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Plötzlich sensibel

Das Zürcher «Theater am Neumarkt» sagt ein Stück ab.

2016 waren die Theatermacher überhaupt nicht sensibel. Da verkündeten sie eine hirnlose Provokation des «Zentrums für politische Schönheit», dem das Neumarkt Gastrecht eingeräumt hatte: Ein «extra für diesen Anlass eingeflogener Voodoo-Priester», der vor einiger Zeit schon für den tödlichen Autounfall des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider «verantwortlich zeichnete», werde Roger Köppel verfluchen, was das Publikum auch vorher schon auf der unter der Ägide des Theaters am Neumarkt aufgeschalteten Website tun durfte. Der Ankündigungstext fuhr fort: «Wir bitten die Bevölkerung, sich in weiten Kreisen an der Deportation des Köppels (ein gemeingefährlicher Straftäter) zu beteiligen.»

Philipp Ruch, der Kopf hinter dem «Zentrum für politische Schönheit», machte im Herbst davor bereits Schlagzeilen, als er in der Strassenzeitung «Surprise» zum Mord am SVP-Nationalrat und Besitzer der «Weltwoche» aufrief: «Tötet Roger Köppel!» Obwohl das damals nicht nur vom Zürcher «Tages-Anzeiger» wohlwollend als Ausdruck künstlerischer Freiheit bewertet wurde – es handle sich doch nur um einen «Theatermord» –, entschuldigte sich der Herausgeberverein von «Surprise» anschliessend: «Wir haben die Wirkungen und Interpretationen dieses Gastbeitrags eindeutig unterschätzt», seine Publikation sein «ein Fehler» gewesen.

Davon unbeeindruckt, ergriff das Theater am Neumarkt unerschrocken die Gelegenheit, einem drittklassigen Schlingensief-Adepten erneut die Plattform für angeblich künstlerischen Nonsens zu geben.

Das kostet das Neumarkt kurzfristig 50’000 Franken Subventionen. Inzwischen fliessen aber wieder die Steuergelder ungehemmt. Nicht so wie beim Schauspielhaus, das satte 38 Millionen Franken bekommt. Aber ein paar Hunderttausend läppern sich schon.

Wie überhaupt die Theaterszene Zürich flächendeckend künstlich mit Steuergeldern beatmet wird. Theater Rigiblick, Theater Stadelhofen, Theater Purpur, selbst das «Zirkusquartier Zürich» bekommen Hunderttausende reingesteckt. Die erwähnten alleine über 1,5 Millionen. Jährlich.

Nun hat das Theater am Neumarkt beschlossen, eine Eigenproduktion im letzten Moment abzusagen. Ihr vielversprechender Titel: «bullet zen. ein Abend über dopamin, terror und meditation». Die Story hätte sicher rasenden Zuspruch gefunden: «das stück ging aus von einer wahren geschichte, in der in mexiko ein schweizerischer zen-mönch von einem drogenkartell entführt und mehrere wochen in geiselhaft gefoltert wurde.»

Am 4. November wäre Premiere gewesen. Wäre, denn einen Tag vorher blies das Theater das Theater ab. Das Stück hätte bis am 14. Dezember gespielt werden sollen. Eintritt kostet bis zu 45 Franken, da läppern sich die Ausfälle. Aber macht ja nix, wenn der Steuerzahler sowohl einen besetzten wie auch einen leeren Theaterstuhl subventioniert.

Nun wird so ein Stück ja nicht einfach einen Tag vor der Premiere auf die Bühne gewuchtet. Da wird inszeniert, geprobt, die Direktion ist natürlich eng in alles eingebunden. Dann gibt es noch Hauptproben, also jede Menge Möglichkeiten, Korrekturen anzubringen, wenn etwas nicht passen sollte.

Aber doch nicht am Neumarkt. Da kam man zum Schluss, salbadert der Pressesprecher, dass die Umsetzung künstlerischen und ethischen Ansprüchen nicht genüge.

Mal langsam. So wurde der Kracher angekündigt: «ein mexikanisch-schweizerisches regieteam bringt die auf wahren begebenheiten basierende geschichte auf die bühne und befragt das potenzial der buddhistischen lehre im kontext von gewalt und unterdrückung. kann sie antworten auf die krisengeschüttelte gegenwart liefern? in der nicht enden wollenden spirale aus dopamin, terror und meditation entsteht eine sinnliche parabel für eine welt am abgrund

Nun ist die «sinnliche Parabel» selbst in den Abgrund gefallen. Es ist eigentlich die Aufgabe einer Theaterdirektion, Stücke auf die Bühne zu bringen. Selbst bei einem Schwachsinn wie dem Köppel-Angriff hatte die Direktion keine Probleme damit gehabt. Das war allerdings ein Gastspiel, ohne Probe, mit nur rudimentären Kenntnissen, welche Schmiere hier aufgeführt würde. Diese Stück aber wurde von Anfang an eng begleitet.

Um dann im letzten Moment gekübelt zu werden. Normalerweise würde nach so einem Flop die Direktion Asche aufs Haupt streuen und auf offener Bühne Selbstmord begehen, beziehungsweise mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücktreten.

Das werden aber Tine Milz, Julia Reichert und Hayat Erdogan nicht mal in Erwägung ziehen. Zu verlockend sind die Futtertröge des Zürcher Subventionstheater, wo man auch Kohle kriegt, wenn man nicht mal ein Theaterstück auf die Bühne stellen kann.

Daraus könnte man eigentlich ein Lustspiel machen, eine Komödie, eine Parabel über die Unfähigkeit eines Künstlerkollektivs. Vielleicht interaktiv unter Einbezug des Publikums. Am Premiereabend hätte man eine lustige Diskussionsrunde anbieten können. Oder überhaupt etwas leisten. Aber doch nicht am Schnarchtheater Neumarkt.

Hilfe, mein Papagei onaniert!

Geflattertes und Absurdes: Die Welt als Corona und Taliban.

Zum Aufwärmen zwei Müsterchen aus Kannixverstan und Absurdistan:

«Und aus allen Poren dieser Musik quellte sie heraus, diese unfokussierte Melancholie, mit der die Dead Brothers europaweit zu gut frequentierten Dealern süchtigmachender Kaschemmenmusik arriviert sind.»

Alain Croubalians ist schon tot, wieso dann auch nicht gleich die starke Konjugation um die Ecke bringen, sagt sich Ane Hebeiesen von Tamedia. Was diese Musik mit Kaschemmen zu tun hat, lässt sich wohl auch nur so erklären, dass der Autor bemüht ein absonderliches Wort suchte, um vom Nonsensbegriff «unfokussierte Melancholie» abzulenken.

«Am Folio-Jubiläumsanlass im November sprechen Sie mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga über die Welt von morgen. Was ist für Sie die drängendste Frage?
Wie tut man das Richtige, wenn man nicht weiss, was das Richtige ist?»

Diese Antwort von Aline Wanner (seit 8 Monaten Leiterin von «NZZ Folio») ist zwar grammatikalisch und so in Ordnung. Dafür völlig dadaistisch in der Aussage.

Das wahre Leben in Afghanistan

Aber kommen wir zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens. Genau, eines davon ist Afghanistan. So weit weg, aber doch so nah. Die Taliban sorgen auch durchaus für Spass und Unterhaltung, denn so stellt man sich den Präsidenten einer Nationalbank eher nicht vor:

Blüten oder blaue Bohnen oder beides?

Aber die Lage ist natürlich zu ernst für Scherze, das möchte Tamedia gleich doppelt unterstreichen:

Neuste Sparmassnahme: das gleiche Foto tut’s immer.

