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Obduktion: Kill a terf!

Hä? Wir begeben uns in die Abgründe des Geschlechterkampfs. Wo Banausen wie Andreas Tobler sich lächerlich machen.

Der Tamedia-Kulturredaktor ist schon mehrfach unangenehm aufgefallen. Zuletzt als Konzernjournalist, der rüde gegen die Ernennung eines Konkurrenten zum Chefredaktor der NZZaS austeilt. Zuvor verbreitete er sich ausführlich über das richtige Gendern in den Gazetten. Das war lediglich lächerlich, nun wird es peinlich.

Denn in England tobte der Transgender-Mob gegen eine Professorin, die es wagt, darauf hinzuweisen, dass ein Wechsel des biologischen Geschlechts schlicht nicht möglich sei. Eigentlich eine unbestreitbare Tatsache. Aber man kann auch das zur Diskussion stellen.

Das wollen aber Transgender-Aktivisten auf keinen Fall. Einer ihrer Schlachtrufe lautet: «kill a terf!» Damit ist ein «trans exclusionary radical feminist» gemeint. Also jemand, der Transmenschen «ausschliesst», obwohl er Feminist sei. Ausschliessen ist eines der neuen Hasswörter von Fanatikern, die keinerlei Debatten über ihnen heilige Begriffe gestatten wollen.

Besser abschiessen als ausschliessen

Deren Forderung «Feuert Kathleen Stock. Andernfalls werdet ihr uns kennenlernen» hatte Erfolg. Die englische Philosophieprofessorin räumte nach massivem Mobbing ihre Position an der Uni Sussex. Im Vorfeld hatten mehr als 600 «Akademiker» in einem offenen Brief gegen die Verleihung eines Ordens an die Professorin protestiert.

Zu denen gehört auch der Philosoph und Sozialwissenschaftler Robin Celikates. Er lehrt an der Berliner Universität und bekommt von Tobler einen Gratis-Weisswasch-Auftritt bei Tamedia.

Schlecht vorbereiteter Journi trifft Hetzer

Ein besonders übles Stück Elendsjournalismus. Denn es ist mehr als offenkundig, dass Tobler nicht einmal den offenen Brief gelesen hat, geschweige denn, sich sonst vertieft auf dieses Interview vorbereitete. Es ging ihm lediglich um die banal-naheliegende Idee, einen Nachzug zu dieser Debatte zu liefern, nachdem die NZZ verdienstvollerweise auf das skandalöse Mobbing gegen die Professorin hingewiesen hatte.

Welchen Schund Celikates mitunterzeichnete, zeigt ein kurzer Auszug des «Offenen Briefs gegen Transphobie in der Philosophie»:

«Trans-Menschen sind in der Gesellschaft bereits massiv an den Rand gedrängt und sehen sich mit gut dokumentierter Diskriminierung konfrontiert, die von Regierungspolitik bis hin zu körperlicher Gewalt reicht. Ein Diskurs wie dieser, den Stock produziert und verstärkt, trägt zu diesen Schäden bei, dient dazu, den Zugang von Transmenschen zu lebensrettenden medizinischen Behandlungen einzuschränken, die Belästigung von geschlechtsunkonformen Menschen zu fördern und anderweitig den patriarchalen Status quo zu stärken.»

Wir lesen richtig, diese Verpeilten behaupten doch, Stock trage dazu bei, dass Transmenschen weniger lebensrettende medizinische Behandlungen bekämen.

Hätte sich Tobler ein wenig auf dieses Interview mit einem Hetzer vorbereitet, hätte er auch den ausführlichen Artikel in der FAZ zum Thema lesen können.

Dort wird klargestellt:

«Um sich das Stigma der „Transphobie“ einzufangen, reicht es, die gegengeschlechtliche Hormoneinnahme bei Vierzehnjährigen oder die angeblich „inklusiv“ gemeinte misogyne Bezeichnung „Menstruierende“ für Frauen abzulehnen. Wer einmal als „transphob“ gescholten wurde, muss mit Dauerattacken und immensen Reputationsschäden rechnen.»

