensichtlich dachte man lange darüber nach, ob man damit die Kollaboration mit dem «Spiegel» gefährden könnte. Aber schliesslich siegte der Ärger darüber, dass der «Spiegel» noch einen draufsetzte und deutliche Parallelen zum Fall Weinstein zog – als handle es sich hier auch um kriminelle Vergehen eines mehrfach verurteilten Sexualstraftäters.

Die Urheberin dieses gelungenen Rufmords schweigt seither eisern. Keine Stellungnahme, keine Rechtfertigung, keine Erklärung, keine Antwort auf die Frage, wieso sich die meisten ihrer Vorwürfe bei näherer Betrachtung als haltlos erwiesen.

Was bleibt: auf juristischem Weg ist hier kaum noch etwas zu retten. Der «Spiegel» wird die Klagen sicherlich die ganze juristische Leiter hinauf appellieren, und wenn dann in Jahren rechtskräftige Urteile vorliegen, interessiert das keinen mehr.

Roshani, Müller, die abkupfernden und ausschmückenden Medien, von denen kein einziges seiner eigentlich Aufgabe nachgegangen ist – nachrecherchieren, Fakten checken –, ein schmieriges Trauerspiel sondergleichen. Besonders peinlich ist das eiserne Schweigen der Gutmenschen vom «Magazin»; rückgratlose Gesellen ohne Zivilcourage, aber mit moralisch erhobenem Zeigefinger bei anderen.

Als gäbe es noch den mittelalterlichen Pranger, die Verurteilung auf Zuruf, worauf sich die Meute am Opfer gütlich tun kann – Widerwärtigeres ist in diesem Jahr in der Schweiz noch nicht passiert.

2 Kommentare
  1. H.von Atzigen
    H.von Atzigen sagte:

    Lustige Entwicklung.
    Über innzwischen so rund 30 Jahre wurden die Kunden Leser zu Medienopfern.
    Im gleichen Zeitraum haben sich die Kunden, Leser mit steigender Geschwindigkeit verabschiedet.
    Offenbar sind so gewisse Medien innzwischen im kleinen Kreis unter sich!?
    Da bleibt anscheinend nur noch sich gegenseitig an die Gurgel und Wäsche? !
    Das Mitleid hält sich vermutlich auf breiter Front in Grenzen.
    Wünsch schönen ,,Qualitäts»- Medien freien Sonntag.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Was ist vom SPIEGEL zu erwarten? Nichts, dem Lügen»journalisten» Relotius aufgesessen, Besserung und Qualitätskontrolle versprochen, aber nicht umgesetzt. Der frustrierten, alternden, rachsüchtigen Roshani die nur von Erfolgen früherer Jahre profitiert, von Kein&Aber und Wappler TV, Literaturclub, über Wasser gehalten wird, auf den Leim gekrochen. Nicht berichtigt obwohl seit Monaten neue und prüfbare Fakten vorhanden sind. Das Erbe Augstein mit Füssen getreten und eingestanden nichts gelernt zu haben und immer noch offen für Schmierenstorys. SPIEGEL peinlich!

    Die Zeit, einst mit grossen und achtenswerten HerausgeberInnen Dr. Marion Gräfin Dönhöff, Helmut Schmidt. Auch mal mit einem Chefredakteur Theo Sommer der journalistische Fehler eingestand und um Entschuldigung bat. Heute mit Chefredaktor Giovanni di Lorenzo der sich gerne mit salbungsvollen Worten in wöchentlichen Plappershows tummelt aber nicht in der Lage ist für Journalismus mit Anstand zu stehen. Geradezu eine Einladung für die abgehalfterte Schreibkraft Salome Müller die meint sie sei Feministin, in Wirklichkeit eine Intrigantin die Mühe mit Männern hat und übelste Pauschalverwürfe nicht belegen kann oder will.

    Wenn SPIEGEL und «Die Zeit» solche Leute beschäftigen oder sie berichten lassen ist dies Hinweis das die journalistischen Ansprüche in den beiden Häusern sinken. Da sind sie auf gleichem Kurs wie der Tages-Anzeiger mit der ««ausgezeichnete Führungskraft der nächsten Generation», (Pietro Supino nicht Wilhelm Busch).

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