Problematischer ist allerdings die fortgesetzte Sparmassnahme: nicht nur die Fotos sind identisch, auch der Autor beider Artikel. Es handelt sich um Tobias Matern. Laut Autorenseite der «Süddeutschen» ist er «Jahrgang 1978, als Chef vom Dienst zuständig für die Themensteuerung der Außenpolitik. Er war während der Hochphase des Afghanistan-Krieges Korrespondent für Süd- und Südostasien mit Sitz in Delhi und Bangkok

Tamedia hat nicht mal alle seine Artikel übernommen …

Delhi ist bloss knapp 1000 km von Kabul entfernt, Bangkok dann schon 3900. Aber bei Hochphasen von Kriegen ist es immer gut, weitab vom Geschütz zu sein. Es erinnert aber gleichzeitig an den Scherz, was ein wirklich trockener Dry Martini sei. Bei dem werde die Martini-Flache nur am Glas voll Gin vorbeigetragen. Was James Bond aber scheissegal ist.

Das hindert Matern natürlich nicht, der Welt, dem Westen, Deutschland und somit auch der Schweiz zu erklären, was die überraschende Tatsache bedeutet, dass die Taliban doch keine Frauen in die Regierung berufen haben. Dabei waren wir schon hoffnungsvoll, dass es vielleicht sogar die erste Präsidentin Afghanistans geben könnte. Aber stattdessen zerstörte Illusionen, bis nach München.

Jetzt wird’s ernst: Corona!

Das Thema ist ernst und so umfassend, dass wir es eigentlich nur noch als Fotoromanza erzählen können. Covid-19, muss man leider sagen, schwächelte diesen Sommer etwas als Spalten- und Lückenfüller. Vorbei, jetzt geht’s wieder in die Vollen. Exemplarisch in der ausgewogenen Berichterstattung ist natürlich das Hausblatt der tiefen Denke, der tiefergelegten Analyse, mit einem Wort Frank A. Meyers «Blick».

Schritt eins: ungeimpft ist blöd.

Schritt zwei: ungeimpft ist wirklich blöd.

Schritt drei: ungeimpft ist so blöd, oder sagten wir das schon?

Schritt vier: das passiert mit Blödis.

Da kann natürlich CH Media nicht hintenanstehen.

Die Landesregierung macht eine Kehrtwende. Man erinnert sich an die Aussagen des BAG: Die Normalisierungsphase beginne, wenn «alle impfwilligen erwachsenen Personen geimpft» seien. Die «verbleibenden Massnahmen» sollten dann «schrittweise aufgehoben werden». Jetzt kommt’s:

«An dieser Strategie soll auch dann festgehalten werden, wenn die Impfbereitschaft der Bevölkerung entgegen der Erwartung tief bleibt.»

Ein Drittel der Eidgenossen ist noch ungeimpft, aber denen sagt der Bundesrat nun: selber schuld, ihr Idioten, dann bleibt doch zu Hause. Also eine glatte Kehrtwendung, normalerweise Anlass zu gerunzelter Stirn (NZZ), staatstragender Kritik (Tamedia, CH Media) und Gebrüll («Blick»). Doch in Erwartung einer zusätzliche Subventionsmilliarde sind alle Qualität- und Mainstreammedien ungeheuerlich obrigkeitshörig. Ein widerlicher Vorgeschmack auf Kommendes, sollte das Referendum keinen Erfolg haben.

Da lobte man sich selbst solche Einschübe bei «Blick», eigentlich besser als die nächste Covid-Kreische:

Aber es gibt noch andere Wichtigkeiten

Zum Beispiel diese hier:

Hier warnen gleich zwei «Kolumnistinnen» von «Tamedia» vor den Gefahren, die von fundamentalistischen Wahnsinnigen drohen. Öhm, Pardon, nein, die auf Restaurant-Toiletten lauern. Und nochmals nein, damit sind keine notgeilen Männer gemeint.

Turbinen-Handtrockner sind natürlich eine Pest. Lieber ungewaschen wieder raus, sagt sich da frau. Bei Otto, dem deutschen Blödelbarden, war das Thema wenigstens noch lustig. «Küss mich, sagt der Frosch zur Schönen, ich bin ein Prinz. Sie küsst ihn, aber der Frosch hatte gelogen. In Wirklichkeit war er ein verwunschener Föhn. Und wenn sie nicht gestorben sind, föhnen sie sich noch heute.»

Dank, nun ja, deutscher Quelle informiert Tamedia auch über einen fernen, deutschen Riesenskandal, bereits als «Pimmelgate» in den deutschen Medien gehandelt:

Seit Gerigate in Baden gab’s kein solches Pimmelgate mehr.

Aber, zugegeben, das letzte Absackerchen schlägt alles andere:

Wir wollen nicht wissen, was der Jäger getan hätte, wenn er ein Reh für ein Pferd gehalten hätte. Gesattelt und in den Sonnenuntergang geritten?

 

Yachten, Villen, Sportwagen

Sollen arme Milliardäre mit Steuergeldern unterstützt werden?

Nehmen wir an, vier Fabriken stellen Dampflokomotiven her. Das sei eine bewährte Technologie, inzwischen auch sehr umweltfreundlich und fast abgasfrei.

Zudem sei die Herstellung von Dampflokomotiven systemrelevant, denn nur mit ihnen könne der nötige Transport von Gütern und Menschen sichergestellt werden. Unverständlicherweise sei es aber so, dass es mit dem Verkauf von Dampfloks immer mehr hapert. Es drängen Mitbewerber auf den Markt, die so neumodisches Zeugs wie Elektroloks, wasserstoffbetriebene Busse oder gar Drohnen anbieten.

Aber nur Dampfloks garantieren die notwenigen Transporte, darauf bestehen die Hersteller. Zudem bestehe die Gefahr, dass viel billigere Triebwagen aus dem Ausland auf den Schweizer Markt drängen könnten; vor allem aus den USA und aus China. Das gefährde das einzige Zusatzgeschäft, das den Dampflokherstellern eingefallen ist.

Sie betreiben nämlich neben dem Kerngeschäft viele Handelsplattformen und basteln ganze Verwertungsketten mit Produzenten zusammen. Aber diese Geschäfte drohen auch obsolet zu werden, weil Giganten wie Amazon, Facebook und Google den Markt aufrollen. Bevor die vom Übergiganten Alibaba aufgerollt werden.

Verlegerclan-Traum.

Den wohlbezahlten Managern der Dampflok-Remisen sind in den Jahren seit Bestehen des Internets eigentlich nur zwei Massnahmen eingefallen, um den Auswirkungen einer neuen Technologie zu begegnen. Sparen, bis es quietscht, aber eine skelettierte Dampflok weiterhin zu Preisen verkaufen, als wäre es eine vollständig ausgestattete Maschine wie in früheren Zeiten.

Staatlich subventionierte Unfähigkeit

Und jammern. Jammern in allen Tonlagen und Tonhöhen. Sie seien unverzichtbar, ohne Dampfloks gehe der Schweiz der Dampf aus, Dampfloks seien notwendig für die Demokratie, die Gesellschaft, den Zusammenhalt, die Kontrolle.

Zudem könne man doch nichts dafür, dass das Internet so plötzlich und unerwartet und eigentlich erst vorgestern aus dem Gebüsch gesprungen sei. Damit seien für sicher geglaubte Einnahmen abgeschwirrt, auf Nimmerwiedersehen. Dann noch Corona mit all den Lockdowns und Unsicherheiten, damit sei dann eine lebensbedrohende Krise ausgebrochen.

Völlig klar und logisch, dass hier der Staat einspringen muss. Also genauer der Steuerzahler. Denn die vier grossen Verlagshäuser der Schweiz nagen bereits am Hungertuch. Ihre Besitzer machen sich ernsthafte Sorgen, wie sie den Unterhalt von Yachten, Villen, Feriendomizilen, Wagenparks, ihre Kunstsammlungen, Hobbys und Weltreisen weiter finanzieren können.