Dass die erste Version dieses «Offenen Briefs» eine Falschanschuldigung gegen Stock enthielt, die dann mit einem «Erratum» korrigiert werden musste, hinderte viele Akademiker weltweit nicht daran, ihn zu unterzeichnen. Unter anderen eben diesen Celikates.

Unwidersprochen Unsinn blubbern

Der schimpft einerseits öffentlich über «Attacken gegen kritische Intellektuelle und Akademiker» – in der Türkei. Andererseits beteiligt er sich selber an einer Hetz- und Verleumdungskampagne, ohne den Inhalt dieses Protestschreibens zuvor kritisch angeschaut zu haben. Also genug Munition für ein konfliktives Gespräch.

Stattdessen kann Celikates unwidersprochen Unsinn blubbern, weil sein Gesprächspartner lausig vorbereitet ist. So rempelt der Philosoph Stock an, sie suggeriere, «die meisten Transpersonen würden sich einfach an einem Tag als Mann, am anderen Tag als Frau fühlen. Auf diese Weise über Transidentitäten zu sprechen, ist nicht nur wissenschaftlich unredlich. Es kann von den Betroffenen zu Recht auch als Geringschätzung ihrer Lebenswirklichkeit und ihrer Ansprüche auf gleiche Achtung verstanden werden.»

Blühender Unsinn. Dann verteidigt der Unterzeichner des Hetzschreibens den Inhalt als «sachliche Stellungnahme». Dann darf er ebenfalls unwidersprochen eine leicht zu durchschauende Pirouette der Unredlichkeit tanzen: «Die Kritik an Diskriminierung und Ausschluss von Minderheiten sei selbst diskriminierend und ausschliessend, Antirassismus sei Rassismus (gegen Weisse) und so weiter. Es ist leider auch ein verbreitetes ideologisches Verschleierungsmanöver, einen offenen Brief oder andere Formen der Kritik als Verletzung akademischer Freiheit oder – wie im Fall Stock – als Zwang zum Rücktritt zu denunzieren. Letztlich geht es bei solchen Verfälschungen immer wieder darum, Kritik an sozialen Herrschaftsverhältnissen zu delegitimieren und damit auch zu verunmöglichen.»

Billigste Demagogie, kritische Einwände einfach zu spiegeln und damit zu entwerten. Kann man nur machen, wenn der Gesprächspartner döst statt widerspricht.

Als Tobler sich dann doch etwas ermannt (Pardon) und fragt, ob ein Shitstorm denn ein «Element demokratischer Wissenschaftskultur» sei, darf der Schwafler Celikates replizieren: «Wo die Grenzen zwischen legitimem und illegitimem Protest genau verlaufen, ist umstritten und im konkreten Fall Stock auch von aus der Distanz nur schwer einzuschätzenden Details abhängig

Wie kann eine Flachzange jemanden in die Zange nehmen?

Wohlgemerkt, Tobler hatte die Chance, den Mitunterzeichner eines Verleumdungsschreibens in die Zange zu nehmen, das völlig unwissenschaftlich gegen die Verleihung eines Ordens an eine verdiente Wissenschaftlerin protestiert, deren jahrelanges Wirken damit geehrt wurde. In dem Brief sind nicht nur haltlose Unterstellungen enthalten, er musste auch nachträglich korrigiert werden. Zudem spielte er eine wichtige Rolle beim anschliessenden Mobbing gegen die Professorin, das am Schluss zu ihrem Rücktritt führte.

Statt diese Hetz-Unkultur aufs schärfste zu kritisieren – und dem Hetzer dabei im Gegensatz zu dessen eigener debattenfeindlichen Haltung Gelegenheit zur Verteidigung zu geben –, gibt ihm Tobler eine Plattform, um mit leichter Hand schlecht vorbereitete, daher völlig unkritische Fragen wegzuwischen.