Alleine der Unterhalt …

Gerüchteweise hört man, dass die Familien Ringier, Coninx-Supino, Wanner und Hersant, also die grossen Verlegerclans, an eine Demo denken. Sie lassen sich bereits bei Gucci und Versace Lumpenkleider nähen, haben Emissäre zu Flohmärkten ausgesandt, um möglichst abgetragene Turnschuhe und zerfranste Käppis zu kaufen, um das Outfit zu vervollständigen. So wollen sie dann auf dem Bundesplatz zu Bern in bester Tradition der Klimajugend ein Sit-in veranstalten. Erst spätnachts, wenn die hauseigenen und die wenigen fremden Medien verschwunden sind, wird das Catering mit Kaviar, Krug und weiteren Köstlichkeiten aufgefahren werden.

Noch mehr Geld für obsolete Geschäftsmodelle

Die Verlegerclans sind sich ziemlich sicher, dass sie die Öffentlichkeit weiterhin für dumm verkaufen können. Denn sie bringen zusammen ein Privatvermögen von rund 4 Milliarden Franken auf die Waage. Alleine die vier grossen Verlage haben im Jahr 2020, trotz Corona und furchtbar, einen operativen Gewinn von über einer Viertelmilliarde erwirtschaftet.

Keiner der jammernden Manager oder Besitzer wäre auch nur im Traum auf die Idee gekommen, aus dem eigenen Sack mal etwas draufzulegen, um weitere Sparmassnahmen, Zusammenlegungen, Entlassungen, Zusammenstreichungen zu verhindern.

Zudem ist es ihnen gelungen, das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» schlank durchs Parlament zu bugsieren. Knapp 130 Millionen zusätzliche Staatsknete, Steuergelder. Zusammen mit weiteren Subventionen, reduziertem MWST-Satz usw. kassieren die Medienhäuser satte 400 Millionen Franken im Jahr.

Damit sie ihr obsoletes Geschäftsmodell weiterführen können und den Eintritt von Mitbewerbern möglichst verhindern. Denn der Löwenanteil dieser 400 Millionen fliesst in die Kassen der vier grossen Verlegerclans der Schweiz; neue Gratisangebote gehen leer aus.

Wer zahlt, soll wenigstens abstimmen dürfen

Das kann doch alles nicht sein, meint das Referendumskomitee «Staatsmedien nein» und sammelt fleissig Unterschriften dafür, dass die Steuerzahler wenigstens darüber abstimmen können, ob sie mit dieser Subvention mit allen schädlichen Folgen einverstanden sind oder nicht.

Bislang strafen die Verlegerclans das Unterfangen mit finsterem Schweigen. Sobald die 50’000 Unterschriften zusammen sind, was bis 1. Oktober der Fall sein wird, geht’s dann los dem der Gegenwehr. Da wird dann vollmundig von Vierter Gewalt, Systemrelevanz, unabdingbar für das Funktionieren der Demokratie usw. getönt werden.

Wer hat die Längste?

Als ob es für die Demokratie oder Gesellschaft unabdingbar wäre, dass die reichen Verlegerclans mit ihren Bentleys, Aston Martins, Rolls-Royces oder Jaguars von der Villa zur Yacht und zurück fahren können.

Und Managerhorden unterhalten, denen seit 25 Jahren zu einer inzwischen nicht mehr so neuen Technologie nichts anderes einfällt als: ist nicht schön, dass Google und Facebook 90 Prozent des Online-Marktes abräumen; finden wir gar nicht gut.

 

Sind die Medien weitsichtig?

Zumindest sehen sie das Naheliegende weniger, wenn es sie selbst betrifft.

Es gibt zwei Schlachtfelder, auf denen es ums medial Eingemachte geht. Da wäre zum einen die drohende Abschaltung der UKW-Ausstrahlung von Schweizer Radiostationen.

Zitieren wir das Blatt der vertieften Analyse, das Organ mit dem Abflussrohr im Titel, den «Blick»:

«Schawinski setzt sich in Bundesbern durch

Etappensieg für Roger Schawinski: Die Nationalratskommission fordert nach einem Treffen mit dem Zürcher Radiopionier, dass die Verwaltung bei der Abschaltung des UKW-Radios einen Marschhalt macht. Spätestens Ende 2023 will der Bundesrat komplett auf DAB+ umstellen und die UKW-Sender abstellen. Die Kommission fordert nun vom Bund, dass er vertieft prüft, welche Folgen es hätte, wenn man auf eine Abschaltung verzichten würde.»

Das nennt man der Berichterstatterpflicht nachkommen. Worum geht’s eigentlich, wieso darf Schawinski überhaupt bei einer Kommission des NR vorsprechen? War da nicht auch noch der Präsident des Verbandes Schweizer Privatradios geladen? Jürg Bachmann gab sich im Vorfeld noch siegesgewiss:

«Wir werden den Parlamentarierinnen und Parlamentariern darlegen, dass auch die Radios ganz digital werden wollen.»

Das scheint ihm nicht wirklich gelungen zu sein. Als grosser Schweiger profiliert sich zudem die SRG. Sie wäre von einer Abschaltung der UKW-Frequenzen am stärksten betroffen, mochte sich aber an diesem Hearing nicht äussern.

Aufgeflogenes Gemauschel

Genauso wenig wie der grösste private Betreiber von Radiostationen; CH Media bzw. die Familie Wanner (Vater ist Besitzer vom Ganzen, Sohn ist zuständig für den Radiobereich) hüllt sich in Schweigen, nachdem sich Wanner Junior damit lächerlich machte, dass er sich darüber mokierte, dass der alte und in der Vergangenheit steckengebliebene ewige Pirat Schawinski zu seinem Abgang noch ein letztes Gefecht führen wolle.

Seitdem es Schawinski gelungen ist, im Alleingang und ohne Unterstützung und lediglich mit seinem «Radio 1» als treuem Begleiter über 60’000 Unterschriften für eine Petition gegen die Abschaltung zu generieren, herrscht nun Ernüchterung auf der Gegenseite.

Verstärkt wird die dadurch, dass die beiden ehemaligen Medienminister, Moritz Leuenberger und Doris Leuthard, sich inzwischen auch klar gegen die bevorstehende Abschaltung ausgesprochen haben.

Der Hintergrund ist ein typisch Schweizer Gemischel und Gemurkse. Man will die Erde darüber festklopfen, dass die mit Millionenaufwand betriebene Umstellung auf DAB und DAB+ ein Riesenflop ist. In einer Zangenbewegung erkauften sich Staat und SRG die Zustimmung der Privatradios zur UKW-Abschaltung. Die Privatradios mussten nicht wie üblich ein neues Gesuch um die Verlängerung ihrer Lizenz einreichen, dafür erklärten sie sich mit dem Abschalten einverstanden.

Ausser einem. Der wurde sträflich unterschätzt, nun gerät der ganze schöne Plan ins Rutschen. Warum? Weil dieser eine eben mit Herzblut dabei ist. Ein Radiomann ist. Kein Manager, der Kekse, Autoversicherungen oder Radiostationen verwalten könnte, ohne irgend einen Unterschied in der Tätigkeit zu sehen. UKW-Empfänger zu Elektroschrott machen, Autofahrer zum Umstieg auf DAB+ zwingen, dabei steht das Internet-Radio mit 5G bereits vor den Türen? Na und, sagen diese Manager, ist halt so.

400 Millionen jährliche Staatssubventionen  für die Verlegerclans?

Noch tieferes Schweigen herrscht zurzeit zum Thema «Referendumskomitee Staatsmedien nein». Eigentlich dachten die Verlegerclans, dass der Mist geführt sei. Die zusätzlichen Milliarden an Staatssubventionen eingefahren, durchs Parlament geschleust. Abgehakt, erledigt.

Fünffaches Grauen der Medienclans: das Komitee.