Schon wieder ein Beitrag zur Frage, wieso man für solchen Schrott auch noch Geld ausgeben soll. Jeder Bäcker würde sich schämen, ein so beinhartes, angebranntes und zusammengefallenes Brötchen seiner Kundschaft anzubieten. Weil er wüsste, dass er damit Brötchenkäufer verliert. Die Printmedien verlieren auch – und zwar massenhaft – zahlende Leser. Nur kümmert sie das nicht gross; im Gegensatz zum Bäcker quengeln sie nach staatlicher Unterstützung und erklären sich als unverzichtbar für die Demokratie – statt bekömmlichere Brötchen zu backen.

Dagegen muss man ein klares Wort setzen: Flachzangen wie Tobler sind verzichtbar.

Die Wüste lebt

Wir taten es nicht freiwillig. Aber ein Artikel des «Magazin» lohnt die Lektüre. Unfassbar.

Es gibt nichts Schöneres, als wenn Vorurteile zerbrechen. Also sagen wir so: Das «Magazin» unter Finn Canonica ist das tragischste Opfer eines sich ins Elend sparenden Journalismus. Ein Schatten früherer Grösse. Selbst der Abgang von Daniel Binswanger konnte daran nichts ändern.

Aber: «Warum sind wir so besessen von Genitalien?» ist ein grossartiger Essay der Berliner Schriftstellerin Nele Pollatschek.

«Vor einigen Wochen unterhielt ich mich mit einem Journalistenkollegen und sagte: «Ich, als Schriftsteller…» Der Journalist unterbrach mich: «SchriftstellerIN». Da fiel es mir wieder ein. Ich bin ja kein Schriftsteller, ich bin ja eine Frau.»

Eigentlich ist das Thema gendergerechtes Deutsch zu Tode geschrieben worden (auch hier auf ZACKBUM). Umso verblüffender, dass ein Schriftsteller mit Elan, Frische und Humor dieser Perversion wahrlich den Todesstoss versetzt. Das abgedruckt zu haben, dafür gebührt dem «Magazin» grosses Lob. Es erst so lange nach Publikation gelesen zu haben, dafür gebührt ZACKBUM ein grosser Tadel. Aber wozu hat man gute Freunde, die Hinweise geben.

Jeder sollte das lesen, es ist heilsam

Aber wir leisten Abbitte. Jeder (auch jede, non-binär, transgender und eine der weiteren rund 160 Genderausformungen inbegriffen) sollte das lesen. Wer dann noch meint, gendern hätte irgendwas in der Sprache verloren, würde irgend etwas bringen, besser machen, bewirken, dem ist nicht mehr zu helfen.

Ein Text wie eine Oase in der Wüste.

Natürlich kann man nun noch einwenden, dass uns der Text ausnehmend gefällt, weil er genau in unser Weltbild passen würde. Auch das ist nicht von der Hand zu weisen, aber in erster Linie gefällt das Essay, weil es intelligent, witzig, auf Niveau und herausragend gut geschrieben ist. Das würden wir auch über jeden Text sagen, der das Gendern als unabdingbar nötig für den Fortschritt der Menschheit bezeichnete. Wenn es ihn denn gäbe.

Besonders amüsant ist das Spielen mit verschiedenen Metaebenen, das einen federnden Text von einem gesinnungsschwer platten unterscheidet:

«Ich würde diesen Artikel übrigens gerne anfangen, ohne mehrmals auf mein Geschlecht zu verweisen, das geht keinen etwas an. Ich würde ihn gerne mit rationalen Argumenten gegen das Gendern anfangen. Täte ich das aber, würde ich sofort als Anti-Feminist gelesen werden und diejenigen, für die ich das schreibe, die guten, aufgeklärten Gerechtigkeitsliebenden, würden aufhören zu lesen.»

Dann kommt noch eine hübsche Prise Dialektik dazu. Die Autorin gibt zu, dass ihr Diskriminierung durchaus bekannt ist; als jüdischer Frau in Deutschland. Aber: «Ich gendere nicht, ich möchte nicht gegendert werden, gerade weil ich weiss, wie Diskriminierung sich anfühlt.»

Ein virtuoser Todesstoss

Nachdem Lele Pollatschek die üblichen Argumente gegen das Gendern fulminant abgeklatscht hat, setzt sie virtuos zum Todesstoss an:

«Im Grunde gibt es nur ein einzig wirklich gutes Argument gegen das Gendern: Es ist leider sexistisch.

Ich sage leider, denn Menschen, die gendern, sind mir doch eigentlich so nah. Wer gendert, tut das in der Regel, um auf sprachliche und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Gendern ist eine sexistische Praxis, deren Ziel es ist, Sexismus zu bekämpfen.»

Das dekliniert sie nun vergnüglich durch, dabei hilft ihr die Aussenperspektive, die sie durch ihr Studium in Cambridge und Oxford gewann. Denn schon englischen Feministen ist die deutsche Manie, durch die Verwendung möglichst vieler Genderformen mehr Sprachgerechtigkeit herzustellen, mehr als suspekt.

«Wer aus meinem «Schriftsteller» ein «Schriftstellerin» macht, kann auch gleich «Vagina!» rufen. Das hat den gleichen Informationswert, wäre aber komischer und aufrichtiger und mir deutlich lieber.»

Es gibt auch ganze Denkgebäudeansiedelungen in der Wüste.

Aus der Vielzahl ihrer Argumente, wie die Aneignung von Begriffen richtig stattfinden könnte, sei nur eines herausgegriffen: «Genauso wie das Wort «US-President» für die ersten Jahrhunderte der amerikanischen Geschichte per Gesetz nur Weisse bezeichnen konnte und faktisch bis 2008 nur weisse Männer bezeichnet hat. Die Realität, also Barack Obama, hat die Sprache verändert.»

Realität und Sprache ist eine dialektische Wechselwirkung

Nicht die Verwendung des Begriffs Bundeskanzlerin hat dieses Amt auf Frauen erweitert. Sondern die Amtsausübung durch Angela Merkel. Damit hat Pollaschek den wesentlichen Punkt festgenagelt: die Realität verändert die Sprache, nicht die Sprache die Realität. Besser: Sprache kann dabei helfen, aber nicht der Genderwahn. Ihr Schlusswort kann man nur mit beiden Händen unterschreiben:

  • «In einer Welt, in der innerhalb weniger Jahrzehnte aus «Fräuleins» «Frauen» wurden, können aus Frauen noch immer Menschen werden. Menschen, die Bücher schreiben, wir nennen sie dann Schriftsteller, Menschen die wählen, wir nennen sie dann Bürger, Menschen die regieren, wir nennen sie dann Kanzler oder Bundesrat, Menschen, die zu Gast sind, wir nennen sie dann Gäste. In dieser Welt würde ich sehr gerne leben.»

Auch im Death Valley blüht’s – nach einem Regenfall.

Wer nicht. Aber zurzeit sieht es eher danach aus, als ob wir uns von dieser Welt mit grossen Schritten entfernen würden. Allerdings auch nur in sehr elitären Zirkeln, deren Kriegstänze um den Popanz Gender eigentlich nicht wirklich interessieren.

 

Gendern? Nein, danke!

Es gibt die Bauchnabelschau in der «welches Problem habe ich heute?»-Blase. Und es gibt die Realität.

Nicht nur bei Tamedia gehört zu den wichtigsten Problemen dieser Welt – so neben dem Nahen Osten, USA – China oder dem Klimawandel – der Kampf gegen die Männersprache.

Denn glücklicherweise gibt es auf Deutsch – im Gegensatz zu diversen anderen Sprachen – verschiedene Genera. Und seit ein Volltrottel (männlich!) auf die Idee kam, das für nicht so gebildete Schichten mit «Geschlecht» zu übersetzen, werden hier ständig Zeichen gesetzt, Fanale, geht es um Haltung, Inklusion, den Kampf gegen und für.

Er hat zudem den Vorteil, dass er bequem vom Schreibtisch aus geführt werden kann. Hier wird grosses Gebrüll angestimmt, laute Klagen über angebliches Leiden geführt – ohne dass es tatsächlich zu Schäden oder gar Verletzten käme. Ausser die Sprache selbst, natürlich.