Reiche private Medienkonzerne, die auch in Corona-Zeiten satte Gewinne einfuhren, sollen mit zusätzlichen rund 180 Millionen Steuergeld subventioniert werden? Plus 81 Millionen als Stillehaltegeld aus den SRG-Gebühren. Mit allem Drum und Dran und gesenkter Mehrwertsteuer und verbilligten Zustellgebühren sind das 400 Millionen im Jahr.

Plus SRG-Gebühren sind das satte 1,7 Milliarden im Jahr. Nachdem der Angriff auf die Zwangsgebühren nur ganz knapp abgewehrt wurde, geht’s nun recht ungeniert weiter. Corona, Vierte Gewalt, unverzichtbar, Kontrolle und Transparenz, Korrektiv zur Staatsmacht.

Gemurkst und Gemauschel, Part II

Wirklich wahr? Finanziert vom Staat kritisch gegen den Staat? Ins Elend geschrumpftes Angebot, aber gleichhohe Preise und mehr Subventionen dafür? Gratis-Zeitungen und kostenlose Online-Medien sind ganz bewusst von diesen Subventionen ausgeschlossen.

Beispielsweise «Die Ostschweiz», eine erfolgreiche Alternative zum CH-Media-Einheitsbrei in der Ostschweiz. Oder auch, schnief, ZACKBUM, die letzte kritische Medienplattform.

Das ist hier die Ausgangslage, nun will das Komitee bis 1. Oktober die nötigen 50’000 Unterschriften sammeln, damit das Referendum zustande kommt und darüber abgestimmt werden muss. Auch hier befinden sich die Verlegerclans zurzeit in einer Schockstarre. Nachdem es den diskreditierten Coronapolitik-Kritikern spielend gelungen ist, eine neuerliche Abstimmung über die Corona-Gesetzgebung zu erzwingen, will man dieses Komitee keinesfalls weglächeln.

Aber man will es totschweigen, so gut es geht. In der Hoffnung, dass die 50’000 Unterschriften doch nicht zustande kommen. Sollte es wider Erwarten doch gelingen, dann ist eine Prognose wohlfeil: in aller gebotenen staatstragenden Haltung werden die Medien des Duopols Tamedia und CH Media darüber herfallen. Sich darin überbieten, wie dringend nötig diese Subventionen doch sind, wie verheerend es wäre, würden sie ausbleiben. Dem wird sich Ringier wohl anschliessen, während nur die NZZ vornehm abseits bleibt.

Es wird der Untergang der sogenannten freien Presse an die Wand gemalt werden, ohne vierte Gewalt gäbe es keine funktionierende Demokratie mehr, wird behauptet werden. Mal schauen, ob der Stimmbürger so dumm ist, sich davon einseifen zu lassen.

Neue Mächte in der Schweiz?

Recherchieren könnte helfen, muss aber nicht; schliesslich schreibt sich’s besser aus dem hohlen Bauch.

Ein Thema rauscht mal wieder durch den Blätterwald. Also durch die wenigen Blätter, die es da noch gibt und die im Wesentlichen zwei Medienkonzernen gehören.

Fangen wir mit der Ausnahme an: «Erst viermal wurden in der Geschichte der Schweiz mehr als 187 000 beglaubigte Unterschriften für ein Referendum eingereicht. Einige dieser Abstimmungen liegen mehr als hundert Jahre zurück», weiss die NZZ.

Da gab es doch mal die GSoA und ihren absoluten Weltrekord in der Schweiz: über 500’000 Unterschriften gegen den Kauf des F/A-18 Militärfliegers. Liegt nicht mehr als knapp 30 Jahre zurück. Ist aber irgendwie peinlich als Erwähnung, will es scheinen. Immerhin, Markus Somm weist darauf in seiner Kolumne in der SoZ darauf hin.

Damit er sich dennoch ungehemmt lobend über die 187’000 Unterschriften äussern kann, beckmessert er. Die «Freunde der Verfassung»  hätten nur 27 Tage dafür gebraucht, die GSoA dagegen 32, ätsch.

Die NZZ ist leicht schockiert:

«Mächtiger als Parteien und Verbände? Wie die Gegner des Covid-Gesetzes in nur drei Wochen fast 190 000 Unterschriften gesammelt haben»,

titelt sie. Blöd auch, wo doch die FDP gelegentlich baden geht, wenn sie Unterschriften für eine Initiative oder ein Referendum sammeln will.

Ansonsten hält sich die Berichterstattung aber in engen Grenzen.

 

Nix verstehen, aber trotzdem drüber schreiben: «watson» at its best.

Man ist sich allgemein nicht so klar, wie man diese Verfassungsfreunde genau verorten soll, wie man neudeutsch so schön sagt. Sind das finstere Rechtsradikale, Hetzer, ein U-Boot der SVP, gar finanziert vom Herrgöttli von Herrliberg? Man weiss nichts Genaues, kriegt auch nix journalistisch gebacken, also halt einfach Vorsicht in den Duopolmedien.

Klein, kleiner, am kleinsten: die Berichterstattung über diesen Sammelrekord.

Wie berichten die Medien über sich selbst, bzw. ihre Kohle?

Noch heikler ist natürlich das Thema Staatssubventionen nein. Da sammelt der «Verein NEIN zu staatlich finanzierten Medien» ebenfalls Unterschriften, um das gerade beschlossene, zusätzlich Medienpaket zu Fall zu bringen.

Das gab am Anfang etwas Hallo, in der Sonntagspresse war sogar ein grosses Porträt von Kurt Weigelt, neben Philipp Gut und dem Verleger Bruno Hug ein wichtiger Kopf im Referendumskomitee. Aber hier gleicht die Berichterstattung natürlich der Aussendung eines Reporters in ein Minenfeld. Ohne Schutzweste oder Minenaufspürgerät.

Denn mit viel Lobbyarbeit haben es die Grossverlage geschafft, zusätzlich zu den bestehenden Subventionen eine weitere Milliarde Steuergelder in den nächsten Jahren über sich regnen zu lassen. Als bittere Pille mussten sie nur schlucken, dass der Zwangsgebührensender SRG sein Internet-Angebot nicht einschränken muss – womit er im Newsbereich natürlich die Privatverlage konkurrenziert. Aber für nicht oder alternativ finanzierte digitale Angebote gibt es keine Batzeli; nur für die «Republik» wurde eine Ausnahme gemacht. Aber die rettet bekanntlich auch die Demokratie.

Alles in trockenen Tüchern, die Verlagsmanager freuten sich schon darauf, etwas Sommerpause zu geniessen. Auf der Yacht, im Rolls, beim Golfspielen. Und dann das. Wie aus dem Hinterhalt meldete sich das Referendumskomitee zu Wort und ist sehr optimistisch, bis Anfang Oktober ebenfalls die Hürde von 50’000 Unterschriften zu überspringen. Worauf über das Füllhorn aus Steuergeldern abgestimmt werden müsste.

Die Chefetage der Privatmedien muss sich erst mal sortieren

Die verschreckten Empfänger dieser Subventionen sortieren sich gerade noch. Da sie nicht mit einer solchen Gegenwehr rechneten, haben sie etwas Mühe zu erklären, wieso der Steuerzahler das Luxusleben der Medienclans unterstützen soll. Pardon, die grossen Verlage dringend nötige Unterstützung bei ihrer Aufgabe bekommen, die vierte Gewalt zu spielen.

Dabei taten sie so, als würde der schreiende Widerspruch niemandem auffallen. Die privaten Medienhäuser spielen sich als Kontrollinstanz auf, unverzichtbar in einer Demokratie. Dass es Beisshemmung auslösen könnte, den Staat, seine Ämter, seine Entscheidungen zu kritisieren, wo man doch von ihm immer abhängiger wird? Aber nein, das beeinflusst die tapfer-mutige Berichterstattung keinesfalls. So wie auch ein kritischer Bericht nach dem anderen über neue Automodelle erscheint. Klamotten, Modetrends, Kosmetika, Reisen und vieles mehr unerbittlich neutral abgehandelt wird.