Besonders gaga wird das Ganze, wenn in ihren eigenen Bauchnabel verliebte Journalisten (also in erster Linie Journalistinnen) so tun, als beschäftige das Gendern ausser ihnen die ganze Welt, als seien auch die normalen Sprachteilhaber mit nichts anderem mehr beschäftigt, als für eine gerechte, niemanden ausschliessende Sprache.

Aber dieser Schaukampf findet nur in ausgewählt abgehobenen Kreisen statt. In der Publizistik, und leider hat er sich bereits in die Hochschulen metastasiert, wo kampffeministische Kreise sich nicht entblöden, angeblich gendergerechtes Schreiben zum Kriterium bei der Beurteilung von wissenschaftlichen Arbeiten zu fordern – und zu praktizieren.

Was meint die Bevölkerung zum Gendern?

Natürlich ist es diesen Kreisen völlig schnurz, ob ausserhalb ihrer Blasen eine Mehrheit für ihre Anliegen existiert. Aber immerhin, im Auftrag der deutschen Tageszeitung «Die Welt am Sonntag» (weiblich!) wurde eine repräsentative Meinungsumfrage durchgeführt.

Laut der sind fast zwei Drittel aller Deutschen – dagegen, unterschiedliche Geschlechter sprachlich zu differenzieren. Dazu gehört aller Schnickschnack wie Gender-Sternchen, Binnen-I oder die Vergewaltigung des Partizip Präsens (Studierende). Dazu sagen 65 Prozent ein klares Nein.

Männer sind mehr dagegen, aber auch unter Frauen beträgt die Ablehungsquote 59 Prozent. Alles Gewese und Gestöhne und Getue, wie das einige weibliche Mitarbeiter nicht nur bei Tamedia aufführen, hatte sogar einen hübschen Nebeneffekt. Letztes Jahr lehnten in Deutschland erst 56 Prozent das Gendern ab. Diese Ablehnung zieht sich übrigens auch durch sämtliche politischen Parteien; selbst bei den «Grünen» ist eine (hauchdünne) Mehrheit von 48 Prozent dagegen.

Womit für einmal erwiesen wäre, dass doch eine Mehrheit der Deutschen durchaus vernünftig sein kann.

Es darf gelacht werden: Richtig gendern mit der SoZ

ZACKBUM sieht sich gezwungen, bereits die zweite Lieferung von «Satire & Gelächter» auf die Rampe zu schieben. Vorsicht, ist nicht kurz. Aber sehr lustig.

Beim Coiffeur lag die aktuelle «Sonntagszeitung» auf dem «Nebelspalter». Den kenne ich schon, unterhaltsam oder witzig ist er weniger. Also griff ich zur SoZ – und wurde nicht enttäuscht.

Der Coiffeur musste mich mehrfach bitten, mich nicht so zu schütteln vor lachen, das täte dem Haarschnitt nicht gut. Also riss ich mich zusammen, aber den Lesern von ZACKBUM möchte ich die gleiche Erheiterung zukommen lassen.

Denn die SoZ hat – neben Corona – endlich ein zweites Schwerpunktthema gefunden. Eine Debatte, eine Auseinandersetzung, die schon lange die ganze Welt in Atem hält. Eine kleine Welt zwar, aber dafür eine lautstarke. Eine mit Zugang zu Multiplikatoren. Also die Welt von Journalisten, die zwar gewohnheitsmässig der deutschen Sprache Gewalt antun, sie auch regelmässig vergewaltigen, mit Gestümper, Gestammel, mit Fehlern, die das flachgesparte Korrektorat, das nur noch aus einem Microschrott-Programm besteht, nicht bemerkt.