Denn dass der Berichterstatter eingeladen wurde, die Autoimporteure zu den letzten treuen Inserenten gehören, Klamotten und Kosmetika in den Gebrauch der Journalisten übergehen, das spielt doch nun wirklich keine Rolle.

Dieser Unsinn wird nun auf den Prüfstand gestellt, auch diese 50’000 Unterschriften werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesammelt werden. Und wenn sich dann noch dieses Komitee mit den «Verfassungsfreunden» zusammenfindet, dann wackelt aber die Luxusyacht im Meer, auf der sich der Coninx-Clan gerne erholt. Dann bleibt der Aston Martin in der Garage, mit dem im Hause Ringier gerne herumgekurvt wird.

Blöd gelaufen. Die Meinungsoberhoheit haben die Massenmedien schon längst verloren. Mögen sie auch noch so sehr darüber schimpfen, dass Populisten wie Donald Trump das Gleiche machen wie Lichtgestalten in der Liga Barack Obama: mittels anderer Kanäle direkt Kontakt mit der Öffentlichkeit aufnehmen.

Druckmaschinen sind schon längst keine Gelddruckmaschinen mehr, und digitale Geldquellen anzuzapfen, damit tun sich die Privatverlage weiterhin schwer. Sollten auch noch die Staatssubventionen nicht so munter sprudeln wie erhofft, muss Pietro Supino vielleicht den Grossumbau seiner Grossvilla auf einem Grossgrundstück in Zürich unterbrechen. Das können wir doch nicht wollen, der arme Mann wird ja auch nicht jünger.

Vom Kritiker zum Leibwächter

Vierte Gewalt, unbestechlich, gerecht, kritisch? War mal, ist nicht mehr. Höchstens anders.

Um es zu sagen, wie es ist: die Massenmedien sind – nicht nur – aber vor allem – in der Schweiz auf den Hund gekommen. Das kommt halt davon, wenn man es drei Familienclans überlässt, die Medienszene immer mehr zu beherrschen und schliesslich zu einem Duopol zu degenerieren.

Mit sauber getrennten Gärtchen; wo CH Media regiert, ist Tamedia still, und umgekehrt. Dann gibt’s noch Ringier als nicht mehr so wichtigen, überregionalen Dritten, und die NZZ for the happy few.

Plus eine Latte von Spartenblättern, von Bedienern ihrer Klientel in der miefig riechenden Gesinnungsblase, wo Haltung fast alles, Analyse und Nachdenken fast nichts ist. Gibt es Lichtblicke? Natürlich, jede Menge eigentlich. Während die dummen und verfetteten Medienmanager bis heute noch keine sinnvolle Antwort auf das Internet gefunden haben, spriessen dort natürlich kreative Neupflanzen aus allen Bytes.

Gegenmassnahmen durchaus schräger als erwartet

Allerdings meistens mit sehr überschaubarer Einschaltquote. Aber es gibt auch Versuche, in die Breite zu wirken. Um nicht im Ungefähren zu bleiben, nehmen wir die Ostschweiz. Genau, alles im Einzugsgebiet eines Dialekts, der zu Recht als praktisches Verhütungsmittel angesehen werden kann.

So einfach holt man als Zürcher Sympathiepunkte im Wilden Osten der Schweiz. Nun braucht es nur noch eine kurze Packungsbeilage. Der Autor dieses Artikels publiziert regelmässig in «Die Ostschweiz». Die meisten Zahlen, die hier folgen, hat er überprüft, aber im Wesentlichen geklaut. Aus der «Ostschweiz», woher sonst.

Letzte Packungsbeilage: die Bande zur «Ostschweiz» verfestigten sich, als das «St. Galler Tagblatt» zwar mutig genug war, auf einer Doppelseite einen Artikel von mir über den in St. Gallen residierenden Sherkati-Clan zu veröffentlichen. Aber nicht mutig genug, einem von denen ausgesandten Büttel zu widerstehen, der zwar keinen einzigen sachlichen Fehler bemeckern konnte (ausser einem Dreher von Nach- und Vorname), aber natürlich mit Gewitter, Sturm und auch Hagel drohte.

Also verschwand der Artikel aus dem Netz, um in «Die Ostschweiz» wiederbelebt zu werden.

Die hatte keinen Schiss – und es passierte natürlich auch nix. Das die Ouvertüre.

Als reitender Bote hat’s der Mainstream schwer

Denn «Die Ostschweiz» klopft sich etwas auf die Schulter. Da erledigt ihr VR-Präsident Peter Weigelt persönlich.

«15. April: 46’000 Single Visitors an einem Tag. Rekord bislang.»

Es geht also offenbar, ein reines Internet-Newsmedium mit Tentakeln in die Realität wie ein Magazin zu lancieren. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber stetig.

Er hält aber nicht nur Nabelschau, sondern exemplifiziert die Misere der Medien in der Schweiz an ein paar einfachen Zahlen. «Alle vier grossen Medienkonzerne haben mit Blick auf massive staatliche Beihilfen – sprich Subventionen – ihre Aufgabe als 4. Gewalt im Staat aufgegeben. Sie haben sich zu reinen «Verlautbarungs-Medien» gewandelt», sagt VRP Weigelt.

Er untermauert das dann mit Zahlen. Zusammen mit der Posttaxenverbilligung, dem reduzierten Mehrwertsteuersatz und weiteren Vergünstigungen flossen den Tagblatt-Medien damit allein 2020 insgesamt über 10 Mio. Franken an staatlichen Unterstützungsbeiträgen zu. Also elektronische und Printmedien zusammengezählt.

In Zukunft sollen, nach den letzte Beschlüssen des Parlaments insgesamt jährlich rund 400 Millionen Franken an die Medien verteilt werden. Plus die 1,4 Milliarden Franken, die durch Radio- und TV-Gebühren in den staatsfernen Kleinstkonzern SRG fliessen. Wovon ein Bruchteil als Zückerchen an die Medienkonzerne abgegeben wird, die keine Mühe damit bekunden, ihre Meinung je nach Wetter- und Subventionslage anzupassen.

Auch andere Zeitungen sagten schon, sie seien unabhängig und staatsfern

Die Corona-Politik des Bundesrats ist nun wirklich echt unfähig? Dieser Kantonsrat muss weg? Wie kann der Nationalrat nur? Wären alles ganz schlechte Storyideen für einen subventionierten Konzern.

Nicht nur Kunst geht nach Brot. Es ist eine absurde Annahme, dass staatlich subventionierte Medien so kritisch bleiben wie staatlich nicht subventionierte Medien. Das ist so bescheuert, wie wenn die Parteizeitungen «Prawda» oder «Neues Deutschland» behauptet hätten, unabhängig von ihrer völligen Abhängigkeit vom Staat Berichterstattung zu betreiben. Nur und alleine der Wahrheitsfindung verpflichtet.

Ach, das haben die behauptet? Tja, da gab es aber nicht viele Leser, die das auch geglaubt haben.

 

 

Geld her, oder ich fall um

Lausige Qualität ist das eine. Geldgier das andere. Wie die Privat-Medien am Staatstropf hängen.

Ist es eigentlich eine gute Idee, dass die sogenannte Vierte Gewalt, die Kontrollinstanz der demokratischen Gesellschaft, die Aufdecker, Kritiker, unabhängig, nur ihrem journalistischen Gewissen verpflichtet, immer mehr am Staatstropf hängt?

Ist es überhaupt eine gute Idee, dass das, was reintropft, nach Abzug des Aufwands, in privaten Taschen landet? In den tiefen Taschen von vier Clans. Da wäre der Ringier-Clan, der Coninx-Clan, der Wanner-Clan und der Lebrument-Clan. Dann hätten wir noch den Sonderfall NZZ, und das war’s dann schon mit der pluralistischen Meinungsbildung im Bereich Tageszeitungen.

Wie formuliert da Bruno Hug, Präsident Verband Schweizer Onlinmedien (VSOM):

«Die Verleger werden zu Schosshündchen der Politik.»

Und die Journalisten sind schon längst zu Zierleisten geworden, die sich geschmeidig in die Richtung biegen, die dem Besitzer-Clan zusagt.

Der Gebührensender ist nicht wirklich ein Gegengewicht

Natürlich, es gibt als Informationsquelle noch die gesammelten Gebührensender von SRG, aber sind die wirklich ein valables Gegengewicht? Seitdem auch hier immer mehr die Bauchnabelbetrachtung Einzug gehalten hat, ist das noch mehr zu bezweifeln. Sandro Brotz, als Beispiel, sollte sich als Chef im Ring der «Arena» besonderer Zurückhaltung befleissigen in öffentlichen Meinungsbekundungen.

Nun beschimpft er Demonstranten gegen die Corona-Massnahmen der Regierung als «Flacherdler», also als Idioten. Kaum entfacht er damit einen Shitstorm, zieht er sich beleidigt zurück und darf sich dann in einer Sendung «Journalisten therapieren Journalisten» ausheulen.

Zurück zu den Steuergeldern, die in diese privaten Verlagshäuser ins Portemonnaie geworfen werden. Da gäbe es die Zustellungssubventionierung. 50 Millionen im Jahr. Plus rund 80 Millionen Corona-Hilfe. Plus, plus, plus, das läppert sich am Schluss ganz schön. Ein ganz dicker Brocken sind die zusätzlich-zusätzlichen Hilfen und Guetzli. Hier noch 20 Millionen drauf, und wenn wir schon in Fahrt sind, machen wir doch gleich 172 Millionen Corona-Hilfen. Für die nächsten zehn Jahre, versteht sich. Manche kriegen aus schierer Grösse nochmal speziell etwas obendrauf.

Geld schiesst aus allen Rohren in die Privat-Medien

Ticker-Meldungen von Keystone-SDA: geschenkt. Damit füllen viele Organe schon die Hälfte ihrer News-Seiten. Kurzarbeit? Natürlich geht das, gibt’s auch dafür noch Guetzli, wieso denn nicht.  Da freut sich der Steuerzahler. Unschlagbares Geschäftsmodell:

der Käufer liest in seiner Zeitung das, was er vorher subventioniert hat.

Gleichzeitig dünnt sich der Inhalt immer mehr aus, kassieren einige Medienhäuser (nicht alle) Kurzarbeitsgeld, auch mit freundlichen Grüssen des Steuerzahlers. Der dann natürlich nochmal abdrücken muss, und zwar happig, wenn er den blamabel-banalen Inhalt der Tageszeitung morgen im Briefkasten haben will. Oder ihn im Internet abrufen möchte.

Wer sich zuvorderst bei den Geldtöpfen anstellen darf? Das führte natürlich zu ein paar unschönen Szenen, bei denen gerempelt, getreten und gebissen wurde. Gesamtergebnis: der Steuerzahler drückt immer mehr an Mitleid erheischende Medienkonzerne ab. Bezahlt doppelt und dreifach für das Produkt.

Die Tageszeitungskonzerne wissen natürlich, wo ihr Platz ist. Um gut Wetter für die letzte Subventionsrunde zu machen, lobten sie die Massnahmen des Bundesrats über den roten Klee. Den sie vorher noch harsch kritisiert hatten. Inzwischen sind sie alle auf Linie. Coronamassnahmen-Skeptiker? Alles Corona-Leugner, brandgefährlich. Jede Art von Gegenwehr gegen staatliche Zwangsmassnahmen und den Verlust fundamentaler Freiheitsrechte? Alles verkappte Rechtsnationale, Hetzer, mit üblen Hintergedanken.

Was sind die wahren Ursachen für den blamablen Zustand?

Und wodurch ist diese Misere überhaupt erst entstanden? Durch Corona? Nicht wirklich. Sie ist daraus entstanden, dass die Clans über viele Jahre hinweg neben den Zeitungsdruckmaschinen eigentlich auch Gelddruckmaschinen hätten aufstellen können. Sie verdienten sich ganze Berge goldener Nasen. Dafür gaben sie das Geld natürlich nicht aus.  Aber für Villen, Yachten, Feriendomizile, Kunstsammlungen, schicke Autos, was man halt so alles braucht.

Kaum einen Rappen gaben sie für etwas mindestens so Wichtiges aus: wie soll’s denn weitergehen, nach Internet und seiner Gratiskultur? Ach, wird doch von selbst wieder verschwinden, dachten die Clans, davon lassen wir uns doch nicht vom Geldzählen abhalten.

Zukunftsperspektiven? Neue Spielregeln, neues Spiel? Wie bringt man Internet, elektronische Medien und Print sinnvoll unter einen Hut? Was haben eigentlich die ganzen Jahre die hochbezahlten Manager gemacht, die doch sonst gerne und ungefragt ihren Latz überall reinhalten? Und von der staatstragenden Aufgabe der Medien salbaderen?

Die Zeitungsbünde wurden immer dünner, die Redaktionen immer menschenleerer, die Eigenleistung immer kläglicher. Meinungskommentare, Fachleute interviewen, Hehlerei mit der Beute von Geschäftsgeheimnissen betreiben. Die Beine weit, aber ganz weit spreizen, wenn es um die Verwischung des Unterschieds zwischen redaktionellem Teil und bezahlter Werbung geht. Eigenleistung? Überschaubar, bescheiden, ärmlich.

Einmaliges Geschäftsprinzip: weniger Leistung, dafür teurer

Das hindert aber selbst die Kopfblätter nicht daran, die Abopreise immer wieder zu erhöhen. Kapitalismus absurd: mehr Geld für weniger Leistung. Da laufen die Direktzahler scharenweise davon. Lösung: mehr Staatskohle, noch weniger Content, Bezahlschranke hoch, runter, hoch und runter.

Wohin soll die Reise gehen? Könnte es sein, aus welchen Gründen auch immer, dass jeglicher zukunftsfähiger Ansatz fehlt? Bei allen? Da wüssten wir was: «Neues Deutschland» und «Prawda» gibt es heute noch. Beide nicht mehr im Besitz des sozialistischen Staates. So rum geht’s also. Wieso nicht die «Neue Schweiz» und «Die Wahrheit»? Die Unterschiede zwischen einem Tamedia-Kopfblatt und einem von CH Media sind ja heute schon nur schwer auszumachen.

Da kann gewaltig gespart werden. Die Konzerne werden verstaatlicht, die Clans bekommen ein letztes Mal einen Riesenbatzen Geld, und niemand muss mehr das verlogene Lied der staatsunabhängigen Vierten Gewalt singen.

Medial genial: unbezahlte Fragen und Antworten Teil 1

Mediensterben oder Fake News? Vierte Gewalt oder Bereicherungsmaschinen?

Wie steht es nach einem Jahr Corona um die Schweizer Medien? Wenn man diese Frage stellt, antwortet eine Kakophonie, als hätte man die Task Force to the Bundesrat um eine klare Meinung gebeten.

Laut Statista gab es 2010 in der Schweiz 14’177 Journalisten und Redaktoren. 2018, neuere Zahlen sind da nicht vorhanden, waren es 14’507. Dass die Qualität des Angebots schwer leidet, wird ausführlich beklagt. So gingen alleine in einem Jahr 600 Journalistenstellen verloren. Das konstatiert das Buch «News-Fabrikanten». Allerdings erschien es in aktualisierter Auflage – 2010.