Endlich: die Totalwürdigung eines kleinen Sternchens

Aber das wäre ein anderes Thema. Hier geht es um «gendern, aber richtig». Für die Wenigen, die noch nicht mit diesem fundamental wichtigen Thema belästigt wurden: In der deutschen Sprache (in anderen nicht, aber was soll’s, geht’s hier um Logik?) herrscht das sogenannte generische Maskulinum. Das bedeutet, dass angesichts von zwei Geschlechtern in der Realität und drei Genera in der Sprache, plus irgendeinem Idioten (männlich), der das nicht mit Gattung, sondern mit Geschlecht übersetzte, schon länger ein Kampf mottet.

Stern vor dem Kopf: Die Kulturreste bei Tamedia.

Der wird von Gesinnungstätern geführt, die eine fanatische Mission haben und daher wie die meisten Fanatiker alles ausblenden, was ihrer Mission widersprechen könnte. Ihre Mission lautet: durch die übermässige Verwendung des maskulinen Genus bei Personen- und Berufsbezeichnungen werden Frauen diskriminiert, ausgegrenzt. Ist zwar völliger Unsinn, aber dieses Kampffeld hat einen unbestreitbaren Vorteil.

Wie die Flachdenker, die meinen, mit einem Pappkarton vor der Stirn könne man toll demonstrieren, meinen diese Fehlgeleiteten, durchaus vorhandene Diskriminierung qua Geschlecht liesse sich vornehmlich dadurch bekämpfen, dass man die deutsche Sprache verhunzt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass Doppelnennungen (Journalist, Journalistin) zwar schon ein Schritt in die richtige Richtung sei. Aber: was ist dann mit dem ganzen Zoo von weiteren Geschlechtern, non-binären, und überhaupt?

Damit verlagerte sich die Verhunzung vom Pflanzen eines Binnen-I oder der absurd falschen Verwendung des Partizips Präsens (Studierende) zum Sternchenhimmel. Da sind wir heute, und die SoZ ist vorne dabei. Sie gehört ja zum einzigen Medienkonzern der Schweiz, bei dem sich Frauen massenhaft über Sexismus, Diskriminierung, Ausschluss, Negierung und vieles andere beschweren.

Da muss Trauer- und Aufklärungsarbeit geleistet werden. Also landet die SoZ gleich einen Viererschlag. Wahnsinn. Sogar ohne Methode.

Kultur besteht bei der SoZ aus einem einzigen Thema

Sagenhafte drei Seiten widmet der «Kultur»-Bund der Sache mit dem Stern. Also allen Platz, den Kultur bei Tamedia noch hat. Bevor dann zwei Seiten TV-Programm (ohne Genderstern!) und als Gipfel eine – natürlich von einem Mann – geschriebene Lobeshymne auf den neuen McLaren Elva folgen. Der Schwanzvergleich: «in 2,8 Sekunden von 0 auf 100. Schluss wäre bei 328 km/h.» Dazu ein Schnäppchen: «1,7 Millionen Euro» zahlt der Mann für diesen Penisersatz, den er bei Regen in der Garage stehen lassen muss.

Aber zurück zum Thema, bei dem Frau und Mann in 0 Sekunden von 0 auf dumm beschleunigen. Zunächst ergreifen die beiden Sprachwissenschaftler Aleksandra Hiltmann und Andreas Tobler (der alte Abschreiber will sich offenbar überall einschleimen) das Wort. Hiltmann qualifiziert sich durch die Unterzeichnung und federführende Lancierung des Frauen-Protestschreibens. Und hat bezüglich Zigeunerschnitzel und so noch etwas gutzumachen.

Worüber äussern sich die beiden? Schwer zu sagen, Genderstern, Genderstern, Genderstern, Glottis-Stopp (sicher gegoogelt), damit mäandern sie sich zur Schlussfolgerung durch: «Gendern ist also nicht einfach eine Modeerscheinung oder ein Sprachspiel – sondern ein Wirtschaftsfaktor. Diversität ist zu einer Frage der gesellschaftlichen Verantwortung geworden, ähnlich wie Nachhaltigkeit oder Umwelt.»

Mit Verlaub, was für ein gequirlter Schwachsinn. Dass Firmen beim Anpreisen ihrer Produkte und dank des Internet-Targeting immer gruppenspezifischer werben, also nicht mehr nur Männlein und/oder Weiblein ansprechen, sondern gerne auch den schwulen, schwarzen Aktivisten in einem Vorort einer Grossstadt, macht das Sprachverbrechen gendern weder zu einem Wirtschaftsfaktor, noch hebt es diesen Unfug auf die Ebene von Nachhaltigkeit oder Umwelt.

Höhepunkt auf Höhepunkt

Ein Höhepunkt in diesem 13’000 Anschläge-Erguss (Pardon) ist die Stelle über den Zürcher AL-Gemeinderat David García Nuñez: «Als Arzt hat er eine wissenschaftliche Studie geleitet, die zeigt, dass auch bei Transmenschen, die den Geschlechtsangleichungsprozess hinter sich haben, die falsche Ansprache traumatisierend wirkt und Depressionen hervorruft.» Liebe Transmenschen, wenn ihr bis hierher gelesen habt: sofort aufhören und den Arzt oder Psychiater konsultieren.

Alleine schon die in diesen Schwulst eingestreuten Regeln für «richtig gendern» sind kabarettauglich.

Schlag zwei: Zu diesem Endlos-Gesülze als wär’s ein Stück aus der «Republik» wird – originell – eine Umfrage unter Schweizer Autoren gestellt: Wie haltet Ihr’s mit dem Stern? Wir vermissen schmerzlich – nein, nicht wirklich – unseren Büchnerpreisträger Lukas Bärfuss, aber der fiel noch nie durch Beherrschung der deutschen Sprache auf.

Die Reaktionen sind entlarvend. Sich zum frauenbewegten Lager zählende Autoren (generisches Maskulinum) verwenden das Unglücks-Sternchen entweder, oder eiern drum herum, wieso es in Lyrik oder Prosa dann so eine Sache sei. Völlig zum Deppen, aber auch das ist nichts Neues, macht sich Mundart-Poet Pedro Lenz. Er will sich locker und pragmatisch geben, verrät aber immerhin, dass er «nicht mehr «die Lehrer» schreibe, wenn er «Lehrerinnen und Lehrer» meine, sondern «die Lehrerschaft».

Vielleicht ist das in der Mundart anders, aber Lehrerschaft wurzelt in Lehrer. Wo bleibt da die Frau, lieber Poet? Vielleicht weniger poetisieren, dafür Deutsch lernen?

Genau richtig liegen drei Schriftsteller mit ihren Antworten. In aufsteigender Reihenfolge: «Literarisch unbrauchbar»; soweit gut, aber dann setzt Franz Hohler zu einer überflüssigen Erklärung an. «Ich liebe die deutsche Sprache und finde diese Genderei zum Kotzen.» Gut und scharf, aber auch Thomas Hürlimann wird dann etwas zu lang.

Unerreichter Todesstern für den Genderstern ist aber Peter von Matt. Der grosse Germanist, eleganteste Essayist der Schweiz und – wie ich nicht ohne Stolz sagen darf – mein Doktorvater. Der antwortet unübertreffbar:

«Nein.»

Diese Nein hat ungefähr so viel Wucht wie der Gag mit dem grossen Pantomimen Marcel Marceau, der in der Slapstick-Komödie «Silent Movie», eine ironische Verbeugung vor dem Stummfilm, am Schluss und als einziger ein Wort sagt: «non.»

Wohl der Grösste von allen: Marcel Marceau (1923 bis 2007).

Schlag drei: Wie immer mutig und zugleich vorsichtig versucht sich Michèle Binswanger an einem historischen Abriss: «Die Bemühungen um geschlechtergerechte Sprache sind so alt wie der Kampf um die Gleichstellung.» Sie zitiert Für und Wider, auch aus feminsistischer Sicht, denn niemals kann man es allen Recht machen, der Genderstern zerstöre «eine gewachsene feministische Lösung: da grosse I». Komisch, hier, aber nur hier bin ich für den Genderstern.