Unbestritten ist lediglich, dass der Anzeigenmarkt dramatisch eingebrochen ist. Im Print bis zu 80 Prozent. Und online? Da lassen sich die grossen Verlage seit Jahren von den Riesen Google, Facebook & Co. die Butter vom Brot nehmen, und die grösste Scheibe vom Brot auch noch. Ein seltenes Armutszeugnis für hochbezahlte Manager.

Das ist etwa so, wie wenn sich der Finanzplatz Schweiz 80 Prozent des Online-Hypothekenmarkts von Internet-Giganten wegnehmen liesse. Und ausser gelegentlichem «das ist aber nicht schön» oder «Staat, Hilfe» nichts dagegen täte.

Die grossen Medienkonzerne sind Familienunternehmen

Die drei grossen überlebenden Konzerne, neben NZZ und tapferen Kleinverlagen, sind fest in privater Hand. Von ihnen ist lediglich Tx (wenn der Konzern immer noch so heisst) börsenkotiert, was eine gewisse Auskunftspflicht mit sich zieht. Ringier und CH Media sind es nicht. Aber ob sie das freiwillig freiwillig oder gezwungen preisgeben, bei allen drei Verlagen sprudeln die Gewinne für die Besitzer stetig und ungebremst. Damit dieser Zustand trotz garstigen Zeiten weiterhin anhält, entfalten sie eine hektische Aktivität.

Immer unter dem Slogan «Qualitätsjournalismus, vierte Gewalt, Service Public, unverzichtbar in einer Demokratie» wird vorgetanzt. Am liebsten zum Lied: «Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an». Ewige Begleiter sind:

«Wächterfunktion, niemals werden wir, im Zentrum steht der Journalismus, Verantwortung», Blabla und Blüblü.

Hinter diesem durchsichtigen Wortvorhang wird zusammengelegt, gespart, werden feste Zusagen am Laufmeter gebrochen. Tamedia sonnte sich einige Jahre im «Berner Modell», zwei sich konkurrenzierende Zeitungen am Platz, aus dem gleichen Medienhaus. Eine völlige Fusion sei «kein Thema», verkündete der Verlag markig. Gerade in der Bundeshauptstadt, Meinungsvielfalt, Verantwortung, Lülü. Bis es dann mal wieder hiess: «April, April. Es ist April, und das war’s mit zwei Redaktionen. Wir verabschieden uns zudem von 20 Vollzeitstellen. Ging nicht anders.»

Die Journis kreischen auf, verfassen ein «Manifest», die Gewerkschaften toben, missbilligen, fordern wenigstens einen anständigen Sozialplan, Politiker runzeln wieder die Stirne, ein paar Todesmutige versuchen ein Crowdfunding, um die «Meinungsvielfalt» zu retten. Die Karawane zieht weiter, und auch diese Aufregung wird sich legen.

Eines ist die reine Wahrheit: das Gewinnziel

Tamedia hat schon vor Jahren ein Gewinnziel von 15 Prozent vorgegeben. Pro Profitcenter, versteht sich. Das bedeutet zum Beispiel, dass die ins Internet abgewanderten Anzeiger (Stellen, Autos, Immobilien) als eigene Entität gelten, die davon abgetrennten Medien wie «Tages-Anzeiger» ebenfalls. «Quersubventionierung», weil diese Plattformen nur funktionieren, weil sie im Print aufgepäppelt wurden? Ganz falsch, sagt Pietro Supino, Meister des Return on Investment.

Aber das Problem wird sich sowieso demnächst erledigen, wenn Google, Facebook, Amazon & Co. auch noch diese Marktplätze erobern werden, die dann ihrerseits von Alibaba weggeräumt werden. Und die Schweizer Medienhäuser? «Ist aber nicht schön, Staat, Hilfääää!»

Eigentlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Familien Wanner, Coninx und Ringier die hohle Hand beim Staat machen, nachdem sie sich über Generationen goldene Nasen, Badewannen und Villen verdienten. Niemandem ist vorzuwerfen, dass er macht, was er darf und kann. Wenn Geld gratis angeboten wird, wieso nicht zugreifen?

Denn auch bei Medien gilt: wer laut jammert und dabei das Halszäpfchen sehen lässt, bekommt am meisten in den Rachen geworfen. Nur: ist das selbst beim staatlichen Gebührensender SRG richtig? Pardon, beim Verein SRG, der in völliger Staatsferne seinem Verfassungsauftrag nachkommt.

Die Schweizer Medienlandschaft.

Fortsetzung folgt.

Steuerzahler subventionieren Zeitungssterben

Kurz vor Weihnachten erhielten die begüterten Zeitungsverleger vom Bundesrat ein weiteres Geschenk. Jede Zeitungszustellung an Abonnenten wird neu mit 29 Rappen subventioniert. Eine Geldverschwendung, die verboten werden müsste.

 Ein Gastkommentar von Bruno Hug*

*Verleger und Präsident Verband Schweizer Online-Medien (VSOM)

Weil der Bundesrat und die Politiker von den Medien gern hofiert werden, treibt ihre Geldverteilung an die Verleger immer bedenklichere Blüten. Bis anhin mussten Frau und Herr Schweizer jede verteilte Zeitung via Post mit 27 Rappen mitfinanzieren. Am 18. Dezember machte der Bundesrat den Verlegern nun noch ein weiteres Geschenk und erhöhte die Subvention pro Exemplar auf 29 Rappen. Zu den Beschenkten gehören selbst börsenkotierte und an ihre Aktionäre Dividenden bezahlende Unternehmen wie die Tages-Anzeiger-Verlegerin TX Group, die NZZ-Gruppe, aber auch Verlegerdynastien wie die Wanners aus Baden mit ihren CH Medien, die Ringiers oder die Lebruments aus Chur mit den Südostschweiz-Medien.

Weniger Abos, dafür mehr Geld

 Weil die totale Auflage der Zeitungen stetig sinkt – gemäss Bundesverwaltung in der letzten Berichtsperiode um weitere 2,3 Millionen Exemplare – hätte der Bund eigentlich die Zeitungs-Subventionen zurückfahren können. Solches kommt dem Bundesrat aber offenbar nicht in den Sinn. Statt zu sparen, erhöhte er einfach den Beitrag pro verteiltes Exemplar. Zudem macht er zu den heute schon beschenkten 142 Zeitungen zusätzliche weitere neun vom Staatsgeld abhängig.

Bund verteilt Zeitungen gratis

 Die Verleger profitieren gleich mehrfach vom süssen Subventions-Gift. Noch bis Ende Juni 2021 stellt die Post die Tages- und Wochenzeitungen den Abonnenten auf Kosten der Steuerzahler kostenlos zu. Der Bundesrat nennt dies ein Corona-«Notpaket». Hinter dieser angeblichen «Not» der gut situierten Medienhäuser stecken aber noch weitere Geschenke. So liess ihnen der Bundesrat schon am 20. Mai 2020 als Corona-Hilfe 57.5 Millionen Franken zukommen. Im letzten Herbst legte er nochmals 20 Millionen drauf. (Kommerzielle Lokalradios erhielten je 487’128 Franken überwiesen, nicht gewinnorientierte je 145’132 Franken, regionale TV-Sender sackten je 901’327 Franken ein und die Verleger wurden via Post mit 12.5 Millionen für die Zeitungsverteilung beschenkt.)

Das dicke Ende kommt erst noch

 Damit aber ist das Ende der Geldverteilung noch nicht erreicht. Im Gegenteil: Nachdem bereits das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) durch Zwangsgebühren vom Staat abhängig ist, will der Bundesrat jetzt auch noch die Zeitungen dauerhaft unter die Geld-Knute nehmen. Die Parlamente haben faktisch schon das nächste Medien-Subventionspaket bewilligt. Sie wollen an die Medienhäuser – und dabei schwergewichtig an die aussterbenden Zeitungen – 10 Jahre lang, Jahr für Jahr, 178 Millionen Franken verschenken! Im Moment werkeln die Politiker noch an Details dieses Geldsegens herum. Danach sind auch die Verleger endgültig vom Staat abhängig und ihre Wächterfunktion ist zunichte gemacht. Von den Konsumenten werden sie dann noch mehr gemieden. Die Subventionen aber werden weiter sprudeln. Zum Wohl der begüterten Verlage.

Unsoziale Geldverschwendung

 Einzig Gratiszeitungen und Gratis-Online-News-Portale wie Linth24, «Die Ostschweiz» oder ZACKBUM.ch sind vom Staatsgeld ausgenommen. Und damit sind die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) betreuten Mediensubventionen erst noch in höchstem Masse unsozial: Wer genügend Geld für ein teures Zeitungs- oder Online-Abonnement besitzt, wird subventioniert. Die weniger begüterten Bürgerinnen und Bürger gehen dagegen leer aus – oder werden bewusst von der staatlichen Information ferngehalten.

 

 

bruno.hug@linth24.ch

Ich hätte da ein paar Fragen

CH Media, quo vadis?

Qualität, Qualität, Qualität. Vierte Gewalt, Service public, Verantwortung. Mehr als 300 Lokaljournalisten in Lohn und Brot. So hört es sich an, wenn der Verleger von CH Media in die Harfe greift.

Dissonant schneidet er Krise, Krise, Krise dagegen. Um schliesslich mit Pauken und Trompeten zum Finale aufzuschäumen. CH Media braucht Geld. Kohle. Staatsknete. Vornehmer ausgedrückt: Subventionen. So viel wie möglich. Eher dringend.

Denn sonst, das lässt Peter Wanner durchblicken, sind die von ihm verlegten Tageszeitungen gefährdet. Sonst haben sie Mühe, die digitale Transformation umzusetzen. Und wenn das passiert, dann gute Nacht am Sächsi. Dann sind nicht nur Arbeitsplätze gefährdet, sondern auch ein Service public, die Wächterfunktion von Qualitätsmedien.

Wer garantiert die Qualität?

Wenn wir von Qualitätsmedien sprechen, lassen wir «watson» gleich mal aussen vor. Dieses Millionengrab zur Verbreitung von lustigen Videos und Rangordnungen ist nicht mal Bestandteil von CH Media. Obwohl es behauptet, schon 99 der 100 wichtigsten Fragen der Menschheit beantwortet zu haben, wollen wir diesen Flop nicht gegen Verleger Peter Wanner verwenden.

Nun können wir dem Impressum der Zeitungen entnehmen, dass direkt unter dem Verleger der «Leiter Publizistik» thront. Noch vor den jeweiligen Chefredaktoren, noch vor Patrik Müller, dem Chefredaktor der Zentralredaktion für alle Blätter in Aarau.

Führen durch Vorbild?

Der publizistische Leiter Pascal Hollenstein ist also an wichtiger Stelle dafür verantwortlich, dass CH Media all diesen herausragenden Qualitätsmerkmalen nachlebt, sie in jeder Zeile aller Kopfblätter zum Ausdruck kommen.

Natürlich nicht nur dort, sondern in erster Linie bei Werken von Hollenstein selbst. Denn wenn sich ein publizistischer Leiter nicht an die Berufsregeln, an den Journalistenkodex halten würde, wie sollte er da Vorbild sein, das von allen anderen einfordern?

Das ginge ja gar nicht. Wer sich unanständig verhält, kann von anderen schlecht Anstand verlangen. Nun hat Hollenstein mehrfach gegen Berufsregeln verstossen. Dazu gehört, dass gerichtlich festgelegte Sperrfristen zu respektieren sind.

Besonders bei Urteilen, bei denen eine grössere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erwartet wird, stellt das Gericht mit einer Sperrfrist sicher, dass nicht die beteiligten Parteien vorprellen und versuchen, mit einem Präventivschlag die Lufthoheit über der öffentlichen Meinung zu erringen.

Sondern dass alle Medien – genau wie die Prozessparteien – gleichzeitig in Kenntnis des Urteils publizieren, analysieren, kommentieren können. Weil das eine Selbstverständlichkeit ist, sind solche Sperrfristen nicht mit Sanktionen bewehrt, falls jemand dagegen verstösst.

Pascal Hollenstein hat dagegen verstossen. 24 Stunden vor Ablauf der Sperrfrist stellte er einen Artikel online, in dem er einseitig die Position und Meinung einer der beiden Parteien wiedergab. Damit verstiess er gleich noch gegen eine zweite Regel: et audiatur et altera pars. Man höre auch die andere Seite.

Wie ein Vorprellen zur Lachnummer wird

Das war aber gar nicht möglich, weil sich die andere Seite selbstverständlich an die Sperrfrist hielt. Zur peinlichen Lachnummer wurde dieser vorzeitige Erguss dadurch, dass sich die eine Partei darüber beschwerte, dass die andere sich nicht bei ihr entschuldige. Was dann aber prompt geschah, als die Sperrfrist abgelaufen war.

Hat man seither ein Wort des Bedauerns, eine Entschuldigung vom fehlbaren Leiter Publizistik gehört? Empfiehlt er wenigstens seinen Redaktoren, nicht seinem schlechten Beispiel zu folgen? Nein, und warum nicht?

Ganz einfach: Wer an zweiter Stelle im Impressum steht, muss sich von niemandem unten drunter etwas sagen lassen. Höchstens vom Verleger oberhalb, aber der reisst lieber leere Sprüche über Qualitätsmedien und schweigt hier stille.

Ein ungeheuerlicher Satz

Simone Meier ist Mitglied der Redaktion von «watson», dazu Schriftstellerin und Kolumnistin in den Blättern von CH Media. Hier hat sie eine feste Kolumne und äussert sich auch sonst nach Lust und Laune zu Themen, von denen sie nichts versteht.

In einer recht wirren Attacke gegen die sogenannte Cancel Culture versteigt sie sich in einem Ausflug in die Geschichte zum ungeheuerlichen Satz: «Unter Hitler wurden Juden, Menschen mit einer Behinderung, Fahrende, Kommunisten und Homosexuelle gecancelt. Und so weiter.»

Es gibt bekanntlich Idioten, die leugnen, dass Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg mehr als 6 Millionen Juden in Form von industriellem Massenmord getötet hat. Soweit man ihrer habhaft wird, werden sie bestraft und der allgemeinen Ächtung preisgegeben.

Eigentlich noch schlimmer ist diese geschmacklose Verniedlichung, diese hirnlose Aufzählung einer Journalistin, die jeden Halt, jeden Anstand verloren hat, der jede Regung von Peinlichkeit oder Scham offensichtlich fremd ist.

Hört man Entschuldigungen?

Hat man hier eine Entschuldigung vernommen? Hat wenigstens der Leiter Publizistik seines Amtes gewaltet und eingegriffen? I wo, da ist das Haus CH Media offensichtlich schmerzfrei. Entschuldigen, das sollen sich die anderen. Und wenn die es freiwillig tun, wird das knapp vermeldet, mehr nicht.

Aber Peter Wanner, eingeladen zu einer Stellungnahme, will diese Vorkommnisse «nicht kommentieren». Simone Meier, eingeladen zu einer Stellungnahme, beschimpft stattdessen lieber ZACKBUM.ch, und überhaupt seien ihr solche Fragen «zu low».

Sollte nicht der Verleger seinem publizistischen Leiter den Kopf waschen und ihn zum sofortigen Eingreifen auffordern? Sollte der Verleger nicht sein Befremden ausdrücken, dass das nicht schon längst geschah?

Alles Fragen ohne Antworten. Allerdings erhebt sich die Frage mit aller Macht: Wieso genau soll CH Media mit Steuerfranken subventioniert werden?