Das Schlimmste zum Schluss

Schlag vier: Wenn man meint, man habe das Schlimmste hinter sich, kommt SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin (Schreibweise, ihr Tagi-Machos, Schreibweise?) der SP Frauen Schweiz. Tamara Funiciello beginnt ihren «Standpunkt» zuckersüss: «Lieber anonymer Mann …»

Ich atme auf, denn ich bin kein anonymer Mann und auch kein Tamedia-Machomann. Aber diese Süsse hört schnell auf, nachdem Funiciello die neusten Zahlen der Kriminalstatistik zitiert hat. Es gibt mehr häusliche Gewalt. Bekannt und erklärbar, wenn Familien mitsamt Kindern den ganzen Tag in dafür nicht vorgesehenen Wohnungen zusammengepfercht sind.

Daraus könnte man die Forderung nach mehr Wohnraum ableiten. Aber doch nicht die SP-Genossin. Denn es gibt Schlimmeres: «Femizide, also Morde an Frauen, die getötet wurden, weil sie Frauen sind, sind aber nur die Spitze der Gewaltepidemie, die Frauen erleben.» Sie bezieht sich dabei auf in diesem Jahr von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordete Frauen.

Wie jeder gewaltsame Tod sehr bedauerlich, aber wurden die wirklich umgebracht, weil sie Frauen sind? Als Mann, Kind, non-binär, mit Gendersternchen wäre ihnen das nicht passiert? Absurde Logik, aber das soll nur als Sprungbrett für einen wahren Amoklauf dienen:

«Genug Männer, die uns Gewalt antun oder angetan haben, dass wir mit unserem Schlüssel zwischen den Fingern nach Hause laufen, flache Schuhe zum Rennen dabeihaben, keine Musik hören, wenn wir alleine sind, damit wir die Gefahr hören, wenn sie kommt. Wir lassen uns von Freundinnen orten, telefonieren, tun so, als würden wir telefonieren. Es sind genug Männer, dass wir uns nicht so anziehen, wie wir möchten, nicht tanzen, wie wir möchten, dass wir zum Teil gar nicht erst hingehen und schon gar nicht allein. Wir sind in unserer Freiheit eingeschränkt, weil wir Angst haben müssen vor Übergriffen, Gewalt, Belästigung, Drohung. Es ist ein bisschen wie Corona – nicht jeder Mensch, den du triffst, ist eine reelle Gefahr – dennoch schützen wir uns, weil es eine sein könnte

 

«Nicht alle», aber genug, tobt Funicello, und was sage der anonyme Mann dazu? «Ja, aber ich war’s nicht.» Darauf sie: «Ich will dir erklären, anonymer Mann, wieso ich die Wut, die mich erfasst bei diesem Satz, fast nicht aushalte.» Oh je, dabei hat sich Funiciello doch schon medienwirksam des männlichen Unterdrückungsapparats namens BH entledigt.

Ich nehme das Privileg in Anspruch, als nicht-anonymer Mann zu antworten: abgesehen davon, dass ich’s wirklich nicht bin, selten eine solche absurde Darstellung der Schweizer Realität gelesen, als wäre sie für Frauen von Syrien nur dadurch unterscheidbar, dass keine Ruinen die Strassen säumen.

Es gibt noch einen todesmutigen Mann bei Tamedia

War’s das? Ja, das war’s an Schreckensnachrichten. Ein Mann hingegen muss nun bei Tamedia ganz, aber ganz tapfer sein. Sein Name ist Rico Bandle, und er hat – Gottseibeiuns – Esther Vilar interviewt. Kennen viele genauso wenig wie Alice Schwarzer? Schade, lohnt sich aber. Wer Mühe mit Lesen hat: Roger Schawinski hat sie natürlich in seinen Doppelpunkt heute geholt. Als Podcast hörenswert. Und Alex Baur, pfuibäh, hat eine Biographie über sie geschrieben.

Mehr will ich dazu nicht sagen, sondern einfach hinter Bandle in Deckung gehen, wenn dann die ganz groben Brocken fliegen werden.

Der Mann hat Eier in der Hose. Aber dieser Spruch hilft immer sicher auch nicht.